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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss vom 26.10.2016 - W 6 K 16.986 - Einnahme von amphetaminhaltigem Arzneimittel Ritalin

VG Würzburg v. 26.10.2016: Einnahme von amphetaminhaltigem Arzneimittel Ritalin (Methylphenidat) und Fahreignung


Das Verwaltungsgericht Würzburg (Beschluss vom 26.10.2016 - W 6 K 16.986) hat entschieden:
  1. Der Konsum eines verschreibungspflichtigen Betäubungsmittels, wie Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat, ohne ärztliche Verschreibung erfüllt den Tatbestand der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV. Wer im Selbstversuch Ritalin auch nur einmalig konsumiert, ist fahrungeeignet, so dass die Fahrerlaubnis unabhängig von einer Verkehrsteilnahme zu entziehen ist, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zur Verfügung steht.

  2. Die Krankheit ADS bzw. ADHS gerade verbunden mit einer Dauermedikation mit Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat bietet einen sachgerechten Anlass für eine weitere Aufklärung. Denn es ist durchaus möglich, dass die Fahreignung auf Dauer bzw. zeitweise eingeschränkt oder aufgehoben sein könnte. Der Wirkstoff Methylphenidat etwa in Ritalin ist ein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Bei einer ärztlich verordneten Therapie mit Ritalin ist eine einzelfallorientierte Beurteilung oder Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht der Erkrankung ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen erfasst, als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von gegebenenfalls festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme sowie eines unzulässigen Beigebrauchs sonstiger psychoaktiv wirkender Stoffe überprüft.

Siehe auch Krankheiten und Fahrerlaubnis und Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein


Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für ihre Klage gegen eine Fahrerlaubnisentziehung.

1. Mit Schreiben vom 13. Januar 2016 teilte die Polizeiinspektion Obernburg a. Main dem Landratsamt Miltenberg unter anderen mit, dass die Klägerin im Selbstversuch das Medikament Ritalin konsumiere.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Miltenberg mit Bescheid vom 19. Februar 2016 die Fahrerlaubnis (Nr. I). Sie gab der Klägerin weiter auf, den Führerschein für die Klasse B und die darin enthaltenen Klassen unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheides, zurückzugeben (Nr. II). Für den Fall, dass die Klägerin der Verpflichtung aus Nr. II nicht fristgerecht nachkommt, wurde die Wegnahme des Führerscheins durch die Polizei angedroht (Nr. III). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nachweislich bzw. nach eigenen Angaben Betäubungsmittel (Ritalin) konsumiere. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV genüge der einmalige Konsum. Die Klägerin müsse als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden. In diesem Fall sei ihr die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen.

Ein dagegen eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. August 2016 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid ist unter anderem ausgeführt, die Klägerin nehme ohne Medikamentenverschreibung Ritalin ein. Ritalin enthalte den Wirkstoff Methylphenidat. Es sei damit ein verkehrsfähiges Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließe die Einnahme von Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus.

2. Am 22. September 2016 ließ die Klägerin Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben und zur Begründung im Wesentlichen vorbringen, bei der Klägerin sei die Diagnose ADS ärztlich bestätigt. Weiterhin werde der Klägerin inzwischen dauerhaft Ritalin ärztlich verordnet. Die einmalige Einnahme des Medikaments Ritalin durch die Klägerin im Selbstversuch sei auf Anraten eines ihr bekannten Therapeuten geschehen, um herauszufinden, ob die Einnahme zur Besserung ihrer vermeintlichen ADS-​Beschwerden beitrage. Eine Einzelfallprüfung habe nicht bzw. nicht im ausreichenden Maß stattgefunden.

Weiter ließ die Klägerin beantragen,
  1. der Klägerin für die 1. Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

  2. der Klägerin zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte den Unterzeichnenden als Rechtsanwalt beizuordnen.
Das Landratsamt Miltenberg führte für die Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 7. Oktober 2016 aus: Wie dem Polizeibericht zu entnehmen sei, habe der damalige Lebensgefährte bei der Durchsicht des Wohnanwesens bereits mitgeteilt, dass er in dem dort befindlichen „Kifferzimmer“ gemeinsam mit der Klägerin des Öfteren Marihuana konsumiere und sie das Ritalin ihrer Tochter konsumieren würde. Die Einnahme von Betäubungsmitteln in einem „Kifferzimmer“ deute mehr auf einen willkürlichen Konsum als auf einen gezielten Selbstversuch mit einem verschreibungspflichtigen Medikament hin. Ohne rezeptpflichtiger Verschreibung sei eine Kontrolle von Dosis und Häufigkeit der Ritalin-​Medikamentierung nicht möglich. Weiterhin werde bezweifelt, dass der so genannte Selbstversuch von einem bekannten Therapeuten in dieser Form tatsächlich empfohlen worden sei. Sollte dieser (bisher nicht genannte) Therapeut tatsächlich über das erforderliche Fachwissen im Umgang mit dem verschreibungspflichtigen Medikament Ritalin verfügen, müsse davon ausgegangen werden, dass eine derartige oberflächliche Empfehlung, einen Selbstversuch mit dem Medikament der Tochter ohne ärztliche Aufsicht und Kontrollen durchzuführen, nicht ausgesprochen worden wäre. Bei entsprechendem Fachwissen hätte dem Therapeuten bekannt sein müssen, dass das Ritalin unter das Betäubungsmittelgesetz falle.

Mit Beschluss vom 20. Oktober 2016 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.


II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil er zulässig, aber nicht begründet ist.

Nach § 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid des Landratsamtes Miltenberg vom 19. Februar 2016 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 17. August 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Der Konsum eines verschreibungspflichtigen Betäubungsmittels, wie Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat, ohne ärztliche Verschreibung erfüllt den Tatbestand der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2015 – 11 CS 15.120 – KommunalPraxis BY 2015, 188; B.v. 24.4.2014 – 11 CS 14.288 – juris; B.v. 21.5.2007 – 11 C 06.2695 – juris). Die Klägerin hat unstreitig Ritalin ohne ärztliche Verschreibung konsumiert. Entsprechend war die fehlende Fahreignung bereits nach einmaliger Einnahme des Betäubungsmittels anzunehmen. Ein Ermessensspielraum verblieb der Behörde insoweit nicht. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalls liegen angesichts der näheren Umstände des Konsums im „Kifferzimmer“, in dem die Klägerin auch Marihuana konsumiert hat, sowie auf angebliches Anraten eines nicht genannten Therapeuten nicht vor, wie der Beklagte seiner Klageerwiderung vom 7. Oktober 2016 zutreffend ausgeführt hat.

Die Klägerin hat ihre Kraftfahreignung auch nicht wiedererlangt. Nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV kann von einer Wiedererlangung der Fahreignung im Regelfall nur dann ausgegangen werden, wenn eine einjährige Drogenabstinenz nachgewiesen ist. Erst dann muss die Behörde dem nachgehen. Zu der Behauptung der Abstinenz müssen des Weiteren zum einen der Nachweis der Drogenabstinenz über eine gewisse Zeitdauer und zum anderen der Nachweis eines stabilen Verhaltens- und Einstellungswandels hinzutreten (BayVGH, B.v. 3.12.2015 – 11 ZB 15.2085 – juris; B.v. 24.4.2014 – 11 CS 14.288 – juris; OVG NRW, B.v. 23.7.2015 – 16 B 656/15 – juris; SächsOVG, B.v. 12.12.2014 – 3 B 193/14 – juris; OVG LSA, B.v. 1.10.2014 – 3 M 406/14 – VerkMitt 2015, Nr. 11).

Die Klägerin hat schon keine Abstinenz behauptet, sondern vielmehr vorgebracht, dass sie – nunmehr unter ärztlicher Verordnung – Ritalin weiter einnehme. Aber auch der Umstand, dass die Klägerin nunmehr ärztlicherseits verordnet Ritalin einnimmt, führt für sich nicht zur positiven Feststellung der Kraftfahreignung. Zwar begründet die Diagnose von ADS bzw. ADHS und eine damit verbundene, von einem Arzt verordnete Einnahme des Medikaments Ritalin für sich grundsätzlich auch nicht die Ungeeignetheit. Vielmehr ist die Frage der Kraftfahreignung grundsätzlich offen und aufklärungsbedürftig. Gleichwohl fehlt es in der vorliegenden Fallkonstellation zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an einer Wiedererlangung der Kraftfahreignung, weil es dafür mehr als die schlichte Behauptung einer nunmehrigen ärztlichen Verordnung des Medikaments Ritalin bedarf.

Die Krankheit ADS bzw. ADHS gerade verbunden mit einer Dauermedikation mit Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat bietet einen sachgerechten Anlass für eine weitere Aufklärung (vgl. etwa VG Würzburg, B.v. 27.7.2016 – W 6 S 16.680 – juris; BayVGH, B.v. 18.4.2011 – 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 – SVR 2011, 389; B.v. 31.5.2007 – 11 C 06.2695 – juris). Denn es ist durchaus möglich, dass die Fahreignung auf Dauer bzw. zeitweise eingeschränkt oder aufgehoben sein könnte. Der Wirkstoff Methylphenidat etwa in Ritalin ist ein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Der Wegfall der Fahreignung durch die Medikation ist gemäß Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV nicht ausgeschlossen und daher aufklärungsbedürftig.

Denn nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 FeV schließt auch die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Fahreignung aus, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß sinkt. Nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht Klärungsbedarf, ob die aktuelle Einnahme von Ritalin die Leistungsfähigkeit der Klägerin fahreignungsrelevant herabsetzt bzw. ob eine missbräuchliche Einnahme des Medikaments bzw. ein relevanter Beigebrauch von Cannabis vorliegt. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, welche Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, kann die fehlende Fahreignung allerdings nicht schon aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ein- oder mehrmalige Einnahme von Betäubungsmitteln hergeleitet werden, da die in Nr. 9.4 und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV definierten Eignungsmängel insoweit speziellere Anforderungen normieren. Missbräuchliche Einnahme wird in Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV definiert als unregelmäßig übermäßiger Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen. Damit genügt aber – anders als bei illegalen Drogen – der einmalige oder mehrmalige Gebrauch gerade nicht. In diesem Sinne dürfte auch die Nr. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung zu verstehen sein, die den Schluss aus der Einnahme von Betäubungsmitteln auf die fehlende Fahreignung dann ausschließen, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (VGH BW, B.v. 22.1.2013 – 10 S 243/12 – NZV 2013, 261; SächsOVG, B.v. 6.5.2009 – 3 B 1/09 – SVR 2009, 352).

Auch bei dem Eignungsmangel nach Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV genügt eine ein- oder mehrmalige Einnahme eines Arzneimittels nicht; vielmehr wird eine die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Dauerbehandlung mit Medikamenten vorausgesetzt. Bei einer ärztlich verordneten Therapie mit Ritalin ist eine einzelfallorientierte Beurteilung oder Würdigung der individuellen Aspekte erforderlich, die sowohl aus verkehrsmedizinischer Sicht der Erkrankung ihre Symptome und die medikamentenspezifischen Auswirkungen erfasst, als auch aus verkehrspsychologischer Sicht die individuelle Leistungsfähigkeit, die Compliance des Patienten gegenüber der Therapie, die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung und die Fähigkeit zur Kompensation von gegebenenfalls festgestellten Leistungseinschränkungen, aber auch die Gefahr der missbräuchlichen Einnahme sowie eines unzulässigen Beigebrauchs sonstiger psychoaktiv wirkender Stoffe überprüft (vgl. zu den insoweit vergleichbaren morphinhaltigen Arzneimitteln VGH BW, B.v. 22.1.2013 – 10 S 243/12 – NZV 2013, 261). Dabei müsste eine geeignete Fragestellung darauf ausgerichtet sein aufzuklären, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die die Fahreignung ausschließt, ob die Behandlung, hier mit dem Medikament Ritalin, die Voraussetzung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen schafft, die Arzneimitteleinnahme ihrerseits zu psycho-​physischen Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen führt, ob die langfristige Medikamenteneinnahme bereits zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen, intellektuellen oder psychischen Leistungsfähigkeit geführt hat und ob der Betroffene diese Auswirkungen gegebenenfalls kompensieren kann. Ferner dürfte erheblich sein, ob die Medikamenteneinnahme hinreichend überwacht wird und ob das Gefährdungspotential vom Betroffenen hinreichend eingeschätzt wird (vgl. zum Ganzen Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-​Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Aufl. 2005, Kapitel 3.12.2, Seite 20; VGH BW, B.v. 22.1.2013 – 10 S 243/12 – NZV 2013, 261). Zur Klärung bedarf es dazu gegebenenfalls ein ärztliches Gutachten betreffend die medizinischen Aspekte sowie darüber hinaus – soweit es um die Frage der durch die bestimmungsgemäße Einnahme psychoaktiver Arzneimittel hervorgerufenen psychophysischen Leistungseinbußen und etwaiger Kompensationsmöglichkeiten geht – einer medizinisch-​psychologischen Begutachtung (VGH BW, U.v. 10.8.2015 – 10 S 444/14 – VRS 129, 95-​106 [2015] sowie VG Würzburg, B.v. 27.7.2016 – W 6 S 16.680 – juris; B.v. 22.12.2014 – W 6 S 14.1235).

Vor diesem Hintergrund ist bei der Klägerin gleichwohl weiterhin von einer feststehenden Ungeeignetheit am Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, weil sie weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren ihre Angaben zum angeblich ärztlicherseits verordneten Ritalin-​Konsum substanziiert hat. Sie hat weder angegeben welche Menge und welche Dosierung an Ritalin sie ärztlicherseits einnehmen muss, noch hat sie angegeben, ab wann sie Ritalin in welcher Menge tatsächlich einnimmt. Erst recht fehlt die Vorlage eines ärztlichen Attestes bzw. der ärztlichen Verordnung zur Einnahme von Ritalin. Erst wenn der Klägerin der Nachweis gelingen sollte, dass sie nunmehr krankheitsbedingt entsprechend einer ärztlichen Verordnung Ritalin einnimmt und dieses jedenfalls nicht die Fahreignung entfallen lässt, könnte von einer Wiedererlangung der Fahreignung ausgegangen werden (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.4.2011 – 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 – SVR 2011, 389).

Unabhängig von dem vorstehend Gesagten und selbständig tragend hat die Klägerin – ausgehend von den aktenkundigen Feststellungen sowie von ihrem Vorbringen – deshalb die Kraftfahreignung verloren, weil nach der polizeilichen Mitteilung vom 13. Januar 2016 davon auszugehen ist, dass sie zumindest gelegentlich Marihuana, also Cannabis, konsumiert und nunmehr zusätzlich das psychoaktiv wirkende Arzneimittel Ritalin einnimmt. Denn Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bestimmt ausdrücklich, dass – unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr – auch derjenige ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, der gelegentlich Cannabis konsumiert, wenn zusätzlich der Gebrauch anderer psychoaktiv wirkender Stoffe (wie hier Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat) hinzukommt. Ein solcher Mischkonsum führt ebenfalls zum Verlust der Fahreignung, wenn er eine kombinierte Rauschwirkung zur Folge haben kann (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32/12 – BVerwGE 148, 230; zurückhaltender noch die Vorinstanz, BayVGH, U.v. 24.10.2012 – 11 B 12.1523 – NZV 2013, 415).

Nach alledem hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides von einer Ungeeignetheit der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen ist.