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OLG Hamm Urteil vom 19.03.2001 - 6 U 79/00 - Verkehrsunfall mit einem Motorrad an einer Linienbus-Haltestelle

OLG Hamm v. 19.03.2001: Zur Haftung bei einem Verkehrsunfall mit einem Motorrad an einer Linienbus-Haltestelle


Das OLG Hamm (Urteil vom 19.03.2001 - 6 U 79/00) hat entschieden:
Ein Kradfahrer ist nicht verpflichtet, gemäß § 20 Abs. 4 StVO Schrittgeschwindigkeit einzuhalten, wenn an einem haltenden Linienbus weder das Warnblinklicht eingeschaltet noch war der Omnibus als Schulbus gekennzeichnet ist. Wenn es sich um einen normalen Omnibus des Linienverkehrs handelt, der an einer Haltestelle (Zeichen 224) hält, ist der Kfz-Führer lediglich verpflichtet, vorsichtig vorbeizufahren. Zu vorsichtigem Vorbeifahren an einem haltenden Omnibus gehört, dass der vorbeifahrende Fahrzeugführer in besonderem Maße auf Fußgänger achtet, die Verkehrssituation sorgfältig beobachtet und sich auf ein Betreten der Fahrbahn durch Fußgänger einstellt. Der Kraftfahrer muss grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass vor einem in seiner Fahrtrichtung haltenden Bus Fußgänger, welche die Fahrbahn überqueren und sich deshalb einen Überblick über die Verkehrssituation verschaffen wollen, unvorsichtig einige Schritte weit auf die Fahrbahn treten. Dieser Möglichkeit hat der Fahrzeugführer grundsätzlich durch Einhaltung eines Seitenabstandes von 2 m Rechnung zu tragen. Damit, dass Fußgänger die Fahrbahn vor oder hinter einem Bus unachtsam überqueren, muss der Fahrzeugführer indessen bei Fehlen besondere Anhaltspunkte nicht rechnen.


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus Anlass eines Verkehrsunfalls, der sich am 14.05.1998 in D ereignete. Nach dem Besuch der Schule benutzte der damals 10 Jahre alte Kläger einen Linienbus, der die Straße K in südlicher Richtung befuhr. An einer Haltestelle ca. 100 m südlich der B- Abfahrt D hielt der Bus auf dem rechts neben der Fahrbahn angelegten Mehrzweckstreifen, und zwar unmittelbar hinter einem ampelgesicherten Fußgängerüberweg. Im Bereich der Haltestelle ist außer dem Haltestellenschild (Zeichen 224) ein Schild mit Zeichen 274 aufgestellt, das als zulässige Höchstgeschwindigkeit 70 km/h bezeichnet.

Der Kläger verließ den Omnibus und versuchte, die zweispurige Straße vor dem Bus zu überqueren. Dabei wurde er von dem Motorrad erfasst, mit dem der Beklagte zu 1) und Widerkläger auf der Straße K in gleicher Fahrtrichtung unterwegs war wie der Omnibus. Der Kläger und der Beklagte zu 1) zogen sich erhebliche Verletzungen zu.

Der Kläger, der in erster Instanz Ausgleich seines materiellen und immateriellen Schadens entsprechend hälftiger Haftung der Beklagten geltend gemacht hat, hat behauptet, der Beklagte zu 1) sei an dem haltenden Bus mit ca. 70 km/h vorbeigefahren, obwohl er hinter dem Omnibus mehrere Kinder habe sehen können. Der Kläger hat hieraus erhebliches Unfallverschulden des Beklagten zu 1) abgeleitet.

Die Beklagten haben sich darauf berufen, dass der Unfall für den Beklagten zu 1) unabwendbar gewesen sei, weil der Kläger plötzlich vor dem Bus über die Straße gerannt sei. Der Beklagte zu 1) sei lediglich 30 km/h schnell gewesen. Noch stärker, so haben die Beklagten gemeint, habe der Beklagte zu 1) nicht verlangsamen müssen, weil in Busnähe keinerlei Personen zu sehen gewesen seien und an dem Bus auch kein Warnblinklicht eingeschaltet gewesen sei.

