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OLG München Urteil vom 05.04.2013 - 10 U 4616/12 - Überwiegende Haftung des Kreuzungsräumers bei Sichtbehinderung

OLG München v. 05.04.2013: Überwiegende Haftung des Kreuzungsräumers bei Sichtbehinderung durch ebenfalls räumende Straßenbahn


Das OLG München (Urteil vom 05.04.2013 - 10 U 4616/12) hat entschieden:
Wird dem Kreuzungsräumer durch eine ebenfalls räumende Straßenbahn die Sicht auf etwaigen Querverkehr genommen und kommt es sodann zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des inzwischen bei grünem Ampellicht in die Kreuzung einfahrenden Querverkehrs, ist eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Kreuzungsräumers gerechtfertigt.


Siehe auch Vorrang des Kreuzungsräumers - Nachzügler und Straßenbahn - Tram - Stadtbahn


Gründe:

A.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).


B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

I.

Die Haftungsverteilung bezüglich des streitigen Verkehrsunfalls vom 05.07.2011 gegen 17.45 Uhr an der Kreuzung Sonnenstr./Sendlinger Tor Platz beträgt in Abweichung zur Auffassung des Landgerichts 2/3 zu 1/3 zu Lasten der Beklagten. Zur näheren Begründung wird auf die Hinweise zur Ladung vom 04.01.2013 (Bl. 78/81 d.A.) Bezug genommen.

Wie dort ausgeführt wurde, folgt die überwiegende Haftung der Beklagten aus der Tatsache, dass der Beklagte zu 1) damit rechnen musste, dass durch den vor ihm räumenden Straßenbahnzug eine Sichtverdeckung stattfand. Er durfte daher nicht ohne Verständigung mit dem bei Grünlicht fahrenden Querverkehr wie dem Kläger die Kreuzung überqueren.

Die Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 15.03.2013 (Bl. 84/87 d.A.) überzeugen nicht. Maßgeblich sind die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts. Danach ist von den glaubhaften Angaben des Beklagten zu 1) insoweit auszugehen, als er beim erneuten Anfahren des Zuges die für ihn geltende Lichtzeichenanlage nicht mehr gesehen und zumindest den querenden Radfahrstreifen blockiert hat. Auf die vom Beklagten zu 1) getroffene Meterangabe kommt es dabei nicht an. Ersichtlich handelte es sich nicht um die Wiedergabe einer Messung, sondern um eine bekanntermaßen mit Schwächen behaftete Schätzung des Beklagten zu 1). Im Übrigen zeigt eine Nachschau bei google-earth, worauf bereits im Hinweis Bezug genommen wurde, dass die Angaben des Zeugen zutreffen und mit den Überlegungen des Klägers im Schriftsatz vom 15.03.2013 nicht in Deckung zu bringen sind. Der Kläger hat in diesem Schriftsatz nicht vorgetragen, dass an dieser entscheidenden Stelle der Örtlichkeit eine bauliche Veränderung zwischen dem Unfallzeitpunkt und dem in google-earth veröffentlichen Bild, das in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien besprochen wurde, vorgenommen worden wäre. Es handelte sich daher beim Beklagten zu 1) um einen privilegierten Kreuzungsräumer, der vom Kläger zu beachten war.

Da Einwendungen zur Höhe des Anspruchs in der zweiten Instanz nicht erhoben wurden, ist von den im Ersturteil ermittelten Zahlen auszugehen. Dies ergibt abzüglich der vorprozessualen Zahlung der Beklagten bei Zugrundelegung der oben dargestellten Haftungsquote den zugesprochenen Betrag (einschließlich Zinsen, § 286 BGB).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Fall 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.



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