Das Verkehrslexikon

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OLG Celle Beschluss vom 07.01.2013 - 7 U 154/12 - Regenwasseransammlung in Vordertüren beim VW Golf VI

OLG Celle v. 07.01.2013: Keine Gewährleistung beim Kraftfahrzeugkauf wegen Regenwasseransammlung in Vordertüren beim VW Golf VI


Das OLG Celle (Beschluss vom 07.01.2013 - 7 U 154/12) hat entschieden:
  1. Allein die Regenwasseransammlung in den Vordertüren eines Pkw (VW Golf VI) stellt keinen Sachmangel dar, wenn das Wasser beim Öffnen der Türen oder während der Fahrt von allein wieder abfließt.

  2. Die Feststellung eines Konstruktionsmangels eines Pkw in einem Rechtsstreit durch ein Zivilgericht gilt nur für das betreffende Verfahren. Ein anderer Käufer desselben betroffenen Fahrzeugtyps kann einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht damit begründen, der von ihm erworbene Pkw weise nach den Feststellungen eines anderen Gerichts einen Serienmangel auf.

Siehe auch Autokauf und Autokauf - Gewährleistung und Garantie beim Neuwagenkauf


Gründe:

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten sein.

Nach vorläufiger Beurteilung hat die Berufung darüber hinaus offensichtlich auch keine Aussicht auf Erfolg:

Ein Konstruktionsmangel liegt auch nach Wertung des Senats nicht vor. Für die Beurteilung kann nicht an die Feststellungen angeknüpft werden, die dem vom Landgericht Kassel entschiedenen Fall zugrunde gelegen haben. Vielmehr können für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nur diejenigen Feststellungen einer rechtlichen Beurteilung unterzogen werden, die hier getroffen worden sind.

Die Klägerin besitzt und benutzt den streitgegenständlichen Golf VI seit dem 5. April 2011, also seit ungefähr 20 Monaten. Dabei hat sie als Mangelsymptom lediglich festgestellt, dass, wie vom Sachverständigen G. bestätigt, in die Vordertüren eingedrungenes Regenwasser (erst) nach dem Öffnen der Türen abläuft. Dabei ist davon auszugehen, dass bei jedem Fahrzeug Regenwasser in den Türkörper eindringt, weil die Dichtungen an den Fensterscheiben nicht vollständig dicht sein können. Das somit in den Türkörper eindringende Regenwasser wird durch Ablauflöcher im unteren Türbereich wieder abgeführt. Bei dem hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyp - ein ähnliches Phänomen hat der Sachverständige bei einem BMW der 7er-Reihe festgestellt - sammelt sich das Regenwasser in den Vordertüren.

Ursache bei dem streitgegenständlichen Golf VI, so der SV G., ist die leicht erhöhte Lage der Ablauföffnung. Diese wird von dem angestauten Wasser erst erreicht, wenn die hintere Türkante beim Öffnen angehoben wird, nämlich, wie der Sachverständige festgestellt hat, von 30,5 cm im geschlossenen Zustand auf 31 cm im geöffneten Zustand. Hieraus folgt allerdings, dass sich Wasser im Türkörper, würde der Wagen während längerer Standzeiten starkem Regen ausgesetzt sein und daher ein größere Menge Wasser eindringen, lediglich bis zu einer Höhe von 0,4 cm bis 0,5 cm anstauen könnte, weil dann die Höhe der Ablauföffnung überschritten würde, also das höher stehende Wasser ablaufen würde.

