Das Verkehrslexikon

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OLG Rostock Beschluss vom 24.02.2010 - 2 Ss (OWi) 6/10 I 19/10 - Zur Verwertbarkeit von Verkehrsüberwachungsvideos zu Feststellung von Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen bei sogenanntem "aufmerksamen Messbetrieb"

OLG Rostock v. 24.02.2010: Zur Verwertbarkeit von Verkehrsüberwachungsvideos zu Feststellung von Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen bei sogenanntem "aufmerksamen Messbetrieb"


Das OLG Rostock (Beschluss vom 24.02.2010 - 2 Ss (OWi) 6/10 I 19/10) hat entschieden:
Für die im sog. "aufmerksamen Messbetrieb" durchgeführten verdachtsabhängigen Videoaufzeichnungen, bei denen ein Personenbezug hergestellt werden kann, bildet § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den damit verbundenen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der erforderliche Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO liegt vor, sobald der Messbeamte auf dem Monitor der Tat-Videokamera einen Abstandsverstoß auszumachen glaubt.


Siehe auch Ungenehmigte Video-und Foto-Personenaufnahmen und deren Verwertung und Verwertungsverbote


Gründe:

I.

Mit Urteil vom 13.10.2009 - 1 OWi 182/09 - verurteilte das Amtsgericht Ludwigslust den Betroffenen wegen fahrlässiger Abstandsunterschreitung von weniger als 3/10 des halben Tachowertes zu einer Geldbuße von 660,00 €. Hiergegen richtet sich die am 20.10.2009 bei Gericht eingegangene Rechtsbeschwerde vom selben Tage, die mit am 17.12.2009 bei Gericht eingegangenem Verteidigerschriftsatz mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet und mit Anträgen versehen worden ist.


II.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 OWiG statthaft, innerhalb der Frist des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO angebracht und innerhalb der weiteren Frist des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO zumindest mit der ausgeführten Sachrüge formgerecht begründet worden, mithin zulässig. Es hat jedoch keinen Erfolg.


III.

Die Nachprüfung des Urteils anhand der Beschwerdebegründung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufgezeigt. Die u.a. zur Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen und Überzeugungsbildung gemachten Videoaufzeichnungen des Verkehrsverstoßes unterliegen entgegen der Ansicht der Verteidigung auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 (NJW 2009, 3293) weder einem Beweiserhebungs- noch einem Beweisverwertungverbot.

1. Die dem Betroffenen angelastete Abstandsunterschreitung wurde mit einem Verkehrs-Kontroll-System VKS 3.0, bestehend u.a. aus einer "Tat-Videokamera" und zwei "Fahrer-Videokameras", jeweils mit zugehörigen Videorecordern, im sogenannten Brückenabstandsmessverfahren festgestellt. Dieses gestaltet sich nach den dazu ohne erkennbaren Rechtsfehler getroffenen Urteilsfeststellungen - auch im konkreten Fall - wie folgt:

Die Tat-Videokamera mit einer Auflösung von 0,44 Megapixeln wird am Geländer einer Brücke über der Autobahn angebracht. Zwei Fahrer-Videokameras mit jeweils sieben Megapixeln Bildauflösung stehen links und rechts der beiden Fahrstreifen in Höhe der vorbeifahrenden Fahrzeuge. Während der gesamten Dauer der Verkehrsüberwachungsmaßnahme sitzt der Messbeamte in dem Messfahrzeug vor einem Monitor, welcher das Bild der Tat-Videokamera zeigt, und beobachtet darauf den Verkehrsfluss auf einem Abschnitt von ca. 600 Metern vor der Messstelle ("aufmerksamer Messbetrieb"). Die Rekorder zur Tat-Videokamera und zu den beiden Fahrer-Videokameras sind dabei nicht eingeschaltet. Erst wenn der Messbeamte augenscheinlich den Verdacht hat, dass ein Fahrzeug einen zu geringen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug hat, schaltet er die drei Rekorder ein. Die Fahrer-Videorekorder werden nach dem Passieren des verdächtigen Fahrzeugs wieder abgeschaltet. Bei erneutem Verdacht eines Abstandsverstoßes schaltet der Messbeamte sie wieder ein. Eine Identifizierung der Fahrer sowie der Kennzeichen der die Messstelle passierenden Fahrzeuge ist nur auf den von den hochauflösenden Fahrer-Videokameras aufgezeichneten Bilder möglich, nicht hingegen auf den Bildern mit niedriger Auflösung, die von der Tat-Videokamera stammen. Diese lassen sich nach Angaben des dazu gehörten Sachverständigen mit technischen Mittel auch nicht nachträglich so aufbereiten, dass eine Fahrer- oder Kennzeichenerkennung möglich wird, weil jede Vergrößerung dieser Bilder sofort zu einer Verpixelung und damit zu Unschärfen führt.

