Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Verwaltungsgericht Minden Urteil vom 27.05.2010 - 2 K 3243/09 - Zur Notwendigkeit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer gleichwertigen Ausbildung für Fahrlehrererlaubnis

VG Minden v. 27.05.2010: Zur Notwendigkeit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer gleichwertigen Ausbildung für Fahrlehrererlaubnis


Das Verwaltungsgericht Minden (Urteil vom 27.05.2010 - 2 K 3243/09) hat entschieden:
Eine der abgeschlossenen Berufsausbildung gleichwertige Vorbildung im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 3 2. Alt. FahrlG liegt nur vor, wenn berufsbezogener Ausbildungsgang absolviert wurde, der einer abgeschlossenen Lehre in einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichwertig ist. Eine berufliche Tätigkeit nach unverschuldetem Abbruch der Lehre ist dafür nicht ausreichend.


Siehe auch Fahrschule / Fahrlehrer / Fahrschüler und Stichwörter zum Thema Verkehrsverwaltungsrecht


Tatbestand:

Im März 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers für seinen Mandanten beim Beklagten die Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis. Zur Begründung wies er darauf hin, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht stets Voraussetzung für die begehrte Erlaubnis sei, da auch eine Gleichstellung in Betracht komme, wenn der Betroffene über gleichwertige berufliche Erfahrungen verfüge. Dies sei beim Kläger der Fall. Er habe im Jahre 1987 eine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker begonnen. Kurz vor der Wiederholungsprüfung in diesem Ausbildungsgang nach nicht bestandenem ersten Prüfungsversuch sei er unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Dabei habe er schwere Verletzungen davon getragen, die zu einem zwölfmonatigen Krankenhausaufenthalt geführt hätten, so dass schließlich wegen der Fehlzeiten eine Meldung zur Prüfung nicht mehr in Betracht gekommen sei. Der Kläger sei dann jedoch weitere drei Jahre bei seiner früheren Ausbildungsfirma als Landmaschinenmechaniker beschäftigt gewesen. Er habe seinerzeit die Aufgaben erledigt, mit denen üblicherweise auch die Gesellen beauftragt worden seien; überdies habe er einen entsprechenden Lohn bezogen.

In der Folgezeit wies der Beklagte mehrfach darauf hin, dass noch nicht sämtliche Unterlagen für eine Entscheidung über den gestellten Antrag vorlägen. Überdies sei der Kläger nicht im Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse A, so dass schon aus diesem Grunde die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis nicht erfüllt seien.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies mit Schreiben vom 28. Juli 2009 darauf hin, dass dem Kläger bekannt sei, dass er bisher noch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrlehrererlaubnis erfüllt habe. Ihm gehe es letztlich darum, mit Blick auf den in § 3 Nr. 6 des Fahrlehrergesetzes normierten Vorbildungsnachweis zu erfahren, ob er mit einer positiven Entscheidung rechnen könne, bevor er die mit nicht unerheblichen Kosten verbundene Ausbildung zum Fahrlehrer beginne. Insoweit stehe die vom Kläger nachgewiesene Ausbildung bzw. sein nachgewiesener beruflicher Werdegang einer abgeschlossenen Ausbildung gleich. Diesem Schreiben beigefügt war u.a. ein Lebenslauf des Klägers, aus dem hervorging, dass er nach Beendigung seiner Tätigkeit in seinem ursprünglichen Ausbildungsbetrieb bei verschiedenen Unternehmen gearbeitet hat, zunächst als Lagerarbeiter, sodann als Schlosser, Mechaniker, Schweißer und LKW-Fahrer.

Mit Schreiben vom 28. September 2009 wies der Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass es dem Kläger an der nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Fahrlehrergesetzes erforderlichen gleichwertigen Berufsausbildung fehle. Weiterhin besitze der Kläger keine Fahrerlaubnis der Klasse A. Schließlich sei auch der Nachweis der Ausbildung bei einer Fahrlehrerausbildungsstätte nicht erbracht worden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte daraufhin eine Mitgliedsbescheinigung der IHK vom 7. Oktober 2009 vor, aus der sich ergab, dass der Kläger bis Ende Januar 1992 als auszubildender Landmaschinenmechaniker versichert gewesen sei. Damit sei der Nachweis der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Fahrlehrergesetzes erbracht worden. Es werde daher nochmals die Zusicherung beantragt, dass bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen der Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis nichts entgegenstehe.

Mit Bescheid vom 9. November 2009 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe nicht die Fahrerlaubnis der Klasse A. Überdies habe der Kläger keine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine vergleichbare Vorbildung. Im Einzelfall könne die Zulassung zur Prüfung erfolgen, wenn der Betroffene das Eineinhalbfache der Regelausbildung im Ausbildungsberuf gearbeitet habe. Das sei jedoch beim Kläger nicht der Fall.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage hält der Kläger an seinem Begehren fest. Zur Begründung trägt er ergänzend vor: Ihm sei bewusst, dass er noch die Fahrerlaubnis der Klasse A vorlegen müsse. Ihm gehe es nur darum, vor Aufnahme einer kostenintensiven Ausbildung die Gewähr zu haben, dass sein Antrag überhaupt erfolgversprechend sei und nicht an einer mangelnden Vorbildung scheitere. Der Beklagte habe daher seinen Antrag zu Unrecht abgelehnt.

Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 9. November 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger eine Fahrlehrererlaubnis mit der Begründung zu versagen, dass der Kläger nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulbildung oder eine gleichwertige Vorbildung besitze.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens an seiner Rechtsauffassung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da die in § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) normierten Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht gegeben sind.

Der Kläger besitzt unstreitig keine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulbildung, so dass die Erfordernisse des § 2 Abs. 1 Nr. 3 1. Alt. FahrlG nicht erfüllt sind.

Der Kläger verfügt aber auch nicht über eine gleichwertige Vorbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 2. Alt. FahrlG. Hierfür ist ein berufsbezogener Ausbildungsgang erforderlich, der einer abgeschlossenen Lehre in einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichwertig ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1996 - 25 A 6898/95 -, Juris.
Hierfür reichen die beruflichen Tätigkeiten des Klägers nach dem unverschuldeten Abbruch seiner Lehre zum Landmaschinenmechaniker nicht aus. Denn hierbei handelt es sich ersichtlich nicht um eine Ausbildung, sondern lediglich um ungelernte Tätigkeiten außerhalb einer beruflichen Ausbildung, die keine gleichwertige Vorbildung im Sinne des Fahrlehrergesetzes darstellen. Kennzeichnend für eine berufliche Ausbildung ist nämlich die Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten in einem geordneten Lernvorgang, der zum Erwerb einer zusätzlichen Berechtigung führt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1996 - 25 A 6898/95 -, Juris.
Hieran fehlt es gerade bei einer ungelernten Tätigkeit ohne Erwerb einer zusätzlichen Berechtigung. Die beim Kläger ohne Zweifel vorhandene Bewährung im Berufsleben scheidet demgegenüber als gleichwertige Vorbildung eindeutig aus.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1996 - 25 A 6898/95 -, Juris.
Ob die bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeiten des Klägers zur Folge haben, dass er auf seinen Antrag hin in einem anerkannten Ausbildungsberuf zur Abschlussprüfung zuzulassen wäre, kann dahin gestellt bleiben; denn jedenfalls ergäbe sich daraus nicht die Berechtigung, nach dem Fahrlehrergesetz so gestellt zu werden, als habe er diese Prüfung schon mit Erfolg abgelegt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1996 - 25 A 6898/95 -, Juris.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.