Des Weiteren, so der Sachverständige, wird eingedrungenes Wasser aus dem Türkörper während der Benutzung des Fahrzeugs durch die damit einhergehenden Bewegungen, wie etwa dem Bremsnicken, ebenfalls abgeführt. So heißt es auf S. 10 des Gutachtens:
„Während des Fahrbetriebes bei regnerischer Witterung in den Türkörper der vorderen Türen eindringendes Wasser kann sich ebenfalls im Bereich des Türkörpers ansammeln, wird aber jedoch aufgrund von Wank- und Nickbewegungen des Fahrzeugs infolge von Brems- und Beschleunigungsmanövern sowie Kurvenfahrten nach außen über die Wasserablauflöcher abgeführt.“
Dementsprechend betont der Sachverständige, das Ansammeln von Wasser im Türkörper der vorderen Türen trete nur bei längeren Standzeiten des Fahrzeuges bei regnerischer Witterung auf. Entgegen der Annahme der Klägerin sind daher keine Beeinträchtigungen bei der Benutzung des Fahrzeugs festgestellt, die es rechtfertigen könnten, das Vorliegen eines Mangels anzunehmen. Insbesondere ist es keineswegs erforderlich, nach einem Regen die vier Türen des Fahrzeugs sowie die Heckklappe zu öffnen, um angestautes Wasser ablaufen zu lassen, wie die Klägerin aber argumentiert. Denn das betreffende Phänomen ist von dem Sachverständigen ausdrücklich nur bei den beiden vorderen Türen festgestellt worden. Hinzu kommt, wie bereits ausgeführt, dass das Wasser aufgrund der Fahrbewegungen bei der Benutzung des Wagens ohnehin von selbst abfließen kann. Somit ergibt sich keine relevante Benutzungsbeeinträchtigung. Vielmehr kann die Klägerin, wenn der Wagen im Regen gestanden hat, ganz normal die Tür öffnen und einsteigen. Dabei wird das angestaute Wasser in der Fahrertür aufgrund des Anhebens beim Öffnen abfließen. Selbst wenn das Wasser aufgrund einer nur sehr kurzen Öffnung nicht oder nicht vollständig abfließen sollte, wird das (restliche) Wasser ebenso wie das im Türkörper der Beifahrertür befindliche Wasser bei der Benutzung des Wagens durch die Fahrbewegungen abfließen.

Weitergehende tatsächlich aufgetretene Beeinträchtigungen, etwa im Winterbetrieb, insbesondere bei Frost, sind weder von der Klägerin konkret vorgetragen, noch vom Sachverständigen G. im Rahmen seiner Mangelbeurteilung, bei der er sich Gedanken über die aus dem festgestellten Phänomen mutmaßlich folgenden Beeinträchtigungen gemacht hat, in Erwägung gezogen worden. Wenn es in der unter Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts Kassel daher heißt:
„Darüber hinaus kann sich bei feuchter Witterung auch Wasser in den Fensterführungen der Türrahmen sammeln und bei Frosttemperaturen dazu führen, dass sich die Scheiben nicht mehr öffnen lassen. Ebenso kann auch in den Türrahmen eingedrungene Feuchtigkeit bei Frosttemperaturen zum Einfrieren der Türen bzw. zur Schwergängigkeit bei Öffnen der Türen führen.“,
sind dies tatsächliche Feststellungen, die im vorliegenden Fall gerade nicht getroffen worden sind. Es besteht auch kein Anlass und würde auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinauslaufen, wenn insoweit ein ergänzendes Gutachten eingeholt würde, obwohl die Klägerin das konkrete Auftreten entsprechender Mangelsymptome nicht behauptet.

Schließlich kann auch eine erhöhte Korrosionsgefahr nicht unterstellt werden. Denn Regenwasser dringt konstruktionsbedingt bei sämtlichen Fahrzeugen auch anderer Fabrikate in den Türkörper ein. Eine vollständige Abtrocknung des inneren Türkörpers wird daher bei jedem Fahrzeug nur nach längeren Trockenheitsperioden zu erreichen sein. Da gleichwohl, soweit allgemein bekannt, binnen normaler Nutzungsdauer heutzutage Korrosionsschäden an den Fahrzeugtüren nicht verbreitet sind, ist es den Autoherstellern ersichtlich gelungen, Korrosion durch entsprechende Lackierung, Versiegelung oder sonstige Fertigungstechniken wirksam vorzubeugen.