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OLG Düsseldorf Beschluss vom 09.02.2010 - IV-3 RBs 8/10 - Das Brücken-Abstandsmessverfahren ViBrAM ist verfassungswidrig

OLG Düsseldorf v. 09.02.2010: Das Brücken-Abstandsmessverfahren ViBrAM ist verfassungswidrig


Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09.02.2010 - IV-3 RBs 8/10) hat entschieden:
Die mittels Videoaufzeichnung des Brücken-Abstands-Messverfahrens ViBrAM ermittelten Daten sind nicht verwertbar, weil ein Beweisverwertungsverbot vorliegt. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die erhobenen Bilddaten ist nicht vorhanden. Die Vorschriften der §§ 81b, 100h Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 163b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG scheiden als Ermächtigungsgrundlage aus.


Siehe auch Ungenehmigte Video-und Foto-Personenaufnahmen und deren Verwertung und Verwertungsverbote


Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes eine Geldbuße von 100 € verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 21. April 2008 bei Erkrath die Autobahn A 3 in Fahrtrichtung Köln. Bei Kilometer 106,5 wurde eine Abstandsmessung mit einer Vibram-Anlage unter Verwendung einer Videostoppuhr Deininger VSTP mit einer auf der Brücke installierten Übersichtskamera und einer neben der Fahrbahn installierten Handkamera durchgeführt. Mit der Übersichtskamera, die keine Feststellung von Kennzeichen und Fahrer erlaube, werde der gesamte Verkehr ständig aufgenommen und von einem Polizeibeamten überwacht. Erst wenn dieser eine Abstandsunterschreitung augenscheinlich erkenne, werde auf die Handkamera umgeschaltet, die qualitativ einwandfreie Aufnahmen zur Feststellung des konkreten Abstands und des Kennzeichens sowie zur Identifizierung des Fahrers herstelle. Dabei soll der Betroffene den bei einer Geschwindigkeit von 125 km/h erforderlichen Mindestabstand von 62,5 m zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten haben.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.


II.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die mittels Videoaufzeichnung ermittelten Daten nicht verwertbar, weil ein Beweisverwertungsverbot vorliegt.

1. Auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 11.8.2009 (vgl. NJW 2009, 3293 f) unterliegen die durch eine durchgeführte Videoüberwachung ermittelten Beweise einem Beweiserhebungsverbot.

In der angefertigten Videoaufzeichnung liegt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. BVerfG NJW 2009, 3293; E 65, 1, 42 f).

Durch die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials werden die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert. Sie können demgemäß jederzeit zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden. Eine Identifizierung des Fahrzeuges sowie des Fahrers ist beabsichtigt und technisch auch möglich. Auf den gefertigten Bildern sind in der Regel das Kennzeichen des Fahrzeuges sowie der Fahrzeugführer zu erkennen. Dass die Erhebung derartiger Daten einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG NJW 2009, 3293, 3294; E 120, 378, 397 f; NVwZ 2007, 688).

Der Eingriff in das Grundrecht entfällt nicht dadurch, dass lediglich Verhaltensweisen im öffentlichen Raum erhoben wurden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, Rechnung (vgl. BVerfG NJW 2009, 3293, 3294; E 65, 1, 45; 120, 378, 398; NVwZ 2007, 688). Es liegt auch kein Fall vor, in dem Daten ungezielt und allein technikbedingt zunächst miterfasst, dann aber ohne weiteren Erkenntnisgewinn, anonym und spurenlos wieder gelöscht werden, sodass aus diesem Grund die Eingriffsqualität verneint werden könnte (vgl. dazu BVerfG NJW 2009, 3293, 3294; E 115, 320, 343; 120, 378, 399). Die vorliegend angefertigten Videoaufnahmen waren gerade für ein Bußgeldverfahren als Beweismittel vorgesehen und sind auch entsprechend genutzt worden.

Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die erhobenen Bilddaten ist nicht vorhanden. Auf einen ministeriellen Erlass kann die unzulässige Beweiserhebung nicht gestützt werden.

