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OLG Celle Urteil vom 22.06.2016 - 14 U 68/15 - Höchstsummenbegrenzung in § 12 StVG a.F.

OLG Celle v. 22.06.2016: Zur Berücksichtigung der Höchstsummenbegrenzung in § 12 StVG a.F.


Das OLG Celle (Urteil vom 22.06.2016 - 14 U 68/15) hat entschieden:
  1. § 12 StVG a. F. enthält eine Haftungssummenbegrenzung, die auch für eine vom Schädiger an den Geschädigten zu zahlende Rente gilt.

  2. Der Schädiger schuldet nur maximal den Betrag von 500.000 DM und nicht ohne zeitliche Begrenzung eine jährliche Rente von bis zu 30.000 DM (6 Prozent aus 500.000 DM).

  3. Etwaige Kapitalzahlungen des Schädigers mindern den jährlichen Höchstbetrag einer Rente.

  4. Kapitalisierte Rentennachzahlungen sind nicht auf die Kapitalzahlung anzurechnen, sondern auf den Rentenzahlungsanspruch. Dies erfolgt nicht durch Kürzung des jährlichen Höchstbetrages, sondern ist bei der Bezugsdauer der Rente zu berücksichtigen.

Siehe auch Vermehrte Bedürfnisse nach Unfallverletzungen und bei Personenschaden und Stichwörter zum Thema Personenschaden


Gründe:

I.

Der Kläger verfolgt materielle Schadensersatzansprüche wegen Personenschadens aus einem Verkehrsunfall vom 19. Februar 1994, für dessen Folgen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeugs zu 100 % einzustehen hat.

Die streitigen Positionen betreffen Verdienstausfall, Mehrbedarf wegen Haushaltsführung und Pflege, Mehrbedarf wegen Ernährung, Wäsche und Hygiene, Mehrbedarf wegen Urlaubs und Kosten einer Fachzeitschrift. Wegen der Berechnung des Klägers zum Pflegemehrbedarf und Mehrbedarf wegen Haushaltsführung wird auf den Schriftsatz vom 15. März 2016 (Bl. 555 ff. d. A.) Bezug genommen.

Wegen der näheren Einzelheiten und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, mit dem das Landgericht der Klage nur in einem geringen Umfang, nämlich in Höhe eines Zahlbetrages von 2.734,02 € nebst Zinsen wegen Mehrbedarfs für Haushaltshilfe und Pflege im Zeitraum der Jahre 2005 bis November 2011, stattgegeben hat. Ältere Forderungen seien verjährt. Ab Dezember 2011 stehe dem Kläger kein Zahlungsanspruch zu, weil die von der Beklagten seither gezahlte monatliche Rente in Höhe von 825,31 € bereits über der Summe liege, die er beanspruchen könne. Diesen Betrag hat das Landgericht auf monatlich 810,10 € ermittelt, indem es die unstreitig von der Beklagten bislang erbrachten Zahlungen in Höhe von 21.304,67 € an die Rentenversicherung und in Höhe von 72.320,64 € an den Kläger (rückständige Rentenzahlung und Minderverdienst) vom Höchstbetrag des § 12 StVG a. F. in Höhe von 500.000,- DM = 255.645,94 € abgezogen hat, sodass 160.020,63 € verblieben, wovon 6 % als jährlich maximal zu zahlende Rente 9.721,24 € ausmachen, monatlich also 810,10 €. Da die Beklagte unstreitig ab September 2002 monatlich 777,16 € als Rente an den Kläger gezahlt habe, sei der Mehrbedarf des Klägers hinsichtlich der Ansprüche ab Anfang 2005 bis November 2011 wie folgt auszugleichen: 810,10 € minus 777,16 € = 32,94 € für 6 Jahre und 11 Monate (= 83 Monate) = 2.734,02 €. Der monatliche Mehrbedarf von 149,21 Stunden stehe nach den eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dipl.-​Pflegewirtin (FH) H. fest. Selbst wenn zugunsten der Beklagten mit dem Sachverständigengutachten ein Stundensatz von nur 6,76 € netto zugrunde gelegt werde, ergäben sich Zahlungsansprüche des Klägers, die von der Höchstbetragsgrenze des § 12 a. F. StVG - bezogen auf die monatlichen Rentenzahlungen - gekappt würden. Der Kläger sei auch aktivlegitimiert, weil er in seiner Anspruchsberechnung nur Beträge bezahlt verlange, die über den Pflegeleistungen lägen, die er nach seiner Pflegestufe II erhalte. Die Berechtigung der übrigen vom Kläger geltend gemachten Ansprüche wegen der Positionen „Verdienstausfall“, „Mehraufwand für Ernährung, Wäsche und Hygiene“ und „Mehraufwand für Urlaub“ könne angesichts der vorstehenden Ausführungen auf sich beruhen. Von Dezember 2011 bis 2014 und fortlaufend könne der Kläger weitere Zahlungen nicht beanspruchen, weil die Beklagte mit monatlich 825,31 € gegenüber den geschuldeten 810,10 € bereits überobligatorisch leiste.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er indes Zahlung erst ab dem Jahr 2005 begehrt, weil er die Ausführungen des Landgerichts zur Verjährung der vor diesem Zeitraum liegenden Ansprüche ausdrücklich nicht angreift.

