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OVG Lüneburg Beschluss vom 06.04.2010 - 12 ME 30/10 - Keine Umschreibung einer EU-Fahrerlaubnis zur Umgehung einer deutschen Sperrfrist

OVG Lüneburg v. 06.04.2010: Keine Umschreibung einer EU-Fahrerlaubnis zur Umgehung einer deutschen Sperrfrist


Das OVG Niedersachsen in Lüneburg (Beschluss vom 06.04.2010 - 12 ME 30/10) hat entschieden:
§ 28 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV. § 28 FeV - und nicht etwa § 29 FeV - ist auch auf Fahrerlaubnisse anzuwenden, die in einem EU- oder EWR-Staat im Wege des Umtauschs eines ursprünglich in einem Drittstaat ausgestellten Führerscheins erworben worden sind. Wenn - wie hier - ein in einem Drittstaat erteilter Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat in einen Führerschein nach EG-Muster umgetauscht wird, ist Erteilung der Fahrerlaubnis i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht der Umtausch, sondern die Erteilung der ursprünglichen Fahrerlaubnis in dem Drittstaat - hier Umtausch einer während der deutschen Sperrfrist in Russland erteilten Fahrerlaubnis und deren Umtausch in Ungarn nach Ablauf der Sperrfrist.


Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassene Feststellung des Antragsgegners, die ihm erteilte ungarische Fahrerlaubnis berechtige nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Antragsteller wurde 2002 und erneut 2006 vom Amtsgericht Hannover wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt, weil er ein Leichtkraftrad bzw. ein Kleinkraftrad ohne die notwendige Fahrerlaubnis geführt hatte. Dabei wurde im Juli 2006 gegen ihn eine Fahrerlaubnissperre bis zum 24. Oktober 2007 verhängt. Am 25. September 2007 - und somit während der noch laufenden Sperrfrist - wurde dem Antragsteller eine russische Fahrerlaubnis der Klassen A, BE, C1E, CE, T und M erteilt. Den ihm daraufhin ausgestellten russischen Führerschein tauschte er am 2. Februar 2009 in einen ungarischen Führerschein nach dem EG-Muster um.

Nachdem der Antragsgegner durch einen Antrag des Antragstellers, seinen ungarischen Führerschein in einen deutschen umschreiben zu lassen, Kenntnis von den Umständen erhalten hatte, stellte er mit Verfügung vom 27. Oktober 2009 fest, dass die am 25. September 2007 erteilte - und durch den am 2. Februar 2009 in Ungarn ausgestellten Führerschein ausgewiesene - Fahrerlaubnis des Antragstellers ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtige. Zudem wurde der Antragsteller aufgefordert, den (ungarischen) Führerschein zum Eintrag der Nichtberechtigung vorzulegen. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die dem Führerschein zugrundeliegende russische Fahrerlaubnis während einer laufenden Sperrfrist erteilt worden und damit ungültig sei. Bei dem ungarischen Führerschein handele es sich lediglich um einen Ersatzführerschein, den der Antragsteller im Rahmen einer Umschreibung erhalten habe.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, ihm vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 4 Nr. 4 FeV gelte die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis hätte erteilt werden dürfen. Der Anwendung des § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV stehe Europarecht nicht entgegen. Zwar seien die Mitgliedstaaten in der Regel verpflichtet, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU erteilten Fahrerlaubnisse ohne weitere (eigene) Prüfung anzuerkennen. Fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen des Aufnahmemitgliedstaates kämen aber auch nach der Rechtsprechung des EuGH dann in Betracht, wenn die Fahrerlaubnis - wie hier - innerhalb einer im Aufnahmemitgliedstaat noch laufenden Sperrfrist erteilt worden sei.


II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 18. Januar 2010 hat keinen Erfolg. Die zur Begründung des Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.

