Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Bamberg Urteil vom 07.12.2015 - 4 U 196/14 - Unterlassene Sicherheitsüberprüfung vor Fahrtantritt

OLG Bamberg v. 07.12.2015: Unterlassene Sicherheitsüberprüfung vor Fahrtantritt und Ölaustritt aus einer neu gekauften Baumaschine


Das OLG Bamberg (Urteil vom 07.12.2015 - 4 U 196/14) hat entschieden:
  1. Die schlüssige Darlegung eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer unterbliebenen oder unzureichenden Sicherheitsüberprüfung vor dem ersten Fahrtantritt des Käufers einer Baumaschine erfordert ein substantiiertes Vorbringen dazu, welche Prüfungsschritte im Einzelnen erforderlich gewesen wären, welches Ergebnis die geforderte Prüfung gehabt und welche Reaktionspflicht sich daraus ergeben hätte.

  2. Wird im Rahmen eines Versendungskaufs die auszuliefernde Baumaschine vom Käufer schon unter dem Speditionstransport übernommen, um die Maschine dann selbst zum vorgesehenen Erfüllungsort zu fahren, so wird mit der Inbetriebnahme durch den Käufer dessen Haltereigenschaft im öffentlichen Straßenverkehr begründet.

  3. Darlegungs- und beweisbelastet für einen Ausschluss der Gefährdungshaftung nach § 8 Nr. 1 StVG ist der Halter des Fahrzeugs. Insoweit geht es nicht um den Nachweis einer negativen Tatsache, so dass keine sekundäre Darlegungslast des Geschädigten besteht.

  4. Der komplette Austausch eines 35 Jahre alten Pflasterbelags (Hoffläche) kann einen Abzug "Neu für Alt" in Höhe von 50% rechtfertigen.

  5. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, wenn der nachgeschobene Sachvortrag auf Nachlässigkeit beruht und ohne die Verwertung des verspäteten Vorbringens kein offensichtlich unrichtiges Ergebnis droht (Anschluss an BGH NJW 2000, 142, 143).

Siehe auch Fahrzeughalter und Abzüge "Neu für Alt"


Gründe:

A.

Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz nach der Verunreinigung seines Grundstücks durch Hydrauliköl, welches aus einem vorbeifahrenden Radlader austrat.

Die Beklagte zu 2) erwarb gemäß Kaufvertrag vom 16.04.2012 von der Beklagten zu 3) einen Radlader Typ B., Baujahr 2011. Nach Rechnungsstellung am 03.05.2012 erfolgte die Zahlung des Kaufpreises am 13.06.2012 durch die Y-​Bank N. (künftig: Y-​Bank), über die die Beklagte zu 2) den Kaufvertrag finanzierte. Die Beklagte zu 3) und die Y-​Bank vereinbarten einen Übergang des Eigentums am Radlader auf die Y-​Bank mit Eingang des Kaufpreises durch Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses.

Am 00.08.2012 sollte die Auslieferung des Radladers durch die von der Beklagten zu 3) beauftragte Spedition D. GmbH (künftig: Spedition) an die Betriebsstätte der Beklagte zu 2), einen Steinbruch, erfolgen. Etwa einen Kilometer vom Steinbruch entfernt musste der Fahrer der Spedition die Fahrt mit seinem Tieflader unterbrechen, da die am Anwesen des Klägers vorbeiführende X-​Gasse, die zum Steinbruch führte, zu eng für eine Durchfahrt war. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch der Beklagte zu 1), ein Angestellter der Beklagten zu 2), der den Tieflader zufällig wahrgenommen hatte, vor Ort. Nach telefonischer Rücksprache des Beklagten zu 1) mit dem Inhaber der Beklagten zu 2) wurde vereinbart, dass der Beklagte zu 1) den Radlader vom Tieflader fährt und mit dem Radlader selbst zum Steinbruch fährt. Unmittelbar nach dem Herunterfahren vom Tieflader bog der Beklagte zu 1) mit dem Radlader in die X-​Gasse ein. Auf Höhe des klägerischen Anwesens trat aus der rechten Seite des Radladers unter hohem Druck ein Sprühstrahl Hydrauliköl aus.

Durch diesen Strahl wurde das Anwesen des Klägers beginnend von der zum Hauseingang führenden Sandsteintreppe über den gepflasterten Hof bis hin zum Scheunentor auf der anderen Seite des Hofes verschmutzt. Wenige Minuten, nachdem das Öl ausgetreten war, setzte ein starker Regen ein. Durch die Feuerwehr wurde eine Ölsperre errichtet und der Hof mit einem Ölbindemittel abgestreut, welches durch die Feuerwehr anschließend wieder abgekehrt und durch eine Reinigungsfirma mit Maschinen wieder aufgenommen wurde.

Der Kläger hat behauptet, es sei zu einer Kontamination des Bodenbelags und der darunter liegenden Bodenschichten gekommen, so dass Unterbau und Pflastersteine der gesamten Hoffläche ausgetauscht werden müssten.

Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt behauptet, die Kosten der Schadensbeseitigung würden 27.446,07 € betragen. Er hat neben dem Antrag, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung dieses Betrages sowie außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.505,35 € zu verurteilen, die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, sämtliche weiteren Schäden aus dem Schadensereignis zu ersetzen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands in erster Instanz sowie der gestellten Anträge wird ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat ausgeführt, es bestehe ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegen die drei Beklagten. Vor der Inbetriebnahme des Radladers durch den Beklagten zu 1) habe keine hinreichende Sicherheits- und Funktionsprüfung stattgefunden. Es sei zu berücksichtigen, dass bei einem Radlader dieser Größe andere Anforderungen als bei einem normalen PKW oder LKW gelten würden und dass der Radlader in einem Wohngebiet in Betrieb genommen worden sei. Der Beklagte zu 1) hafte unmittelbar aufgrund seines eigenen Verhaltens. Die Beklagte zu 2) müsse sich das Verhalten des Beklagten zu 1) zurechnen lassen. Die Beklagte zu 3) hafte gemäß § 831 BGB für die von ihr beauftragte Spedition. Alle Beklagten treffe ein Fahrlässigkeitsvorwurf. Folge der schuldhaften Pflichtverletzung sei eine gesamtschuldnerische Haftung gemäß §§ 830 Abs. 1 und 2, 840 Abs. 1 BGB. Ob daneben eine Haftung aus § 7 StVG bestehe, könne dahinstehen. Hinsichtlich der Schadenshöhe hat das Landgericht ein Sachverständigengutachten zum Ausmaß der Schäden erholt und hat seinem Urteil die vom Sachverständigen ermittelten Beträge zugrunde gelegt. Es hat jedoch bezüglich des zu ersetzenden Pflasterbelags einen Abzug „neu für alt" in Höhe von 1.378,69 € vorgenommen und die Klage insoweit abgewiesen.

Das Landgericht hat den erhobenen Feststellungsantrag laut Ziffer A. II. 2 der Urteilsgründe für zulässig und begründet erachtet. Ein entsprechender Ausspruch im Tenor fehlt jedoch.

Der Kläger wendet sich mit seiner beschränkten Berufung gegen die teilweise Klageabweisung aufgrund des Abzugs „neu für alt" und die fehlende Tenorierung des Feststellungsanspruchs. Er führt aus, ein Abzug sei nicht gerechtfertigt, da Pflastersteine keiner Abnutzung unterlägen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:
  1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger weitere 1378,69 € nebst 5% Punkten Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 18.1.2013 zu zahlen.

  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sämtliche Schäden aus Anlass und im Zusammenhang mit dem Schadensereignis am Objekt des Klägers vom 00. 8. 2012, 08:40 Uhr, X-​Gasse, A., zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen
die Zurückweisung der Berufung des Klägers.
Sie wenden sich darüber hinaus mit ihrer eigenen Berufung gegen die erfolgte Verurteilung und verfolgen ihr erstinstanzliches Ziel einer Klageabweisung weiter.

Die Beklagte zu 3) ist der Ansicht, dass eine Haftung gemäß § 831 BGB für den Angestellten der Spedition nicht bestehe, so dass es an einer Haftungsgrundlage der Beklagten zu 3) fehle. Die Beklagten zu 1) und 2) stützen sich weiterhin darauf, dass ein Mangel am Radlader nicht erkennbar und der eingetretene Schaden nicht vorhersehbar gewesen sei. Es fehle sowohl an einer Pflichtverletzung als auch an einem Verschulden. Das Erstgericht habe auch verkannt, dass der Beklagte zu 1) kein Geschäft für die Beklagte zu 2) vorgenommen, sondern aus reiner Gefälligkeit für die Beklagte zu 3) gehandelt habe. Aufgrund des Haftungsausschlusses wegen Gefälligkeit bestehe ein „gestörter Regresskreisel“ und die Beklagten zu 1) und 2) seien von der Haftung freizustellen. Im Übrigen bezweifeln die Beklagten zu 1) und 2) die vom Landgericht festgestellte Schadenshöhe. Die genommenen Bodenproben ließen keinen Schluss auf Hydrauliköl zu. Die Notwendigkeit eines Bodenaustausches sei vom Sachverständigen nicht hinreichend begründet worden.

Der Senat hat mit Verfügung vom 23.04.2015 darauf hingewiesen, dass nicht erkennbar sei, woraus sich eine Haftung der Beklagten zu 3) ergeben solle. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) liege bislang kein hinreichend schlüssiger Vortrag der Klägerseite zu einem schuldhaft pflichtwidrigen Unterlassen vor, das für das Schadensereignis kausal geworden sei. Es komme daher darauf an, ob eine verschuldensunabhängige Haftung gemäß § 7 StVG bestehe. Insoweit seien die Beklagten zu 1) und 2) dafür beweisbelastet, dass der Ausnahmetatbestand des § 8 Nr. 1 StVG eingreife. Dieser Beweis sei bislang nicht erbracht, da das vorgelegte Schreiben des TÜV als Privatgutachten zu bewerten und vor Einholung eines gerichtlichen Gutachtens zu klären sei, in welchem Zustand sich der Radlader zum Zeitpunkt des Schadensereignisses befunden habe.

Die Beklagten zu 1) und 2) trugen hierzu innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist vor, es könne kein Gutachten vorgelegt werden, das die Drosselung zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls beweise. Es werde aber davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 3) zu der entsprechenden Drosselung selbst vortragen werde. Eine Haftung nach § 7 StVG scheide jedoch bereits aufgrund der fehlenden Haltereigenschaft der Beklagten zu 1) und 2) aus.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung trugen die Beklagten zu 1) und 2) im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.11.2015 unter Beweisantritt (Zeugen- und Sachverständigenbeweis) vor, die Sperre des vierten Ganges sei bereits vom Hersteller vorgegeben und könne vom Fahrer, Halter oder Eigentümer des Fahrzeugs nicht aufgehoben werden. Dies sei von der Beklagten zu 3) bereits in einem Parallelverfahren ausgeführt worden. Weiter wird unter Beweisantritt vorgetragen, die Beklagte zu 3) habe vor der Auslieferung eine Erstinspektion am Fahrzeug durchgeführt und den Ölfilter ausgetauscht. Hierbei sei die Dichtung des Ölfilters nicht richtig eingesetzt worden, was zum Ölaustritt geführt habe. Die Schadensursache sei also durch die Beklagte zu 3) gesetzt worden.

Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen im Berufungsverfahren, das Endurteil des Landgerichts Würzburg insoweit aufzuheben, als sie verurteilt worden sind, und die gegen sie erhobene Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit eine Verurteilung der Beklagten erfolgte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, die gerichtlichen Verfügungen vom 23.04.2015 (Bl. 431 - 433 d.A.), 18.06.2015 (Bl. 466 d.A.) und 16.06.2015 (Bl.472 d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 26.10.2015 (Bl. 499 - 502 d.A.) Bezug genommen.


B.

I.

Die im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten zu 1) und 2) enthaltene Rüge der Unzuständigkeit des Senats geht ins Leere. Gemäß Ziffer VIII.9 der richterlichen Geschäftsverteilung für das Jahr 2015 verbleibt in Zweifelsfällen die Streitsache bei dem mit der ersten Bearbeitung der Sache befassten Senat, wenn der Senatsvorsitzende dieses Senats den Vorgang nicht innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Berufungsbegründung an den von ihm für zuständig erachteten Senat weiterleitet. Eine Weiterleitung an den für Verkehrsunfälle zuständigen 5. Zivilsenat ist nicht erfolgt (da es nicht um die Folgen eines Verkehrsunfalls im Sinne der Geschäftsverteilung geht). Der mit der Sache zuerst befasste erkennende Senat ist daher zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen.

II.

Die eingelegten Berufungen sind zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO). Die Berufung der Beklagten zu 3) führt zur Abänderung des angefochtenen Ersturteils, soweit sie verurteilt wurde und zur Abweisung der gegen sie gerichteten Klage. Die Berufung des Klägers führt zu einer Abänderung des Ersturteils bezüglich des nicht titulierten Feststellungsanspruchs auf Ersatz weiterer Schäden durch die Beklagten zu 1) und 2), deren Berufungen in der Sache - ebenso wie die weitergehende Berufung des Klägers - keinen Erfolg haben.

1. Die Berufung der Beklagten zu 3) ist zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO) und führt auch in der Sache zu einer Abänderung des Ersturteils.

Aus den zugrunde zu legenden Tatsachen lässt sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Haftung der Beklagten zu 3) für die dem Kläger entstandenen Schäden ableiten (§§ 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

a) Ein Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 BGB besteht nicht, weil es an einer schädigenden Handlung der Beklagten zu 3) fehlt. Sie hat den Transport nicht durchgeführt, sondern den Radlader lediglich an die beauftragte Spedition übergeben.

Ein Anspruch aus § 831 BGB für Verschulden eines Verrichtungsgehilfen scheidet entgegen der Annahme des Erstgerichts aus. Verrichtungsgehilfe ist nur, wer von Weisungen des Geschäftsherren abhängig ist (BGHZ 155, 205, 210; Palandt-​Sprau, BGB, 74. Auflage, § 831, Rn. 5). Das erforderliche Weisungsrecht setzt voraus, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann (OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2006, 4 U 143/05, Rz.19). Demnach sind selbständige Unternehmer grundsätzlich keine Verrichtungsgehilfen. Dies gilt auch für den selbständigen Spediteur (OLG Saarbrücken, a.a.O. Rz.21). Die Spedition handelte daher bei der Auslieferung des Radladers nicht als Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 3). Ob eine andere Wertung gerechtfertigt ist, wenn der Auftraggeber Einfluss auf den konkreten Ablauf des Transports nimmt (Vorgabe der Fahrtstrecke etc.) kann dahinstehen, da diese Situation im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

b) Auch eine Haftung der Beklagten zu 3) gemäß § 7 StVG kommt nicht in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte zu 3) zum Zeitpunkt des Schadensereignisses Halterin des Fahrzeugs gewesen wäre. Halter im Sinne des § 7 StVG ist derjenige, der ein Kfz für eigene Rechnung gebraucht und die für den Gebrauch nötige Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hat (BGH, Urteil vom 3.12.1991, VI ZR 378/90, Rz. 18, ständige Rechtsprechung). Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, auf wen das Fahrzeug zugelassen und haftpflichtversichert ist. Beim Verkauf eines Kfz wird der Erwerber mit der Übergabe Halter, auch wenn für das Fahrzeug ein Eigentumsvorbehalt, etwa des Verkäufers, besteht (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage, § 7 StVG, Rn. 5).

Im vorliegenden Fall beauftragte die Beklagte zu 3) eine Spedition mit der Auslieferung des Radladers an die Käuferin. Die Auslieferung sollte ohne eigene Bewegung des Radladers im öffentlichen Verkehrsraum erfolgen. Die Beklagte zu 3) hatte daher zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Radladers durch den Beklagten zu 1) weder eigene Verfügungsgewalt noch erfolgte die Fortbewegung auf Rechnung der Klägerin (ebenso BayVGH, Urteil vom 24.9.2015, Az. 4 B 14. 1831, Rz.28 im hier zu entscheidenden Fall).

Soweit die Beklagten zu 1) und 2) im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.11.2015 vortragen, Ursache des Ölaustritts sei eine unsachgemäße Inspektion des Radladers durch die Beklagte zu 3) handelt es nicht um Vortrag des Klägers. Im Übrigen ist der Vortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt und somit gemäß §§ 525, 296a ZPO nicht zuzulassen.

2. Die Berufung der Beklagten zu 2) ist unbegründet.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann ein Anspruch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB hergeleitet werden.