Der Kläger rügt, dass das Landgericht die Rente nach Kürzung der Höchstbetragssumme um 72.320,64 € berechnet hat. Hierbei handle es sich um die Nachzahlung aufaddierter Renten, die nicht in Abzug zu bringen seien, weil der Kapitalbetrag des § 12 a. F. StVG lediglich um erbrachte Kapitalzahlungen gekürzt werden dürfe. Renten würden dadurch, dass der Schuldner nicht zeitgerecht leiste und Nachzahlungen erbringen müsse, nicht zu Kapital. Weiter verweist der Kläger darauf, dass er angesichts des Bestreitens der Beklagten ein Titulierungsinteresse hinsichtlich des monatlich verlangten Rentenbetrages auch in der Höhe habe, in der die Beklagte zurzeit freiwillig Rentenzahlungen erbringt. Der Kläger meint, durch Rentenzahlungen könne der Kapitalbetrag nicht erschöpft werden, so dass eine Rente in Höhe von jährlich bis zu 15.338,76 € (entsprechend 30.000 DM) unbegrenzt, d. h. lebenslang zu zahlen sei. § 12 a. F. StVG regle zwar eine Jahreshöchstrente, indes keine absolute Höchstrente. Die Rente werde aus dem beim Schädiger vorhandenen Kapital erwirtschaftet und reduziere den Kapitalstock daher nicht. Insofern sei auch das Postulat, dass § 12 StVG eine echte Begrenzung der vom Schädiger geschuldeten Leistung beabsichtige, nicht verletzt.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 24. März 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover die Beklagte zu verurteilen,
  1. an ihn weitere 42.222,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 21.326,44 € seit dem 19. Januar 2011, auf jeweils 329,29 € seit dem 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober und 6. November 2011, auf jeweils 314,08 € seit dem 6. Dezember 2011, 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November und 6. Dezember 2012, 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November und 6. Dezember 2013, 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November und 6. Dezember 2014, 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November und 6. Dezember 2015, 6. Januar, 6. Februar, 6. März, 6. April, 6. Mai und 6. Juni 2016 zu zahlen,

  2. an ihn ab dem 1. Juli 2016 eine monatliche, vierteljährlich vorauszahlbare, Rente in Höhe von 1.139,39 € jeweils im Voraus zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen

und hilfsweise

einen Zahlungsanspruch des Klägers dahin zu begrenzen, dass eine Haftungshöchstsumme von 500.000 DM = 255.645,94 € gezahlt wird, wobei Kapital- und Rentenzahlungen in absoluten Beträgen auf die Haftungshöchstsumme anzurechnen sind.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagte hält die vom Landgericht angewandte Berechnungsmethode für zutreffend, weil § 12 a. F. StVG eine echte Leistungsbegrenzung enthalte und Rentenzahlungen auf das Kapital umzurechnen seien. In diesem Sinne sei auch das Urteil des erkennenden Senats vom 16. Mai 2007 (14 U 65/06) zu verstehen, worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen habe. Insoweit bestehe bei der Haftungshöchstsumme ein wesentlicher Unterschied zu den Deckungssummen im Sinne von §§ 155, 156 VVG a. F. bzw. §§ 107, 109 VVG n. F., weil der Versicherer den Kapitalstock des § 12 StVG gerade nicht sicherstellen müsse. Vielmehr dürfe die Haftungshöchstsumme auch durch die erbrachten Rentenzahlungen nicht überschritten werden. Für den Fall, dass die Berufung des Klägers - teilweise - Erfolg habe, sei eine dementsprechende Begrenzung des Zahlungsanspruchs des Klägers zu tenorieren. Die Beklagte hat zuletzt ihr Bestreiten zur behaupteten Höhe des Verdienstausfalls und Mehrbedarfs für Wäsche, Ernährung und Hygiene fallen gelassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 31. Mai 2016 (Bl. 581 ff. d. A.) Bezug genommen.