Mit der gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobenen Beschwerde macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend: Nach der europäischen Führerscheinrichtlinie obliege es ausschließlich dem Ausstellerstaat die Gültigkeit des Führerscheins zu prüfen. Im Anschluss an eine solche Prüfung hätten die ungarischen Behörden nach Vorlage des russischen Führerscheins im Februar 2009 den EU-Kartenführerschein ausgestellt. Sofern die Behörde eines Mitgliedstaates Bedenken gegen dessen Rechtmäßigkeit habe, so habe sie den Ausstellerstaat - hier also Ungarn - zu informieren und dürfe den ausländischen Verwaltungsakt nicht in "eigener Machtvollkommenheit für das Inland außer Kraft" setzen. Die Aushändigung des ungarischen Dokuments im Februar 2009 sei deutlich nach Ablauf der am 24. Oktober 2007 endenden Sperrfrist erfolgt. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hätte die ungarische Fahrerlaubnis auch einen - etwaigen - Makel der russischen Fahrerlaubnis nicht übernommen, zumal die ungarischen Behörden sich bei dem Umtauschvorgang wohl kaum auf die Prüfung der Originalität des Führerscheins beschränkt haben dürften.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (hierzu 1.). Selbst wenn jedoch - zugunsten des Antragstellers - unterstellt wird, die Erfolgsaussichten der Klage seien gegenwärtig mit Blick darauf, dass die durch den Rechtsfall aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung bisher nicht ausnahmslos geklärt sind, als offen anzusehen, lässt es eine von der Erfolgsprognose unabhängige Interessenabwägung vorliegend angezeigt erscheinen, an der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Bescheids festzuhalten (hierzu unter 2.).

1. Der Senat teilt bei der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhalts die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene Verfügung im Klageverfahren voraussichtlich Bestand haben wird. Maßgebliche innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Aberkennung des Rechts, im Inland ein Kraftfahrzeug zu führen, ist hier § 3 Abs. 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV. § 28 FeV - und nicht etwa § 29 FeV - ist nämlich auch auf Fahrerlaubnisse anzuwenden, die in einem EU- oder EWR-Staat im Wege des Umtauschs eines ursprünglich in einem Drittstaat ausgestellten Führerscheins erworben worden sind (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 40. Aufl., § 28 FeV Rn. 4 unter Hinweis auf BR-Drucks. 443/98, S. 283). Nach § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV gilt die in § 28 Abs. 1 FeV genannte Berechtigung aufgrund einer Eu-Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für diejenigen Fahrerlaubnisinhaber, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dabei ist in der Rechtsprechung sowohl der nationalen Gerichte wie des EuGH geklärt, dass es für die Anerkennung der Gültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland auf den Zeitpunkt ihrer Ausstellung ankommt und ein während des Laufs einer in der Bundesrepublik Deutschland strafgerichtlich verhängten Fahrerlaubnisfrist in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellter EU-Führerschein auch nicht dadurch wirksam wird, dass die Sperrfrist abläuft (vgl. EuGH, Beschl. v. 3.07.2008 - C 225/07 - "Möginger", NJW 2009, S. 207).