Derartige Regelungen, durch die eine vorgesetzte Behörde etwa auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung hinwirkt, stellen kein Gesetz im Sinn des Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Art. 97 Abs. 1 GG dar und sind grundsätzlich Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle (vgl. BVerfG E 78, 214, 227). Eine Verwaltungsvorschrift kann für sich auch keinen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen, da es einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. BVerfG NJW 2009, 3293, 3294).

a) Die Vorschriften der §§ 81b, 100h Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 163b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG scheiden nach Auffassung des Senats als Ermächtigungsgrundlage aus.

aa) § 81b StPO setzt begrifflich voraus, dass die Beschuldigteneigenschaft bereits feststeht, bevor die entsprechenden Maßnahmen durchgeführt werden. Dies ist zum Zeitpunkt der Verkehrsüberwachung indessen nicht der Fall.

Die Fahrereigenschaft kann allenfalls nach einer durchgeführten Halterermittlung anhand des auf der Videoaufnahme ersichtlichen Kennzeichens festgestellt werden.

bb) § 163b Abs. 1 StPO rechtfertigt Bildaufnahmen, die manuell oder automatisiert ausgelöst werden und zur Identitätsfeststellung nach der bereits durch eine Überwachungsanlage erfolgten Feststellung eines Verkehrsverstoßes führen sollen. In diesem Rahmen wird allerdings vorausgesetzt, dass der Verdacht einer schwerwiegenden Ordnungswidrigkeit vorliegt (vgl. auch KK-Griesbaum, 6. Aufl., § 163b StPO Rdnr. 5). Dies folgt bereits daraus, dass durch die nach § 163b StPO zulässigen Maßnahmen stets Grundrechte betroffen sind. Auch für Maßnahmen nach § 163b Abs. 2 StPO ist erforderlich, dass bereits eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und der Betroffene als Zeuge oder Augenscheinsobjekt benötigt wird.

Die vorsorgliche Datenerhebung von unverdächtigen Personen zum Zwecke der Überführung einer Ordnungswidrigkeit wird von dieser Vorschrift nicht gedeckt.

cc) Hinsichtlich § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO bestehen bereits Zweifel an der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Vorschrift im Bußgeldverfahren. Denn die Gesetzesänderungen durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vom 21.12.2007 (BGBl I2007, 3198) sollen nach ihrem Sinn und Zweck in erster Linie der Bekämpfung von schwer ermittelbarer Kriminalität dienen (vgl. BT-Drucksache 16/5846; Grunert DAR 2010, 28, 29).

Nach dem Regelungsgehalt der Vorschrift wird die Anfertigung von bildlichen oder videografischen Aufnahmen zu Zwecken der Observation erfasst, nicht hingegen deren Anfertigung zur Beweissicherung und Auswertung (vgl. KK-Nack, aaO, § 100h StPO Rdnr. 1; Meyer-Goßner/Cierniak, 52. Aufl., § 100h StPO Rdnr. 1 mwN; Grunert, aaO). Zudem muss es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handeln (vgl. KK-Nack, aaO, § 100h StPO Rdnr. 6 mwN).

Abgesehen davon kann § 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO als potentielle Ermächtigungsgrundlage ebenfalls nur für Videoaufzeichnungen in Betracht kommen, die zeitlich nach dem Vorliegen eines Anfangsverdachts ausgelöst werden. Damit muss die Betroffeneneigenschaft eines Fahrers bereits durch entsprechend konkrete Anhaltspunkte begründet sein. Angesichts der durch die gesetzliche Regelung bereitgestellten Vielzahl von Mitteln ist in diesem Zusammenhang besonders der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.

b) Im Ergebnis muss vor Beginn der Maßnahme zumindest ein Anfangsverdacht gegen den von der Bild- oder Videoaufzeichnung betroffenen Fahrer bestehen. Ein Generalverdacht dahingehend, dass an bestimmten Stellen oder zu bestimmten Zeiten regelmäßig oder häufig bestimmte Verkehrsverstöße begangen werden, reicht nicht aus. Insofern bestehen bereits Bedenken aus dem Gesichtspunkt, dass gerichtsbekannt die konkrete Messstelle durch vorinstallierte ortsfeste Einrichtungen zur Anbringung der Kameras und eine vorinstallierte Verkabelung generell vorbereitet ist und in unregelmäßigen Abständen wiederholt zur Verkehrsüberwachung genutzt wird. Die Bedenken können indessen dahinstehen.

aa) Ein Anfangsverdacht ist nur dann gegeben, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vorwerfbaren Ordnungswidrigkeit bestehen. Dieser Anfangsverdacht muss durch eine konkret-individuelle Ermittlungsentscheidung des Messbeamten festgestellt werden, die dann durch eine weitere individuelle Anordnung in Gestalt des Auslösens einer spezifischen Videoüberwachungsmaßnahme bestätigt wird.