II.

1. Die Berufung des Klägers erweist sich als überwiegend begründet (a.), wobei die von der Beklagten hilfsweise beantragte Haftungsbegrenzung auszusprechen war (b.).

a) aa) Anspruch auf laufende Rentenzahlungen ab 1. Juli 2016

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer laufenden monatlichen Rente in Höhe der begehrten 1.139,39 € ab dem 1. Juli 2016 bis zum Erreichen der Haftungshöchstsumme. Der Betrag liegt innerhalb der Jahreshöchstrente des § 12 a. F. StVG. Diesen hat der Senat wie folgt ermittelt: Von dem Höchstbetrag von 255.645,94 € (entsprechend 500.000 DM) sind - zwischen den Parteien unstreitig - die an die Deutsche Rentenversicherung gezahlten 21.304,67 € abzuziehen. Der Rentenberechnung zugrunde zu legen ist daher ein Betrag in Höhe von 234.341,27 €. Davon 6 % ergeben den Betrag der Jahresrente. Dies sind 14.060,48 €, was einem monatlichen Betrag in Höhe von 1.171,71 € entspricht, den der Kläger im Rahmen der Haftungshöchstbeträge maximal verlangen kann.

Der Berechnungsmethode des Landgerichts, das zusätzlich von dem Haftungshöchstbetrag vor Rentenberechnung die nachgezahlten Rentenbeträge in Höhe von 72.320,32 € abgezogen hat, so dass 162.020,95 € verblieben, wobei 6 % 9.721,26 € Jahresrente ausmachen, entsprechend 810,10 € pro Monat, folgt der Senat nicht. Ein Vorababzug verbietet sich bereits deshalb, weil es sich - unstreitig - nicht um eine Kapitalzahlung, sondern um aufsummierte Rentenzahlungen handelt. Diese Argumentation hat den BGH in seinem Urteil vom 17. März 1964 (VI ZR 15/63, juris) bewogen, von einem Vorab-​Abzug summierter Monatsbeträge abzusehen (a. a. O., juris Rz. 19). Indes ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass die aufaddierten und an den Kläger tatsächlich bis September 2002 ausgezahlten Rentenzahlungen in Höhe von 72.320,64 EUR bei der Haftungshöchstsumme zu berücksichtigen sind. Der Kläger muss sich diese Zahlungen anrechnen lassen (vgl. dazu auch unten b.).

Die Forderung des Klägers liegt mit 1.139,39 € innerhalb dieser Haftungshöchstgrenze für die Rente in Höhe von 1.171,71 € monatlich. Sie ist auch berechtigt, weil der Betrag bereits durch die Positionen Haushalt/Pflege und Verdienstausfall erreicht wird. Im Einzelnen:

Der von der Sachverständigen Dipl.-​Pflegewirtin (FH) H. ermittelte Mehrbedarf von 149,21 Stunden im Monat ist in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig. In seiner Berechnung im Schriftsatz vom 15. März 2016 (Bl. 555 ff. d. A.) hat der Kläger der Auflage des Senats entsprechend die Stundensätze gemäß Seite 80 des Sachverständigengutachtens vom 12. September 2012 (Gutachtenband) zu Grunde gelegt. Nach dem Sachverständigengutachten (Seite 78) kann der unfallbedingte Hilfebedarf des Klägers durch einen Personalmix von 58 % für Hauswirtschaft und Assistenz und 42 % für Pflege gedeckt werden. Diese Zahlen ergeben sich anhand der von der Sachverständigen vorgenommenen Aufschlüsselung des täglichen Aufwands für die Hilfen, nämlich 124 Minuten für Pflege, 103 Minuten für Hauswirtschaft und 67 Minuten für Assistenz. Bei addiert insgesamt 294 Minuten schlägt daher die Pflege mit 42 %, die Hauswirtschaft mit 35 % und die Assistenz mit 23 % zu Buche. Die beiden letzten Bereiche addiert ergeben wiederum 58 %. Für Leistungen nach diesem Personalmix ist ausweislich der Tabelle auf S. 80 des Gutachtens ab dem Jahr 2010 ein Nettostundensatz von 7,88 € anzusetzen. Da der Kläger für seinen Mehrbedarf keine Pflege- oder Haushaltskraft beschäftigt, sondern die Leistungen maßgeblich von seinem Lebensgefährten, dem Zeugen H., erbracht werden, kann er lediglich Nettobeträge beanspruchen. Dies liegt auch der Berechnung im Schriftsatz vom 15. März 2016 zu Grunde, so dass die vom Kläger ermittelten monatlichen 735,77 € nach Abzug der Leistungen nach Pflegestufe 2 den ersatzfähigen Schaden ergeben (149,21 Stunden x 7,88 € = 1.175,77 € abzüglich 440,- €).

