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Landgericht Saarbrücken Urteil vom 29.04.2016 - 13 S 3/16 - Zum Anscheinsbeweis gegen den wartepflichtigen Rechtseinbieger

LG Saarbrücken v. 29.04.2016: Zum Anscheinsbeweis gegen den wartepflichtigen Rechtseinbieger


Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 29.04.2016 - 13 S 3/16) hat entschieden:
Fährt ein Wartepflichtiger aus einer untergeordneten Straße nach rechts in eine bevorrechtigte Straße ein und stößt er in dem durch die Vorfahrt geschützten Bereich mit einem vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammen, spricht gegen den Wartepflichten jedenfalls dann der Anscheinsbeweis, wenn er - etwa wegen der Straßenbreite - nicht darauf vertrauen durfte, dass er ohne Behinderung oder Gefährdung des bevorrechtigten Verkehrs in die Straße einfahren durfte.


Siehe auch Unfälle zwischen wartepflichtigem Einbieger und Vorfahrtberechtigtem und Anscheinsbeweis - Beweis des ersten Anscheins


Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 01.07.2015 in ... ereignet hat.

Die Zeugin ... befuhr mit dem Fahrzeug des Klägers die ... und wollte nach rechts in die ... abbiegen. Dabei kam es zum Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden Beklagtenfahrzeug, das von der Erstbeklagten geführt wurde. Der Kläger hat wegen seines Fahrzeugschadens seine Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen.

Mit seiner Klage hat er auf der Grundlage einer 75%-​igen Mithaftung der Beklagten Zahlung der Selbstbeteiligung sowie Nutzungsausfall von 20 Tagen, insgesamt 1.089,50 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht. Er hat behauptet, die Erstbeklagte habe den Unfall alleine verursacht, weil sie ohne jeden verkehrsbedingten Grund auf der für sie linken Fahrbahnseite gefahren sei.

Die Beklagten haben die Klageabweisung beantragt.

Das Amtsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat der Erstrichter, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, ausgeführt, die Zeugin ... habe die Vorfahrt der Erstbeklagten verletzt, wofür ein Anscheinsbeweis streite. Dies begründe die Alleinhaftung der Klägerseite, weil ein Verschulden der Erstbeklagten nicht nachgewiesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch weiterverfolgt. Er rügt die Anwendung der Vorfahrtsregeln und der Regeln über den Anscheinsbeweis durch das Erstgericht und meint, dass unter den gegebenen Umständen jedenfalls die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht zurücktreten könne.

Die Beklagten verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.


II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Zu Recht ist das Erstgericht zunächst davon ausgegangen, dass sowohl die Beklagten als auch der Kläger grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß §§ 7, 17 Abs. 1, 2 StVG i.V.m. § 115 VVG einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies wird durch die Berufung auch nicht angegriffen.

2. Im Rahmen der danach gebotenen Haftungsabwägung gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG ist der Erstrichter davon ausgegangen, dass die Zeugin ... eine Vorfahrtsverletzung begangen habe (§ 8 StVO). Da sich der Unfall im Einmündungsbereich ereignet habe, spreche gegen die Zeugin ein Anscheinsbeweis, der durch den Kläger nicht erschüttert worden sei. Dies hält berufungsgerichtlicher Überprüfung stand.

a) Die Zeugin ... hatte der Erstbeklagten die Vorfahrt nach dem Grundsatz „rechts vor links“ zu gewähren, da es sich – was auch der Kläger nicht in Abrede stellt – bei der Örtlichkeit um eine Einmündung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO handelt (zum Begriff der Einmündung vgl. stellv. BGH, Urteil vom 05.02.1974 – VI ZR 195/72, VersR 1974, 600; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 8 StVO Rn. 34 m.w.N.) und die Erstbeklagte aus Sicht der Zeugin ... von rechts kam.