Im Wege der Widerklage hat der Beklagte zu 1) vollen Ausgleich des ihm entstandenen materiellen und immateriellen Schadens gefordert.

Das Landgericht hat zum Unfallhergang den Kläger und den Beklagten zu 1) angehört sowie ein Gutachten des Sachverständigen S eingeholt, das dieser später noch einmal schriftlich im Hinblick auf Einwendungen der Beklagten ergänzt hat. Es hat sodann sowohl der Klage als auch der Widerklage jeweils entsprechend hälftiger Verschuldenshaftung stattgegeben. Der Beklagte zu 1) habe wegen unangemessen hoher Geschwindigkeit gegen § 20 StVO verstoßen und den Kläger treffe Mitverschulden gemäß § 25 StVO.

Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl die Beklagten als auch der Kläger.

Mit ihrer Berufung erstreben die Beklagten abändernde Klageabweisung. Der Beklagte zu 1) verfolgt sein Widerklagebegehren uneingeschränkt weiter. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass an der Unfallstelle das Schild „Kinder“ gestanden habe und habe auch zu Unrecht angenommen, an der Unfallstelle habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur 50 km/h betragen. Im übrigen sei die polizeiliche Unfallskizze falsch, so dass auch der Sachverständige von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Im Ergebnis lasse sich eine Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) von mehr als eingeräumten 30km/h nicht nachweisen. Angesichts des erheblichen Verschuldens des Klägers trete die Betriebsgefahr des Motorrades zurück.

Auch der Kläger verfolgt mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Ziel weiter, macht nun aber Ersatzansprüche entsprechend einer ¾-Haftung der Beklagten geltend. Er meint, nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stehe Unfallverschulden des Beklagten zu 1) fest. Im übrigen treffe ihn, den Kläger, allenfalls geringes Verschulden, weil er nur aus Angst vor seinem Mitschüler über die Straße gelaufen sei.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die Sitzungsniederschrift des Senats vom 19.03.2001 nebst dem hierzu gefertigten Berichterstattervermerk.


II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, hingegen hat diejenige des Widerklägers und der Beklagten zum Teil Erfolg.

1. Die Entscheidung des Landgerichts über den Schadensersatzanspruch des Klägers war zu bestätigen, soweit das Landgericht dem Kläger 1.530,00 DM als 1/3 des im Berufungsverfahren der Höhe nach nicht mehr streitigen materiellen Schadens zuerkannt und die Verpflichtung der Beklagten festgestellt hat, dem Kläger 1/3 seines weiteren materiellen Schadens auszugleichen. Im übrigen war die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

1.1. Die Beklagten haften dem Kläger auf Ersatz materiellen Schadens gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG, da sie nicht haben beweisen können, dass der Verkehrsunfall für den Beklagten zu 1) unabwendbar war. Wegen des gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB anspruchskürzenden Mitverschuldens des Klägers reduziert sich die Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger auf 1/3.

Bei der zur Bestimmung der Haftungsquote erforderlichen Abwägung der Schadensverursachungs- und Verschuldensanteile konnte nicht von einer durch verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zu 1) gesteigerten Betriebsgefahr des Motorrades ausgegangen werden, weil verkehrswidriges Verhalten des Beklagten nicht festgestellt werden kann.

Auch nach der auf die Einwendungen der Beklagten gegen das erstinstanzliche Gutachten im Berufungsverfahren erfolgten ergänzenden Beweisaufnahme durch Vernehmung des Sachverständigen B steht fest, dass der Beklagte zu 1) entgegen seinen eigenen Angaben nicht nur 30 km/h sondern mindestens 52 km/h schnell an dem Omnibus vorbeigefahren ist. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle folgt daraus allerdings nicht, weil die durch Zeichen 274 festgelegte zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht 50 km/h sondern 70 km/h betrug. Überprüfungen des Sachverständigen B an der Unfallstelle haben die Darstellung der Beklagten, schon weit vor der Unfallstelle sei eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erlaubt gewesen, bestätigt. Bereits ab ca. 550 m vor der Unfallstelle galt für den Beklagten zu 1) eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Die entsprechenden Angaben in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige haben sich damit als richtig erwiesen.

