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Landgericht Duisburg Urteil vom 17.04.2014 - 12 S 153/13 - Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung, Mehrwertsteuer, Überführungskosten sowie Wertminderung

LG Duisburg v. 17.04.2014: Zum Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung, Mehrwertsteuer, Überführungskosten sowie Wertminderung


Das Landgericht Duisburg (Urteil vom 17.04.2014 - 12 S 153/13) hat entschieden:
  1. Bei der Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung ist der Unfalltag mit einzubeziehen, da der Nutzungsausfall immer in vollen Tagen abzurechnen ist.

  2. Der auf die Überführungskosten anfallende Mehrwertsteuerbetrag ist zu erstatten, wenn ein Neufahrzeug erworben wird, welches regelmäßig nur mit Einpreisung der Überführungskosten angeboten wird. Soweit das Fahrzeug einen Kilometerstand von 5 km aufgewiesen hat, ist von einer sog. Tageszulassung auszugehen, wobei es sich um eine besondere Form des Neuwagengeschäfts handelt, so dass auch bei einer Tageszulassung von einem Neufahrzeug auszugehen ist, welches in der Regel nicht ohne Zahlung der Überführungskosten erworben werden kann.

  3. Es besteht kein merkantiler Minderwert, wenn das Unfallfahrzeug unrepariert veräußert wird. Insoweit wird bereits bei der Preisbestimmung im Rahmen des Ankaufs der Reparaturaufwand und der merkantile Minderwert berücksichtigt.

Siehe auch Einzelne Schadenspositionen in der Unfallregulierung und Stichwörter zum Thema Schadensersatz und Unfallregulierung


Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil vom 08.11.2013 (Bl. 57 - 59 d. A.).


II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 29,- € Nutzungsausfallentschädigung für den 01.05.2013.

Er rügt insoweit zu Recht, dass das Amtsgericht die Klage bzgl. der Nutzungsausfallentschädigung für den Unfalltag abgewiesen hat. Warum der Unfalltag nicht in die Berechnung des Nutzungsausfallschadens einbezogen worden ist, ist nicht erkennbar. Eine Nutzungsausfallentschädigung ist immer in vollen Tagen abzurechnen, jede andere Behandlung z. B. nach Stunden bzw. Tageszeiten wäre nicht praktikabel. Es kommt weder darauf an, um welche Uhrzeit der Unfall stattgefunden hat, noch, um welche Uhrzeit ein Geschädigter das reparierte oder neu erworbene (Ersatz-) Fahrzeug in Empfang nimmt. Maßgeblich für den Beginn des Zeitraums, für den eine Nutzungsausfallentschädigung zu leisten ist, ist der Tag, an dem der Geschädigte seine Nutzungsmöglichkeit verliert, also der Unfalltag.

Der Kläger hat des Weiteren einen Anspruch auf Ersatz der gesamten Mehrwertsteuer, da diese tatsächlich angefallen ist, damit auf Zahlung eines weiteren Betrages von 126,93 €. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der auf die Überführungskosten anfallende Mehrwertsteuerbetrag nicht in Abzug zu bringen. Es ist vielmehr die gesamte Mehrwertsteuer zu zahlen. Dies folgt zum einen daraus, dass der Kläger tatsächlich ein Neufahrzeug erworben hat, das regelmäßig nur mit Einpreisung der Überführungskosten angeboten wird. Ausweislich der Rechnung vom 24.05.2013 war das Neufahrzeug 2 Monate zuvor, am 25.03.2013 erstmalig zugelassen worden. Da es nur einen Kilometerstand von 5 km aufwies, ist davon auszugehen, dass es sich um eine sog. Tageszulassung handelt. Tageszulassungen sind eine besondere Form des Neuwagengeschäfts. Der Kunde erwirbt in diesen Fällen ein fabrikneues Fahrzeug. Die Zulassung dient, anders als bei sogenannten Vorführwagen, nicht der Nutzung des Fahrzeugs. Tageszulassungen erfolgen insbesondere im Absatzinteresse des Händlers, der durch die Steigerung der Abnahmemenge in den Genuss höherer Prämien kommt, die er an den Endkunden weitergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2000, Az. I ZR 253/97). Es handelte sich demnach weiterhin um ein Neufahrzeug, das i. d. R. ohne Zahlung der Überführungskosten nicht erworben werden kann. Darüber hinaus wäre eine Herausnahme der Überführungskosten zu Lasten des Geschädigten nicht gerechtfertigt, weil dieser auf die konkrete Preiskalkulation des Händlers keinen Einfluss und in diese regelmäßig keinen Einblick hat. Den Geschädigten interessiert nur der Endpreis, wobei vorliegend zu berücksichtigen ist, dass der Kläger für das Neufahrzeug nur 8.130,- € gezahlt hat, obwohl der Unfallwagen noch 9.000,- € wert war.

Zu Unrecht rügt die Berufung, dass der merkantile Minderwert von 1.200,- € zu ersetzen sei. Unter einem merkantilen Minderwert ist die Minderung des Verkaufswertes zu verstehen, die trotz völliger und ordnungsmäßiger Instandsetzung des Fahrzeugs allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallgeschädigter Kraftfahrzeuge besteht (BGH, Urteil vom 29.04.1958, Az. VI ZR 82/57). Während beim realen oder technischen Minderwert nach der Instandsetzung noch Mängel Zurückbleiben, welche die Betriebssicherheit, die Lebensdauer oder das äußere Ansehen des Wagens beeinflussen und daher seinen Gebrauchswert beeinträchtigen, ist bei dem hier in Betracht kommenden merkantilen Minderwert, der ein völlig und ordnungsgemäß instandgesetztes Fahrzeug voraussetzt, nicht der Gebrauchswert, sondern wegen der Eigenschaft, ein "Unfallwagen" zu sein, nur sein Verkaufswert beeinträchtigt (BGH, a. a. O.).

Der Kläger hat den Unfallwagen allerdings unrepariert veräußert, weshalb ein merkantiler Minderwert nicht besteht. Dass ein solcher nach einer Reparatur entstehen kann, wird i. d. R. schon dadurch wertbildend berücksichtigt, dass der Käufer eines unreparierten Unfallfahrzeuges bei seinem Preisangebot nicht nur die von ihm aufzuwendenden Reparaturkosten, sondern auch den Betrag, der sodann bei ihm als merkantiler Minderwert verbleibt, berücksichtigt. Der Unfallwagen wurde durch das Autohaus B... zu einem Preis von 1,320,- € (Restwert It. Gutachten) angekauft. Hierbei hatte das Autohaus ... zu beurteilen, ob ihm das Fahrzeug unter Berücksichtigung der von ihm aufzuwendenden Reparaturkosten und des merkantilen Minderwerts, der sich bei einem Verkauf als Unfallfahrzeug in den Preisvorstellungen eines anderen Kunden preismindernd niederschlägt, noch 1.320,- € wert war, was offensichtlich der Fall war. Der merkantile Minderwert war somit bereits in dem Restwert berücksichtigt und kann nicht nochmals verlangt werden.

Da der Kläger in seiner Berufungsbegründung die Entscheidung über die Rechtsanwaltskosten nicht angreift, kann dahin stehen, ob diese zutreffend berechnet sind.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.