Das Landgericht stützt seine Auffassung darauf, dass ein Fahrzeug, von dem aufgrund seiner Beschaffenheit eine erhebliche Gefahr ausgehe, ohne hinreichende Sicherheitsüberprüfung in einem Wohngebiet im öffentlichen Straßenverkehr in Betrieb genommen worden sei. Damit steht zunächst das Handeln des Beklagten zu 1) in Rede. Unklar bleibt, woran die Haftung des Beklagten zu 2) anknüpft. Das Erstgericht führt hierzu aus, der Radlader sei auf Anweisung des Inhabers der Beklagten zu 2) vom Beklagten zu 1) fortbewegt worden (S. 7 der Urteilsgründe). Die Zurechnung eines vorwerfbaren Verhaltens des Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB ist im Deliktsrecht jedoch nicht möglich. Ein vorwerfbares Verhalten der Beklagten zu 2) könnte hier allenfalls darin gesehen werden, dass deren Inhaber es am Telefon unterlassen hat, eine hinreichende Sicherheitsüberprüfung anzuordnen. Der Kläger trägt allerdings nicht hinreichend substantiiert vor, welche Prüfung genau gefordert gewesen wäre, welches Ergebnis die geforderte Prüfung erbracht und welche Folge sich aus diesem Ergebnis ergeben hätte. Das Landgericht hat auch nicht festgestellt, welche Ursache zum Ölaustritt geführt hat und ob diese Ursache im Rahmen einer Prüfung hätte erkannt werden können. Es bleibt daher im Dunkeln, ob ein am Telefon durch den Geschäftsführer unterlassener Hinweis auf eine umfassende Sicherheitsüberprüfung sich tatsächlich im weiteren Schadensverlauf ursächlich ausgewirkt hat.

Im Ergebnis kommt folglich weder ein Anspruch aus § 823 BGB noch ein Anspruch aus § 831 BGB in Betracht.

b) Die Beklagte zu 2) haftet jedoch gemäß § 7 StVG für die entstandenen Schäden.

aa) Die Beklagte zu 2) war zum Zeitpunkt des Schadensereignisses Halterin des Radladers.

Es wurde bereits unter B. I. 2 ausgeführt, dass der Käufer eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich mit der Übergabe des Fahrzeugs an ihn Halter wird, unabhängig davon, ob ein etwaiger Eigentumsvorbehalt eines Dritten fortbesteht. Eine Übergabe an die Beklagte zu 2) hat im vorliegenden Fall mit der Aushändigung der Fahrzeugschlüssel und der anschließenden Inbetriebnahme des Radladers durch den Beklagten zu 1) stattgefunden. Dies folgt aus den vom Erstgericht für das Berufungsgericht bindend festgestellten Umständen der Inbetriebnahme und den Angaben der Parteien im Senatstermin vom 26.10.2015. Demnach befand sich der Tieflader, auf dem der Radlader transportiert wurde, nur noch etwa einen Kilometer vom Betriebsgelände der Klägerin entfernt, als eine Weiterfahrt aufgrund der Straßenverhältnisse nicht mehr möglich war. Der Beklagte zu 1) telefonierte mit dem Inhaber der Beklagten zu 2) und beide trafen die Entscheidung, dass der Beklagte zu 1) den Radlader selbst zum Betriebsgelände steuert. Dabei spielte auch eine Rolle, dass der Fahrer der Spedition unter Zeitdruck stand und den Transport abschließen wollte, also die Weiterfahrt nicht mehr begleitete. Somit erhielt die Beklagte zu 2) in Person des Beklagten zu 1) die unmittelbare Verfügungsgewalt am Radlader und machte von dieser auch durch die Inbetriebnahme des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr Gebrauch. Es handelte sich daher nicht um eine vorübergehende Nutzung (wie es wohl der Fall gewesen wäre, wenn der Radlader nach dem Durchfahren der X-​Gasse wieder auf den Tieflader hätte aufgeladen werden sollen, um den Transport fortzuführen).

Das vom Beklagtenvertreter zu 2) im Termin vom 26.10.2015 vorgetragene Argument, gegen eine Haltereigenschaft spreche der Umstand, dass die vereinbarte Einweisung in die Nutzung des Fahrzeugs noch nicht erteilt worden sei, steht dieser Wertung nicht entgegen. Zwar mag eine kaufrechtliche Nebenpflicht der Beklagten zu 3) bestanden haben, die Beklagte zu 2) in die Nutzung des Radladers einzuweisen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beklagte zu 2) den Gewahrsam der Spedition dauerhaft beendet und durch die Inbetriebnahme im öffentlichen Straßenverkehr unter Verzicht auf eine vorherige Einweisung die uneingeschränkte Sachherrschaft über das Fahrzeug übernommen hat. Selbst wenn dem eine Gefälligkeit gegenüber dem Fahrer der Spedition zugrunde lag, ändert dies nichts daran, dass mit dieser Übernahme eine Übergabe im Sinne des § 433 Abs. 1 S. 1 BGB stattgefunden hatte. Die Gefahr eines zufälligen Untergangs oder einer Verschlechterung der Kaufsache war daher zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits auf die Beklagte zu 2) übergegangen, so dass diese auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Halter des Radladers anzusehen ist.

bb) Der Schaden ist auch „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entstanden, § 7 StVG. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um eine Arbeitsmaschine handelt, die ausschließlich im Steinbruch eingesetzt werden sollte. Denn die Haftung entfällt bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktion nur dann, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (BGH, Urteil vom 24.03.2015, VI ZR 265/14, Rz.6). Im vorliegenden Fall stand jedoch die Fortbewegungsfunktion des Radladers im Vordergrund, nachdem es darum ging, ihn auf das Betriebsgelände der Beklagten zu 2) zu bringen.

cc) Die Beklagte zu 2) kann sich nicht erfolgreich auf einen Haftungsausschluss gemäß § 8 Nr. 1 StVG berufen.