Im vorliegenden Fall ist der EU-Führerschein in Ungarn zwar erst am 2. Februar 2009 und damit nach Ablauf der am 24. Oktober 2007 endenden Sperrfrist ausgestellt worden. Nach Auffassung des Senates spricht jedoch nach summarischer Prüfung derzeit Überwiegendes dafür, dass im vorliegenden Fall für die Frage, ob i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung keine Fahrerlaubnis hätte erteilt werden dürfen, auf den Zeitpunkt der - innerhalb der Sperrfrist erfolgten - Erteilung der russischen Fahrerlaubnis und nicht der Umschreibung des russischen in einen ungarischen Führerscheins abzustellen ist. Wenn - wie hier - ein in einem Drittstaat erteilter Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat in einen Führerschein nach EG-Muster umgetauscht wird, dürfte Erteilung der Fahrerlaubnis i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht der Umtausch, sondern die Erteilung der Fahrerlaubnis in dem Drittstaat sein. Die (Mindest-)Voraussetzungen für den Umtausch eines von einem Drittland ausgestellten Führerscheins in einen EG-Muster-Führerschein sind in Art. 11 Abs. 6 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 v. 30.12.2006, S. 18) geregelt. Zwar kann daraus, dass in Art. 11 Abs. 6 der Richtlinie der Umtausch des "Führerscheins" geregelt ist, nicht gefolgert werden, dass für § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV, der auf die Erteilung der Fahrerlaubnis abstellt, dieser Umtausch nicht maßgebend sein kann, denn auf europäischer Ebene wird anders als im nationalen Recht zwischen der Erteilung der Fahrerlaubnis und der Ausstellung des - diese Fahrerlaubnis ausweisenden - Führerscheins grundsätzlich nicht unterschieden. Dass relevanter Zeitpunkt für § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht der Umtauschakt, sondern die Erteilung des in dem Drittland ausgestellten Führerscheins ist, folgt nach Auffassung des Senates aber aus dem Schutzzweck der Norm. Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt nach deutschem Recht das Bestehen einer theoretischen und praktischen Prüfung sowie die Eignung des Betreffenden voraus. Die Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV soll erkennbar verhindern, dass die nationalen Regelungen insbesondere zur Sperrfrist durch die Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis unterlaufen werden. Erst nach Ablauf der gerichtlich verhängten Sperre soll ein Betroffener demnach überhaupt die Möglichkeit erhalten, nach Nachweis seiner theoretischen und praktischen Kenntnisse sowie seiner Eignung eine Fahrerlaubnis zu erwerben. Deshalb berechtigt eine zuvor erteilte Fahrerlaubnis nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV selbst dann nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik, wenn sie nach einer den Anforderungen des Art. 7 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 v. 30.12.2006, S. 18) genügenden Überprüfung der Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Kenntnisse sowie der gesundheitlichen Anforderungen durch einen anderen Mitgliedstaat erteilt wurden. Für andere ausländische Fahrerlaubnisse trifft § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV eine vergleichbare Regelung. Ob der Antragsteller über hinreichende Kenntnisse verfügt und auch sonst den bei Erteilung einer Fahrerlaubnis zu stellenden Anforderungen genügt, dürfte nach derzeitiger Kenntnislage aber (nur) bei der Erteilung der russischen Fahrerlaubnis geprüft worden sein. Zwar legt Art. 7 der Richtlinie Mindestanforderungen fest, die vor der (Erst-)Ausstellung eines EU-Führerscheins von den Mitgliedstaaten zu prüfen sind. Danach muss eine Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen stattfinden, der Betreffende eine theoretische Prüfung bestanden haben und genauer bestimmte gesundheitlichen Anforderungen erfüllen. Die gemäß Art. 11 Nr. 6 der genannten EU-Richtlinie im Falle des Umtausches des in einem Drittstaat ausgestellten Führerscheines dem ausstellenden EU-Mitgliedstaat obliegende Prüfung ist mit dieser Prüfung bei der (Neu-)Erteilung eines Führerscheins nach Art. 7 der Richtlinie aber gerade nicht vergleichbar. Während - wie dargelegt - bei einer (Erst-)Ausstellung eines Führerscheins ein Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie eine theoretische Prüfung vorgesehen ist (vgl. Art. 7 Nr. 1 der Richtlinie), wird beim Umtausch eines in einem Drittland ausgestellten Führerscheins in einen EG-Muster-Führerschein nur verlangt, dass dem - das neue Dokument ausstellenden - Mitgliedstaat gemäß Art. 11 Nr. 6 der Richtlinie der von dem Drittland ausgestellte Führerschein ausgehändigt wird. Weitere Voraussetzungen normiert die Richtlinie für diese Fälle dagegen nicht. Wenn aber die Prüfung, ob der Betreffende die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis erfüllt, bei einem Umtausch gerade nicht vorgesehen ist, dürfte für § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV angesichts des dargelegten Schutzzwecks der Zeitpunkt zugrunde zu legen sein, in dem diese Prüfung stattgefunden hat. Eine solche erfolgte - wie dargelegt - bei der Erteilung der russischen Fahrerlaubnis im September 2007 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Sperrfrist noch lief.