b) Die Zeugin ... durfte danach nur in die vorfahrtsberechtigte Straße einfahren, wenn sie dadurch die Erstbeklagte weder gefährden noch wesentlich behindern konnte (§ 8 Abs. 2 Satz 2 StVO). Dabei erstrecken sich die Pflichten nach § 8 Abs. 2 StVO nicht nur auf das sog. Einmündungsviereck (vgl. hierzu BGHSt 34, 127; BGH, Urteil vom 05.02.1974 – VI ZR 195/72, MDR 1974, 656), sondern darüber hinaus auch auf den Bereich, in dem sich die Fahrlinien der Fahrzeuge kreuzen, berühren oder bedrohlich nähern und der Vorfahrtsberechtigte dadurch in seiner Weiterfahrt behindert werden kann (vgl. Kammer, Urteil vom 01.02.2013 – 13 S 176/12, Zfs 2013, 378, jeweils m.w.N.). Dies hat seinen Grund darin, dass auch bei einem Aufeinanderstoßen, Berühren oder bedrohlichen gegenseitigen Näherkommen der Fahrlinien die besonders häufige Gefahr eines Zusammenstoßes von Fahrzeugen gegeben ist, der die Bestimmungen über die Vorfahrt begegnen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.1964 – VI ZR 132/63, VersR 1964, 1195).

Danach kann hier dahinstehen, ob der Einwand des Klägers, der Unfall habe sich nicht im Einmündungsviereck ereignet, zutrifft. Denn der Unfall hat sich allenfalls nur wenige Meter außerhalb dieses Bereichs ereignet. Das ergibt sich nicht nur aus dem Kollisionsort, wie er auf den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte dokumentiert ist, sondern wird auch durch die schräge Kollisionsstellung des klägerischen Fahrzeugs belegt, die deutlich zeigt, dass die Zeugin ... gerade erst begonnen hatte, in die vorfahrtsberechtigte Straße einzufahren. Für einen solchen Fall steht die Anwendung der Vorfahrtsregeln aber nicht in Frage (vgl. KG, DAR 1976, 240; Kammer, Urteil vom 01.02.2013 – 13 S 176/12, Zfs 2013, 378 m.w.N.).

c) Zu Recht hat der Erstrichter im Streitfall auch die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins im Rahmen des § 8 StVO zur Anwendung gebracht.

aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei einem Zusammenstoß eines bevorrechtigten Fahrzeugs mit einem wartepflichtigen Fahrzeug im Vorfahrtsbereich grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für eine unfallursächliche Vorfahrtsverletzung durch den Wartepflichtigen spricht (BGH, st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 15.06.1982 – VI ZR 119/81, VersR 1982, 903 m.w.N.; Kammer, st. Rspr.; vgl. Urteil vom 28.03.2014 – 13 S 196/13, Zfs 2014, 446 m.w.N.). Anders als die Berufung meint, gilt dies auch im Regelfall, wenn der Wartepflichtige – wie hier – aus der untergeordneten Straße nach rechts in die bevorrechtigte Straße ab- oder einbiegt und dort mit einem entgegenkommenden vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammenstößt (vgl. KG, Urteil vom 15.01.1996 – 12 U 304/95, juris; OLG Köln, VersR 1998, 1044; VersR 2001, 1042; Kammer, st. Rspr.; Urteile vom 08.04.2011 – 13 S 11/11 – und vom 10.06.2011 – 13 S 40/11, NZV 2011, 607; LG Düsseldorf, DAR 1994, 159; LG Essen, Schaden-​Praxis 2013, 285).

bb) Die Berufung kann sich für ihre gegenteilige Auffassung nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen. Der Bundesgerichtshof hat zwar in seiner Entscheidung vom 15.06.1982 ausgeführt, dass ein Wartepflichtiger, der nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, grundsätzlich davon ausgehen darf, er werde keinen der vorfahrtberechtigten Fahrer in der Weiterfahrt behindern, wenn beim Beginn des Einbiegens sich nicht nur von links keine Fahrzeuge nähern, sondern auch die für ihn rechte Straßenseite frei ist und keine Anzeichen dafür sprechen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln werde. Für den Anscheinsbeweis nach § 8 StVO sei dann kein Raum (VI ZR 119/81, VersR 1982, 903).

Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Anders als in dem dort entschiedenen Fall durfte die Zeugin ... hier im Hinblick auf die Enge der Vorfahrtsstraße, die keine Mittellinie enthält, und die beiderseits geparkten Fahrzeuge nicht darauf vertrauen, dass die Fahrspur der bevorrechtigten Straße, auf die sie einfahren wollte, frei war und auch frei bliebe. Sie durfte daher nicht darauf vertrauen, dass sie, ohne den Gegenverkehr zu behindern oder zu gefährden, in die vorfahrtsberechtigte Straße würde einfahren können. Für einen solchen Fall gilt aber die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkanntermaßen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.1995 – VI ZR 151/94, NZV 1996, 27; OLG Köln, VersR 1998, 1044; OLG München, Urteil vom 29.07.2011 – 10 U 1131/11, juris; Kammer, Urteile vom 08.04.2011 – 13 S 11/11 – und vom 10.06.2011 – 13 S 40/11, NZV 2011, 607).

cc) Umstände, die den gegen die Zeugin ... sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern oder widerlegen könnten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21.01.1986 – VI ZR 35/85, VersR 1986, 579), sind nicht nachgewiesen. Zwar hat der Wartepflichtige das Vorfahrtsrecht eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nur dann zu beachten, wenn das bevorrechtigte Fahrzeug in dem Augenblick, in dem er mit dem Einfahren beginnt, bereits sichtbar ist. Die bloße Möglichkeit, dass auf der Vorfahrtstraße ein anderes Kraftfahrzeug herannahen könnte, löst nämlich noch keine Wartepflicht aus (BGH, st. Rspr.; vgl. Urteil vom 25.01.1994 – VI ZR 285/92, VersR 1994, 184 m.w.N.). Infolge dessen spricht kein Anscheinsbeweis gegen den Wartepflichtigen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass er den Bevorrechtigten auch bei der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO gebotenen größten Sorgfalt nicht hätte wahrnehmen können (vgl. KG, KG-​Report 2003, 253; OLG Brandenburg, VRS 117, 340; Kammer, Urteil vom 10.06.2011 – 13 S 40/11, NZV 2011, 607 m.w.N.). Anhaltspunkte hierfür liegen im Streitfall aber nicht vor. Auch der Kläger hat seinen diesbezüglichen pauschalen Einwand (vgl. hierzu KG aaO) in der Berufung nicht mehr aufrechterhalten.

3. Ein Mitverschulden der Erstbeklagten ist nicht nachgewiesen, wie der Erstrichter im Ergebnis zutreffend festgestellt hat.

a) Auf einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 Abs. 2 StVO) kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil durch diese Regelung nicht der einbiegende wartepflichtige Verkehr aus der untergeordneten Straße geschützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.1974 - III ZR 73/72, VersR 1975, 37; Saarländisches Oberlandesgericht, VerkMitt 1977, 16 (Nr. 18); OLG Hamm, VersR 1998, 1260, 1261; Kammer, st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 01.02.2013 – 13 S 176/12, Zfs 2013, 378). Diese Wertung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Anforderungen an das Rechtsfahrgebot im Rahmen des § 1 Abs. 2 StVO (allgemeines Rücksichtnahmegebot) in die Haftungsabwägung eingestellt werden. Denn dies würde der Spezialität des § 2 Abs. 2 StVO nicht gerecht (vgl. Kammer, Urteil vom 18.09.2015 – 13 S 58/15).

b) Konkrete Umstände, die einen sonstigen Verkehrsverstoß der Erstbeklagten belegen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegen keine beweissicheren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erstbeklagte mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.01.1977 – VI ZR 268/74, VersR 1977, 524; Kammer, Urteil vom 01.02.2013 – 13 S 176/12, Zfs 2013, 378). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Vorfahrtsberechtigte so lange darauf vertrauen darf, dass sein Vorfahrtsrecht beachtet wird, wie ihm eine drohende Verletzung des Vorrechts noch nicht erkennbar sein muss. Das gilt auch dann, wenn er den Wartepflichtigen nicht sehen kann. Solange ein Vorfahrtsberechtigter mit der zulässigen Geschwindigkeit „auf Sicht“ fahren kann, besteht für ihn daher kein Grund, nur wegen der Möglichkeit, dass einfahrender Querverkehr aus der untergeordneten Straße sein Vorfahrtsrecht missachten könnte, seine Geschwindigkeit zu vermindern (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.1977 – VI ZR 268/74, VersR 1977, 524).