Gemäß § 8 Nr. 1 StVG gilt § 7 StVG nicht, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Hierbei kommt es auf die tatsächliche Beschaffenheit des Fahrzeugs an, so dass geschwindigkeitsbegrenzende Vorrichtungen, die zum Zeitpunkt des Schadensereignisses angebracht waren, zu berücksichtigen sind (BGH Urteil vom 17.06.1997, VI ZR 156/96 = BGHZ 136, 69, Rz. 17; OLG Brandenburg, Urteil vom 18.02.2010, 12 U 142/09, Rz. 18). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands des § 8 StVG liegt beim Halter (OLG Brandenburg a.a.O.).

Die Beklagte zu 2) beruft sich auf eine Geschwindigkeitsmessung der TÜV xxx GmbH vom 03.07.2013. Demnach ist die vierte Fahrstufe gesperrt. Es wurde eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 18,6 km/h ermittelt. Die Beklagte zu 2) verweist weiter auf die von der Beklagten zu 3) als Anlage B4 vorgelegte Auftragsbestätigung vom 17.04.2012, wonach die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr als 19 km/h betragen soll. Durch diese Dokumente wird jedoch noch nicht nachgewiesen, dass die Geschwindigkeit des Radladers am 00.08.2012 tatsächlich bauartbedingt auf höchstens 20 km/h reduziert war. Denn die mögliche Indizwirkung der Auftragsbestätigung wird durch die erteilte Rechnung vom 03.05.2012, in der eine maximale Geschwindigkeit von 38 km/h vermerkt ist (Anlage B3), aufgehoben. Das Begutachtung des TÜV xxx fand im Jahr 2013 statt und lässt daher keinen Schluss auf den Zustand am 00.08.2012 zu . Die Beklagte zu 2) ist daher beweisfällig geblieben.

Entgegen ihrer im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.11.2015 geäußerten Auffassung kann sie sich auch nicht darauf berufen, der Kläger habe einer ihm obliegenden sekundären Darlegungslast (Beweis einer negativen Tatsache) nicht genügt. Der Umstand, dass ein Fahrzeug nicht mit einer höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann, ist eine positive Tatsache, zu der auch ohne Darlegung des Anspruchstellers vom Halter vorgetragen werden kann. § 8 Nr. 1 StVG erhebt insoweit nicht das Fehlen eines Umstandes zur Tatbestandsvoraussetzung. Im Übrigen ergibt sich bereits aus der Auftragsbestätigung vom 17.04.2012, dass die maximale Geschwindigkeit des Radladers in der Standardausführung, also ohne Drosselung, 38 km/h beträgt. Es war daher Sache der Beklagten zu 2), substantiiert zu Einbau und Folgen einer Drosselung vorzutragen, wie dies nach Schluss der mündlichen Verhandlung auch geschehen ist.

dd) Der Vortrag der Beklagten zu 2) im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.11.2015 ist gemäß §§ 525, 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte zu 2) trägt erstmals unter Beweisantritt vor, eine Sperre des vierten Ganges sei bereits vom Hersteller des Radladers eingebaut worden. Diese Drosselung könne nur vom Hersteller selbst aufgehoben werden, nicht vom Fahrer oder Halter des Fahrzeugs. Dies belege, dass der Radlader bereits am 00.08.2012 eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h aufgewiesen habe. Entsprechender Vortrag sei von der Beklagten zu 3) bereits mit Schriftsatz vom 06.09.2013 im Parallelverfahren 10 C 320/13 vor dem Amtsgericht G. erfolgt. Weiter wird vorgetragen, der Beklagtenvertreter sei aufgrund der mit Verfügung vom 16.10.2015 erfolgten Abladung des Zeugen R. davon ausgegangen, der Senat verfolge die Beweisfrage der Fahrgeschwindigkeit des Radladers nicht mehr weiter, und habe deshalb im Termin vom 26.09.2015 die Einräumung einer Schriftsatzfrist zu den Darlegungen des Senats beantragt, die nicht gewährt worden sei.

Bei dem Vortrag des Beklagten zu 2) handelt es sich um nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Verteidigungsmittel, die gemäß § 296a ZPO nicht zuzulassen sind.

Die Voraussetzungen für ein Wiedereröffnen der mündlichen Verhandlung gemäß §§ 525, 296a S.2, 156 ZPO liegen nicht vor.

(1) Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach §§ 296a, 156 Abs. 2 ZPO war nicht geboten.

Eine Pflicht zur Wiedereröffnung bestünde gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dann, wenn das Vorbringen der Beklagten zu 2) aufgrund eines nicht prozessordnungsgemäßen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht rechtzeitig in den Prozess eingeführt worden ist (BGH NJW 1999, 2123; NJW 1993, 134). Die Beklagte zu 2) beruft sich darauf, sie sei aufgrund der Abladung des Zeugen R. davon ausgegangen, die Beweisfrage der Fahrgeschwindigkeit des Radladers werde vom Senat nicht weiter verfolgt.