Der Kläger kann darüber hinaus seinen Verdienstausfallschaden in Höhe von monatlich 489,70 € ersetzt verlangen. Diesen ermittelt er dadurch, dass er einem fiktiven Verdienst bei Hinwegdenken des Unfallereignisses in Höhe von jährlich 19.716,21 € seinen tatsächlichen Verdienst in Höhe von 13.839,79 € gegenüberstellt und dazu behauptet, er wäre in die Position eines Vorarbeiters aufgestiegen. Der jährliche Verdienstausfall betrage demnach 5.876,42 €, entsprechend 489,70 € monatlich. Die Beklagte, die in ihre laufenden Rentenleistungen in Höhe von 825,31 € einen monatlichen Minderverdienst von mindestens 511,29 € eingestellt hat (vergleiche Schriftsatz vom 1. April 2011, S. 5, Bl. 137 d. A. und LGU S. 13) hat ihr Bestreiten in diesem Punkt fallen gelassen, so dass 489,70 € monatlicher Minderverdienst in die Schadensberechnung einzustellen ist. Da diese beiden Positionen addiert bereits den vom Kläger geltend gemachten Betrag erreichen (735,77 € + 489,70 € = 1.225,47 €) kann die Frage, ob weitere Schadensersatzpositionen berechtigt sind, auf sich beruhen.

Anders als das Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass dem Interesse des Klägers an der Titulierung der monatlichen Rentenzahlung in voller Höhe Rechnung zu tragen ist. Zwar zahlt die Beklagte zurzeit „freiwillig“ - wohl - 825,31 €, dies aber offensichtlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, weil sie in dem vorliegenden Verfahren die Ansprüche des Klägers bestritten und Zurückweisung der Berufung beantragt hat. Die Zahlungen lassen daher das Rechtsschutzbedürfnis einer Klage auf künftig wiederkehrende Leistungen gemäß § 258 ZPO nicht entfallen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage, § 258 Rz. 1, 1a). Das Landgericht hätte folglich - zusätzlich - die von ihm für berechtigt gehaltenen 810,10 € monatlich zusprechen müssen.

bb) Anspruch auf Nachzahlung der Rückstände

Der Kläger hat Anspruch auf Nachzahlung rückständiger Rentenleistungen ab dem Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 44.956,57 €. Im Einzelnen stehen ihm folgende Beträge zu:

Jahr Betrag
2005 5.293,06 €
2006 5.223,12 €
2007 2.981,88 €
2008 4.053,38 €
2009 4.250,18 €
2010 1.896,50 €
2011 4.298,61 €
2012 3.768,96 €
2013 3.768,96 €
2014 3.768,96 €
2015 3.768,96 €
2016 (1-6) 1.884,48 €
Gesamt 44.956,57 €


Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berechnung in der Berufungsbegründung vom 25. Juni 2015 (S. 8 ff., Bl. 489 ff. d. A.). Die vom Kläger verlangten Beträge sind allein durch die Pflege- und Haushaltsmehrkosten gemäß Gutachten der Sachverständigen H. gedeckt. Nach Berücksichtigung von Pflegegeld und Zahlungen der Beklagten ergeben sich durchgängig Beträge von über 6.000 €/Jahr.