2. Der so ausgestaltete "aufmerksame Messbetrieb" begegnet auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem oben genannten Beschluss zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aufgestellten Grundsätze keinen rechtlichen Bedenken. Das Amtsgericht hat zutreffend § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG als ausreichende gesetzliche Grundlage für die verfahrensgegenständlichen Videoaufzeichnungen angesehen.

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Es sichert seinen Trägern insbesondere Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten zu (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 67, 100 <143>; 84, 239 <279>; 103, 21 <33>; BVerfG, NJW 2006, S. 976 <979>). Die beobachtende oder observierende Tätigkeit der Polizei kann den grundrechtlichen Schutzbereich berühren und die rechtliche Qualität von Grundrechtseingriffen gewinnen (vgl. BVerfGE 110, 33 <56>). Das gilt namentlich dann, wenn personenbezogene Informationen zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung erhoben und gespeichert werden. In der Folge sind diese Daten nicht nur jederzeit und ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar, sie können darüber hinaus - vor allem beim Aufbau integrierter Informationssysteme - mit anderen Datensammlungen zusammengefügt werden, wodurch vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten entstehen (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>). Der mit solchen technischen Möglichkeiten unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung einhergehenden gesteigerten Gefährdungslage entspricht der hierauf bezogene Grundrechtsschutz (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <45 f.>).

b) Davon ausgehend, liegt in der lediglich visuellen Überwachung einer Straße ohne Bildaufzeichnung, auch wenn sie, wie vorliegend, mittels einer Videokamera erfolgt, kein Eingriff in das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung. Es handelt sich um "keinen Gefährdungstatbestand, soweit Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden" (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 zur sogenannten "Kennzeichenerfassung"). Die Überwachung eines Autobahnabschnitts mittels der von der Tat-Videokamera stammenden Bilder auf einem Monitor ist somit selbst dann verfassungsrechtlich unproblematisch, wenn sie ohne konkreten Anfangsverdacht auf eine Ordnungswidrigkeit erfolgt.

c) Ein Eingriff in das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung liegt aber auch dann nicht vor, wenn die im Brückenabstandsmessverfahren von der Tat-Videokamera stammenden Bilder mittels Videorekorder aufgezeichnet werden. Zwar wird dadurch der beobachtete Lebensvorgang technisch fixiert. Er kann und soll auch zu einem späteren Zeitpunkt zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden. Diese Aufzeichnung erfolgt jedoch erst, nachdem der Messbeamte bereits den Verdacht auf eine Verkehrsordnungswidrigkeit geschöpft und deshalb den Recorder eingeschaltet hat, also "anlassbezogen". Hinzu kommt, dass wegen der niedrigen Auflösung der Tat-Videokamera, auf den von ihr stammenden Bildern weder Fahrzeugkennzeichen noch Fahrzeuginsassen identifiziert werden können. Selbst im Falle einer nicht durchgehend anlassbezogenen Daueraufzeichnung, von der dann auch "unverdächtige" Verkehrsteilnehmer und Fahrzeuge erfasst würden, wäre damit kein Eingriff in grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrechte verbunden.

d) Soweit hingegen die Fahrer-Videokameras Lebensvorgänge beobachten, die dann auf die Fahrer-Videobänder aufgenommen und später zu Beweiszwecken aufbereitet und ausgewertet werden, liegt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Auf den gefertigten Bildern sind sowohl das Kennzeichen des Fahrzeugs als auch der Fahrzeugführer deutlich zu erkennen, so dass - was beabsichtigt ist - ein Personenbezug hergestellt werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3293 und NJW 2008, 1505 ff.). Auch das begegnet jedoch bei Vorliegen eines Anfangsverdachts auf eine Ordnungswidrigkeit, wie er vorliegend bejaht wurde, keinen Bedenken.

aa) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist der Einschränkung im überwiegenden Allgemeininteresse zugänglich. Diese bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist. Dabei müssen Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (BVerfG, NJW 2009, a.a.O.). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht die seit dem 01.01.2008 durch Artikel 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen neu gefasste Regelung des § 100 h Abs. 1 Satz Nr. 1 StPO, die über die Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG (ohne Einschränkungen durch § 46 Abs. 3 bis 8 OWiG) auch in Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt.