Auch das europäische Recht selbst zeigt, dass in den "Umtauschfällen" der in dem Drittland erteilten Fahrerlaubnis weiter eine maßgebende Bedeutung zukommt, an die das nationale Recht durchaus anknüpfen darf. In den Fällen, in denen der EU-Führerschein im Wege des Umtausches eines Drittstaaten-Führerscheins erlangt worden ist, ist gemäß Art. 11 Nr. 6 Satz 1 der Richtlinie der Umtausch eines von einem Drittland ausgestellten Führerscheins in einen Führerschein nach EG-Muster, in dem EU-Führerschein zu vermerken; das gilt auch bei jeder späteren Ersetzung oder Erneuerung. Dementsprechend findet sich in dem Führerschein des Antragstellers unter 12. der Eintrag "RUS". Dagegen sieht die Richtlinie im Fall des Umtausches eines in einem EU-Staat ausgestellten Führerscheins in den eines anderen EU-Staates einen entsprechenden Vermerk gerade nicht vor. Wenn nicht gewährleistet ist, dass eine den Anforderungen des Art. 7 der Richtlinie genügende Prüfung erfolgt ist, soll demnach auch nach europäischen Recht aus dem Führerschein selbst immer zweifelsfrei hervorgehen, nach den Regelungen welchen Landes sich die Prüfung bei der Erteilung der Fahrerlaubnis gerichtet hat. Dies belegt, dass auch das europäische Recht danach differenziert, ob ein Führerschein nach EG-Muster im Wege des Umtausches gemäß Art. 11 Nr. 6 der Richtlinie erlangt worden ist oder ihm eine an den Mindestanforderungen des Art. 7 zu messende Prüfung zugrunde liegt. Dass dem Datum der Erteilung der ursprünglichen Fahrerlaubnis auch auf europäischer Ebene maßgebliche Bedeutung zukommt, ergibt sich zudem daraus, dass nach Nr. 10 des Anhangs 1 der Richtlinie die Rückseite des Führerscheins das Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung enthält und dieses Datum auch bei jeder späteren Ersetzung oder jedem späteren Umtausch erneut in den Führerschein einzutragen ist. Aus diesem Grund findet sich in dem ungarischen EU-Führerschein des Antragstellers auf der Rückseite in der Spalte 10 als Erteilungsdatum der Fahrerlaubnis für alle Klassen auch der "07.09.25" (25. September 2007), an dem die russische Fahrerlaubnis erteilt wurde.

Dass in den Fällen des Umtauschs eines Nicht-EU-Führerscheins für § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV auf den Zeitpunkt der Erteilung der ursprünglichen Fahrerlaubnis und nicht der Erteilung des EU-Führerscheins abgestellt wird, steht auch nicht im Widerspruch zu Art. 2 der Richtlinie. Anders als etwa bei dem erstmaligen Erwerb eines EU-Führerscheins nach Art. 7 oder dem Umtausch eines EU-Führerscheins in den eines anderen Mitgliedstaates nach Art. 11 Nr. 1 besteht bei einem EU-Führerschein, der mittels Umtausch eines Drittstaaten-Führerscheins erlangten worden ist, gemäß Art. 11 Nr. 6 Satz 3 der Richtlinie nämlich ausdrücklich keine Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung. Diese Norm sieht vielmehr explizit vor, dass nach dem Umtausch eines von einem Drittland - also weder einem EU- noch einem EWR-Staat - ausgestellten Führerscheins gegen einen Führerschein nach dem EG-Muster und einer Verlegung des Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat dieser (Zuzugs-)Mitgliedstaat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 2 der Richtlinie nicht anzuwenden braucht.

2. Selbst wenn man aber zugunsten des Antragstellers davon ausginge, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen wären, so hätte der Senat eine Ermessensentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der Interessen des Antragstellers einerseits und der öffentlichen Interessen andererseits zu treffen.

Diese Abwägung fällt aus folgenden Erwägungen hier zum Nachteil des Antragstellers aus: Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Bestehen berechtigte Zweifel daran, dass diese Eignung nicht (mehr oder wieder) besteht, so dass die Teilnahme des Fahrzeugführers am Straßenverkehr eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sehr wahrscheinlich macht, verdient das öffentliche Interesse daran, dass der Fahrerlaubnisinhaber gehindert wird, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, Vorrang. Der Antragsteller wurde wiederholt wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Statt sich nach Ablauf der mit der letzten Verurteilung verhängten Sperrfrist um eine deutsche Fahrerlaubnis zu bemühen, hat der Antragsteller noch innerhalb der Sperrfrist eine russische Fahrerlaubnis erworben, diese im Februar 2009 in eine ungarische umschreiben lassen und im Oktober 2009 beantragt, diese wiederum in eine deutsche umzuschreiben. Hierdurch hat er erkennen lassen, dass er die hier geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Sperrfrist und wohl auch hinsichtlich der Überprüfung der Fahreignung offensichtlich umgehen wollte. Im Hinblick auf die gebotene Wahrung der Verkehrssicherheit muss das Interesse des Antragstellers an der Möglichkeit, seinen ausländischen Führerschein weiter zu nutzen, deshalb gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs zurückstehen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aberkennung des Rechts des Antragstellers, von seiner ungarischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, ist (auch) deshalb jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens aufrechtzuerhalten.



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