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OLG Düsseldorf Urteil vom 21.04.2015 - I-1 U 114/14 - Mietwagenkostenschätzung auf der Grundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels

OLG Düsseldorf v. 21.04.2015: Mietwagenkostenschätzung auf der Grundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 21.04.2015 - I-1 U 114/14) hat entschieden:
  1. Eine Schadensschätzung auf Grundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels ist sowohl einer Schätzung nach der "Schwacke-Liste" als auch einer Schätzung anhand des arithmetischen Mittels beider Markterhebungen vorzuziehen. Auch ist grundsätzlich kein pauschaler Aufschlag auf den durchschnittlichen "Normaltarif" gemäß dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel angezeigt (vgl. OLG Düsseldorf, 24. März 2015, 1 U 42/14).

  2. Bei der Ermittlung des angemessenen "Normaltarifs" nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel ist aus der tatsächlichen Gesamtmietzeit der davon umfasste größte im Fraunhofer-Marktpreisspiegel berücksichtigte Anmietzeitraum (1-Tages-Wert, 3-Tages-Wert oder Wochenpauschale) heranzuziehen und der sich daraus ergebende 1-Tages-Wert mit der Anzahl der Gesamtmiettage zu multiplizieren.

Siehe auch Der Unfallersatztarif und Ersatz der unfallbedingten Mietwagenkosten


Gründe:

(Ohne Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat ganz überwiegend Erfolg, während die zulässige Berufung der Klägerin unbegründet ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 140,91 Euro. Wegen der darüber hinaus geltend gemachten Mietwagenkosten steht der Klägerin demgegenüber kein Erstattungsanspruch zu, weil die weiteren Kosten keinen erforderlichen Wiederherstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) darstellen.

II.

1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 05.02.2013, Az. VI ZR 290/11, NJW 2013, 1149, juris Rdn. 13; Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f.; juris Rdn. 8 mit zahlr. w. Nw) kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann er dabei für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte nach dieser Rechtsprechung aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-​)Tarif zugänglich war (BGH Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, a.a.O. m. w. N.).

2) Die Klägerin hat nicht behauptet bzw. dargelegt, dass den Unfallgeschädigten, deren Erstattungsanspruch hinsichtlich der Mietwagenkosten die Klägerin aus abgetretenem Recht mit der vorliegenden Klage geltend macht, auf dem regionalen Markt kein günstigerer Mietwagentarif zugänglich gewesen ist als derjenige, den die Klägerin den Unfallgeschädigten jeweils offeriert hat. Hier ist zwischen den Parteien insbesondere nicht streitig, dass die Klägerin nicht der einzige Anbieter vergleichbarer Mietfahrzeuge auf dem örtlich relevanten Markt war. Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass es den Unfallgeschädigten nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist, sich nach günstigeren Tarifen zu erkundigen. Da die Klägerin somit die Erforderlichkeit der von den Unfallgeschädigten in Anspruch genommenen Tarife im konkreten Fall nicht dargelegt hat, hat sie von vornherein aus abgetretenem Recht nur einen Anspruch auf Erstattung des jeweils angemessenen "Normaltarifes". Dementsprechend macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage auch - bis auf die Fälle 1, 2, 6, 7 und 9, in den zwischen den Parteien unstreitig auf der Grundlage des Unfallersatztarifes abgerechnet wird -, lediglich den ihrer Ansicht nach anhand der "Schwacke-​Liste" 2012 jeweils zu schätzenden und von ihr jeweils entsprechend bezifferten angemessenen "Normaltarif geltend.

III.

1) Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen "Normaltarifes" ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die "Schwacke-​Liste" noch den Fraunhofer-​Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden "Normaltarif - abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen (BGH NJW 2013, 1539, juris Rn. 10 f. m. N.).

2) Das Landgericht hat den "Normaltarif" gemäß § 287 ZPO jeweils aufgrund des arithmetischen Mittels des durchschnittlichen Normaltarifs der "Schwacke-​Liste" 2012 und des durchschnittlichen Normaltarifs des Fraunhofer-​Marktpreisspiegels 2012 geschätzt (sogenannte "Fracke-​Lösung"). An die Ermessensausübung der Vorinstanz ist der Senat indes nicht gebunden. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das Berufungsgericht im Fall einer auf § 287 ZPO gründenden Entscheidung den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbständig nach allen Richtungen von neuem prüfen und bewerten. Selbst wenn es die erstinstanzliche Entscheidung zwar für vertretbar hält, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, darf es nach seinem Ermessen eine eigene Bewertung vornehmen (BGH Urteil vom, 12.11.2011, Az. VI ZR 300/09, NJW 2011, 1947, juris Rn. 22 m. N.).