Mit dieser Eingriffsbefugnis dürfen ohne Wissen der Betroffenen außerhalb von Wohnungen Bildaufnahmen hergestellt werden. Zulässig ist damit neben der Herstellung normaler (auch digitaler) Lichtbilder auch die Anfertigung von Video- und Filmaufnahmen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 16.11.2009 - 2 Ss OWi 1215/09 ; OLG Jena, Beschluss vom 6.01.2010 - 1 Ss 291/09; KK-StPO/Nack, 6. Aufl., § 100 h Rdnr. 6; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 100 h Rn. 1, jeweils m.w.N.). Die Ermächtigung zur Anfertigung von Bildaufnahmen gem. § 100 h Satz 1 Nr. 1 StPO dient "zur Erforschung des Sachverhalts" und damit Ermittlungszwecken. Sie ist zulässig, wenn ein entsprechender Anfangsverdacht für die Begehung einer Straftat oder - über die Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG - auch für eine Ordnungswidrigkeit besteht und entsprechend der Subsidiaritätsklausel des § 100 h Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz StPO "die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise weniger Erfolg versprechend oder erschwert wäre". Im Gegensatz zum eingriffsintensiveren Einsatz sonstiger Observationsmittel nach § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO - zum Beispiel dem Einbau GPS-Peilsendern - erfordert die Herstellung von Bildaufzeichnungen gerade nicht das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung, § 100 h Abs. 1 Satz 2 StPO (OLG Bamberg, a.a.O.).

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 100 h Abs. 1 StPO liegen bei bestehendem Anfangsverdacht einer Verkehrsordnungswidrigkeit vor.

Da die Eigenart des fließenden Verkehrs auf Autobahnen das Anhalten verdächtiger Fahrzeuge oder sonstige alternative, weniger intensive Eingriffe zur Identifizierung des Fahrers nicht gestattet, ist bei dieser nur wenige Sekunden andauernden Videoaufzeichnung auch die allgemeine Subsidiaritätsklausel des § 100 h Abs. 1 Satz 1 2. Hs. StPO hinreichend beachtet. Da sich der vom Messbeamten gesteuerte Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die angefertigte Videoaufzeichnung auch nur unmittelbar gegen den verdächtigen Verkehrsteilnehmer richtet, handelt es sich bei ihm um den von § 100 h Abs. 2 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG primär erfassten Adressaten des Eingriffs. Die Tatsache, dass mit den Fahrervideokameras möglicherweise noch unvermeidliche Aufzeichnungen in Bezug auf ein nachfolgendes oder vorausfahrendes drittes Fahrzeug erfolgen könnten, steht gemäß § 100 h Abs. 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG einer Durchführung der Maßnahme ausdrücklich nicht entgegen.

Der mit dieser auf wenige Sekunden beschränkten Videoaufzeichnung verbundene Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen ist auch nicht unverhältnismäßig. Nachdem weniger einschneidende und gleichermaßen Erfolg versprechende Maßnahmen zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten nach §§ 3 und 4 StVO nicht vorhanden sind, steht mit der Videoaufzeichnung durch die Fahrer-Videokamera für den Betroffenen verbundene Grundrechtseingriff auch zu dem angestrebten Zweck, die Sicherheit des Straßenverkehrs im Hinblick auf die besonderen Gefährdungen durch zu geringen Abstand im fließenden Verkehr zu gewährleisten, nicht außer Verhältnis (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.).

cc) Der erforderliche Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO auf die Begehung einer Ordnungswidrigkeit liegt bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen der verfahrensgegenständlichen Art vor, sobald der Messbeamte auf dem Monitor der Tat-Videokamera im "aufmerksamen Messbetrieb" einen Abstandverstoß auszumachen glaubt. Die Auslösung der Fahrervideokameras durch ihn erfolgt dann - anders als in der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 zugrunde liegenden Konstellation - ausschließlich verdachtsabhängig und nur so lange, bis das verdächtige Fahrzeug die Messstelle passiert hat.