Dieser Annahme liegt jedoch kein Verfahrensfehler des Senats zugrunde. Vielmehr hat der Senat bereits mit Terminsverfügung vom 23.04.2015 darauf hingewiesen, dass er die Frage, ob zugunsten der Beklagten zu 1) und 2) der Ausnahmetatbestand des § 8 StVG eingreife, für entscheidungserheblich erachte und dass die Beklagtenseite die Beweislast für das Vorhandensein geschwindigkeitsbeschränkender Vorrichtungen am Fahrzeug zum Schadenszeitpunkt trage. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass dieser Beweis durch die Vorlage des TÜV-​Gutachtens noch nicht geführt sei, und dass vor der etwaigen Einholung eines gerichtlichen Gutachtens die Frage zu klären sein werde, in welchem Zustand sich der Radlader zum Zeitpunkt des Schadensereignisses befand. Der Senat hat zu diesen Hinweisen eine Stellungnahmefrist bis 02.06.2015 eingeräumt. Die Beklagte zu 2) hat hierzu mit Schriftsatz vom 01.06.2015 vorgetragen, sie gehe davon aus, dass die Beklagte zu 3) zu der Drosselung des Radladers vortragen werde. Jedenfalls sei der Radlader mit Drosselung bestellt worden und das vorgelegte Gutachten belege, dass er auch nur bis 20 km/h habe fahren können.

Mit Verfügung vom 18.06.2015 hat der Senat vorsorglich gemäß §§ 525, 273 ZPO den von der Klägerseite benannten Zeugen R. zum Termin vom 26.10.2015 geladen, da aufgrund des Hinweises der Beklagten zu 2) mit weiterem - wenn auch verspätetem - Vortrag der Beklagtenseite zur Geschwindigkeit des Radladers gerechnet wurde. Nachdem wider Erwarten bis 16.10.2015 kein weiterer Sachvortrag der Beklagtenseite erfolgte, wurde der gegenbeweislich benannte Zeuge R. mit Verfügung vom selben Tag wieder abgeladen. Hieraus konnte der Beklagtenvertreter zu 2) jedoch nicht ableiten, das gemäß Hinweis vom 23.04.2015 als entscheidungserheblich benannte Beweisthema werde keine Rolle mehr spielen. Denn der Zeuge R. war von der Klägerseite zum Beweis dafür benannt worden, dass der Radlader bei der Verbringung von der Werkstatt zum Steinbruch der Beklagten schneller als 20 km/h gefahren sei. Ohne Sachvortrag und Beweisangebot der Beklagtenseite zur maximalen Fahrgeschwindigkeit des Radladers am Schadenstag war diese Beweiserhebung jedoch nicht geboten. Darüber hinaus war zu diesem Zeitpunkt die auf den Hinweis vom 23.04.2015 gesetzte Stellungnahmefrist (02.06.2015) bereits seit mehr als zwei Monaten abgelaufen und der Termin vom 26.10.2015 stand kurz bevor, so dass mit weiterem Sachvortrag der Beklagtenseite samt Beweisantritt nicht mehr zu rechnen war.

Dieser Verfahrensablauf zeigt, dass die Beklagten zu 1) und 2) frühzeitig auf die - vom Erstgericht nicht geprüfte - Fragestellung des § 8 StVG und die hieraus resultierende Notwendigkeit, über das bislang vorgelegte Gutachten hinaus vorzutragen, hingewiesen wurden. Hierzu hätte die Beklagte zu 2) innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist bereits das in den Prozess einführen können, was nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde. Denn den entsprechenden Sachvortrag hat die Beklagte zu 3) - die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten zu 2) unterstellt - bereits mit nunmehr vorgelegtem Schriftsatz vom 06.09.2013 in einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht G. vorgebracht, an dem auch die Beklagte zu 2) beteiligt war. Anders als dem Senat war der Beklagten zu 2) dieser Vortrag daher bereits bekannt. Statt selbst vorzutragen hat sich die Beklagte zu 2) jedoch darauf verlassen, die Beklagte zu 3) werde zu dieser Problematik noch Sachvortrag tätigen.

Die Einräumung einer Schriftsatzfrist für die Beklagte zu 2) im Termin vom 26.10.2015 war nicht geboten, da weder neuer Sachvortrag der Klägerseite (§§ 525, 283 ZPO) noch eine Änderung der mit Verfügung vom 23.04.2015 mitgeteilten Rechtsauffassung des Senats (§§ 525, 139 Abs. 5 ZPO) hierzu Anlass gegeben hätte.

(2) Auch aus anderen Gründen war eine Wiedereröffnung der Verhandlung nicht veranlasst, §§ 296a, 156 Abs. 1 ZPO.

Wird nach ordnungsgemäßem Verfahren von einer Partei nach Schluss der mündlichen Verhandlung etwas Neues vorgetragen, steht die Wiedereröffnung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts. Grundsätzlich kommt eine Wiedereröffnung nur ganz ausnahmsweise in Betracht, weil ansonsten jede Partei die Beendigung des Rechtsstreits durch das Einreichen entsprechender Schriftsätze immer wieder verhindern könnte (BeckOK-​ZPO/Wendtland, 18. Edition, § 156, Rn. 10; Stein/Jonas-​Roth, ZPO, 22. Aufl., § 156, Rn. 14). Bei der Ermessensausübung sind jeweils die Umstände des Einzelfalles zu betrachten. Zu erwägen ist zwar, ob durch die Ablehnung einer Wiedereröffnung ein offensichtlich unrichtiges Ergebnis droht (zu weitgehend insoweit MüKo-​Wagner, ZPO, 4. Aufl., § 156, Rn. 10, der allein die Gefahr eines unrichtigen Ergebnisses ausreichen lässt). Ebenso ist jedoch zu berücksichtigen, ob das neue Vorbringen nach Verhandlungsschluss auf Nachlässigkeit der Partei beruht. In diesem Fall scheidet eine Wiedereröffnung regelmäßig aus, da es nicht Sinn einer Wiedereröffnung ist, Nachlässigkeiten der Partei auszugleichen (BGH, NJW 2000, 142, 143; BeckOK-​ZPO/Wendtland a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war ein Wiedereröffnen der Verhandlung nicht geboten. Der Beklagtenseite war der neue Sachvortrag bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt. Er hätte aufgrund des Hinweises des Senats vom 23.04.2015 auch bereits rechtzeitig vor dem Termin vom 26.10.2105 in den Prozess eingeführt werden können. Nicht das Gericht, sondern die Beklagte zu 2) war daher dafür verantwortlich, dass der Vortrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine auf einer offensichtlich unrichtigen Tatsachengrundlage beruhende falsche Entscheidung getroffen wird. Nach den Recherchen der Polizeibeamtin E. liegt die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Radladers über 20 km/h (S. 3 des Protokolls vom 03.09.2014, Bl. 314 d.A.). Auch nach der ausgestellten Rechnung ist von einer Maximalgeschwindigkeit von 38 km/h auszugehen. Es wäre daher erst im Rahmen einer weiteren Beweisaufnahme mittels Zeugen- und Sachverständigenbeweis zu klären, ob der Sachvortrag tatsächlich zutrifft und tatsächlich eine irreversible Drosselung bereits vom Hersteller eingebaut war. Eine an Sicherheit grenzende oder auch nur eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit dieses Vortrags besteht nach jetziger Sachlage nicht.