Die bewiesene Geschwindigkeit von 52 km/h war auch nicht deswegen als überhöht zu werten, weil der Beklagte zu 1) vor Annäherung an die Unfallstelle das Verkehrszeichen 136 („Kinder“) passiert hatte. Denn dieses Zeichen stand ca. 1050 m von der Unfallstelle entfernt in der Nähe einer Schule. Von dort aus kommend überquerte der Beklagte zu 1) vor der Unfallstelle noch eine große Straßenkreuzung ca. 300 m vor der Unfallstelle. Wegen des Zeichens 136 allein musste der Beklagte somit in der Nähe des haltenden Omnibusses nicht mit unachtsamem Verhalten von Kindern rechnen.

Weiter kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 1) gegen § 3 Abs. 2 a StVO verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift hätte er sich gegenüber Kindern zwar so verhalten müssen, dass deren Gefährdung ausgeschlossen war. Mit der Anwesenheit von unbedacht handelnden Kindern musste der Beklagte zu 1) aber an der Unfallstelle nicht rechnen. In unmittelbarer Nähe befanden sich weder Wohnbebauung noch eine Schule. Nur dann, wenn der Beklagte zu 1) in der Nähe des Busses tatsächlich Kinder gesehen hätte, hätte er sich hierauf einstellen müssen. Die Behauptung der Beklagten, in Busnähe habe der Beklagte zu 1) bei Annäherung an die Unfallstelle weder erwachsene Personen noch Kinder gesehen, hat der Kläger nicht widerlegen können. Der Zeuge H hat bei seiner Vernehmung durch den Senat bekundet, die einzige Person, die seiner Erinnerung nach aus dem Bus ausgestiegen sei, sei außer ihm selbst und dem Kläger der Zeuge P gewesen. Insoweit entspricht seine Aussage sowohl seinen eigenen Angaben im Ermittlungsverfahren als auch denjenigen des Zeugen P. Auszugehen ist also davon, dass insgesamt nur drei Kinder ausgestiegen sind. Der Kläger, der den vorderen Busausstieg benutzt und dann vor dem Bus die Fahrbahn betreten hat, wurde aus der Position des Beklagten zu 1), wie die Ausführungen des Sachverständigen B ergeben haben, erstmals sichtbar, als er die Fahrbahn betrat. Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass sich auch nur eines der Kinder schon im Blickfeld des Beklagten zu 1) befunden hat, als die Kinder sich nach dem Verlassen des Omnibusses auf dem Gehweg befanden. Auch insoweit folgt aus den Ausführungen des Sachverständigen B, dass der für den Beklagten zu 1) uneinsehbare Winkel auf der rechten Omnibusseite so groß war, dass sich darin die drei Schüler nach dem Aussteigen aufgehalten haben können, ohne in das Blickfeld des Beklagten zu 1) geraten zu sein.

