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Amtsgericht Buxtehude Urteil vom 23.06.2010 - 32 C 1001/09 - Zur Bewertung von Zahlungen des Haftpflichtversicherers als deklaratorisches Schuldanerkenntnis

AG Buxtehude v. 23.06.2010: Zur Bewertung von Zahlungen des Haftpflichtversicherers als deklaratorisches Schuldanerkenntnis


Das Amtsgericht Buxtehude (Urteil vom 23.06.2010 - 32 C 1001/09) hat entschieden:
Ein Anerkenntnis kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Verhalten ausgesprochen werden. Dies gilt vor allem dann, wenn das Verhalten des Schuldners das Bewusstsein von seiner Schuld unzweideutig zum Ausdruck bringt, was insbesondere dann zu bejahen ist, wenn der Schuldner vorbehaltlos Erfüllung von Einzelansprüchen eines Schadensersatzberechtigten vornimmt. Das gilt auch, wenn die diversen Schadensersatzpositionen des Unfallgeschädigten vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners vollumfänglich reguliert und zum Haftungsgrund keine Einwendungen erhoben wurden.


Siehe auch Schuldbekenntnis nach einem Unfall und Regulierungsverhalten und Zahlungen der Versicherung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis?


Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine Autovermietung in H. Die Beklagte ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen ... . Mit diesem Fahrzeug kam es am 20.07.2009 in B zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des Herrn ... beschädigt wurde.

Die Ehefrau des Geschädigten mietete aufgrund des Unfalls bei der Klägerin einen Ersatzwagen für den unfallbeschädigten Opel Tigra gleichen Typs.

Vertraglich vereinbart wurde neben der eigentlichen Anmietung, dass im Rahmen der auftretenden Mietwagenkosten der Geschädigte seine Schadensersatzansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers abtritt (Bl. 10 f d. A.).

Nach Rückgabe des Fahrzeuges am 28.07.2009 rechnete die Klägerin gegenüber dem Unfallgeschädigten ... die Mietwagenkosten mit einem Gesamtbetrag von 1.150,50 Euro ab (Bl. 12 d. A.).

Hierauf erstattete die Beklagte als Haftpflichtversicherung einen Betrag von 400,00 Euro. Im Übrigen hat die Beklagte sämtliche weitere Schadenspositionen des Geschädigten ... zu 100 % reguliert, ohne insoweit einen Vorbehalt oder Ähnliches auszusprechen. Dies betrifft den eigentlichen Fahrzeugschaden von rd. 6.000,00 Euro sowie die übrigen Schadensersatzpositionen des Unfallgeschädigten. Auch die Zahlung der Beklagten in Höhe von 400,00 Euro auf die Mietwagenkosten erfolgten unter Hinweis auf die nach Auffassung der Beklagten teilweise unberechtigte Höhe der geltend gemachten Mietwagenkosten (Bl. 13 d. A.).

Mit der Klagerwiderung vertritt die Beklagte zum ersten Mal die Auffassung, es bestehe vorliegend eine Haftung dem Grunde nach lediglich zu 50 %, da der streitgegenständliche Verkehrsunfall vom 20.07.2009 durch den Unfallgeschädigten und Kunden der Klägerin ... verursacht worden sei.

Im Übrigen streiten die Parteien darum, ob die von der Klägerin noch geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 615,38 Euro berechtigt sind, nachdem die Klägerin aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte vorgeht.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihre Rechnung vom 29.07.2009 sei gerechtfertigt, es sei vorliegend ein Normaltarif in Ansatz gebracht worden. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht treffe den Geschädigten nicht. Die Berechnung entspreche auch den aktuellen Mietpreisspiegeln.

Nachdem die Parteien entgegen dem vorgerichtlichen Schriftverkehr nunmehr über die Berechtigung der Klagforderung dem Grunde nach uneins sind, hat die Klägerin im Rahmen einer Zwischenfeststellungsklage beantragt,
wie erkannt.

[Es wird festgestellt, dass die vorgerichtliche, vorbehaltlose Zahlung der Beklagten auf alle vom Geschädigten hinsichtlich des erlittenen Fahrzeugschadens geltend gemachten Schadensersatzpositionen jeweils zu 100 %, ein Haftungsanerkenntnis der Beklagten anlässlich ihrer 100 %igen Eintrittspflicht zur Schadensregulierung anlässlich des Verkehrsunfalls vom 20.07.2009 dem Grunde nach darstellt.]

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Zwischenfeststellungsklage für unzulässig und auch für unbegründet. Ein Anerkenntnis liege nicht vor. Auch bestehe nicht die konkrete Möglichkeit, dass weitere Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis erwachsen könnten, die nicht streitgegenständlich sind.

