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OVG Lüneburg Urteil vom 23.01.2014 - 12 LB 19/13 - Fahrtenbuchanordnung und zeitlicher Abstand zur Tat

OVG Lüneburg v. 23.01.2014: Fahrtenbuchanordnung und zeitlicher Abstand zur Tat


Das OVG Lüneburg (Urteil vom 23.01.2014 - 12 LB 19/13) hat entschieden:
Eine Fahrtenbuchauflage, die erst geraume Zeit nach Begehung des Verkehrsverstoßes verhängt wird, kann als unverhältnismäßig anzusehen sein. Ob dies der Fall ist, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der notwendigen Ermittlungen, der Geschäftsbelastung der betroffenen Behörde und des Verhaltens des Fahrzeughalters zu beurteilen (hier für den Fall einer Fahrtenbuchauflage knapp 18 Monate nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens verneint).


Siehe auch Fahrtenbuch-Auflage und Krad - Motorrad - Bike


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage des Beklagten. Er ist Halter des Motorrads mit dem amtlichen Kennzeichen F.. Mit diesem Kraftfahrzeug wurde am 21. Juli 2009 auf der B 495/L 111 in G. die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 36 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten.

Unter dem 3. August 2009 wurde dem Kläger ein Anhörungsbogen übersandt. Nach Akteneinsicht äußerte er sich durch seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 19. August 2009 dahingehend, dass er zum fraglichen Zeitpunkt nicht gefahren sei. Im September 2009 wurde der Kläger als Zeuge angehört; ihm wurde in diesem Zusammenhang ein Hochglanzabzug des beim Verkehrsverstoß angefertigten Fotos übersandt. Der Kläger ließ durch Schriftsatz vom 23. September 2009 mitteilen, er sei davon ausgegangen, dass der Helm des Fahrers besser zu erkennen sei. Leider sei das nicht der Fall. Angaben zum Fahrer könnten nicht gemacht werden. Das gegen den Kläger eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde am 19. Oktober 2009 eingestellt.

Nach Anhörung erteilte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 4. April 2011 die Auflage, ein Fahrtenbuch für die Dauer von 18 Monaten zu führen. Er führte zur Begründung u.a. aus: Da die Ermittlung des Fahrers im Sinne von § 31a StVZO unmöglich gewesen und ein gewichtiger - mit einem Bußgeld in Höhe von 160,00 €, der Eintragung von drei Punkten in das Verkehrszentralregister und einem Fahrverbot von einem Monat zu ahndender - Verkehrsverstoß begangen worden sei, sei die Fahrtenbuchauflage gerechtfertigt. Ihr stehe nicht entgegen, dass der Tatvorwurf annähernd zwei Jahre zurückliege. Es sei nicht gesetzlich geregelt, in welchem Zeitraum nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens die Fahrtenbuchauflage anzuordnen sei.

Der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht u.a. mit folgender Begründung stattgegeben: Die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuchs lägen zwar vor. Auch die angeordnete Dauer von 18 Monaten sei angesichts der Schwere des Verstoßes nicht zu beanstanden. Gleichwohl erweise sich der Bescheid des Beklagten als rechtsfehlerhaft. Die Entscheidung, eine Fahrtenbuchauflage zu verhängen, sei in das Ermessen der Verkehrsbehörde gestellt. Nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG solle die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen sei. Dabei habe die Behörde gemäß § 40 VwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die Fahrtenbuchauflage sei eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und habe daher an eine gegenwärtige Gefahrenlage anzuknüpfen, der mit der Auflage begegnet werden solle. Es könne offenbleiben, ob aus diesen Erwägungen folge, dass die Erteilung einer Fahrtenbuchauflage an den Halter eines Kraftfahrzeugs alsbald nach Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit zu erfolgen habe. Dies werde bei einer Maßnahme der Gefahrenabwehr zwar grundsätzlich anzunehmen sein. Allerdings könnten die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls, zum Beispiel eine besondere Schwere des festgestellten Verkehrsverstoßes, es rechtfertigen, auch noch nach einem längeren Zeitraum seit der Begehung des Verkehrsverstoßes die administrative Maßnahme der Fahrtenbuchauflage zu ergreifen. In einem solchen Fall sei die Behörde aber gehalten, in besonderer Weise darzulegen, welche Ermessenserwägungen zu der Entscheidung im konkreten Einzelfall geführt hätten. Daran fehle es hier. Der Beklagte habe in dem angefochtenen Bescheid keine Ermessenserwägungen angestellt, die die Problematik des zwischen dem Vorfall und dem Ergehen des Bescheids verstrichenen Zeitraums beträfen. Die in dem Bescheid enthaltenen Ausführungen bezögen sich vielmehr auf die Dauer der verhängten Fahrtenbuchauflage und die hierfür maßgebliche Schwere des Verstoßes. Erst im gerichtlichen Verfahren habe der Beklagte sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Dabei habe er die - zutreffende - Auffassung vertreten, die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung enthalte keine Regelung, die die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage befriste bzw. präkludiere. Auch eine Verwirkung komme bei dem gegebenen Zeitmoment nicht in Betracht. Des Weiteren habe der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21. Juni 2011 lediglich noch dargelegt, der mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragende Verkehrsverstoß lasse die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs 17 Monate nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens als noch angemessen erscheinen. Dieser Einschätzung sei nicht zu folgen, zumal sie nicht berücksichtige, dass zwischen dem Vorfall und dem Ergehen des Bescheids mehr als 20 Monate lägen, ohne dass hierfür aus dem Verwaltungsverfahren selbst abzuleitende Gründe maßgeblich seien.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 14. Januar 2013 (12 LA 288/11) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