ee) Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2) ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 26.067,38 € zu, § 249 BGB.

Das Landgericht ist auf der Grundlage der Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.-​Geol. (univ.) L. davon ausgegangen, dass zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Hofes der Ausbau des verlegten Pflasters auf einer Fläche von 135 m2 sowie der Aushub des darunter befindlichen Unterbaus bis zu 0,8 m Tiefe erforderlich ist. Diese Feststellung ist nicht zu beanstanden.

(1) Aus den vorliegenden Lichtbildaufnahmen ist ersichtlich, dass die gesamte Hoffläche zwischen Wohnhaus, Scheune und Garage vom Ölaustritt betroffen war. Dies folgt auch aus den Angaben der Polizeibeamtin E. im Termin vom 03.09.2014 (S. 3 der Protokolls, Bl. 314 d.A.). Der Sachverständige hat die gesamte Hoffläche mit 135 m2 berechnet (S. 17 GA, Bl. 197 d.A.). Die Tiefe des Unterbaus wurde durch Bohrungen mit 0,5 - 0,7 m ermittelt. Ab einer Tiefe von 0,8 m sind dichte Tonlagen festzustellen (S. 11 GA, Bl. 191 d.A.). Der Sachverständige wählte acht Bohrstellen, verteilt über die gesamte Hoffläche, aus. Daneben untersuchte er 3 Pflastersteine (vgl. Skizze S.15 GA, Bl. 191 d.A.). Er analysierte die Bodenproben auf Mineralöl-​Kohlenwasserstoffe (MKW) aus klassischen Mineralölprodukten wie Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin und auf extrahierbare lipophile Stoffe (ELS), die sich in Mineralöl - Produkten mit einer Kettenlänge > C40 befinden, etwa in Hydrauliköl (S. 9 GA, Bl. 189 d.A.). In den drei Pflastersteinen und in allen acht Bohrungen waren ELS in unterschiedlichen Größenordnungen (Deponieklassen 0 und 1) nachweisbar (S. 12 GA, Bl. 192 d.A.). Die Einwendung der Beklagten, ein hinreichend sicherer Schluss auf eine Verunreinigung des Bodens mit Hydrauliköl könne nicht gezogen werden, wurde vom Sachverständigen bereits in erster Instanz nachvollziehbar entkräftet. Er hat angegeben, die ELS-​Untersuchung stelle die gängige Untersuchungsmethode für den Nachweis von Hydrauliköl dar. Zwar könnten die festgestellten Werte theoretisch auch durch andere Stoffe verursacht worden sein. Allerdings fehlten im konkreten Fall jegliche Anhaltspunkte für andere Quellen. Insbesondere hätten bei einer Verursachung durch Wachs, Bitumen oder Asphalt andere Untersuchungsergebnisse zutage treten müssen (S. 6 des Protokolls vom 03.09.2015, Bl. 317 d.A.). Relevante Argumente hiergegen werden von den Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht vorgebracht.

(2) Die Feststellungen des Sachverständigen rechtfertigen auch den Austausch der gesamten Hoffläche. Für die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität (Schadensumfang) gelten die Anforderungen des § 287 ZPO. Es steht daher im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, inwieweit zur Feststellung des genauen Schadensumfangs Sachverständigenbeweis zu erheben ist (vgl. Zöller-​Greger, ZPO, 31. Aufl. § 287, Rn. 1, 3). Im vorliegenden Fall liegt es auf der Hand, dass eine Beweiserhebung nur mittels Stichproben stattfinden kann, wenn nicht die gesamte Hoffläche ausgegraben werden soll. Die gefundenen Ergebnisse bestätigen zunächst die Verunreinigung der Pflastersteine, die mit dem festgestellten Schadensbild (Lichtbilder, Aussage der Zeugin E.) in Einklang stehen. Die Verunreinigung des Bodens ist aufgrund der Feststellung von ELS in acht über die gesamte Hoffläche verteilten Bohrungen ebenfalls hinreichend sicher nachgewiesen, auch wenn nur teilweise die Deponieklasse I erreicht wurde, die einen Austausch zwingend erforderlich macht. Der Kläger muss sich nicht auf einen Teilaustausch bestimmter Bodenflächen verweisen lassen. Denn eine genaue Bestimmung von Flächen, die im Bodenbereich nicht betroffen sein sollen, ist nicht möglich. Aufgrund der Ergebnisse der Begutachtung ist das Vorhandensein ELS-​freier Bodenteile zudem als unwahrscheinlich anzusehen. Hinzu kommt, dass eine mosaikartige Aussparung von Flächen bei der Hofsanierung nicht praktikabel wäre. Nachdem der Kläger gemäß § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes hat, also auch auf Beseitigung von nur geringfügig kontaminierten Bodenflächen, kann er von der Beklagten zu 2) den Austausch des Unterbaus auf der gesamten Hoffläche beanspruchen.