Im Übrigen vertritt die Beklagte die Auffassung, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht kein höherer Anspruch als die von der Beklagten vorgerichtlich geleisteten 400,00 Euro zu. Die Rechnung der Klägerin sei überhöht und damit ungerechtfertigt. Die Klägerin müsse für den Geschädigten dartun und beweisen, dass ein günstigerer Mietwagentarif nicht zugänglich gewesen sei. Im Raum B gäbe es eine Reihe von konkurrierenden Autovermietungen, so dass der Geschädigte die Möglichkeit gehabt habe, einen Unfallersatz-Pkw deutlich günstiger anzumieten. Dieses ergebe auch der anzuwendende Marktpreisspiegel für Mietwagen des Fraunhofer Instituts.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist Rahmen der Zwischenfeststellungsklage gemäß Schriftsatz vom 18.03.2010 entscheidungsreif sowie zulässig und begründet.

Die Klage ist als Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 ZPO zulässig.

Die Parteien streiten nunmehr nicht mehr nur zur Höhe des Mietwagenschadens, den die Klägerin berechtigterweise geltend machen kann, sondern nunmehr auch entgegen dem vorgerichtlichen Vorgehen darüber, ob die Haftung dem Grunde nach zu Lasten der Beklagten als Haftpflichtversicherer für den beim Unfall vom 20.07.2009 unfallbeteiligten Pkw in voller Höhe von 100 % besteht oder ob entsprechend der Auffassung der Beklagten hier lediglich eine 50 %ige Quote festgesetzt werden kann.

Die Klage ist gem. § 256 ZPO zulässig, es ist nicht auszuschließen, dass auf Seiten der Klägerin noch weitere Schadensersatzansprüche bestehen über die bislang geltend gemachten hinausgehend. Hinzutritt, dass sich die Beklagte im vorliegenden Streitverfahren anders verhält, als sie dies vorgerichtlich getan hat, so dass für die Klägerin und für den Unfallgeschädigten eine besondere Unsicherheit hervorgerufen worden ist. Diese kann durch Zwischenfeststellungsklage beseitigt werden, die Klage ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet.

Die Beklagte hat ein Anerkenntnis zum Grunde nach gegenüber der Kläger bzw. dem Unfallgeschädigten abgegeben.

Ein Anerkenntnis kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Verhalten ausgesprochen werden. Dies gilt vor allem dann, wenn das Verhalten des Schuldners das Bewusstsein von seiner Schuld unzweideutig zum Ausdruck bringt, was insbesondere dann zu bejahen ist, wenn der Schuldner vorbehaltlos Erfüllung von Einzelansprüchen eines Schadensersatzberechtigten vornimmt (vergleiche OLG Celle, NJW 2008, Seite 1008 f).

So liegt es hier: Unstreitig hat die Beklagte die diversen Schadensersatzpositionen des Unfallgeschädigten im Rahmen des Verkehrsunfalls vom 20.07.2009 als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners des Kunden der Klägerin vollumfänglich reguliert. Unstreitig ist weiter, dass sie zu keinem Zeitpunkt zum Haftungsgrund Einwendungen erhoben hat. Unstreitig ist schließlich auch, dass die Beklagte selbst auf die streitige Schadensersatzposition Mietwagenkosten eine Zahlung in Höhe von 400,00 Euro vorgenommen hat, ohne dass bei dieser nur teilweise erfolgten Zahlung auf eine etwaige Mithaftung des Unfallgeschädigten dem Grunde nach hingewiesen wurde, vielmehr die Beklagte erklärt hat, dass sie den Anspruch gemäß Rechnung der Klägerin vom 29.07.2009 nur der Höhe nach nicht anerkenne. Die Klägerin bzw. der Unfallgeschädigte konnte aus diesem Verhalten unzweideutig und klar erkennen, dass die Beklagte selbst von einer uneingeschränkten Haftung zu 100 % dem Grunde nach ausgeht. Anders würde das Verhalten der Beklagten keinen Sinn machen. Es wurde durch das Regulierungsverhalten der Beklagten in eindeutiger Weise zum Ausdruck gebracht, dass diese das Bewusstsein der Schuld hatte und sich entsprechend auch verhalten hat. Es liegt damit ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor, dass die 100 %ige Haftung der Beklagten festschreibt. Bereits mit Anwaltsschreiben vom 27.07.2009 (Bl. 103/R d. A.) ist die Beklagte über die Unfallschilderung ihres Versicherungsnehmers informiert worden, insbesondere über dessen Darlegung, dass der Unfallgeschädigte ... zu Unrecht und abrupt sein Fahrzeug abgebremst habe, so dass es zu dem Auffahrunfall mit dem Versicherungsnehmer der Beklagten als Auffahrendem kommen konnte. Die jetzt erhobenen Einwendungen waren der Beklagten mithin frühzeitig bekannt, trotzdem hat sie die diversen Schadenspositionen uneingeschränkt ausgeglichen, so dass sie sich nunmehr nicht mehr darauf berufen kann, dass eine Haftung dem Grunde nach allenfalls zu 50 % bestehe.

Nach alledem war der Zwischenfeststellungsklage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.