4. Die Haftungsabwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG führt zu einer Alleinhaftung des Klägers. a) Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Verstoß des Vorfahrtsberechtigten gegen das Rechtsfahrgebot nach § 2 Abs. 2 StVO in Fällen wie hier zu einer Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten wegen erhöhter Betriebsgefahr seines Fahrzeugs führen kann (vgl. KG, NZV 2007, 406; OLG Köln, VersR 1998, 1044; OLG Oldenburg, Schaden-​Praxis 2002, 227; Thüring. OLG, DAR 2000, 570; Kammer, Urteil vom 18.09.2015 – 13 S 58/15). Von einem unfallursächlichen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 StVO kann hier allerdings nicht ausgegangen werden.

aa) Gemäß § 2 Abs. 2 StVO ist möglichst weit rechts zu fahren. Bei der Beurteilung, ob ein Vorfahrtsberechtigter gegen dieses Gebot verstoßen hat, ist aber stets zu berücksichtigen, dass jeder Verkehrsteilnehmer auf der vorfahrtsberechtigten Straße grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass einbiegende Fahrzeuge sein Recht beachten und ihn vorbeilassen werden, bevor sie einbiegen. Dies gilt auch dann, soweit er nicht ganz rechts fährt (vgl. OLG Köln, VersR 1998, 1044). Das Rechtsfahrgebot bedeutet deshalb nicht, äußerst rechts oder soweit technisch möglich rechts zu fahren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2011 – I-​1 U 232/07, juris; OLG Zweibrücken, VRS 74, 420). Es gilt auch nicht starr, sondern gewährt je nach den Umständen im Rahmen des Vernünftigen einen Spielraum (vgl. BGHZ 74, 25; OLG Stuttgart, OLG-​Report 2007, 254; OLG Naumburg, OLG-​Report 2004, 352). Welche Anforderungen das Rechtsfahrgebot im konkreten Fall stellt, ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Örtlichkeit, der Fahrbahnbreite und -beschaffenheit, der Fahrzeugart, eines vorhandenen Gegenverkehrs, der erlaubten und der gefahrenen Geschwindigkeit sowie der jeweiligen Sichtverhältnisse zu bestimmen (vgl. BGHZ 74, 25; OLG Stuttgart, VRS 128, 145; OLG Hamm, DAR 2004, 90).

bb) Hiervon ausgehend ist ein unfallursächlicher Verstoß der Erstbeklagten gegen das Rechtsfahrgebot nicht nachgewiesen. Denn die Verkehrssituation war – wie bereits gezeigt – aufgrund der Verengung der Fahrbahn, insbesondere durch beiderseits parkende Fahrzeuge, dadurch geprägt, dass für den Wartepflichtigen mit Gegenverkehr auf der eigenen Fahrbahnhälfte zu rechnen war und somit alleine durch möglichst weites Rechtsfahren der konkreten Gefahr einer Frontalkollision nicht sicher begegnet werden konnte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2011 – I-​1 U 232/07, juris).

b) Entgegen der Auffassung der Berufung lässt die vorliegende Fallgestaltung auch keinen Raum für eine Mithaftung der Beklagten aus der einfachen Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs. Vielmehr gilt auch hier, dass die einfache Betriebsgefahr des bevorrechtigten Fahrzeugs grundsätzlich gegenüber dem Verkehrsverstoß gegen § 8 StVO zurücktritt und die Alleinhaftung des Wartepflichtigen begründet (vgl. OLG München, Urteil vom 29.07.2011 – 10 U 1131/11, juris; Kammer, st. Rspr.; vgl. Urteile vom 01.02.2013 - 13 S 176/12, Zfs 2013, 378). Diese Beurteilung folgt aus der besonderen Bedeutung der Vorfahrtsregelung, die dem wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer die Pflicht zu erhöhter Sorgfalt auferlegt und deren Verletzung daher besonders schwer wiegt (so bereits BGH, Urteil vom 18.09.1964 – VI ZR 132/63, VersR 1964, 1195; vgl. auch BGH, Urteil vom 23.06.1987 – VI ZR 296/86, VersR 1988, 79).


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).