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OVG Münster (Beschluss vom 16.02.2010 - 13 C 112/10 - Zur Fristberechnung bei nur lokal geltenden gesetzlichen Feiertagen

OVG Münster v. 16.02.2010: Zur Fristberechnung bei nur lokal geltenden gesetzlichen Feiertagen


Das OVG Münster (Beschluss vom 16.02.2010 - 13 C 112/10) hat entschieden:
Für den Ablauf einer Rechtsmittelfrist an einem nicht bundeseinheitlichen gesetzlichen Feiertag sind die Verhältnisse an dem Ort maßgebend, an dem die Frist zu wahren ist.

Anmerkung: Gleichlautend sind die Beschlüsse des Gerichts 13 C 112/10 / 13 C 112/10 / 13 C 112/10 /13 C 112/10 ergangen.



Gründe:

Die am 7. Januar 2010 erhobenen Beschwerden sind als unzulässig zu verwerfen, weil sie entgegen § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht binnen zwei Wochen nach der am 23. Dezember 2009 erfolgten Zustellung der angefochtenen Beschlüsse beim Verwaltungsgericht und auch nicht beim Oberverwaltungsgericht (§ 147 Abs. 2 VwGO) eingegangen sind. Die Frist endete am 6. Januar 2010 und nicht, wie die Antragsteller meinen, wegen des Feiertags "Heilige Drei Könige (Epiphanias)" in Bayern nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des folgenden Werktags. Nach allgemeiner Meinung sind für den Ablauf einer Rechtsmittelfrist an einem nicht bundeseinheitlichen gesetzlichen Feiertag die Verhältnisse an dem Ort maßgebend, an dem die Frist zu wahren ist.
Vgl. etwa BAG, Beschluss vom 16. Januar 1989 - 5 AZR 579/88, NJW 1989, 1181; Bay VGH, Beschluss vom 9. August 1996 - 23 AA 95.30922 -, NJW 1997, 2130; OVG Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2004 - 2 A 247/04.AZ -, NJW 2004, 3795; Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juli 2009, § 57 Rn. 28; vgl. auch Hömig, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: Mai 2009, § 93 Rn. 37.
Maßgeblich ist damit die Rechtslage am Sitz des Verwaltungsgerichts Aachen. Dort ist aber - wie auch sonst im Land Nordrhein-Westfalen - "Heilige Drei Könige" kein gesetzlich anerkannter Feiertag (vgl. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. April 1989 - GV. NW. S. 222). Raum für eine verfassungsrechtlich gebotene anders lautende Auslegung und Anwendung von § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO besteht nicht. Zwar darf gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden, so dass der Bürger berechtigt ist, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze auszunutzen.
Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 29. August 2005 - 1 BvR 2138/03 -, NJW 2005, 3346 m.w.N.
Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht, denn es geht nicht um die am 6. Januar 2010 ablaufende Beschwerdefrist, die die Antragsteller hätten ausnutzen dürfen. Die Auslegung des § 222 Abs. 2 ZPO, wonach das Recht am Ort des Gerichts, bei dem die Frist zu wahren ist, maßgeblich ist, verstößt auch nicht gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Vielmehr ist dieser Umstand unterschiedlicher Feiertagsregelungen Ausdruck des föderalen Systems in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch Folge dessen, dass Verfahren grundsätzlich nach dem am Gerichtsort geltenden Recht ("lex fori") durchgeführt werden. Schließlich soll das gesetzlich angeordnete Hinausschieben des Fristablaufs dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die zur Wahrung der Frist erforderliche Handlung wegen des Feiertags am Sitz des Gerichts nicht in jedem Fall vorgenommen werden kann. Denn eine "Verkürzung" der Antragsfrist tritt jedenfalls für solche Rechtsmittelführer nicht ein, die nicht über Kommunikationsmittel verfügen, die eine Fristwahrung auch an Sonn- und Feiertagen ermöglichen. Diese Regelung will daher gerade für einen Teil von Rechtsmittelführern effektiven Rechtsschutz gewährleisten.
Vgl. OVG Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2004 - 2 A 247/04.AZ -, a.a.O.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) begehrt, ist hierfür kein Raum, weil er angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und die Entscheidung über den Streitwert aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.



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