3) Der Senat macht vorliegend von der Möglichkeit einer eigenen Ermessensausübung Gebrauch. Aus Sicht des Senats ist eine Schadensschätzung auf Grundlage des Fraunhofer-​Marktpreisspiegels sowohl einer Schätzung nach der "Schwacke-​Liste" als auch einer Schätzung anhand des arithmetischen Mittels beider Markterhebungen vorzuziehen. Denn der Senat ist der Überzeugung, dass die in der "Schwacke-​Liste" genannten durchschnittlichen "Normaltarife" den für den hiesigen regionalen Markt maßgeblichen durchschnittlichen Marktpreis nicht realistisch abbilden, während die vom Fraunhofer-​Institut ermittelten durchschnittlichen "Normaltarife" dem wirklichen Angebotsspektrum entsprechen. Aus diesem Grunde ist grundsätzlich auch kein pauschaler Aufschlag auf den durchschnittlichen "Normaltarif" gemäß dem Fraunhofer-​Marktpreisspiegel angezeigt (grundlegend hierzu Senat, Urteil vom 24.03.2015, Az. I-​1 U 42/14, veröffentlicht bei juris).

Angesichte dessen kann die hier im Streit stehende Frage, ob die Beklagte durch Vorlage von Vergleichsangeboten die Eignung der "Schwacke-​Liste" als Schätzgrundlage im konkreten Fall erschüttert hat, dahinstehen.

IV.

1) Bei der Ermittlung des angemessenen "Normaltarifs" nach dem Fraunhofer-​Marktpreisspiegel ist aus der tatsächlichen Gesamtmietzeit der davon umfasste größte im Fraunhofer-​Marktpreisspiegel berücksichtigte Anmietzeitraum (1-​Tages-​Wert, 3-​Tagest-​Wert oder Wochenpauschale) heranzuziehen und der sich daraus ergebende 1-​Tages-​Wert mit der Anzahl der Gesamtmiettage zu multiplizieren (OLG Hamm, RuS 2011, 536, Rn. 18 m.N. - zitiert nach juris). Diese Vorgehensweise ist gegenüber einer Aufteilung der Gesamtmietdauer in die im Fraunhofer-​Marktpreisspiegel berücksichtigten Anmietzeiträume vorzuziehen, weil der Tagesmietpreis erfahrungsgemäß bei längerer Mietdauer sinkt. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass ausweislich des Fraunhofer-​Marktpreisspiegels der durchschnittliche Tagesmietpreis mit jeder Verlängerung der Abrechnungseinheit niedriger wird. Der Einwand der Klägerin, dass stattdessen eine Aufteilung der Gesamtmietdauer in die in der Markterhebung berücksichtigten Anmietzeiträume vorzunehmen sei, weil jede Verlängerung der Mietzeit zusätzlichen Personalaufwand begründe, ist nicht überzeugend, da sich der Personalaufwand für eine Verlängerung der Mietzeit in der Regel auf ein kurzes Telefonat und einen kurzen Eintrag in die EDV beschränken dürfte und das Mietwagenunternehmen durch die längere Vermietung einen Vorteil durch die Erzielung zusätzlichen Umsatzes erhält. Zudem hat gegenüber einer Mehrfachvermietung desselben Fahrzeugs die Verlängerung der Mietzeit für das Mietwagenunternehmen den Vorteil, dass kein zusätzlicher Aufwand für den Abschluss von Mietverträgen mit anschließender Autoübergabe anfällt und sich bei längerer Mietdauer die Anzahl der Rückgaben des Mietwagens zum Vertragsende und damit der dabei anfallende Aufwand verringert.

2) Außer Streit steht zwischen den Parteien, dass der Klägerin in den Fällen 1, 2, 6, 7 und 9 ein Aufschlag von 20 % auf den angemessenen "Normaltarif" wegen unfallbedingter Mehrleistungen zusteht (sog. "Unfallersatztarif"). Auch im Fall 8 kann die Klägerin aus den zutreffenden und mit der Berufung von der Beklagten nicht angegriffenen Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung den "Unfallersatztarif" beanspruchen. Ebenfalls außer Streit steht zwischen den Parteien, dass die Klägerin - soweit geltend gemacht - die Nebenkosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs sowie die zusätzlichen Kosten für eine Anmietung außerhalb der Öffnungszeiten beanspruchen kann. Ob die Klägerin einen Anspruch auf die in den Rechnungen jeweils ausgewiesenen Kosten für eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung hat kann dahinstehen, weil die Klägerin diese Kosten mit der Klage nicht geltend gemacht hat.

3) Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die in den Fällen 2, 3, 5, 8 und 9 geltend gemachten zusätzlichen Kosten für Winterbereifung.

a) Der Bundesgerichtshof hat sich mit Urteil vom 05.03.2013 (Az. VI ZR 245/11 = NJW 2013, 1870, Rn. 25 - zitiert nach juris) dem überwiegenden Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen (siehe die Rechtssprechungsnachweise in BGH a.a.O.), wonach zusätzliche Kosten für Winterbereifung bei einer Anmietung in den Wintermonaten grundsätzlich einen erforderlichen Wiederherstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB darstellen, wenn auf dem Mietwagenmarkt Mietfährzeuge mit Winterbereifung nur gegen Zahlung eines Zuschlags für dieses Ausstattungsmerkmal angeboten werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schuldet der Autovermieter zwar die Überlassung eines verkehrstauglichen, mithin gegebenenfalls gemäß § 2 Abs. 3a StVO mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeugs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangen kann (BGH a.a.O.).

b) Zumindest für die hier in Rede stehenden Anmietzeiträume ist auch davon auszugehen, dass ein Aufschlag für Winterreifen, wie ihn die Klägerin erhoben hat, geschäftsüblich gewesen ist. Tragfähiges Indiz für die Geschäftsüblichkeit eines Aufschlages für Winterbereifung sind die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote der bundesweit agierenden großen Anbieter Europcar und Sixt (Bl. 264 f. d. A.). Desweiteren folgt auch aus dem Fraunhofer-​Marktpreisspiegel, dass Winterreifen teilweise zusätzlich berechnet werden. Denn dort heißt es (Marktpreisspiegel Mietwagen 2012, Seite 19), dass bei der berücksichtigten Anmietsituation Zuschläge für Winterreifen vermieden würden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass solche Zuschläge durchaus verlangt werden. Schließlich weist - worauf das Landgericht zu Recht abgestellt hat - auch die "Schwacke-​Liste" 2012 Winterreifen als typischerweise gesondert zu vergütende Zusatzausstattung auf (Schwacke-​Liste 2012, Seite 427). Dem Rekurrieren auf die "Schwacke-​Liste" zur Ermittlung typischer Zusatzkosten steht nicht entgegen, dass aus Sicht des Senats die in der "Schwacke-​Liste" genannten durchschnittlichen "Normaltarife" den für den hiesigen regionalen Markt maßgeblichen durchschnittlichen Marktpreis nicht realistisch abbilden, da sich dieser Vorbehalt gerade auf die Höhe der ermittelten "Normaltarife" und nicht gegen die Ermittlung der typischerweise zu vergütenden Zusatzausstattungen bezieht.

Der Umstand, dass sich aus den von der Beklagten vorgelegten Angeboten durchgängig keine solchen Aufschläge ergeben, spricht nicht entscheidend gegen die Üblichkeit eines Winterreifenaufschlags, weil sich der Großteil der von der Beklagten vorgelegten Angebote auf Anmietungen außerhalb der Wintermonate bezieht. Für den maßgeblichen Zeitraum November 2011 bis März 2012 legt die Beklagte überhaupt lediglich zwei Angebote, nämlich die Internetangebote der Fa. Avis vom 30.01.2012 (Anlage B1a) und vom 17.12.2011 (Anlage B7) vor. Der Umstand, dass die Fa. Avis in diesen zwei Internetangeboten die Ausrüstung mit Winterreifen ohne Aufschlag offeriert hat, rechtfertigt indes nicht die Annahme, dass die Berechnung eines Aufschlages grundsätzlich unüblich ist, zumal in den Angeboten - offensichtlich mit werbender Absicht - auf die im Preis enthaltene Ausstattung mit Winterreifen ausdrücklich hingewiesen wird.

4) In den Fällen 1, 2, 3, 4, 5, 8 und 10, in denen eine Anmietung in (zumindest) der gleichen Fahrzeugklasse erfolgt ist, ist im Wege der Vorteilsausgleichung, die aufgrund der Besserstellung des jeweiligen Geschädigten wegen ersparter Eigenaufwendungen zu berücksichtigen ist, ein pauschaler Abzug von 5 % vorzunehmen (ständige Rechtsprechung des Senats, grundlegend insoweit Senat DAR 1998, 102). Bemessungsgrundlage für den Abzug sind die ersatzfähigen Mietwagenkosten inklusive aller Nebenkosten. Denn die Ermittlung der Bemessungsgrundlage kann nicht davon abhängen, ob der konkrete Vermieter nur einen pauschalen Gesamtpreis ausweist oder - wie hier - diesen nach den darin enthaltenen Neben- und Sonderleistungen differenziert. Der Abzug der ersparten Eigenbetriebskosten bei Inanspruchnahme eines Mietwagens erfolgt vom Nettobetrag der erstattungsfähigen Mietwagenkosten (Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., 5. Kapitel Rn. 18).