Schließlich hat der Kläger dem Beklagten zu 1) auch keinen Verstoß gegen § 20 StVO nachzuweisen vermocht. Der Beklagte zu 1) war nicht verpflichtet, gemäß § 20 Abs. 4 StVO Schrittgeschwindigkeit einzuhalten. Denn an dem Omnibus war weder das Warnblinklicht eingeschaltet noch war der Omnibus als Schulbus gekennzeichnet. Da es sich um einen normalen Omnibus des Linienverkehrs handelte, der an einer Haltestelle (Zeichen 224) hielt, war der Beklagte zu 1) gemäß § 20 Abs. 1 StVO lediglich verpflichtet, vorsichtig vorbeizufahren. Als unvorsichtig lässt sich das nachweisbare Fahrverhalten des Beklagten zu 1) nicht bewerten. Zu vorsichtigem Vorbeifahren an einem haltenden Omnibus gehört, dass der vorbeifahrende Fahrzeugführer in besonderem Maße auf Fußgänger achtet, die Verkehrssituation sorgfältig beobachtet und sich auf ein Betreten der Fahrbahn durch Fußgänger einstellt. Der Kraftfahrer muss grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass vor einem in seiner Fahrtrichtung haltenden Bus Fußgänger, welche die Fahrbahn überqueren und sich deshalb einen Überblick über die Verkehrssituation verschaffen wollen, unvorsichtig einige Schritte weit auf die Fahrbahn treten. Dieser Möglichkeit hat der Fahrzeugführer grundsätzlich durch Einhaltung eines Seitenabstandes von 2 m Rechnung zu tragen. Damit, dass Fußgänger die Fahrbahn vor oder hinter einem Bus unachtsam überqueren, muss der Fahrzeugführer indessen bei Fehlen besondere Anhaltspunkte nicht rechnen (vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Auflage, StVO § 20 Rn. 5, 9; Geigel- Zieres, Der Haftpflichtprozeß, 23. Auflage, Kapitel 27 Rn. 514 jeweils m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob der Beklagte zu 1) wegen des durch eine Lichtzeichenanlage geschützte Fußgängerüberweges hinter dem haltenden Bus überhaupt noch mit Fußgängern rechnen musste, die es unternehmen würden, die Fahrbahn vor dem Bus zu überqueren (vgl. dazu KG VM 87, 87 m.w.N.). Denn dass der Beklagte zu 1) einen unzureichenden Seitenabstand zu dem Omnibus eingehalten hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr befanden sich die Bremsspuren, die das Motorrad links neben dem Bus gezeichnet hat, nahe dem linken Rand des 3,8 m breiten Fahrstreifens. Es blieb danach zwischen Motorrad und Bus ein Seitenabstand von mehr als 2 m, auch wenn man berücksichtigt, dass nach den Ermittlungen des Sachverständigen B der Bus 25 cm breiter war als der Mehrzweckstreifen einschließlich Trennlinie zur Fahrbahn.

Im übrigen war der Beklagte zu 1) mit nachweisbaren 52 km/h nicht unvorsichtig schnell. Er blieb damit deutlich unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Den Besonderheiten, die sich dadurch ergaben, dass er an dem haltenden Omnibus vorbeifuhr, hat er schon durch Einhaltung des gebotenen Seitenabstandes hinreichend Rechnung getragen. Zu einer Geschwindigkeitsreduzierung auf weniger als 52 km/h hätte allenfalls bei Erkennbarkeit von Anhaltspunkten für besondere Gefahrenmomente Anlass bestanden. Solche gab es jedoch nach der unwiderlegten Darstellung der Beklagten nicht.

Der somit nicht durch vorschriftswidriges Verhalten des Beklagten zu 1) gesteigerten Betriebsgefahr des Motorrades steht das Unfallverschulden des Klägers gegenüber. Er hat die Fahrbahn im Lauf zu überqueren versucht ohne auf herannahenden Verkehr zu achten, und zwar nahe einer Lichtzeichenanlage, deren Schutzbereich er gemäß § 25 Abs. 3 StVO zum Queren der Fahrbahn hätte nutzen müssen. Trotz dieses gewichtigen Eigenverschuldens des Klägers tritt die Betriebsgefahr des Motorrades als Schadensverursachungsfaktor nicht vollständig zurück. Grob verkehrswidriges Verhalten eines geschädigten Fußgängers kann zwar dazu führen, dass die ungesteigerte Betriebsgefahr eines an einem Unfall beteiligten Fahrzeugs bei der Haftungsabwägung außer Ansatz zu bleiben hat. Hier muss jedoch Beachtung finden, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine erwachsene Person handelte, sondern um einen erst 10 Jahre alten Schüler. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seiner unwiderlegten und nach dem Beweisergebnis eher bestätigten Darstellung unmittelbar vor dem Unfall von einem anderen Schüler bedroht worden war und aus diesem Grunde vor dem Bus über die Fahrbahn lief statt die Fahrbahn hinter dem Bus bei der Lichtzeichenanlage zu überqueren. Unter Berücksichtigung aller Umstände erschien es sachgerecht, dem im Eigenverschulden des Klägers liegenden Schadensverursachungsbeitrag doppelt so viel Gewicht zuzumessen wie dem von der Betriebsgefahr des Motorrades ausgegangenen Verursachungsbeitrag.