Dies bedeutet, dass dem zur Videoüberwachung eingesetzten Beamten vor dem Start der Aufzeichnung zureichende tatsächliche und konkret ausgestaltete Anhaltspunkte für eine Abstandsunterschreitung und/oder Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegen müssen, die sich gegen einen bestimmten Fahrzeugführer richten. Diese Anhaltspunkte müssen zudem objektivierbar sein, um die Rechtmäßigkeit der Feststellung des Anfangsverdachts überprüfbar und damit transparent zu machen.

Nach Auffassung des Senats sind insoweit Schätzungen nicht ausreichend objektivierbar. Die Rechtsgrundlage in §§ 163b Abs. 1, 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO ermächtigt zu erheblichen Grundrechtseingriffen und hat damit schwerwiegende Folgen. Demgemäß sind hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Ermittlung des konkreten Anfangsverdachts zu stellen.

bb) Ob die Primärfeststellung dabei durch eine konkrete Messung erfolgen muss oder auch durch eine visuelle Schätzung erfolgen kann, bedarf vorliegend aber keiner näheren Klärung.

Denn soweit die Videoüberwachung und -aufzeichnung mittels des Vibram-Systems mit einer ständig durchlaufenden Kamera erfolgt, und eine Auswertung erst anschließend unter Zuhilfenahme von technischen Einrichtungen und einer zusätzlichen Software durchgeführt wird, unterliegt es keinem ernsthaften Zweifel, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Beweiserhebungsverbot vorliegt. Die Arbeitsweise des Systems nach dieser Methode ist dem Senat aus eigener Anschauung bei einer früheren Demonstration bekannt.

Soweit die Videoüberwachung mittels des Vibram-Systems zunächst mit einer durchlaufenden und von einem Messbeamten überwachten Kamera erfolgt und erst bei Annahme eines konkreten Abstandsverstoßes eine neben der Fahrbahn befindliche Kamera zur Aufzeichnung eingeschaltet wird und die damit aufgezeichneten Videosequenzen anschließend durch weitere technische Einrichtungen und einer zusätzlichen Software ausgewertet werden, ergibt sich nichts anderes. Denn bereits die Primärüberwachung durch eine ständig mitlaufende Kamera verstößt unter Berücksichtigung der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht eines Betroffenen. Bereits die Feststellung eines Anfangsverdachts beruht auf der Auswertung von Videoaufnahmen und nicht auf einer konkreten individuellen Überwachung durch einen Polizeibeamten. Es stellt sich erst im Nachhinein durch Auswertung der angefertigten Videoaufnahme heraus, ob der Fahrer des überwachten Fahrzeugs dieses unter relevanter Unterschreitung der Mindestabstandsgrenzen oder unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geführt hat.

Ein Grundrechtseingriff liegt bereits dann vor, wenn überhaupt ein privater Lebensvorgang erfasst wird, auch wenn er erst durch zusätzliche Maßnahmen zur weiteren konkreten Individualisierung führt. Auch auf der durchlaufenden Videoaufzeichnung mit der Primärkamera müssen konkrete Details erkennbar sein, so zumindest Fahrzeugtyp, Fahrweise und Fahrverhalten, aber auch die personelle Besetzung des Fahrzeugs auf den Vordersitzen.

Denn ohne eine entsprechende Auflösung der Videokamera wäre dem Messbeamten eine ausreichend sichere Beurteilung, ob der Anfangsverdacht eines Verkehrsverstoßes vorliegt, objektiv gar nicht möglich. Erfolgt bei einer niedrigen Bildauflösung und deren Überwachung eine gezielte Einschaltung der neben der Fahrbahn befindlichen Sekundärkamera, so erfolgt die dann durchgeführte Aufzeichnung ohne den erforderlichen konkreten Anfangsverdacht.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass durch das Vibram-System eine unzulässige verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung durchgeführt wird, die erst im Nachhinein durch konkret-spezifische Auswertungsmaßnahmen zur Feststellung eines Verkehrsverstoßes durch einen konkretisierbaren Fahrer führt.