3. Soweit die Verteidigung in ihrer Erwiderung auf die Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft bemängelt, die Durchführung eines "aufmerksamen Messbetriebs" im vorbeschriebenen Sinne habe im konkreten Fall gerade nicht festgestellt werden können, weil der als Zeuge gehörte Messbeamte keine Erinnerung mehr an den konkreten Vorfall gehabt und deshalb nur dargelegt habe, wie er das Messgerät grundsätzlich bediene und dass er das immer so handhabe, entfernt sie sich damit von den für das Beschwerdegericht allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen, denen solche Einschränkungen im Aussageverhalten des Zeugen nicht zu entnehmen sind. Mit einer solchen Rüge kann der Betroffene im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben (BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 6; BGH NStZ 90, 35; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 261 Rdz. 38a; KK-Schoreit, StPO, 6. Aufl. § 261 Rdz. 51; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 6. Aufl. Rdz. 1471). Selbst wenn der Messbeamte sich jedoch in diesem Sinne geäußert haben sollte, stünde dies einer darauf fußenden tatrichterlichen Überzeugung, dann werde er auch im konkreten Fall so vorgegangen sein "wie immer", nicht entgegen.

4. Eine lückenhafte Beweiswürdigung des Amtsgerichts liegt entgegen der Rechtsbeschwerde auch nicht deswegen vor, weil sich das Amtsgericht in seiner Beweiswürdigung nicht mit seinen Feststellungen betreffend die Angaben des Sachverständigen zu den von diesem eingesehenen Tat-Videobändern auseinandergesetzt habe. Tatsächlich ist der Tatrichter unter Würdigung der Angaben des als Zeugen gehörten Messbeamten und der Ausführungen des Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht alle durchfahrenden Fahrzeuge in der Weise pauschal gefilmt wurden, dass "wahllos alle jeweiligen Fahrzeugführer erkennbar und identifizierbar aufgenommen worden" sind (vgl. UA S. 7). Dies ist unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Aufzeichnung und Speicherung von Bildern der Tat-Videokamera per se keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt (vgl. oben 2 c), ausreichend.

5. Der Beschluss des OLG Oldenburg vom 27.11.2009 - Ss Bs 186/09 - steht der Auffassung des Senates nicht entgegen. Der durch das OLG Oldenburg entschiedene Fall unterscheidet sich von dem hier vorliegenden darin, dass dort eine durchgängige Aufnahme des fließenden Verkehrs in der Weise stattgefunden hat, dass die jeweils auf der Überholspur befindlichen Fahrzeuge mit Kennzeichen erfasst worden und die Fahrer identifizierbar gewesen sind. Eine derartige verdachtsunabhängige und zur Identifizierung aller Fahrzeuge und Fahrzeugführer geeignete Aufzeichnung hat vorliegend nicht stattgefunden.

6. Soweit die Rechtsbeschwerde das Urteil des Amtsgerichts Ludwigslust mit der Begründung angreift, es liege mangels Ermächtigungsgrundlage ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, da die "Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörde zur Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten in Mecklenburg-Vorpommern vom 14.03.1995 mit Wirkung zum 14.05.2008, 24.00 Uhr, aufgehobenen worden sei, die Auswertung der Videoaufnahmen jedoch erfolgt sei, nachdem die "Rechtkraft" (gemeint ist wohl: die Gültigkeit) der Verordnung erloschen sei, trägt dieser Einwand ebenfalls nicht.

Die Beschwerde übersieht zum einen, dass es sich bei o.g. Verordnung nicht um die Rechtsgrundlage für die Durchführung der Abstandsmessung handelt (diese ist, wie ausgeführt in § 100 h Abs. 1 Satz Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG enthalten), sondern um eine Vorschrift, die lediglich die für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Behörde bestimmt. Dies war am Tattag der Landrat des Landkreises Ludwigslust. Daran hat sich auch nachfolgend nichts geändert, denn diese Zuständigkeitsbestimmung ist durch die 5. Änderungsverordnung vom 05.05.2008 (GVBl. M-V S. 136) inhaltsgleich in § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf dem Gebiet des Straßenverkehrswesens (Straßenverkehr-Zuständigkeitslandesverordnung - StVZustLVO M-V) übernommen worden.

7. Das Urteil weist auch im Übrigen aus den zutreffenden Darlegungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.


IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG.