Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Köln Urteil vom 14.03.2014 - 18 K 2097/12 - Einschreiten wegen übermäßiger Verkehrsdichte in einem verkehrsberuhigten Bereich

VG Köln v. 14.03.2014: Einschreiten wegen übermäßiger Verkehrsdichte in einem verkehrsberuhigten Bereich


Das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 14.03.2014 - 18 K 2097/12) hat entschieden:
  1. Aus § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 9 S. 2 StVO kann dem Einzelnen ein Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde zu seinen Gunsten erwachsen, wenn die Verletzung seiner öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen in Betracht kommt.

  2. Es muss eine qualifizierte Gefahrenlage, wie sie von § 45 Abs. 9 S. 2 StVO vorausgesetzt wird, bestehen, damit das der Straßenverkehrsbehörde eingeräumte Ermessen eröffnet ist.

  3. Eine ermittelte Verkehrsdichte in Spitzenzeiten von einem Fahrzeug alle zwei Minuten ist nicht so hoch, dass die in einem verkehrsberuhigten Bereich geltenden Ge- und Verbote faktisch deshalb nicht mehr eingehalten werden könnten, weil dort ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern ohne eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefährdung für Leib und Leben faktisch nicht mehr möglich wäre.

  4. Das gelegentliche Befahren rot gepflasterter, für die Fußgänger vorgesehener Flächen stellt keinen Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften dar, weil in einem verkehrsberuhigten Bereich im Prinzip die gesamte Breite der Straße von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden kann.

Siehe auch Verkehrsberuhigter Bereich und Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen


Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Sperrung der F.-​Straße zwischen Ecke C-​straße und B.-​Straße.

Er ist Eigentümer des an der F.-​Straße gelegenen Wohngrundstücks Nr. 0. Die gepflasterte und als Mischfläche im verkehrsberuhigten Bereich ausgestaltete F.-​Straße verbindet die parallel zueinander verlaufenden Straßen T-​gasse und C-​straße. Etwa in der Mitte der F.-​Straße zweigt nach Südwesten die B.-​Straße ab, die nach weiteren Biegungen auf die C-​straße mündet. Zwischen dieser Einmündung und derjenigen der F.-​Straße auf die C-​straße mündet auf letztere der D.-​Weg, der die C-​straße mit der B.-​Straße verbindet und parallel zur F.-​Straße verläuft. Das Gebiet südwestlich der F.-​Straße wird vom Bebauungsplan 0000-​00 erfasst, der zunächst ein reines Wohngebiet (WR) und weiter südwestlich ein allgemeines Wohngebiet (WA) ausweist. Nordöstlich der F.-​Straße verlaufen zueinander parallel der L-​weg und die E. Straße, die die T-​gasse und die P.-​Straße verbinden.

Mehrere Anlieger der F.-​Straße beantragten am 9.12.2009 deren Sperrung, die trotz negativer Stellungnahme der Verwaltung von der Bezirksvertretung Bonn am 9.3.2010 beschlossen wurde. Der daraufhin von der Beklagten angeschriebene Polizeipräsident Bonn sprach sich gegen eine Sperrung aus. Unter dem 29.4.2010 beantragten andere Anlieger der F.-​Straße und benachbarter Straßen, den Beschluss zur Sperrung der Straße aufzuheben. Die von der Verwaltung der Beklagten angeschriebene Bezirksregierung Köln teilte mit Schreiben vom 14.6.2010 mit, der Sperrungsbeschluss verstoße gegen straßenverkehrsrechtliche Regelungen und sei zu beanstanden. Daraufhin legte die Beklagte der Bezirksvertretung Bonn einen entsprechenden Beschlussvorschlag vor. Weil die Bezirksvertretung an ihrem Beschluss festhielt, wurde die Angelegenheit dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt, der am 18.11.2010 die Vorlage der Verwaltung ebenfalls ablehnte und an der Sperrung der Straße festhielt. Die Bezirksregierung Köln hob den Beschluss des Stadtrats vom 18.11.2010 sowie die damit bestätigten Beschlüsse der Bezirksvertretung Bonn vom 9.3. und 11.5.2010 unter dem 17.6.2011 im Rahmen der Kommunalaufsicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW mangels Regelungszuständigkeit der politischen Gremien für die getroffene verkehrsrechtliche Anordnung und mangels Vorliegens der materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Sperrung der Straße auf.

Nach weiterem Schriftwechsel und Bitte des Klägers um rechtsmittelfähige Bescheidung lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Absperrung der F.-​Straße zwischen Ecke C-​straße und B.-​Straße mittels Absperrpfosten mit dem Kläger am 22.2.2012 zugestelltem Bescheid vom 15.2.2012 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der örtlichen Verkehrsverhältnisse bestehe keine Gefahrenlage, die im Sinne des § 45 Abs. 9 StVO das allgemeine Risiko einer Teilnahme am Straßenverkehr erheblich übersteige. Die Straße habe eine verschwindend geringe Verkehrsbelastung. Der dortige Verkehr sei seiner Art und seinem Umfang ähnlich wie in den meisten anderen verkehrsberuhigten Bereichen. Die Verwaltung habe morgens zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr den Verkehr auf der F.-​Straße gezählt. Dabei sei die Straße von vier Kraftfahrzeugen durchfahren worden; weitere zwölf Fahrzeuge hätten die Straße als Zu- oder Abfahrt zur B.-​Straße benutzt. Diese Zählung entspreche der Erfahrung der Verwaltung aus früheren Ortsterminen. Die Fahrgeschwindigkeiten seien moderat gewesen. Gelegentliche Überschreitungen seien festgestellt worden, jedoch im gesamten Straßennetz normal und überall zu beobachten. Daraus ergebe sich keine erhebliche Steigerung der Gefahrenlage; anderenfalls bestünde eine solche erhöhte Gefahrenlage in allen Straßen. Die Straße sei auch bei ihrer Bedeutung als verkehrsberuhigter Bereich durchaus geeignet, die vorhandenen Verkehrsmengen abzuwickeln. Ebenso wenig liege eine besondere Unfallhäufung in diesem Bereich vor. In dem Abschnitt, in dem die Aufstellung von Pfosten beantragt werde, liege zwischen den Privatgrundstücken und der Fahrbahn ein farblich anders gestalteter Bereich, der bei einer Nutzung der Straße mit Kraftfahrzeugen als Gehweg verwendet werde. Im Bereich hinter der B.-​Straße bis zur T-​gasse befinde sich der anders gestaltete Bereich auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite, wo keine Bebauung vorhanden sei. Eine mögliche Gefahrensituation sei daher für Personen, die das Privatgrundstück verließen, im zweiten Teilstück theoretisch eher denkbar, weil keine farblich anders gestaltete Fläche zwischen den Grundstücken und dem in der Regel als Fahrbahn genutzten Teil bestehe.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 21.3.2012 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Er habe einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde auf verkehrsregelndes Einschreiten. Hier bestehe eine Einschreitverpflichtung, weil eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit aufgrund einer erhöhten Unfallzahl auf der ca. 140 m langen, 4,45 m breiten F.-​Straße bestehe. Sein damals sechseinhalbjähriger Sohn sei am 2.3.2012 auf seinem Fahrrad mit Stützrädern von einem Kraftfahrzeug auf den rot gepflasterten Versatzstücken ungefähr in Höhe der Hausnummer 17 kurz vor der Einmündung in die B.-​Straße angefahren worden, wobei er einen Bruch seines linken Zehs und Quetschungen erlitten habe. Bereits am 10.5.2010 habe ein fünfjähriges Kind, das auf der Höhe der Hausnummer 9 gespielt habe, eine Schädelprellung erlitten. In beiden Fällen sei die Aufsichtspflicht nicht verletzt worden. Ende 2006/Anfang 2007 habe ein Kraftfahrzeug einen Rentner auf Höhe der Hausnummer 13 angefahren. Auf Höhe der Hausnummer 11 sei es ebenfalls zu einer Konfliktsituation gekommen. Die Situation sei gerade für spielende Kinder überaus gefährlich, was die weitere Anzahl an Beinahe-​Unfällen belege. Die sich abzeichnende Bebauung des an die T-​gasse angrenzenden Wohngebiets werde einen noch stärkeren Durchgangsverkehr auslösen. Der Bewältigung des Durchgangsverkehrs dienten aber der 5,50 m breite, mit Gehsteigen ausgestattete L-​weg und die E. Straße. Das vom Kläger in Auftrag gegebene Gutachten zur verkehrlichen und städtebaulichen Lage in der F.-​Straße vom November 2012, wegen dessen Einzelheiten auf Beiakte 2 Bezug genommen wird, habe im Mittel eine stündliche Verkehrsstärke am Messquerschnitt in Höhe des eigenen Wohnhauses von zehn und am zweiten Messquerschnitt von 15 Kraftfahrzeugen ermittelt, wobei im morgendlichen Berufsverkehr und in den Nachmittagsstunden ab 14.00 Uhr deutliche Steigerungen mit Verkehrsstärken bis zu 20 Kraftfahrzeugen und wochentags sogar mit 30 Kraftfahrzeugen ab 18.00 Uhr am ersten Messquerschnitt zu verzeichnen gewesen seien. Samstags habe die stündliche Verkehrsstärke bei zehn Kraftfahrzeugen gelegen. Ca. die Hälfte des motorisierten Individualverkehrs habe die F.-​Straße entgegen ihrer Konzeption als Durchfahrtstraße benutzt. Aufgrund zweier Messungen vom 2.5.2012 ab 12.00 Uhr bis zum 7.5.2012 um 17.00 Uhr sowie vom 21.5.2012 um 13.00 Uhr bis zum 24.5.2012 um 11.00 Uhr hätten die Gutachter festgestellt, dass die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit allein von 2-​5 % der Fahrzeugführer eingehalten werde. Der größte Teil der Fahrer befahre die Straße mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit zwischen 16 und 20 km/h, am Messquerschnitt in Höhe des eigenen Wohnhauses seien 35 % der Fahrzeuge schneller als 20 km/h gefahren, am Messquerschnitt oberhalb der Einmündung der B.-​Straße auf die F.-​Straße sei das bei rund 25 % der Fall gewesen. Geschwindigkeiten von mehr als 30 km/h seien am ersten Messquerschnitt rund 3,5 % gefahren. Die Geschwindigkeiten am Messquerschnitt in Höhe des eigenen Wohnhauses hätten wesentlich höher gelegen als am zweiten Messquerschnitt. Im Mittel führen rund 35 % der Fahrzeugführer eine Geschwindigkeit von mehr als 20 km/h. Maßgeblicher Grund für die danach nicht nur gelegentlich erfolgten Geschwindigkeitsüberschreitungen sei zum einen die gerade Straßenführung. Die zwei Fahrbahnversätze führten nicht zur beabsichtigten Geschwindigkeitsverringerung, weil die Versatztiefe nicht mindestens der Fahrbahnbreite entspreche, wie es die RASt 06 vorsehe. Infolgedessen würden im Bereich der Versätze die rot gepflasterte Fußgängerbereiche einfach überfahren. Zum anderen resultierten die Geschwindigkeitsüberschreitungen aus der fehlerhaften Aufstellung des Verkehrszeichens 325.1, weil es wegen seiner konkreten Platzierung in 13 m Abstand zur C-​straße nicht rechtzeitig wahrgenommen werde. Die Gutachter hätten ausgeführt, dass es durch die zu späte Wahrnehmung des Schildes zu erhöhten Geschwindigkeiten und plötzlichen Abbremsvorgängen kommen könne, woraus zusätzliche Gefahren resultierten. Die F.-​Straße lasse außerdem keinen konfliktfreien Begegnungsverkehr zu. Die unterschiedliche farbliche Gestaltung von Fahrbahn und Gehwegen sei nicht geeignet, einen Schutz der Fußgänger und insbesondere der Kinder zu gewährleisten, weil sie von den Fahrzeugen ohne weiteres befahren werden könnten. Damit sei die durch rotes Pflaster hervorgehobene Gehwegfläche funktionslos. Hinzu komme, dass die Regelbreite von mindestens 2 m mit der tatsächlich Breite von 1,4 m nicht eingehalten werde. Den Belangen des Fußgängerschutzes und insbesondere der Kinder nach den Verhältnissen der konkreten Örtlichkeit könne auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Das Gutachten empfehle die Anbringung von Sperrpfosten am äußeren Bereich der roten Pflasterungen im Abstand von 20 m; ergänzend könnten Schwellen auf der Fahrbahn zur Geschwindigkeitsreduzierung angebracht werden. Diese Lösung unterscheide sich erheblich von der gänzlichen Absperrung, die dem beanstandeten Beschluss der Bezirksvertretung zugrundegelegen habe. Der Kläger habe wie die übrigen betroffenen Anwohner stets zum Ausdruck gebracht, sich an den Kosten beteiligen zu wollen.

Der Kläger beantragt,
geeignete straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Fußgänger, insbesondere Kinder, auf der F.-​Straße in Bonn im Abschnitt Ecke C-​straße/B.-​Straße anzuordnen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Auf der F.-​Straße liege keine besondere Gefahrensituation vor. Laut Mitteilung des Polizeipräsidiums Bonn vom 19.2.2014 sei im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 18.2.2014 kein Unfall auf dieser Straße polizeilich bekannt geworden. Gemäß der beigefügten Unfallberichte der Polizei habe sich dort 2010 und 2012 jeweils ein polizeilich gemeldeter Verkehrsunfall ereignet. Diese Unfälle wären auch durch Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde nicht zu verhindern gewesen, weil das Kind zwischen zwei parkenden Pkw auf die Fahrbahn und gegen das linke hintere Rad des Pkw gefahren sei bzw. das Kind mit seinem Fahrrad in Richtung C-​straße gefahren und beim Vorbeifahren am entgegenkommenden Pkw sein Fahrrad nach links gelenkt habe und vor das linke hintere Rad des Pkw gefahren sei. In beiden Fällen habe es keine Hinweise auf eine überhöhte Geschwindigkeit gegeben. Im Übrigen werde eine Schrittgeschwindigkeit von 4-​7 km/h von üblichen Tachometern nicht angezeigt, weshalb bei verkehrsberuhigten Straßen Geschwindigkeiten von unter 20 km/h angestrebt würden. Gerade in der Zeit, in der besonders schützenswerte Personen auf der Straße seien, seien die Geschwindigkeitsüberschreitungen auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten nicht so gravierend. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen könnten in keinem Zusammenhang mit der Güte der Beschilderung stehen, weil das Gutachten keine besonderen Geschwindigkeitsunterschiede in beiden Fahrtrichtungen erkenne, obwohl die Beschilderung an der Einmündung der F.-​Straße auf die T-​gasse nicht bemängelt werde. außerdem sei das Verkehrszeichen aus Richtung der C-​straße ausreichend gut sichtbar. Im Übrigen werde diese Straße fast ausschließlich von regelmäßig wiederkehrendem Verkehr aus der näheren Umgebung genutzt, der die Situation gut kenne. Selbst nach dem Gutachten würden die bei der Planung der Straße berechneten Verkehrsstärken nur zu ungefähr einem Drittel erreicht. Abgesehen davon, dass es während der Planung und des Baubeginns der Straße weder die RASt 06 noch die Richtlinie für die integrierte Netzgestaltung aus dem Jahr 2008 gegeben habe, sei die Straße entgegen den klägerischen Angaben insgesamt 163 m lang, wobei die Breite auf einem Abschnitt von 58 m 4,75 m und im Übrigen 6,75 m betrage, und seien die Einzelabschnitte zwischen den insgesamt drei Versätzen maximal nur 60 m lang. Weil die Straße als Mischfläche ausgebaut sei, stehe der gesamte Straßenraum sämtlichen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung. Deswegen seien die Aussagen des Gutachtens, die Fahrgasse sei 2,65 m breit, nicht zutreffend. Soweit nach dem Gutachten bei Begegnungsverkehr ein Ausweichen auf die rot gepflasterten Flächen unvermeidbar sei, sei das bei Mischflächen weder unzulässig noch als besonders gefährlich einzustufen, sondern entspreche insbesondere bei Begegnungsverkehr dem Normalfall. Solche Situationen gebe es in vielen verkehrsberuhigten Bereichen, ohne dass sich dort Unfalle häuften. Durch Begegnungsverkehr werde zudem die Fahrgeschwindigkeit gesenkt. Die von den Gutachtern gemessene Verkehrsbelastung sei auch für einen verkehrsberuhigten Bereich sehr gering. Bei einer solch geringen Verkehrsmenge könne auch kaum Begegnungsverkehr vorkommen. Würde man entsprechend dem Vorschlag des Gutachtens den rot gepflasterten Bereich mit Pfosten absperren, wäre dagegen kein Begegnungsverkehr mehr möglich. Zum einen führte das eventuell dazu, dass ein Einbahnverkehr eingerichtet werden müsse. Dieser habe jedoch den Nachteil, dass dort erfahrungsgemäß schneller gefahren werde, weil der Verkehr gerade nicht mehr mit Gegenverkehr rechnen müsse. Zum anderen würde auch bei Unterbindung von Begegnungsverkehr nicht verhindert, dass ein Kind etwa mit einem Roller oder einem Fahrrad ohne anzuhalten z.B. von einem Garagenvorplatz auf die Fahrbahn fahre.


Entscheidungsgründe:

Es kann offen bleiben, ob die fristgerecht erhobene Klage deshalb unzulässig ist, weil der Kläger der Behörde nicht bereits im Verwaltungsverfahren, insbesondere in seiner E-​Mail vom 14.2.2012, deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sein Antrag nicht allein auf die Absperrung der F.-​Straße mittels Pfosten gerichtet war, sondern - wie womöglich aus seiner E-​Mail vom 12.2.2012 zu entnehmen - gemäß seinem so erstmals im Klageverfahren formulierten Antrag auf jede Maßnahme, die zu einer Entschärfung der seiner Meinung nach gefährlichen Situation auf der F.-​Straße führt, oder ob ein solcher Antrag als Minus von seinem im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag mitumfasst ist.

Die Klage ist jedenfalls unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Anordnung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen gemäß Satz 1 der Vorschrift noch auf eine erneute Bescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, der durch die Anfügung von § 45 Abs. 9 StVO zwar modifiziert, nicht jedoch ersetzt worden ist,
vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 - 3 C 37.09 -, BVerwGE 138, 21.
können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO verdrängt als speziellere Regelung § 39 Abs. 1 StVO und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 a. a .O.; OVG NRW, Beschluss vom 15.11.2011 - 8 A 2066/11 -, Juris.
Gemäß § 45 Abs. 1b Satz 1 Nrn. 3 und 4 StVO treffen die Straßenverkehrsbehörden auch die notwendigen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung in verkehrsberuhigten Bereichen.

Aus § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 2 StVO kann dem Einzelnen ein Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde zu seinen Gunsten erwachsen, wenn die Verletzung seiner öffentlich-​rechtlich geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Dieser grundsätzlich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzte Anspruch kann sich in besonderen Fällen sogar zu einem Rechtsanspruch auf Erlass einer bestimmten verkehrsregelnden Anordnung verdichten. Zum Schutzbereich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO gehört nämlich auch das Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit. Soweit eine durch den Straßenverkehr verursachte Gefährdung dieses Rechtsguts in Frage steht, dient § 45 Abs. 1 StVO nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch dem Eigenrecht desjenigen, von dem die drohenden Nachteile abgewendet werden sollen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.7.1986 - 7 B 141.85 -, NJW 1987, 1096; OVG NRW, Beschluss vom 15.9.1995 - 25 B 1861/95 - m.w.N.
§ 45 Abs. 1 StVO setzt in Verbindung mit § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs als tatbestandliche Voraussetzung für die Ermessensausübung aber eine Gefahrenlage voraus, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (insbesondere Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 a. a .O.; OVG NRW, Beschluss vom 15.11.2011 a. a. O.
Die für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs erforderliche qualifizierte Gefahrenlage bestimmt sich allerdings grundsätzlich nicht allein nach der Verkehrsdichte im fraglichen Bereich, sondern wird von einer Gemengelage verschiedener Faktoren beeinflusst, so unter anderem von der Breite und dem Ausbauzustand der für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zur Verfügung stehenden Fläche, den Ausweichmöglichkeiten, der Inanspruchnahme von Flächen durch parkende Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf den Verkehr, der Übersichtlichkeit der Streckenführung und der Verteilung des Verkehrs über den Tag.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.4.2013 - 3 B 59.12 -, juris.
Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO können bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen ferner in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen, der Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Eine besondere Verkehrsbelastung kann - im Einzelfall - auch für sich allein Gefahren begründen, die Verkehrsbeschränkungen und -verbote nach § 45 Absatz 9 Satz 2 StVO rechtfertigen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 a. a. O. und Beschluss vom 4.7.2007 - 3 B 79.06 -, NJW 2007, 3015.
Zu beachten ist ferner, dass Unfälle in der Regel auf einer Mehrzahl von Faktoren beruhen, die sowohl subjektiver (Fahrerverhalten) wie objektiver Art (Streckencharakter und Verkehrsverhältnisse) sein können. Eine Gefahrenlage für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs lässt sich daher nur in den wenigsten Fällen monokausal begründen,
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.4.2013 a. a. O. und Urteil vom 23.9.2010 a. a. O.
Die Würdigung, inwieweit auf der Grundlage der besonderen örtlichen Verhältnisse und der jeweiligen Einflussfaktoren eine erhöhte Gefährdungslage i. S. v. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO besteht, ist jeweils für den Einzelfall vorzunehmen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.4.2013 a. a. O.
Dabei ist eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vermehrter Schadensfälle nicht erforderlich. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt nur - aber immerhin - eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht.
BVerwG, Urteil vom 23.9.2010 a. a. O.
Dabei umfassen die besonderen örtlichen Verhältnisse i. S. d. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO auch den Umstand, dass ein verkehrsberuhigter Bereich eingerichtet ist.
So im Ergebnis wohl auch: OVG R-​P, Urteil vom 24.5.2012 - 7 A 10976/11 -, juris Rn. 34, 36
. Denn bereits § 45 Abs. 1b) Satz 1 Nr. 4 StVO ermächtigt die Straßenverkehrsbehörde zu notwendigen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in den von Nrn. 1-​3 erfassten Bereichen und damit auch in den von Nr. 3 erfassten verkehrsberuhigten Bereichen. Im vorliegenden Fall sind keine weiteren verkehrsrechtlichen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen F.-​Straße notwendig. Es besteht keine qualifizierte Gefahrenlage, wie sie von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vorausgesetzt wird, damit das der Straßenverkehrsbehörde eingeräumte Ermessen eröffnet ist. Hinsichtlich der für die in den Blick zu nehmende Gemengelage maßgeblichen Einzelfaktoren gilt Folgendes:

Die F.-​Straße ist keiner besonderen Verkehrsbelastung ausgesetzt. Auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten, wonach die tägliche Verkehrsstärke werktags bei 300 bis 350 und sonntags bei etwa 150 Kraftfahrzeugen liegt, bezeichnet das dortige Verkehrsaufkommen als zu allen Tageszeiten moderat (S. 12, 15). Die durchschnittliche stündliche Frequentierung ist mit zehn (am ersten Messquerschnitt) bzw. 15 Kraftfahrzeugen (am zweiten Messquerschnitt), also durchschnittlich einem Kraftfahrzeug alle sechs bzw. vier Minuten, sehr gering. Selbst die Spitzen von durchschnittlich (bis zu) 20 Kraftfahrzeugen in der Stunde im morgendlichen Berufsverkehr und in den Nachmittagsstunden ab 14.00 Uhr an den Wochentagen bzw. von 30 Kraftfahrzeugen ab 18.00 Uhr am ersten Messquerschnitt, also einem Kraftfahrzeug alle drei bzw. zwei Minuten, sind noch gering. Schon deshalb ist es unerheblich, welcher Anteil des Verkehrsaufkommens Durchgangsverkehr ist und ob die F.-​Straße ursprünglich nicht als Durchfahrtstraße konzipiert war; als durchgehende Verbindungsstraße zwischen T-​gasse und C-​straße war sie jedenfalls nach dem letzten Planungsstand faktisch eine Durchgangsstraße und wurde als solche auch plangemäß hergestellt.

Nichts anderes gilt bei Berücksichtigung des Umstands, dass die F.-​Straße als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen und ausgestaltet ist. In einem solchen Bereich dürfen die Fußgänger zwar gemäß Ziffer 5 der das Verkehrszeichen 325.1 betreffenden laufenden Nr. 12 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen und sind Kinderspiele überall erlaubt. Durchgangsverkehr kann der Ausweisung und dem Ausbau einer Straße als verkehrsberuhigter Bereich und der damit verbundenen Aufenthaltsfunktion im Einzelfall auch tendenziell zuwiderlaufen. Denn mit zunehmender Verkehrsdichte verringert sich für Fußgänger und spielende Kinder die Möglichkeit, den verkehrsberuhigten Bereich seiner Aufenthaltsfunktion entsprechend tatsächlich zu benutzen, ohne sich einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung für Leib oder Leben auszusetzen.
Vgl. OVGE R-​P a. a. O.
Die ermittelte Verkehrsdichte ist jedoch noch nicht so hoch, dass die in einem verkehrsberuhigten Bereich geltenden Ge- und Verbote faktisch deshalb nicht mehr eingehalten werden könnten, weil dort ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern ohne eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefährdung für Leib und Leben faktisch nicht mehr möglich wäre. Das ist für Fußgänger selbst bei einer Verkehrsdichte von in Spitzenzeiten durchschnittlich einem Kraftfahrzeug alle 2 Minuten ohne weiteres ersichtlich, weil trotz der Benutzbarkeit der Straße in ihrer ganzen Breite Fußgänger nach Ziffer 3 der das Verkehrszeichen 325.1 betreffenden laufenden Nr. 12 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO den Fahrverkehr nicht unnötig behindern dürfen, so dass sie auch erforderlichenfalls ausweichen müssen. Das gilt sinngemäß auch für Kinder, die die Straße auf ihrer ganzen Breite für Kinderspiele benutzen dürfen. Dieses Verhalten ist auch ihnen trotz ihres geringen Lebensalters zumutbar, weil es auch schon für sie einsehbar ist. Vor allem ist es für sie auch gefahrlos möglich. Denn in einem verkehrsberuhigten Bereich dürfen gemäß Ziffer 2 zur laufenden Nr. 12 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO Fahrzeugführer, also nicht nur Führer von Kraft-​Fahrzeugen, sondern auch Führer von anderen Fahrzeugen wie Fahrrädern, den Fußgängerverkehr weder gefährden noch behindern und müssen, wenn nötig, warten. Zudem dürfen Fahrzeuge nach Ziffer 1 zur laufenden Nr. 12 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Danach hält der Verordnungsgeber die Schrittgeschwindigkeit für ein gefahrloses Nebeneinander von Fußgängern, spielenden Kindern und Fahrzeugen für ausreichend. Schrittgeschwindigkeit ist eine sehr langsame Geschwindigkeit, die in etwa der eines normal gehenden Fußgängers entspricht. Es kann dahinstehen, ob dies eine Geschwindigkeit von max. 7,10 oder 15 km/h bedeutet. Schon ausgehend davon, dass in der Lebenswirklichkeit eine wortwörtliche Schrittgeschwindigkeit selten eingehalten werden kann, weil die üblichen Tachometer eine Geschwindigkeit von 5-​7 km/h nicht anzeigen, muss die Geschwindigkeit jedenfalls deutlich unter 20 km/h liegen.
Vgl. OVG R-​P a. a. O. m. w. N.
Soweit die tatsächlich auf der F.-​Straße gefahrenen Geschwindigkeiten diese Höchstgeschwindigkeit überschreiten, rechtfertigt das isoliert gesehen ebenfalls nicht die Annahme einer das allgemeine Risiko deutlich übersteigenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Abgesehen davon, dass es bei (häufiger) Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde ist, durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch häufigere Geschwindigkeitskontrollen darauf hinzuwirken, dass die vorgeschriebene Geschwindigkeit grundsätzlich beachtet wird,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.4.2013 a. a. O.; OVG R-​P a. a. O.,
und diese Maßnahmen auch keine weiter gehende Senkung der zulässigen Geschwindigkeit zur Folge hätten,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.4.2013 a. a. O.,
ist die Aufstellung von Pollern in einem Abstand von ungefähr 20 m zwischen den für Fußgängern vorgesehenen Flächen und den für den Fahrverkehr vorgesehenen Flächen entgegen der Meinung des Klägers auch nicht "notwendig" i. S. d. § 45 Abs. 1b) Satz 1 Nr. 4 StVO bzw. wegen einer qualifizierten Gefährdungslage i. S. d. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO erforderlich. Eine solche Maßnahme könnte zwar in Einzelfällen zu einer Verringerung der Geschwindigkeit auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit führen, indem die Pfosten ein Überfahren der rot gepflasterten Fußgängerbereiche verhindern und auf diese Weise zu einem Befahren der verschwenkten, für die Fahrzeuge vorgesehenen Bereiche zwingen. Jedoch befährt selbst nach den Messungen der vom Kläger beauftragten Gutachter der größte Teil der Fahrer, nämlich mindestens 65 %, die Straße mit einer verkehrsmäßig erstrebten Geschwindigkeit von unter 20 km/h und wurden Geschwindigkeiten von mehr als 30 km/h nur in rund 3,5 % der Fälle gemessen. Für die Annahme einer, wie von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO gefordert, erheblichen Übersteigung des allgemeinen Risikos einer Rechtsgutbeeinträchtigung, also im Vergleich zum durchschnittlichen Verkehr in einem verkehrsberuhigten Bereich, sind diese Zahlen selbst bei einer isolierten Betrachtung der danach rechtlich relevanten Geschwindigkeitsüberschreitungen, also bei einer Gleichsetzung von Risikoerhöhung und relevanten Geschwindigkeitsüberschreitungen, zu gering, um von einer qualifizierten Gefährdung ausgehen zu können.

Ebenso wenig kann von einer Gefährdung aufgrund eines zu spät wahrnehmbaren Verkehrsschilds nach Einbiegen auf die F.-​Straße von der C-​straße her die Rede sein. Denn diesbezüglich hat bereits die Beklagte zu Recht ausgeführt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitungen in keinem Zusammenhang mit der Güte der Beschilderung stehen können, weil das Gutachten keine besonderen Geschwindigkeitsunterschiede in beiden Fahrtrichtungen erkennt, obwohl die Beschilderung an der Einmündung der F.-​Straße auf die T-​gasse nicht bemängelt wird.

Auch die vom Kläger vor dem Hintergrund von Begegnungsverkehr bemängelte Breite der F.-​Straße führt nicht zu einer qualifizierten Gefährdungslage, weil es aufgrund der geringen Verkehrsbelastung nicht häufig zu Begegnungsverkehr kommen kann.

Das vom Kläger bemängelte gelegentliche Befahren der rot gepflasterten, für die Fußgänger vorgesehenen Flächen stellt bereits keinen Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften dar, weil in einem verkehrsberuhigten Bereich im Prinzip die gesamte Breite der Straße von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden kann, wie auch Ziffer 6.1.11 Satz 1 der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt) ausführt.

Ebenso wenig sind die Unfallzahlen ein Indiz für eine qualifizierte Gefährdungslage. In den sieben Jahren von 2007 bis einschließlich 2013 hat es zwei polizeilich registrierte Unfälle in den Jahren 2010 und 2012 gegeben, an denen jeweils Kinder, im Jahr 2012 ein Sohn des Klägers, beteiligt und zu Schaden gekommen waren, sowie nach Angaben des Klägers Ende 2006 oder Anfang 2007 einen weiteren Unfall, bei dem ein Rentner angefahren wurde, während er weitere Beinahe-​Unfälle nur unsubstantiiert vorträgt. Legt man zugunsten des Klägers die vom Gutachten ermittelte untere durchschnittliche tägliche Verkehrsdichte zugrunde, kamen danach auf mehr als 700.000 Fahrbewegungen in der F.-​Straße lediglich drei Unfälle. Dabei fuhren in beiden Fällen, an denen Kinder beteiligt waren, die beteiligten Kraftfahrzeuge langsam. Beide Male war vielmehr ein deutliches Fehlverhalten des jeweiligen Kindes unfallursächlich; im einen Fall fuhr das Kind mit seinem Fahrrad zwischen zwei in Einfahrten geparkten Kraftfahrzeugen ohne anzuhalten auf die Fahrbahn, im anderen Fall lenkte das Kind sein Fahrrad nach links zum an ihm vorbeifahrenden Kraftfahrzeug. Abgesehen davon, dass daran, wie die Beklagte zu Recht ausführt, weder eine weitere verkehrliche Geschwindigkeitsbegrenzung noch eine geringere Frequentierung der Straße oder eine Verhinderung von Durchgangsverkehr etwas hätte ändern können, bestehen diese Gefahren allgemein auf Straßen, auf denen Kinder unterwegs sind bzw. an solchen wohnen, weshalb zum einen keine erhöhte Gefahr feststellbar ist, zum anderen solche Gefahren bereits durch die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereichs weit gehend reduziert worden sind.

Schließlich ergibt sich auch aus der Gesamtschau all dieser Umstände keine erhebliche Übersteigung des in einem verkehrsberuhigten Bereich bestehenden allgemeinen Risikos einer Rechtsgutbeeinträchtigung. Die Streckenführung, die Anzahl und Art der Versätze, die Länge und Breite der Straße sowie ihre konkrete Ausformung als Mischfläche ziehen keine besonderen Gefährdungen nach sich, weil es bei der geringen Verkehrsdichte nur selten zu Begegnungsverkehr zwischen Kraftfahrzeugen kommt und die angeordnete Schrittgeschwindigkeit in ihrer rechtlich relevanten Ausprägung nur selten überschritten wird. Der Umstand, dass dort auch Durchgangsverkehr herrscht, spielt schon wegen der geringen Verkehrsdichte keine Rolle. Die isoliert betrachtet schon geringe Zahl von Unfällen während eine Zeitraums von mehr als sieben Jahren bei rund 700.000 Fahrbewegungen von Kraftfahrzeugen resultierte jedenfalls bei zwei der drei Unfälle weder aus der jeweils gefahrenen Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge noch aus einer Begegnung zischen zwei Kraftfahrzeugen oder dem Befahren der rot gepflasterten, vornehmlich für Fußgänger vorgesehenen Bereiche, sondern beruhte auf einem individuellen Fehlverhalten der an den Unfällen beteiligten Kinder. Daraus lässt sich nicht auf eine erhöhte Gefährdung, geschweige denn auf einen Unfallschwerpunkt schließen. Die Ursachen für den dritten Unfall sind nicht bekannt. Die ermittelte Verkehrsdichte und die (tatsächlich) gefahrenen Geschwindigkeiten beeinträchtigen auch nicht die rechtlich maßgebliche Ausgestaltung eines Nebeneinander von spielenden Kindern, Fußgängern und Fahrzeugverkehr, weil die Benutzung der gesamten Straßenbreite aus den oben genannten Gründen von vornherein daran geknüpft ist, dass sämtliche Straßenbenutzer gegenseitig Rücksicht nehmen und erforderlichenfalls ihre Wünsche zurückstellen müssen. Auch wenn der verkehrsberuhigte Bereich landläufig Spielstraße genannt wird, worauf in der Tat die Ausgestaltung des entsprechenden Verkehrszeichens schließen lässt, sind solche Straßen weder Spielplätze noch mit diesen gleichzusetzen oder solchen gleichwertig. An diesem Maßstab gemessen kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Verkehrsdichte, Verkehrsarten, Verkehrsbewegungen, die von den Fahrzeugen genutzten Flächen und die gefahrenen Geschwindigkeiten in ihren jeweils konkreten Ausprägungen in Ansehung der Länge, Breite und Ausgestaltung der F.-​Straße und der dort spielenden Kinder so hoch sind, dass dort ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern ohne eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefährdung für Leib und Leben faktisch nicht mehr möglich wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.