V.

Nach den vorgenannten Grundsätzen berechnen sich die erstattungsfähigen Mietwagenkosten auf Grundlage des durchschnittlichen Normaltarifes gemäß dem Fraunhofer-​Marktpreisspiegel in den einzelnen Fällen wie folgt:

Fall 1:

Normaltarif nach Fraunhofer (37,80 € x 12 Tage =) 453,60 €
Zuschlag Unfallersatztarif (453,60 € x 20 % =) 90,72 €
Zuschlag Winterreifen (12,16 € x 12 Tage =) 145,92 €
Gesamt: 690,24 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (580,03 € x 5 % =) 29,00 €
Erstattungsbetrag: 661,24 €
bereits gezahlt: - 667,11 €
Restforderung: ./.


Fall 2:

Normaltarif nach Fraunhofer (46,80 € x 15 Tage =) 702,00 €
Zuschlag Unfallersatztarif (702,00 € x 20 % =) 140,40 €
Zuschlag Winterreifen (12,19 € x 15 Tage =) 182,85 €
Zuschlag Bringen/Abholen (25,74 € x 2 =) 51,48 €
Gesamt: 1.076,73 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (904,81 € x 5 % =) - 45,24 €
Erstattungsbetrag: 1.031,49 €
bereits gezahlt: - 1.160,25 €
Restforderung: ./.


Fall 3:

Normaltarif nach Fraunhofer (46,80 € x 9 Tage =) 421,20 €
Zuschlag Winterreifen (12,19 € x 9 Tage =) 109,71 €
Zuschlag Bringen/Abholen (25,74 € x 2 =) 51,48 €
Gesamt: 582,39 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (489,40 € x 5 % =) - 24,74 €
Erstattungsbetrag: 557,65 €
bereits gezahlt: - 622,37 €
Restforderung: ./.


Fall 4:

Im Fall 4 berechnet sich der angemessene "Normaltarif nach dem durchschnittlichen Mietpreis im PLZ-​Gebiet 41 gemäß der Fahrzeugklasse 10 des Fraunhofer-​Marktpreisspiegels, welcher insoweit die grundsätzliche Fahrzeugklassifikation der "Schwacke-​Liste" übernommen hat. Maximal erstattungsfähig sind die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs der Fahrzeugklasse, die der Fahrzeugklasse des verunfallten Fahrzeugs entsprechen. Bei dem verunfallten Fahrzeug handelte es sich um einen Pkw Maserati Quattroporte mit einer Leistung von 295 kw. In welche Fahrzeugklasse dieser Pkw einzuordnen ist, steht zwischen den Parteien im Streit. Der Senat schätzt gemäß 287 ZPO, dass der verunfallte Maserati Quattroporte der zweithöchsten Schwacke-​Klassifikation 10 zuzuordnen ist. Dieser Schätzung liegt ein Vergleich des Pkw Maserati Quattroporte mit den in der "Schwacke-​Liste" 2012 auf Seite 14 genannten typischen Vertretern der Fahrzeugklasse 10, einem Porsche 911 Carrera (257 kw) und einem Lexus LS 460 AWD (270 kw) auf der einen Seite, und auf der anderen Seite mit den typischen Vertretern der Fahrzeugklasse 11, einem Mercedes-​Benz S 600 L Automatik (380 kw) und einem BMW 760i (400 kw), zu Grunde. Wie aus den im Internet abrufbaren Preislisten der Fahrzeughersteller ersichtlich ist, liegt der Neupreis (Basisausstattung) für einen Porsche 911 Carrera bei rund 90.000 Euro und für einen Lexus LS 460 AWD bei knapp unter 100.000 Euro, während es sich bei einem Mercedes-​Benz S 600 L Automatik und einem BMW 760i um Fahrzeuge mit einem Neupreis von rund 150.000 Euro handelt. Der Neupreis für einen Pkw Maserati Quattroporte liegt bei rund 114.000 Euro. Sowohl nach der Höhe des Anschaffungspreises als auch nach der Motorleistung ist ein Maserati Quattroporte somit deutlich eher mit den typischen Klassenvertretern der Fahrzeugklasse 10 als mit den typischen Klassenvertretern der Fahrzeugklasse 11 zu vergleichen, welche in der Anschaffung erheblich teurerer sind und über deutlich leistungsstärkere Motoren verfügen als der verunfallte Pkw Maserati Quattroporte.

