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BayObLG Beschluss vom 14.04.1997 - 2 ObOWi 116/97 - Zum Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot bei Mitführen eines Anhängers

BayObLG v. 14.04.1997: Zum Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot bei Mitführen eines Anhängers


Das BayObLG (Beschluss vom 14.04.1997 - 2 ObOWi 116/97) hat entschieden:
Die für Zugmaschinen mit oder ohne Hilfsladefläche geltende Ausnahme von Sonntagsfahrverbot gemäß StVO § 30 Abs 3 gilt nicht entsprechend für (Klein-)Lastkraftwagen unter 7,5 t, bei denen sich an eine feste Personenkabine eine offene Ladefläche anschließt. Da derartige Fahrzeuge wegen des Fehlens der Verwandlungsfähigkeit auch nicht gemäß StVZO § 23 Abs 6a als Personenkraftwagen anzusehen sind, gilt für sie das Sonntagsfahrverbot, soweit sie mit Anhänger geführt werden.


Siehe auch Sonntagsfahrverbot - Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen und Stichwörter zum Thema Transportrecht - Frachtverrtragsrecht - Güterkraftverkehr


Gründe:

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot zu einer Geldbuße von 400 DM. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er ist insbesondere der Auffassung, das von ihm geführte Fahrzeug diene in erster Linie der Personenbeförderung und sei daher mit einem "Pkw-Kombi vergleichbar". Das Sonntagsfahrverbot gelte mithin nicht für dieses Fahrzeug.


II.

Das zulässige Rechtsmittel (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) ist nicht begründet.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 19.5.1996 mit seinem Fahrzeug Marke M., dem ein Tandemanhänger angehängt war, die Bundesautobahn A ... bei Kilometer 31 in Fahrtrichtung B.. Bei dem fraglichen Fahrzeug handelte es sich nach der Beschreibung des Amtsgerichts "um eine Art Kombiwagen" mit "mindestens fünf überdachten Sitzen auf zwei Sitzreihen; bei dem ca. das letzte Drittel bis Viertel des Fahrzeugs als offene Ladefläche konstruiert ist". Das Fahrzeug war als Lastkraftwagen amtlich zugelassen. Das zulässige Gesamtgewicht betrug 2.625 kg, das Leergewicht 1.680 kg.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot gemäß § 30 Abs. 3 StVO bejaht. Der Senat nimmt auf die der Verteidigerin des Betroffenen zugestellte Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht Bezug und weist ergänzend lediglich auf folgendes hin:

§ 30 Abs. 3 StVO untersagt das Fahren an Sonn- und Feiertagen auch für Lastkraftwagen unter 7,5 t, soweit - wie im vorliegenden Fall - ein Anhänger mitgeführt wird (OLG Hamm VRS 47, 469/470; OLG Stuttgart VRS 61, 390; OLG Frankfurt DAR 1983, 332; Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 34. Aufl. § 30 StVO Rn. 10).

Was unter einem Lastkraftwagen zu verstehen ist, wird in der StVO nicht bestimmt. Nach zutreffender Auffassung ist auf die Definition in § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG abzustellen, wonach Lastkraftwagen Kraftfahrzeuge sind, die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern, die nicht der Funktion des Fahrzeugs dienen, bestimmt sind (OLG Hamm DAR 1976, 217; VRS 56, 127/128; OLG Düsseldorf NZV 1991, 483; Cramer Straßenverkehrsrecht 2. Aufl. § 24 StVO Rn. 20; Mühlhaus/Janiszewski StVO 14. Aufl. § 21 Rn. 4). Unerheblich ist, welche Eintragung für das Fahrzeug in den Kfz-Papieren erfolgt ist (OLG Düsseldorf aaO für die Abgrenzung von Zugmaschine und Lkw).

Der genannten Begriffsbestimmung entspricht das fragliche Fahrzeug, das zumindest auch eine Ladefläche, die dem Transport von Gütern dient, aufweist. Die Auffassung des Betroffenen, das Fahrzeug diene nicht der Gegenstandsbeförderung, ist im Hinblick auf den Umfang dieser Ladefläche nicht nachvollziehbar.

Unter die Ausnahmeregelung der Verwaltungsvorschrift zu § 30 Abs. 3 StVO fällt das Fahrzeug nicht, da es sich nicht um eine Zugmaschine handelt, wie auch der Betroffene nunmehr einräumt. Zugmaschinen sind nämlich Kraftfahrzeuge, deren wirtschaftlicher Wert im wesentlichen in der Zugleistung besteht, hinter der der etwa vorhandene Laderaum in seiner wirtschaftlichen Bedeutung weit zurücksteht (OLG Düsseldorf aaO).

Bei dem Fahrzeug handelt es sich auch nicht um ein Kombifahrzeug, dass in § 23 Abs. 6 a StVZO Personenkraftwagen gleichgestellt ist. Wesentliches Merkmal dieser Fahrzeuge ist ihre Verwandlungsfähigkeit. Entscheidend ist daher, ob das Fahrzeug nach Veränderung wahlweise vorwiegend der Personenbeförderung oder vorwiegend der Güterbeförderung dient. Dieses Merkmal liegt nicht vor bei Fahrzeugen, bei denen sich an eine feste Personenkabine eine Ladefläche anschließt (vgl. OLG Hamm VRS 47, 469/471).

Der Betroffene ist auch zu Unrecht der Auffassung, die für Zugmaschinen mit Hilfsladefläche geltende Regelung müsse auch sinngemäß für das von ihm geführte Fahrzeug gelten. Die Ausnahme für Zugmaschinen hat ihren Grund darin, dass der Umfang des Einsatzes dieser Fahrzeuge und der finanzielle Anreiz zu sonntäglicher Benutzung gering sind (OLG Celle VRS 73, 220/221; OLG Düsseldorf aaO). Geschwindigkeit und Motorleistung sind bei ihnen auf den Zweck der Zugleistung abgestimmt und lassen deshalb eine Benutzung zu anderen Zwecken als wirtschaftlich unvernünftig erscheinen. Dieser Gesichtspunkt trifft auf Fahrzeuge der vorliegenden Art nicht zu, weshalb für sie auch aus guten Gründen keine Ausnahmeregelung besteht. In der Rechtsprechung ist deshalb auch für Fahrzeuge etwa des Typs Ford Transit mit etwa dem gleichen zulässigen Gesamtgewicht und einer Doppelkabine mit sechs Sitzen (OLG Hamm VRS 47, 469) und für einen VW-Pritschenwagen (OLG Frankfurt DAR 1983, 332) zu Recht ein Fahrverbot anerkannt worden, soweit diese Fahrzeuge mit Anhänger geführt werden.

Auch gegen die Annahme zumindest fahrlässigen Verhaltens bestehen rechtlich keine Bedenken. In diesem Zusammenhang kann auch der Tatsache zu Recht Bedeutung beigemessen werden, dass das Fahrzeug in den Kfz-Papieren als Lkw bezeichnet worden ist.


III.

Die Rechtsbeschwerde wird daher durch einstimmig gefassten Beschluss verworfen, § 79 Abs. 5 OWiG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.



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