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OLG Koblenz Beschluss vom 18.02.2013 - 10 U 987/12 - Leistungsaussschluss in der Unfallversicherung bei psychischen Beeinträchtigungen nach einem Unfall

OLG Koblenz v. 18.02.2013: Leistungsaussschluss in der Unfallversicherung bei psychischen Beeinträchtigungen nach einem Unfall


Das OLG Koblenz (Beschluss vom 18.02.2013 - 10 U 987/12) hat entschieden:
Handelt es sich bei der geltend gemachten Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung eines Versicherten um eine psychische Reaktion, die nicht durch die erlittene Fußverletzung sowie eine LWK-1-Fraktur physisch verursacht wurde, so sind die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses gem. Nr. 5.2.6 AUB 2000 gegeben. Nach dieser Klausel ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden.


Siehe auch Insassen-Unfallversicherung und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung


Gründe:

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass bei der Versicherten innerhalb des ersten Unfalljahres eine unfallbedingte dauerhafte Beeinträchtigung durch eine Somatisierungs- und posttraumatische Belastungsstörung eingetreten ist sowie innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt wurde und zudem die mit der Klage geltend gemachten Beeinträchtigungen unter die Ausschlussklausel der Nr. 5.2.6 AUB 2000 fallen. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbe-gründung gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.

Die Berufung rügt ohne Erfolg, die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 seien jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn psychische Beeinträchtigungen und Störungen auf unfallbedingten dauerhaften organischen Schädigungen beruhen und von diesen hervorgerufen wurden, was jedoch nach dem Vortrag des Klägers bei der Versicherten der Fall sei.

Der Senat sieht in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach Nr. 5.2.6 AUB 2000 schon nach dem Vortrag des Klägers als erfüllt an. Nach dieser Klausel ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden. Zutreffend ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (so unter anderem BGH VersR 2004, 1449) krankhafte Störungen, die eine organische Ursache haben, nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den Versicherungsnehmer abhängt. Damit sind jedoch nicht alle psychischen Leiden versichert, die auch nur in irgendeiner kausalen Beziehung zu einer unfallbedingten organischen Schädigung stehen; vielmehr sind solche Beeinträchtigungen nicht versichert, die allein durch ihre psychogene Natur erklärt werden können (BGHZ 159, 360).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei der von dem Kläger geltend gemachten Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung seiner Ehefrau, der Versicherten, um eine psychische Reaktion handelt, die nicht durch die erlittene Fußverletzung sowie die LWK-1-Fraktur der Versicherten physisch verursacht wurde. So ergibt sich auch aus der schriftlichen Zeugenaussage der die Versicherte damals behandelnden Frau Dr. A. vom 19. Dezember 2011 (Bl. 81 - 83 d. A.), dass die Versicherte selbst von einer psychischen Dekompensation in Form von vermehrten Schmerzen berichtet habe und aufgrund der von der Versicherten an sich selbst gestellten hohen Leistungsanforderung sich der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungs-störung nach dem Unfallereignis erhärtet habe.

Das Landgericht hat nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu Recht angenommen, dass bei der Ehefrau des Klägers eine innerhalb des ersten Unfalljahres eingetretene dauerhafte Beeinträchtigung nicht festgestellt wurde. Nach den Angaben der Zeugin B. hat diese die Ehefrau des Klägers erstmals im Rahmen von deren Aufenthalt in der M. Klinik vom 12. Juni 2007 bis zum 11. August 2007 kennen gelernt, wobei Frau C. ihr damals von dem Unfallereignis berichtet habe und es dabei auch angeklungen habe, dass sie unter einer posttraumatischen Stressbelastung, wie sie im Rahmen solcher Unfälle üblich sei, gelitten habe sowie an einer verstärkten Schmerzempfindung. Da sich der Unfall am 14. Mai 2007 ereignet hatte, ist somit eine dauerhafte psychische Beeinträchtigung der Zeugin C. innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall gerade nicht festgestellt. Dies wird auch durch die Angaben der Zeugin C. selbst bestätigt, die bei ihrer Zeugenvernehmung angegeben hat, sie habe erwartet, nach der zweiten Operation weitgehend schmerzfrei zu sein, was sich aber nicht erfüllt habe; im Gegenteil seien die Schmerzen immer schlimmer geworden und sie sei dann psychisch sehr beeinträchtigt gewesen. Bei ihrem ersten Aufenthalt in der Rehaklinik im Jahr 2007 habe sie noch eine Perspektive gehabt und es daher als sehr weltfremd angesehen, einer Psychologin vorgestellt zu werden. Daraus ergibt sich, dass bei der Versicherten eine dauerhafte psychische Beeinträchtigung erst nach Ablauf des ersten Unfalljahres eingetreten ist.

Das Landgericht hat auch zu Recht die Invaliditätsbescheinigung des Dr. D. vom 11. August 2008 nicht als fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität der Versicherten angesehen, da dort lediglich die Möglichkeit einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen bzw. geistigen Leistungsfähigkeit durch das erlittene psychische Trauma in Betracht gezogen, nicht jedoch verbindlich festgestellt wird. Entgegen der Auffassung der Berufung stellt auch die „Invaliditätsbescheinigung zur privaten Unfallversicherung“ des Dr. E. F. vom 27. Juni 2008 (Bl. 29 d. A.) keine fristgerechte ärztliche Feststellung einer Invalidität der Versicherten wegen der nunmehr geltend gemachten Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung dar. Diese Bescheinigung stellt nämlich entgegen dem Berufungsvortrag gerade kein Schmerzsyndrom der Versicherten fest, sondern eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule sowie eine Minderbelastung der Wirbelsäule und einen Belastungsschmerz des rechten Knies und des rechten Fußes. Ein festgestellter Belastungsschmerz ist jedoch durch die Invaliditätsentschädigung für die Verletzungen der betroffenen Gelenke mit abgegolten und stellt keine ärztliche Feststellung einer Somatisierungs- und posttraumatischen Belastungsstörung dar.

Das Landgericht hat auch zutreffend in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass es der Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers nicht verwehrt ist, sich auf das Fehlen einer fristgerechten ärztlichen Feststellung der nunmehr geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Versicherten zu berufen, da die Einholung einer Stellungnahme des Neurologen Dr. G. im Juni 2010 auf die Versäumung der zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufenen vertraglichen Frist keinen Einfluss hatte.

Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 255.000 € (Klageantrag zu 1.: 213.000 €; Klageantrag zu 2.: 42.000 €) festzusetzen.