Unter Zugrundelegung der Schwacke-​Klassifikation 10 betragen die erstattungsfähigen Mietwagenkosten im Fall 4:

Normaltarif nach Fraunhofer (90,99 € x 20 Tage =) 1.819,80 €
Zuschlag Bringen/Abholen (26,18 € x 2 =) 52,36 €
Gesamt: 1.872,16 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (1.573,33 € x 5 % =) - 78,67 €
Erstattungsbetrag: 1.793,49 €
bereits gezahlt: - 2.101,00 €
Restforderung: ./.


Da die Beklagte 2.101,00 Euro und damit rund 17 % mehr als nach der vorstehenden Berechnung geschuldet an die Klägerin gezahlt hat, hätte diese unbeschadet des Vorstehenden gegen die Beklagte selbst dann keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten, wenn man im Hinblick auf den Typ des verunfallten Pkw Maserati Quattroporte zu Gunsten der Klägerin auf den durchschnittlichen Normaltarif nach dem Fraunhofer-​Marktpreisspiegel gemäß der Fahrzeugklasse 10 einen Aufschlag von bis zu 17 % vornehmen würde.

Fall 5:

Normaltarif nach Fraunhofer (32,13 € x 14 Tage =) 449,82 €
Zuschlag Winterreifen (12,19€x 14 Tage =) 170,66 €
Zuschlag Bringen/Abholen (25,74 € x 2 =) 51,48 €
Gesamt: 671,96 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (564,67 € x 5 % =) - 28,23 €
Erstattungsbetrag: 643,73 €
bereits gezahlt: - 763,98 €
Restforderung: ./.


Fall 6:

Normaltarif nach Fraunhofer (30,57 € x 10 Tage =) 305,70 €
Zuschlag Unfallersatztarif (305,70 € x 20 % =) 61,14 €
Gesamt: 366,84 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (308,27 € x 5 % =) - 15,41 €
Erstattungsbetrag: 351,43 €
bereits gezahlt: - 525,98 €
Restforderung: ./.


Fall 7:

Normaltarif nach Fraunhofer (Wochenpauschale): 224,27 €
Zuschlag Unfallersatztarif (224,27 € x 20 % =) 44,85 €
Zuschlag Bringen/Abholen (26,18 €x 2 =) 52,36 €
Erstattungsbetrag: 321,48 €
bereits gezahlt: - 525,98 €
Restforderung: ./.


Fall 8:

Normaltarif nach Fraunhofer (50,07 € x 18 Tage =) 901,26 €
Zuschlag Unfallersatztarif (901,26€x20 % =) 180,25€
Zuschlag Winterreifen (12,16 € x 18 Tage =) 218,88 €
Zuschlag Bringen/Abholen (26,18 € x 2 =) 52,36 €
Gesamt: 1.352,75 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (1.136,76 € x 5 % =) - 56,84 €
Erstattungsbetrag: 1.295,91 €
bereits gezahlt: - 1.155,00 €
Restforderung: 140,91 €


Fall 9:

Normaltarif nach Fraunhofer (34,18 € x 13 Tage =) 444,34 €
Zuschlag Unfallersatztarif (444,34 € x 20 % =) 88,87 €
Zuschlag Winterreifen (12,16 €x 13 Tage =) 158,08 €
Zuschlag Vermietung außerhalb Öffnungszeiten: 60,42 €
Erstattungsbetrag: 751,71 €
bereits gezahlt: - 817,50 €
Restforderung: ./.


Fall 10:

Normaltarif nach Fraunhofer (30,57 € x 12 Tage =) 366,84 €
abzüglich ersparte Aufwendungen (308,27 € x 5 % =) - 15,41 €
Erstattungsbetrag: 351,43 €
bereits gezahlt: - 471,24 €
Restforderung: ./.


Der Klägerin steht somit lediglich im Fall 8 eine Restforderung in Höhe von 140,91 Euro zu, während sie in den restlichen neun Fällen keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten gegen die Beklagte hat.

VI.

Die erstattungsfähigen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Klägerin betragen ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 140,91 Euro (1,3 Geschäftsgebühr: 32,50 Euro + Auslagenpauschale: 6,50 Euro =) 39,00 Euro netto. In dieser Höhe hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben ist.

Der Wert des Streitgegenstandes für den Berufungsrechtszug beträgt 6.149,68 Euro.