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Landgericht Erfurt Urteil vom 29.11.2012 - 1 S 101/12 - Zum Direktanspruch auf Entschädigung für beschädigten Laptop

LG Erfurt v. 29.11.2012: Zum Direktanspruch auf Entschädigung für einen durch einen Unfall beschädigten Laptop


Das Landgericht Erfurt (Urteil vom 29.11.2012 - 1 S 101/12) hat entschieden:
Ein Unfallgeschädigter hat bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ersatz der behaupteten unfallbedingten Beschädigung seines Laptops aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG. Der Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Sache (§ 7 Abs. 1 StVG) wird durch § 8 Nr. 3 StVG eingeschränkt. Der Direktanspruch besteht nur im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers. Nach den AKB. besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz für die Beschädigung von Sachen, die mit dem versicherten Fahrzeug befördert werden. Versicherungsschutz besteht lediglich für die Sachen, die Insassen eines Kraftfahrzeugs üblicherweise mit sich führen (z.B. Kleidung, Brille, Brieftasche). Dies gilt nicht für Laptops.


Gründe:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch.

Der Kläger war Insasse des am 01.07.2011 verunfallten, bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Mazda 3, amtliches Kennzeichen ... . Halter und Fahrer des Fahrzeugs war Herr ... . Der Unfallhergang ist unklar.

Nach Vortrag des Klägers ist aufgrund des Unfallgeschehens der in seinem Eigentum stehende Laptop, Typ Dell Inspiron 1564, irreparabel zerstört worden. Den Laptop habe er am 15.07.2010 zu einem Preis von 628,01 EUR angeschafft, als Wiederbeschaffungswert seien in etwa gleiche Kosten aufzuwenden.

Die Beklagte hat sich auf den Haftungsausschluss ihrer AKB für den geltend gemachten Sachschaden berufen, Eigentum, Beschädigung des Laptops sowie die geltend gemachte Schadenshöhe bestritten und ein Mitverschulden des Klägers eingewandt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Abweisungsbegehren fort.

Die Berufung ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der Kläger hat bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Ersatz der behaupteten unfallbedingten Beschädigung seines Laptops aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG. Der Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Sache (§ 7 Abs. 1 StVG) wird durch § 8 Nr. 3 StVG eingeschränkt. Hiernach soll für die Beschädigung beförderter Sachen grundsätzlich nicht im Rahmen der Gefährdungshaftung nach StVG gehaftet werden. Eine Ausnahme besteht dann, sofern die beförderte Person die Sache an sich trägt oder mit sich führt (vgl. König, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 8 Rdn. 5, 9). Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG besteht jedoch nur im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsvertrag bzw. soweit eine Leistungspflicht besteht nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften nach § 117 Abs. 1 bis 4 VVG. Letztere Ausnahmen sind jedoch offensichtlich nicht einschlägig.

Die Leistungspflichten aus der Haftpflichtversicherung werden vorliegend durch die maßgeblichen - nach Aktenlage auch einbezogenen - Versicherungsbedingungen (Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, AKB) der Beklagten ausgestaltet. Nach Ziffer A.1.5.5. der AKB besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz für die Beschädigung von Sachen, die mit dem versicherten Fahrzeug befördert werden. Versicherungsschutz besteht lediglich für die Sachen, die Insassen eines Kraftfahrzeugs üblicherweise mit sich führen (z.B. Kleidung, Brille, Brieftasche). Der Begriff: "Üblicherweise mit sich führen" ist unscharf und bedarf der Auslegung. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 25.07.2012, IV ZR 201/10, NJW 2012, 3023ff. mwN.). Die diesbezügliche Aufzählung in den AKB ist lediglich beispielhaft zu verstehen. Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnisses ist grundsätzlich davon auszugehen, dass für eine Beschädigung von Sachen lediglich in Ausnahmefällen eine Haftung nach Ziffer 1.5.5. AKB bestehen soll. Die in den AKB erwähnten Beispiele verdeutlichen diese enge Auslegung. Zu den üblicherweise mitgeführten Gegenständen gehören damit regelmäßig die am Leib getragene Kleidung einschließlich persönlicher Accessoires bzw. Kleidungsstücke, die witterungsbedingt- oder temperaturbedingt mitgeführt werden. Das Mitführen von Handys wird allgemein als üblich bejaht, hingegen das Mitführen von Gegenständen, die aus beruflichen Gründen mitgeführt werden als unüblich angesehen (vgl. Feyock, Jacobsen, Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., AKB § 11 Rdn. 32). Zutreffend wird insoweit auch die Mitnahme eines Computers als unüblich angesehen (Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB A VI zu A.1.5., Rdn. 41 aaO.). Das Mitführen eines Laptops ist anders etwa als ein Handy oder ein Smartphone bereits aufgrund seiner Größe und Handlichkeit nicht als ein Gegenstand anzusehen, der üblicherweise mit sich geführt wird.

Zu Recht weist die Berufung darauf hin, dass der erweiterte Versicherungsschutz nach Ziffer A.1.5.5. Satz 3 für Gegenstände, die üblicherweise zum Zweck des persönlichen Gebrauchs mit sich geführt werden, bei Fahrten, die überwiegend der Personenbeförderung dienen, vorliegend nicht zur Anwendung kommt.

Der Begriff der überwiegenden Personenbeförderung ist unter mittelbarer Heranziehung der Begriffsbestimmung des Personenbeförderungsgesetzes (z.B. PBefG) zu verstehen, dh. üblicher Weise wird hierunter die Personenbeförderung mit einem Kraftomnibus, einem Taxi, einem Mietwagen mit Fahrer und ähnlichen Fällen erfasst (vgl. §§ 2, 47 PBefG, Maier, Kraftfahrtversicherung, aaO. Rdn. 42; Jacobsen, aaO. zu AKB 2008 Rdn. 68, AKB § 11 Rdn. 35; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.10.2007, 10 U 100/06, NZV 2008, 577f.). Da vorliegend der Kläger lediglich Mitfahrer im verunfallten Fahrzeug des Herrn ... war greift diese Ausnahmeregelung nicht ein.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.



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