Damit besteht ein Beweiserhebungsverbot (ebenso für vergleichbare Systeme OLG Oldenburg DAR 2010, 32, 33; AG Eilenburg, Urteil vom 28.10.2009 [5 OWi 256 Js 32476/09]; DAR 2009, 657, 658; AG Grimma DAR 2009, 659; StRR 2009, 478; AG Meißen, Urteil vom 16.12.2009 [13 OWi 705 Js 32778/09]; VRR 2009, 472; jeweils mit überzeugender Begründung; a.A. OLG Bamberg NJW 2010, 100, 101; AG Schweinfurth DAR 2009, 660, 661/662).

2. Nach allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen (vgl. dazu Meyer-Goßner, aaO, Einl. Rdnr. 55 ff mwN), die über § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren sinngemäß anwendbar sind, kann aus einem Beweiserhebungsverbot auch ein Beweisverwertungsverbot folgen (vgl. KK-Lampe, aaO, § 46 OWiG Rdnr. 18; GöhlerSeitz, 14. Aufl., § 46 OWiG Rdnr. 10c mwN).

Dies ist in Fällen, in denen keine gesetzliche Regelung getroffen ist, anhand einer Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (vgl. Hentschel/König, 40. Aufl., § 26 StVG, Rdnr. 2; KK-Lampe, aaO, § 46 OWiG Rdnr. 18; GöhlerSeitz, aaO, § 46 OWiG Rdnr. 10c). Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts liegt in den Fällen der rechtswidrigen Videoüberwachung ein Rechtsverstoß, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht, nicht fern (vgl. NJW 2009, 3293).

Nach Auffassung des Senats besteht für solche Beweismittel, die unter Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht gewonnen worden sind und für deren Erhebung keine gesetzliche Grundlage besteht, ein Beweisverwertungsverbot (ebenso OLG Oldenburg, aaO; AG Eilenburg, aaO; AG Grimma, aaO; AG Meißen, aaO).

Der Verfassungsverstoß bei der rechtswidrigen Überwachung würde einerseits manifestiert und andererseits aber auch relativiert, wenn das in der Regel als einziges Beweismittel zur Verfügung stehende Videomaterial zur Überführung des Täters genügen dürfte.

In diesem Zusammenhang führt auch die Überlegung, dass die Überwachung von Sicherheitsabständen und Geschwindigkeit regelmäßig zur Verbesserung der Verkehrsdisziplin und zur Vermeidung von erheblichen Unfällen eingesetzt wird und dass das durch einen erheblichen Verstoß ausgelöste Gefährdungspotential für Personen und Sachen außerordentlich hoch ist, nicht deshalb zu einer abweichenden Betrachtungsweise, weil auch insoweit bedeutende Rechtsgüter mit Verfassungsrang betroffen sind. Denn rechtsstaatliche Grundsätze dürfen bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme auch insoweit nicht außer Betracht bleiben. Diese Einschätzung ist jedenfalls vordem Hintergrund geboten, dass es sich bei derartigen Maßnahmen mit Videosystemen um massenhaft durchgeführte Überwachungen im Rahmen von standardisierten Verfahren und damit um einen systematisch angelegten Eingriff in die Grundrechte einer Vielzahl von Personen handelt. Zudem stellen Ordnungswidrigkeiten wie die vorliegende Tat qualitativ solche dar, die eher dem unteren bis mittleren Schweregrad zuzuordnen sind und deren Verfolgung sich nicht als derart vordringlich darstellt, dass deshalb schwerwiegende Grundrechtseingriffe ausnahmsweise hinzunehmen wären.

Der zuständige Gesetzgeber ist gefordert, die vom Bundesverfassungsgericht angesprochenen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen zu schaffen.

Bis zu einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage sind Videoüberwachungen zur Feststellung von Verstößen gegen den Mindestsicherheitsabstand und/oder gegen angeordnete Höchstgeschwindigkeiten unzulässig.

3. Es bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung der Frage, ob die hier vom Senat herausgestellten Grundsätze auch für Videoüberwachungen und -aufzeichnungen aus fahrenden Überwachungsfahrzeugen sowie für ortsfeste und mobile Radar- oder Laserüberwachungsmaßnahmen gelten. Indessen dürfte die Fragestellung auch in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung sein.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 473, 53 465, 467 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG.



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