b) Haftungsbegrenzung

Auf den Hilfsantrag der Beklagten war die vom Landgericht Verden in seinem Urteil vom 27. Oktober 1998 zu Geschäftsnummer 7 O 424/96 auf der Grundlage von § 12 a. F. StVG ausgesprochene Haftungsbegrenzung (Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle Zukunftsschäden des Klägers und einer weiteren Unfallgeschädigten „bis zu einer Haftungshöchstgrenze von insgesamt 750.000 DM“) vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung des Klägers, die Rente ohne Berücksichtigung eines absoluten Haftungshöchstbetrages lebenslang beziehen zu können, aus prozessökonomischen Gründen zu konkretisieren. Die Tenorierung eröffnet den Parteien den Rechtsweg und vermeidet die Notwendigkeit der Durchführung einer Abänderungsklage bei Erreichen des Haftungshöchstbetrags. Der Höchstbetrag ist - insoweit zwischen den Parteien unstreitig - für die beiden Unfallopfer dergestalt aufgeteilt, dass auf den Kläger 500.000 DM, entsprechend einer Jahresrente in Höhe von 30.000 DM, entfallen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die gezahlten Rentenbeträge auf den Haftungshöchstbetrag von 500.000 DM anzurechnen. Dies gilt sowohl für die in einer Summe (nach-​)gezahlten 72.320,32 € als auch für darüber hinaus von der Beklagten erbrachte und weiter zu erbringende Rentenzahlungen. Die Beklagte haftet nur bis zu diesem Höchstbetrag und ist berechtigt, ihre Zahlungen an den Kläger einzustellen, wenn 500.000 DM insgesamt gezahlt sind, ohne dass es darauf ankäme, ob diese als Kapital oder Rente erbracht worden sind.

Nach dem abweichenden Verständnis des Klägers sei § 12 a. F. dahingehend auszulegen, dass die Rentenzahlungen bis zum Höchstbetrag von 30.000 DM jährlich lebenslang zu zahlen sind, ohne dass eine Anrechnung auf den Haftungshöchstbetrag in Höhe von 500.000 DM im Sinne einer absoluten Höchstgrenze erfolgt. Während der Kapitalhaftungshöchstbetrag erschöpflich sei, sei dies bei den Rentenzahlungen nicht der Fall. In seinem Schriftsatz vom 29.12.2015 (Bl. 527 ff. d. A.) bezieht sich der Kläger zur Begründung u. a. auf die Kommentierung von Burmann (Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl.; Anl. K 37). Dort heißt es in Rz. 20 zu § 12 StVG „Während das Haftungshöchstsummen-​Kapital erschöpft werden kann, ist die Rente weiter zu zahlen.“ Rz. 21 (a. a. O.) will der Kläger so verstanden wissen, dass zwar eine Jahreshöchstrente geregelt ist, indes keine absolute Höchstrente. In Rz. 39 heißt es: „Für Schadensfälle bis zum 17.12.2007 ist das verbliebene Haftungshöchstsummen-​Kapital mit dem gesetzlich fixierten, nicht individuell verhandelbaren, Satz von 6 % zu verzinsen und steht mit diesem Zinsertrag als Rente zur Verfügung.“ Daraus folgert der Kläger, dass die Rente aus dem Kapital erwirtschaftet werde und daher den Kapitalstock nicht reduziere.

Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht aus den nachfolgenden Erwägungen nicht:

Für den streitgegenständlichen Unfall vom 19. Februar 1994 gilt § 12 Abs. 1 Nummer 1 a. F. StVG mit folgendem Wortlaut:
„Der Ersatzpflichtige haftet im Fall der […] Verletzung eines Menschen nur bis zu einem Kapitalbetrag von 500.000 DM oder bis zu einem Rentenbetrag von jährlich 30.000 DM“.
Daraus lässt sich für die Auffassung des Klägers nichts herleiten. Der der Vorschrift zu Grunde liegende Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. März 1976 (BT-​Drucksache 7/4825) beabsichtigte ausdrücklich keine Änderung des geltenden Haftungssystems im Grundsatz und hält an der Grundüberlegung fest, dass der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung als Korrektiv eine summenmäßige Beschränkung gegenüberstehen solle. Bei den Beratungen zur Vorgängerregelung habe sich die Überzeugung durchgesetzt, dass nur eine feste Begrenzung der Haftpflicht den Kraftfahrzeughaltern die Möglichkeit verschaffe, sich gegen eine vom Verschulden unabhängige, d. h. verschärfte Haftung ohne unverhältnismäßige Kosten zu versichern. Dementsprechend seien die Höchstsummen von (damals) 50.000 Mark oder 3.000 Mark Jahresrente eingeführt worden (a. a. O. S. 7). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, wenn die Rentenzahlungen nicht geeignet wären, den absoluten Haftungshöchstbetrag zu erschöpfen. Entgegen der gesetzgeberischen Intention wäre das Zahlungsrisiko für den Schuldner gerade nicht kalkulierbar, weil es von einer unbekannten Größe, nämlich der Lebensdauer des Geschädigten, abhängig wäre. Zu Recht hat das Landgericht daher angenommen, dass Rentenzahlungen geeignet sind, den Höchstbetrag aus § 12 StVG zu erschöpfen, wobei zur Ermittlung des Gesamtschadensbetrages die Rente auf das Kapital umzurechnen sei (LGU S. 12 unten, 13). Es hat sich dabei auf das Urteil des erkennenden Senats vom 16. Mai 2007 (14 U 56/06) gestützt. Der Senat hat in dieser Entscheidung tenoriert, dass der zu ersetzende Gesamtschaden auf 500.000 DM begrenzt sei. Unter II.2.a. (beck-​online S. 11) hat er ausgeführt, dass § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVG nach der Rechtsprechung des BGH eine echte Begrenzung der vom Schädiger geschuldeten Leistung bewirke. Es sei nicht neben dem Kapitalbetrag noch zusätzlich die Rente zu zahlen; stattdessen sei nur das eine oder das andere geschuldet. Bei der Berechnung der Höchstgrenze kürze ein etwaig gezahlter Kapitalbetrag den Höchstbetrag für die Rente. Werde der Schaden deshalb zum Teil als Kapital und zum Teil als Rente geltend gemacht, sei zur Ermittlung des Gesamtschadens i. S. d. § 12 StVG die Rente auf das Kapital umzurechnen, wobei die Rentenbeträge in der Weise zu berücksichtigen seien, dass die Rente bei der Umrechnung auf einen Kapitalbetrag 6 % dieses Kapitals ausmacht. Dabei sei zunächst die Haftungshöchstsumme um die Beträge zu mindern, die als Kapital geschuldet seien. 6 % des Restes entspreche dann dem Höchstbetrag der daneben geschuldeten Jahreshöchstrente. Obwohl nicht in der für den hier zu entscheidenden Fall erforderlich gewordenen Deutlichkeit ausgesprochen, liegt der Entscheidung als selbstverständliche - und auch vom Landgericht so aufgefasste - Annahme zu Grunde, dass die Rentenzahlungen enden, sobald der Haftungshöchstbetrag von 500.000 DM erreicht ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Eine andere Sichtweise ist auch nicht vor dem Hintergrund der Sichtweise des Klägers gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass im Falle der Rentenzahlung der Schädiger, bei dem das Kapital verbleibe, die Rente aus dem Kapitalstock erwirtschaften könne, so dass der Gefahr, er müsse aus seinem Vermögen mehr als die Höchstsumme in Höhe von 500.000 DM aufbringen, begegnet sei. Diese Argumentation greift erkennbar zu kurz. Sie ist weder mit der Wirtschaftsweise in der Versicherungswirtschaft noch mit kapitalwirtschaftlichen Rahmenbedingungen vereinbar. Der Denkansatz, der Versicherer lege für jeden Schadensfall einen Geldbetrag im Wert von 500.000 DM gleichsam zur Seite und am Kapitalmarkt an, um gegebenenfalls Rentenforderungen bedienen zu können, entspricht in dieser Vereinfachung nicht der Realität. Ebenso wenig ist - zumal nicht in der heutigen Zeit - vorstellbar, dass ein Versicherer am Kapitalmarkt eine Rendite in Höhe von 6 % erwirtschaften kann, was er müsste, um aus 500.000 DM Kapital im Jahr 30.000 DM Rente zahlen zu können. Die Sichtweise des Klägers würde zwangsläufig dazu führen, dass das Kapital schrittweise aufgezehrt und eben nicht mehr zur Rentenzahlung zur Verfügung stehen würde. Dass der Gesetzgeber dem für den Schädiger eintrittspflichtigen Versicherer ein derartiges völlig unkalkulierbares Risiko aufbürden wollte, erscheint nach den dargestellten gesetzgeberischen Motiven ausgeschlossen.

Auch die vom Kläger herangezogene Literaturmeinung lässt sich nicht eindeutig in seinem Sinne verstehen. Dass die Rente lebenslang zu zahlen wäre, ergibt sich weder aus der Kommentierung von Burmann (a. a. O.) noch aus dem dort in Bezug genommenen Urteil des OLG München vom 20. Dezember 2001 (24 U 15/01, r+s 2003, 388).
2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2 ZPO. Die Kostenquote berücksichtigt jeweils das Teilunterliegen des Klägers wegen des Hilfsantrags und für die I. Instanz zusätzlich wegen der verjährten Forderungen.

4. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zuzulassen.