Der Beklagte hat seine Berufung wie folgt begründet: Der zwischen dem Verkehrsverstoß (21. Juli 2009) und der Fahrtenbuchauflage (4. April 2011) verstrichene Zeitraum führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Da bei der Berechnung diejenigen Zeiten außer Betracht zu bleiben hätten, in denen der Fahrzeughalter etwa die sich aus dem Ordnungswidrigkeitenverfahren ergebenden Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpfe, sei auf den Zeitpunkt der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens (19. Oktober 2009) abzustellen mit der Folge, dass der zu betrachtende Zeitraum 17 Monate betrage. Dieser Zeitraum sei nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls nicht unverhältnismäßig. Von Januar 2010 bis Januar 2011 habe bei ihm im Straßenverkehrsamt eine außergewöhnliche Geschäftsbelastung bestanden. Grundsätzlich seien dort zwei Sachbearbeiter/-innen mit der Bearbeitung von Verwaltungsverfahren zur Anordnung von Fahrtenbuchauflagen betraut. Anfang 2010 sei eine der Mitarbeiterinnen schwer erkrankt. Der Krankheitsverlauf sei nicht absehbar gewesen. Nach zwischenzeitlichen Krankheits- und kurzen Genesungsphasen sei sie im August 2011 endgültig ausgefallen. Bereits Anfang 2011 sei das Sachgebiet im Straßenverkehrsamt mit einer weiteren Verwaltungskraft besetzt worden, um die zwischenzeitlich entstandenen Rückstände abzuarbeiten, was auch gelungen sei. Dass es zu längeren Bearbeitungszeiträumen - wie hier von über 17 Monaten - gekommen sei, sei in Anbetracht der geschilderten Umstände hinnehmbar.

Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, maßgeblich abzustellen sei auf den Zeitpunkt der Ordnungswidrigkeit, diese sei Anknüpfungspunkt der Fahrtenbuchauflage. Die Behauptung des Beklagten zu einer ungewöhnlichen Geschäftsbelastung sei pauschal und werde bestritten. Die Anzahl der Geschäftseingänge im fraglichen Zeitraum werde nicht benannt. Soweit der Beklagte vorträgt, grundsätzlich seien zwei Sachbearbeiter/-innen mit der Bearbeitung von Verwaltungsverfahren zur Anordnung von Fahrtenbuchauflagen betraut, stelle sich die Frage, was mit „grundsätzlich“ gemeint sei. Auch stelle sich die Frage, wie die Vertretung geregelt sei. Sei eine zu geringe Zahl von Sachbearbeitern vorgesehen, bestehe ein Organisationsverschulden. Jedenfalls während der voraussehbaren Reha-Maßnahme hätte für eine Vertretung gesorgt werden müssen. Die Dauer des angeordneten Fahrverbots (gemeint ist: der Fahrtenbuchauflage) sei für einen ein- und erstmaligen Verstoß unverhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.


Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage des Klägers abweisen müssen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 4. April 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. Soweit das Berufungsverfahren Anlass zu Ausführungen bietet, gilt:

Die Feststellung des Fahrzeugführers nach der Geschwindigkeitsüberschreitung vom 21. Juli 2009 war im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich. Die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ist unmöglich im Sinne des Gesetzes, wenn die zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Es kommt mithin darauf an, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen veranlasst, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. dazu nur BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, VRS 74, 233). An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. Der Behörde werden in diesen Fällen weitere Ermittlungsversuche, die über die Anhörung des Fahrzeughalters hinausgehen, grundsätzlich nicht zugemutet (std. Rspr. d. Sen., vgl. z. B. Beschl. v. 7.6.2010 - 12 ME 44/10 -, DAR 2010, 407 und v. 1.3.2013 - 12 LA 122/12 -, DAR 2013, 405 jeweils m. w. N.).

Vorliegend ist von einer fehlenden Mitwirkung im oben genannten Sinne auszugehen. Die Bußgeldstelle des Beklagten hat den Kläger nicht nur als Beschuldigten, sondern auch als Zeugen angehört. Der Kläger hat weiterführende Angaben zu dem Personenkreis, der im fraglichen Zeitpunkt Zugang zu seinem Motorrad hatte, nicht gemacht. Ohne Belang ist dabei, ob den Kläger ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers trifft. Das entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (BVerfG, Beschl. v. 7.12.1981 - 2 BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568; BVerwG, Beschl. v. 23.6.1989 - 7 B 90.89 -, NJW 1989, 2704; Senatsbeschl. v. 2.11.2006 - 12 LA 177/06 -, zfs 2007, 119 und v. 12.12.2007 - 12 LA 267/07 -, zfs 2008, 356). Da erfolgversprechende Ermittlungsansätze nicht erkennbar waren, war die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers i. S. d. § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich.

Anders als der Kläger meint, hat der zwischen dem Verkehrsverstoß und der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum nicht die Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchauflage zur Folge. Zwar ist denkbar, dass für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage der zwischen der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum relevant sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 - 3 B 108.91 -, zfs 1992, 286) und eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Ablauf eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig anzusehen ist. Welche Fristen hierfür in Erwägung zu ziehen sind, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten. Dabei sind etwa die Dauer der notwendigen Ermittlungen, die Geschäftsbelastung der betroffenen Behörde und das Verhalten des Fahrzeughalters zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 - 3 B 108.91 -, zfs 1992, 286, juris Rdn. 3). Da bei der Berechnung des Zeitraums diejenigen Zeiten außer Acht bleiben, in denen der Fahrzeughalter etwa die sich aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht ergebenden Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpft und dadurch selbst Anlass zu einer Verzögerung des Erlasses der Fahrtenbuchauflage bietet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1995 - 11 C 3.94 -, NZV 1995, 370, juris Rdn. 9; Beschl. v. 12.7.1995 - 11 B 18.95 -, NJW 1995, 3402, juris Rdn. 3; Beschl. d. Sen. v. 14.1.2013 - 12 LA 299/11 -, m.w.N.), ist entgegen der Annahme des Klägers hier maßgeblich auf den Zeitpunkt der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens abzustellen. Die zwischen der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens (19. Oktober 2009) und Erlass des angefochtenen Bescheids (4. April 2011) verstrichene Zeit von knapp 18 Monaten, kann (noch) nicht als derart erheblich angesehen werden, dass sich schon deswegen die erlassene Fahrtenbuchauflage als unverhältnismäßig darstellte (vgl. etwa Beschl. d. Sen. v. 14.1.2013 - 12 LA 299/11 -, der ebenfalls einen Zeitraum von ca. 18 Monaten zwischen Verfahrenseinstellung und Fahrtenbuchauflage betraf; Beschl. v. 23.8.2013 -12 LA 156/12 - gut 16 Monate). Anhaltspunkte dafür, dass die Fahrtenbuchanordnung zwischenzeitlich funktionslos geworden sein oder eine Verwirkung vorliegen könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Frage, ob ein Organisationsverschulden vorliegt, kommt es nicht weiter an. Unabhängig davon dürfte ein solches auch nicht festzustellen sein. Der Senat sieht keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben des Beklagten zu der besonderen personellen Situation in seiner Straßenverkehrsbehörde in 2010 und 2011 zu zweifeln, die zu einer atypischen Geschäftsbelastung des einzig verbliebenen Sachbearbeiters geführt hat. In einer solchen Lage kann es für eine gewisse Übergangszeit hinnehmbar sein, dass es zu längeren Zeiträumen zwischen dem Verkehrsverstoß bzw. der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und dem Ergehen der Fahrtenbuchauflage kommt. In dieser Übergangszeit wird - entgegen der Annahme des Klägers - regelmäßig nicht von einem beachtlichen behördlichen Organisationsverschulden auszugehen sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei Fahrtenbuchangelegenheiten nicht um fristgebundene Sachen handelt, die von vornherein besondere organisatorische Vorkehrungen bedingen. Auf die Frage der Ausgestaltung der Vertretung kommt es dabei ebenfalls nicht an.

Die Fahrtenbuchauflage erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als ermessensfehlerhaft. Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann in die zu treffende Ermessensentscheidung einfließen, ob das erste Mal mit einem Pkw des Fahrzeughalters ein Verkehrsverstoß ohne Fahrerfeststellung begangen wurde oder es sich um einen Wiederholungsfall handelt. Auch das Verhalten des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes sowie etwaige Maßnahmen, die für die Zukunft weitere Verstöße verhindern sollen, kann die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr würdigen (Urt. d. Sen. v. 10.2.2011 - 12 LB 318/08 -, DAR 2011, 339 = NZV 2012, 100 m. w. N.; Beschl. v. 8.11.2011 - 12 LA 308/10 -). Da - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - der vorliegende Verkehrsverstoß mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen und mit einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden gewesen wäre, ist die vorgesehene Dauer von 18 Monaten angesichts der im Bescheid ausdrücklich zur Begründung der Dauer angeführten „Schwere des Verstoßes“ nicht ermessensfehlerhaft. Dass es sich um einen „einmaligen und erstmaligen Verstoß ohne konkrete Verkehrsgefährdung“ gehandelt habe, zwingt nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu einer anderen Betrachtung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.