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OLG Schleswig Urteil vom 12.08.2004 - 7 U 10/04 - Zur Berechnung des Nutzungsausfalls bei einem Oldtimer

OLG Schleswig v. 12.08.2004: Zur Kostenerstattung für ein vorgerichtlich eingeholtes unfallanalytisches Sachverständigengutachten und zur Berechnung des Nutzungsausfalls bei einem Oldtimer


Das OLG Schleswig (Urteil vom 12.08.2004 - 7 U 10/04) hat entschieden:
  1. Bei einem zum Unfalltag 28 Jahre alten "Oldtimer" besteht zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, jedoch ist dieser Anspruch auf die Vorhaltekosten begrenzt.

  2. Zwar sind gemäß § 7 StVG a.F. i.V. mit § 249 BGB vom Schädiger grundsätzlich auch die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dabei kann offen bleiben, ob davon unfallanalytische Gutachten, die in einem Rechtsstreit ggf. sogar von Amts wegen gemäß § 144 ZPO einzuholen sind, überhaupt erfasst werden. Jedenfalls besteht kein Ersatzanspruch, wenn das unfallanalytische Gutachten nicht im Hinblick auf einen konkreten Rechtsstreit in Auftrag gegeben wurde.

Siehe auch Nutzungsausfall und Fahrzeugalter und Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung


Gründe:

Der Kläger nimmt die Beklagten zweitinstanzlich allein noch aus abgetretenem Recht des Zeugen G., seines Vaters, auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 28.04.2002 in Q. in Anspruch.

Seiner auf Grundlage einer 100 %igen Haftung der Beklagten auf Zahlung von 6.824,47 € nebst Verzugszinsen gerichteten Klage hat das Landgericht dem Grunde nach zu 50 % stattgegeben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 2.695,48 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger nimmt zweitinstanzlich die vom Landgericht zugrunde gelegte Haftungsquote hin, ist aber der Auffassung, dass die geltend gemachten Mietwagenkosten ersatzfähig seien, für den darüber hinausgehenden Zeitraum ihm Nutzungsausfall zustehe, ebenfalls seien die Kosten des von dem Zeugen G. eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachtens von den Beklagten zu ersetzen, zudem stünden ihm Verzugszinsen zu.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 3.677,68 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04. Juni 2002 zu zahlen,
während die Beklagten auf Zurückweisung der Berufung antragen.


Die zulässige Berufung des Klägers hat nur im Umfange von 168,18 € Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Über die erstinstanzlich zuerkannten und zweitinstanzlich weitgehend unstreitigen Beträge hinaus kann der Kläger gemäß §§ 7, 17 StVG a.F., 3 PflVG, 398 BGB weiteren Schadensersatz lediglich in der Position Mietwagenkosten/Nutzungsausfall erhalten.

Obgleich es sich bei dem Fahrzeug des Zeugen G. um einen zum Unfallzeitpunkt rund 28 Jahre alten Mercedes Benz handelte und ausweislich des Gutachtens des Sachverständigenbüros E. ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vorlag, durfte der Zedent, der unstreitig beruflich auf ein Kraftfahrzeug angewiesen war, jedenfalls für den Zeitraum der vom Sachverständigen geschätzten Mindestdauer einer möglichen Wiederbeschaffung von zehn Tagen ein Ersatzfahrzeug anmieten. Die entsprechenden Kosten in Höhe von 1.246,69 € sind unter Berücksichtigung der Haftungsquote und nach Maßgabe der folgenden Ausführungen ein ersatzfähiger Schaden.

Angesichts des Alters des Pkws des Zedenten wurde und wird dieses Modell, ein Mercedes-Benz 240 D, seit mindestens 13 Jahren nicht mehr in den einschlägigen Tabellen von Sanden/Danner, die gemeinhin von der Rechtsprechung für die Berechnung von Ansprüchen auf Nutzungsausfallentschädigung für Kraftfahrzeuge herangezogen werden, geführt. Aufgrund des Alters des Fahrzeuges zum Unfallzeitpunkt von mehr als 25 Jahren hat daher - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht nur eine Zurückstufung aus der Gruppe G in die Gruppe E nach Sanden/Danner stattzufinden, sondern es sind vielmehr als Nutzungsausfallentschädigung lediglich die Vorhaltekosten ersatzfähig. Das hat im Hinblick auf die geltend gemachten Mietwagenkosten zur Folge, dass - obgleich der Zedent ein in die Gruppe C nach Sanden/Danner einzuordnendes Fahrzeug angemietet hatte - gleichwohl ein Abzug von den Mietwagenkosten für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen ist, den das Gericht auf 20 % schätzt.

Damit belaufen sich die ersatzfähigen Mietwagenkosten auf 997,35 €, unter Berücksichtigung der 50 %igen Quote ergibt sich ein von den Beklagten zu ersetzender Betrag in Höhe von 498,68 €.

Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 35,00 € an Nutzungsausfallentschädigung. Das Landgericht ist - schadensersatzrechtlich vertretbar - von einem Zeitraum von insgesamt 17 Tagen ausgegangen, für den es Nutzungsausfallentschädigung zugebilligt hat. Unter Abzug der Zeit, für die der Zedent ein Ersatzfahrzeug angemietet hatte, verbleiben weitere sieben Tage, für die Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden kann.

Der Höhe nach ist dieser Anspruch - wie bereits ausgeführt - begrenzt auf die Vorhaltekosten. Das Gericht schätzt diese gemäß § 287 ZPO auf kalendertäglich 10,00 €. Dieser Schätzung liegt zugrunde, dass nach der Tabelle von Sanden/Danner mit Stand Januar 1991 (NJW 1991, S. 810 ff) sich die Vorhaltekosten für einen Mercedes Benz 250 D auf kalendertäglich 31,98 DM (16,35 €) belaufen, nach mehr als fünfjähriger Nutzung - wie hier - die Vorhaltekosten aber um ein Beträchtliches zu reduzieren sind, da der Berechnung der Vorhaltekosten zugrundeliegende Positionen wie Abschreibung und Finanzierung wegfallen. So belaufen sich die Vorhaltekosten für einen Pkw Audi A 6 im Alter von 11-15 Jahren (vgl. die Tabelle in NJW 2004, S. 730 ff) auf 12,18 € kalendertäglich, so dass für das hier in Rede stehende Fahrzeug der Ersatz von 10,00 € täglicher Vorhaltekosten angemessen erscheint.

Dies ergibt für die sieben weiteren Tage unter Berücksichtigung der 50 %igen Haftungsquote den Betrag von 35,00 €. Insgesamt entfallen auf die Schadenspositionen Mietwagenkosten/Nutzungsausfall mithin 533,68 €, von denen das Landgericht dem Kläger 365,50 € bereits zugesprochen hat.

Hingegen hat der Kläger schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten des von dem Zeugen G. eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachtens.

Zwar sind gemäß § 7 StVG a.F. i.V. mit § 249 BGB vom Schädiger grundsätzlich auch die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dabei kann offen bleiben, ob davon unfallanalytische Gutachten, die in einem Rechtsstreit ggf. sogar von Amts wegen gemäß § 144 ZPO einzuholen sind, überhaupt erfasst werden.

Denn das von dem Zeugen G. eingeholte unfallanalytische Gutachten diente weder der Vorbereitung eines Prozesses des Zeugen oder des Klägers, noch war es zum Zwecke der Prozessführung selbst notwendig, ein derartiges Gutachten einzuholen.

Während das Schadensgutachten ohne weiteres notwendig war, um den Kläger bzw. den Zedenten in die Lage zu versetzen, die Höhe der Schadensersatzforderung zu berechnen, diente das unfallanalytische Gutachten nach eigenem Vortrag des Klägers in erster Linie dazu, strafrechtliche Vorwürfe gegen den Zedenten zu entkräften. Wenn der Kläger das Gutachten sodann im Rechtsstreit zur Untermauerung seines Vortrages verwendet, führt dies nicht dazu, dass die Kosten einen ersatzfähigen Schaden darstellen würden. Denn die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein (vgl. BGH DAR 2003, S. 267 f.), um dessen Kosten entweder als materiellen Schaden ersetzt zu verlangen oder diese über §§ 91, 92 ZPO als notwendige Prozesskosten geltend zu machen.

Zinsen wie - auch vom Landgericht bereits - zuerkannt gebühren dem Kläger gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB ab Rechtshängigkeit. Anspruch auf Verzugszinsen hat der Kläger hingegen nicht.

Mit dem Klagantrag hatte er Zinsen ab dem 04. bzw. 12. Juni 2002 gefordert, ohne auch nur ansatzweise darzulegen, woraus sich eine Verzinsungspflicht der Beklagten ab diesen Zeitpunkten ergeben sollte. Mangels Darlegung einer Verzinsungspflicht gab es für die Beklagten, die uneingeschränkt Klagabweisung beantragt hatten, nichts zu bestreiten. Zweitinstanzlich ist der Kläger mit neuem Vortrag hinsichtlich des vermeintlichen Verzuges der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Denn die Rüge der Verletzung einer vermeintlichen Hinweispflicht durch das Landgericht geht fehl. Hinsichtlich der von einer Partei geltend gemachten Nebenforderungen gab es keine Hinweispflicht des Gerichts (§ 278 Abs. 3 ZPO a.F.), es gibt sie auch nach neuem Prozessrecht (§ 139 Abs. 2 S. 1 ZPO) nicht (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl. § 139 Rn. 8).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.