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Amtsgericht Düsseldorf Urteil vom 17.10.2011 - 47 C 6137/11 - Zum Regulierungsermessen des Haftpflichtversicherers des Schädigers

AG Düsseldorf v. 17.10.2011: Zum Regulierungsermessen des Haftpflichtversicherers des Schädigers


Das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 17.10.2011 - 47 C 6137/11) hat entschieden:
Einwendungen des Versicherungsnehmers zur Frage der Schadensersatzpflicht hat der Haftpflichtversicherer zwar zur Kenntnis zu nehmen, aber sodann im Rahmen seines Ermessensspielraums selbständig über die Befriedigung der Ansprüche zu befinden. Seine Pflichten verletzt die Versicherung nur dann, wenn sie offensichtlich unbegründete Ansprüche, die leicht nachweisbar unbegründet sind, und ohne weiteres abzuwehren wären, reguliert oder den Geschädigten ohne Prüfung der Sachlage "auf gut Glück" befriedigt.


Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.


Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgängigmachung der Rückstufung in der Haftpflichtversicherung aufgrund des Verkehrsunfalls am 06.10.2009 (Kraftfahrtversicherung-Nr.: ...).

Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre eine Verletzung von Pflichten oder Nebenpflichten aus dem Versicherungsvertrag durch die Beklagte. Eine solche Verletzung ist nicht nachgewiesen. Vielmehr war die Beklagte aufgrund des ihr zustehenden Regulierungsermessens berechtigt, den Unfallschaden des Unfallgegners zu regulieren, mit der Folge der Höherstufung des Klägers in der KFZ-Haftpflichtversicherung.

Die Beklagte ist aufgrund von § 115 Abs. 1 VVG einem Direktanspruch des Unfallgegners des Klägers ausgesetzt. Sie darf deswegen selbständig darüber entscheiden, ob sie in eine Regulierung eintritt, oder ob sie sich verklagen lassen will. Sie ist nicht gehalten, eine Regulierung deshalb zu verweigern, weil ihr Versicherungsnehmer eine Schadensersatzpflicht von vorneherein bestreitet.

Einwendungen des Versicherungsnehmers zur Frage der Schadensersatzpflicht hat sie zwar zur Kenntnis zu nehmen, aber sodann im Rahmen ihres Ermessensspielraums selbständig über die Befriedigung der an sie gerichteten Ansprüche zu befinden. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte bei der Entscheidung, den Schaden zu regulieren, ihre Pflichten gegenüber dem Kläger nur dann verletzt, wenn sie offensichtlich unbegründete Ansprüche, die leicht nachweisbar unbegründet sind, und ohne weiteres abzuwehren wären, reguliert oder den Geschädigten ohne Prüfung der Sachlage "auf gut Glück" befriedigt (BGH, VersR 1981, 180; AG Essen, NJW-Spezial 2007, 259; zitiert über juris). Entscheidend für das Regulierungsverhalten des Versicherers ist sein Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Regulierung. Hierbei muss ihm allerdings ein Ermessensspielraum eingeräumt werden. Dieser geht so weit, dass der Versicherer auch dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie den Vorrang geben darf.

Eine fehlerhafte Ausübung des der Beklagten zustehenden Regulierungsermessens ist der Beklagten nicht vorzuwerfen.

Die Beklagte hat unter Berücksichtigung des ihr übermittelten Inhalts der Ermittlungsakte und durch Auswertung der darin enthaltenen Aussagen den Sachverhalt hinreichend geprüft, bevor sie in die Regulierung eingetreten ist. Hier standen sich die Aussagen der beiden am Unfall beteiligten Fahrer ohne weitere Zeugen gegenüber, so dass die Regulierung auf Basis von 50 % wegen der vergleichbaren Betriebsgefahr und wahrscheinlichen Unaufklärbarkeit der Verursachung sich nicht außerhalb des Regulierungsermessens der Beklagten bewegt.

Ferner kommt es bei der Frage, ob die Beklagte ihr Regulierungsermessen zutreffend ausgeübt hat, nicht auf die Frage an, ob sich tatsächlich der Unfall mit dem Fahrzeug des Klägers so wie vom Unfallgegner behauptet ereignet hat. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte die Beklagte ihr Ermessen zutreffend ausgeübt, da sie in Anbetracht der Höhe des regulierten Betrages von 629,02 € auch aus wirtschaftlichen Gründen berechtigt war, von weiteren Ermittlungen abzusehen.

Keinesfalls musste die Beklagte aufgrund der Zweifel des Klägers an der Unfallursächlichkeit der vom Unfallgegner geltend gemachten Schäden sich verklagen lassen.

Aufgrund des fehlenden Anspruches in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280, 286 BGB oder Zahlung von Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung hat ihre Grundlage in § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO.

Streitwert: bis 300,00 €



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