1.2. Mit weiteren materiellen Schäden muss nach Art und Ausmaß der Verletzungen des Klägers gerechnet werden. Aus diesem Grunde war dem Feststellungsbegehren nach Maßgabe der Haftungsquote in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

Ein Anspruch auf Ersatz seiner immateriellen Schäden steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil das für einen solchen Ersatzanspruch gemäß §§ 823, 847 BGB, 3 PflVG erforderliche Verschulden des Beklagten zu 1), wie ausgeführt, nicht festgestellt werden kann.

2. Da ihn unfallursächliches Verschulden trifft, schuldet der Kläger dem Beklagten zu 1) und Widerkläger gemäß §§ 823, 847 BGB Ersatz sowohl materiellen als auch immateriellen Schadens.

2.1. Der bezifferte materielle Schaden des Beklagten zu 1) beträgt, gemäß § 287 ZPO geschätzt, einschließlich der beschädigten Brille insgesamt 5.279,67 DM. Auf zwei Drittel dieses Betrages reduziert sich der Anspruch auf materiellen Schadensersatz wegen der in die Verantwortung des Beklagten zu 1) fallenden Betriebsgefahr des Motorrades, so dass der Beklagte zu 1) nur 3.519,78 DM mit Erfolg ersetzt verlangen kann, auf die die gezahlten 3.000,00 DM anzurechnen sind.

2.2. Als Schmerzensgeld schuldet der Kläger der Beklagten zu 1) gemäß §§ 823, 847 BGB 13.000,00 DM.

Auf der Grundlage der zur Akte gereichten ärztlichen Unterlagen ist der Senat ebenso wie das Landgericht davon überzeugt, dass sich der Beklagte zu 1) bei dem Unfall eine Schultereckgelenksfraktur rechts zugezogen hat. Diese Fraktur wurde zwar noch nicht am Unfalltage diagnostiziert, obwohl der Beklagte zu 1) ausweislich des von K gefertigten Durchgangsarztberichtes vom 15.05.1998 schon unmittelbar nach dem Unfall über Beschwerden in der rechten Schulter geklagt hat. Gefertigte Röntgenaufnahmen wurden dahin gedeutet, dass kein Hinweis auf eine frische Knochenverletzung bestehe. Erst Monate nach dem Unfall wurde nach Anfertigung auch einer Kernspintomographie in der Klinik B die Schultergelenksverletzung festgestellt. Mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte zu 1) schon am Unfalltag über massive Schmerzen in der rechten Schulter geklagt hat, der Beklagte zu 1) nach der Aussage seiner Ehefrau anschließend fortwährend unter Beschwerden in der rechten Schulter gelitten hat und dann schließlich die Fraktur nachgewiesen wurde, muss davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um eine bei dem Unfall eingetretene Verletzung gehandelt hat. Hiervon ist der Kläger im übrigen in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 19.07.1999 ausdrücklich noch selbst ausgegangen.

Außer der Schultergelenksfraktur ist es bei dem Kläger zu einer Rippenfraktur, einer 3 cm langen Platzwunde am rechten Ellenbogen, sowie multiplen Schürfwunden u.a. an den Knien gekommen. Die Schultergelenksverletzung hat zu dauernden Beschwerden geführt. Der Beklagte zu 1) kann bis heute nicht wieder schwimmen und nicht auf der rechten Seite schlafen. Die Beweglichkeit des rechten Armes ist dauerhaft eingeschränkt. Unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Betriebsgefahr des Motorrades, die schmerzensgeldmindernd zu beachten war, erachtet der Senat ein Schmerzensgeld von 13.000,00 DM als angemessen.

2.3. Angesichts der Art seiner Verletzungen muss der Beklagte zu 1) mit der Verwirklichung weiteren materiellen und immateriellen Schadens rechnen, deren Eintritt derzeit noch nicht hinreichend absehbar ist. Aus diesem Grunde war dem Feststellungsbegehren des Beklagten zu 1) nach Maßgabe der Verursachungsanteile stattzugeben.

3. Die Zinsentscheidungen beruhen auf §§ 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97, 515, 708 Nr. 10, 546 ZPO.