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OLG Hamm Beschluss vom 16.01.2012 - III-2 RBs 141/11 - Zur Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch bei einem Bußgeldbescheid wegen einer Trunkenheitsfahrt ohne Angaben zur Schuldform

OLG Hamm v. 16.01.2012: Zur Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch bei einem Bußgeldbescheid wegen einer Trunkenheitsfahrt ohne Angaben zur Schuldform


Das OLG Hamm (Beschluss vom 16.01.2012 - III-2 RBs 141/11) hat entschieden:
Der Wirksamkeit der Beschränkung in einem Bußgeldbescheid steht nicht entgegen, dass dieser keine Angaben zur Schuldform enthält, sofern - wie hier - die Verwaltungsbehörde die Regelsätze der BKat-Verordnung (BKatV) als Ahndung angeordnet hat. Die Beträge des BKat, an den die Behörde grundsätzlich gebunden ist, gehen von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus.


Siehe auch Die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen im Bußgeldverfahren und Alkohol im Verkehrsstrafrecht - Trunkenheitsfahrt - Fahruntüchtigkeit


Gründe:

I.

Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Landrates des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 21. Juni 2011 wegen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr ein Fahrverbot von einem Monat und eine Geldbuße in Höhe von 500,- € verhängt worden. Hiergegen hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers rechtzeitig Einspruch eingelegt, den er mit weiterem Schriftsatz auf die Höhe der Geldbuße beschränkt hat, "soweit diese 200,- € übersteigt".

Durch angefochtenes Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 14. Oktober 2011 ist der Betroffene wie folgt verurteilt worden:
Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr zu einer Geldbuße von 350,- € verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft dieser Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der er insbesondere rügt, dass einerseits die eingetretene Rechtskraft des Bußgeldbescheids und andererseits die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bei der Zumessung der Höhe der Geldbuße nicht hinreichend berücksichtigt worden sein.


II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich - mit Ausnahme der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Neufassung des Tenors - als unbegründet.

1. Die vom Senat aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen durchzuführende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass der Betroffene seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 21. Juni 2011 auf die Höhe der verhängten Geldbuße insgesamt beschränkt hat, so dass die tatsächlichen Feststellungen des Bußgeldbescheids zum Schuldspruch sowie das weiterhin verhängte Fahrverbot von einem Monat in Rechtskraft erwachsen sind.

a) Gemäß § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Damit ist auch eine Beschränkung auf die Höhe der Geldbuße möglich, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Ist dies der Fall, steht der Wirksamkeit der Beschränkung nicht entgegen, dass der Bußgeldbescheid lediglich keine Angaben zur Schuldform enthält, sofern - wie hier - die Verwaltungsbehörde die Regelsätze der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) als Ahndung angeordnet hat. Die Beträge des Bußgeldkatalogs, an den die Behörde grundsätzlich gebunden ist, gehen von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus (vgl. § 1 Abs. 2 BKatV). Setzt die Verwaltungsbehörde für einen dem Katalog entsprechenden Tatbestand ohne weiteres - wie vorliegend - die dort vorgesehene Regelgeldbuße fest (vgl. § 4 Abs, 3 i.V.m. Nr. 241 BKatV), gibt sie damit zu erkennen, dass sie dem Betroffenen lediglich fahrlässiges Handeln zur Last legt. Auch der Bußgeldrichter hat daher in diesen Fällen von fahrlässiger Begehungsweise auszugehen, wie vorliegend im angefochtenen Urteil geschehen (vgl. auch OLG Hamm, 5. Senat, Beschluss vom 19. August 2008, Az. 5 Ss OWi 493/08, veröffentlicht: VRR 2009, 34, m.w.N.; OLG Bamberg, VRS 113, 357; OLG Bamberg, NJW 2006, 627 m.w.N.).

b) Der Einspruch des Betroffenen erstreckte sich auf die Höhe der verhängten Geldbuße insgesamt und nicht nur - entgegen dem Wortlaut des Einspruchs - "soweit diese 200,00 € übersteigt", da die Zumessung der Geldbuße auf Grundlage der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, des konkreten Tatvorwurfs gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG sowie möglicher weiterer Einzelfallumstände in der Person des Täters umfassend und ohne Beschränkung auf einen Mindest- oder Höchstbetrag vorzunehmen ist.

c) Hingegen ist der Rechtsfolgenausspruch bzgl. des im Bußgeldbescheid verhängten Fahrverbots in Rechtskraft erwachsen. Die der Beschränkung auf die Fahrverbotsanordnung nach herrschender Rechtsprechung entgegenstehende Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot ist bei dieser Fallkonstellation gerade nicht gegeben, da eine Herabsetzung der Geldbuße keinen Grund darstellt, ein im Bußgeldbescheid zudem angeordnetes Regelfahrverbot zu verlängern, zu verkürzen oder wegfallen zu lassen (vgl. auch Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, Seite 457, § 19 Rn. 6).

2. Die vom Amtsgericht festgesetzte Geldbuße in Höhe von 350,- € ist nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat ausreichende Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen getroffenen. Der Senat war dadurch in der Lage, zu prüfen, ob die verhängte Geldbuße unter Berücksichtigung der Kriterien des § 17 Abs. 3 OWiG noch als verhältnismäßig anzusehen sind. Soweit das Amtsgericht unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Betroffenen sogar von der Regelbuße in Höhe von 500,- € abgewichen ist und letztlich eine Geldbuße in Höhe von 350,- € für angemessen angesehen hat, ist hieran aus Sicht des Senats nicht zu erinnern.

3. Der Tenor des angefochtenen Beschluss war neu zu fassen, da der Bußgeldbescheid im Schuldspruch und im Rechtsfolgenausspruch, soweit gegen den Betroffenen ein Fahrverbot verhängt worden ist, in Rechtskraft erwachsen ist. Dies hat das Amtsgericht zwar erkannt, was dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen ist, jedoch war sowohl dieser Umstand als auch die Schuldform im Tenor klarzustellen, was der Senat durch dessen Neufassung nachgeholt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG.



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