Im Übrigen wird hinsichtlich der Schadenshöhe, der Zinsen und der vorgerichtlichen Anwaltskosten auf die Ausführungen des Erstgerichts unter A. II.1 und A.II.3 der Urteilsgründe Bezug genommen.

Inwiefern einem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) aus der Gefährdungshaftung des § 7 StVG die Grundsätze der Drittschadensliquidation oder das Vorliegen eines „gestörten Regresskreisels“ entgegenstehen sollen, vermag der Senat nicht zu erkennen.

3. Die Berufung des Beklagten zu 1) ist ebenfalls unbegründet. Seine Haftung für die entstandenen Schäden folgt aus §§ 7, 18 StVG, § 249 BGB. Er war Fahrer des Radladers zum Schadenszeitpunkt. Den Entlastungsbeweis nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG kann der Beklagte zu 1) nicht führen. Denn es ist nicht nachgewiesen, dass er die Ursache für den Ölaustritt bei einer hinreichenden Überprüfung des Radladers vor Fahrtantritt nicht hätte erkennen können. Zudem ist auch nicht nachgewiesen, dass der Radlader bauartbedingt nicht schneller als 20 km/h fahren konnte, so dass für das Führen im öffentlichen Straßenverkehr eine Zulassung der Erlaubnisbehörde erforderlich gewesen wäre, über die der Radlader nicht verfügte. Der Beklagte zu 1) hätte sich vor Fahrtantritt über diese Frage Sicherheit verschaffen müssen. Ob hieraus ein eigenständiger Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB resultiert, kann dahinstehen.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe wird auf die unter II.2 gemachten Ausführungen verwiesen.

4. Die Berufung des Klägers ist nur hinsichtlich des Feststellungsantrags begründet.

a) Der Kläger war nicht gehindert, die Unrichtigkeit des Tenors in diesen Punkt im Berufungsverfahren zu rügen, auch wenn eine Berichtigung des Tenors durch das Landgericht gemäß § 319 ZPO möglich gewesen wäre. Denn die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Einlegung einer Berufung sind hier bereits aufgrund der teilweisen Klageabweisung gegeben (vgl. Zöller-​Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 319, Rn. 21 m.w.N.).

b) Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig und begründet, wie bereits das Landgericht in seinen Urteilsgründen ausgeführt hat. Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) besteht, da die genauen Kosten der Hofsanierung erst nach Abschluss der Maßnahme feststehen. Der Antrag ist des Klägers ist dahin auszulegen, dass die über den bezifferten Betrag hinausgehenden Kosten zu erstatten sind. Dieser Antrag ist auch begründet.

c) Im Übrigen (Abzug neu für alt) ist die Berufung des Klägers unbegründet. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass beim Ersetzen einer gebrauchten Sache durch eine neue eine Minderung der Ersatzpflicht eintreten kann, wenn durch den Austausch beim Geschädigten eine messbare Vermögenserhöhung eintritt, die sich für ihn günstig auswirkt, und wenn dem Geschädigten die Anrechnung dieser Vermögensmehrung zumutbar ist (BGH, Urt. vom 24.03.1959, VI ZR 90/58, Rz. 4; Palandt-​Grüneberg, BGB, 75. Aufl., Vorb. v. § 249, Rn. 97-​100). Bei der Frage, ob eine Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts entspricht, ist im Einzelfall eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlage vorzunehmen. Im vorliegenden Fall geht es um den Austausch eines etwa 35 Jahre alten Pflasterbelags. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass die Lebensdauer eines Hofpflasterbelags begrenzt ist und mit ca. 70 Jahren bemessen werden kann. Insoweit unterscheidet sich der Pflasterbelag einer Hoffläche etwa von dem Estrichboden einer Lagerhalle, der auf Dauer in der Halle verbleibt und bei dem ein Austausch nicht zu erwarten ist (LG Lübeck, Urteil vom 10.12.2013, 11 O 37/12, Rz. 37). Pflastersteine sind demgegenüber der Witterung ausgesetzt und erfüllen neben der praktischen auch eine gestalterische Funktion, die auf der optischen Wahrnehmung und dem Erscheinungsbild des Pflasterbelags beruht. Vor diesem Hintergrund ist ein Abzug von 50% der Materialkosten angesichts des festgestellten Alters des beschädigten Belags von ca. 35 Jahren sachgerecht und führt bei einem hieraus resultierenden Abzugsbetrag von 1.378,69 € auch nicht zu einer unbilligen Benachteiligung des geschädigten Klägers.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4, 101 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO. Das Unterliegen des Klägers (1.378,69 €) bezogen auf den Gesamtstreitwert von 33.446,07 € belief sich auf lediglich 4,1 %. Es ist daher gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gerechtfertigt, wenn die Beklagten zu 1) und 2) ihre außergerichtlichen Kosten vollständig selbst tragen. Aufgrund des Obsiegens des Beklagten zu 3) beläuft sich der vom Kläger zu tragende Anteil an den Gerichtskosten und seinen eigenen außergerichtlichen Kosten auf 1/3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 GKG. Dabei wurde für den Feststellungsantrag, den Ausführungen des Landgerichts in seinen Urteilsgründen folgend, ein Streitwert von 6.000,00 € festgesetzt. Die Abänderung des Streitwertbeschlusses des Landgerichts vom 18.11.2014 erfolgte gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG.

V.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Über den entschiedenen Einzelfall hinaus hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab.