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OVG Hamburg Beschluss vom 06.02.2017 - 5 Bf 163/16.Z - Straßenrechtliche Widmung und Gehwegbenutzung mit einem Fahrzeug

OVG Hamburg v. 06.02.2017: Straßenrechtliche Widmung und Gehwegbenutzung mit einem Fahrzeug


Das OVG Hamburg (Beschluss vom 06.02.2017 - 5 Bf 163/16.Z) hat entschieden:
Eine Widmung nach § 6 des Hamburgischen Wegegesetzes (HWG) umfasst grundsätzlich sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr sowie alle Verkehrsarten und -zwecke, es sei denn, die Widmung ist nach § 6 Abs. 2 HWG ausdrücklich auf einzelne Verkehrsarten und/oder Verkehrszwecke beschränkt. Einer konkludenten Beschränkung der Widmung steht in Hamburg die Vorschrift des § 6 Abs. 2 HWG entgegen.

Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbständige Rechtsmaterien mit unterschiedlichen Regelungszwecken. Beide Rechtsmaterien stehen in einem sachlichen Zusammenhang, wobei das Straßenverkehrsrecht das Straßenrecht voraussetzt.

Ein Übertreten von straßenverkehrsrechtlichen Regeln stellt im Rahmen der Widmung i.d.R. eine straßenverkehrsrechtlich unzulässige Art der Gemeingebrauchsausübung dar und führt nicht (automatisch) zu einer wegerechtlichen Sondernutzung.


Siehe auch Straßenrecht - Gemeingebrauch - Sondernutzung und Gehwegparken - zulässiges Parken auf dem Bürgersteig


Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um wegerechtliche Sondernutzungsgebühren.

Der Kläger ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen HH . Der Pkw war am 5. Mai 2015 um 9.29 Uhr auf dem Gehweg A. Straße/E. B. abgestellt. Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 2015 Sondernutzungsgebühren in Höhe von insgesamt 151,- EUR gegenüber dem Kläger fest, weil er mit seinem Pkw unerlaubt auf den Gehweg A. Straße/E. B. gefahren sei und damit einen öffentlichen Weg über den Gemeingebrauch hinaus nach § 19 des Hamburgischen Wegegesetzes vom 22. Januar 1974 (HmbGVBl. 1974, S. 41, 83, m. nachf. Änd. – HWG) genutzt habe. Den Widerspruch des Klägers, den er u.a. damit begründete, er habe eine Autopanne gehabt, sein Pkw sei auf der Straße zum Stehen gekommen und er habe es sodann mit Hilfe von zwei Passanten auf die Wegfläche geschoben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2015 zurück. Dagegen hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Hamburg Klage erhoben.

Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2016 hat das Verwaltungsgericht Hamburg der Klage stattgegeben. Die Erhebung von Sondernutzungsgebühren sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil bereits der Tatbestand der Sondernutzung nicht erfüllt sei. Sowohl für den Fall, dass der Pkw betriebsbereit gewesen sei und der Kläger es auf den Gehweg gefahren und dort geparkt habe, als auch für den Fall, dass der Pkw liegengeblieben und deshalb auf den Gehweg geschoben worden sei, liege eine Sondernutzung durch sonstiges Befahren eines Gehwegs i.S.v. Nr. 16.2 der Anlage 2 der Gebührenordnung für die Verwaltung und Benutzung der öffentlichen Wege, Grün- und Erholungsanlagen vom 6. Dezember 1994 (HmbGVBl. 1994, S. 385, m. nachf. Änd. – WegeBenGebO) nicht vor. Zudem seien auch die Voraussetzungen der Gebührentatbestände für eine Sondernutzung nicht erfüllt.

Gegen dieses Urteil richtet sich der vorliegende Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den Darlegungen der Beklagten im Zulassungsantrag, auf die die Prüfung im Zulassungsverfahren grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Hamburg zur fehlenden wegerechtlichen Sondernutzung des Gehwegs durch den Pkw des Klägers weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ergibt sich, dass die Rechtssache im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden wegerechtlichen Sondernutzung durch den Pkw des Klägers grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat (2.).

Auch die Darlegungen der Beklagten zur Annahme des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen für die Erhebung von Sondernutzungsgebühren lägen nicht vor, führen nicht zu der begehrten Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage auf zwei selbstständig tragende Gründe gestützt. Da die Beklagte schon für einen dieser Gründe – die Annahme, es liege keine Sondernutzung, sondern nur ein Gemeingebrauch durch den Pkw des Klägers vor – nicht darzulegen vermag, dass die Berufung zuzulassen ist, kann offen bleiben, ob die Beklagte mit ihrem Zulassungsantrag den zweiten tragenden Grund des Verwaltungsgerichts in Zweifel zieht. Hierauf kommt es im Ergebnis nicht mehr an.

1. Die Beklagte legt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dar. Ernstliche Richtigkeitszweifel sind dann begründet, wenn gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils angesichts der Begründung des Zulassungsantrags gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Hiervon ist immer schon dann auszugehen, wenn durch die Begründung des Zulassungsantrags ein einzelner tragender Rechtssatz – sei es ein abstrakter Obersatz, sei es die Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter einen solchen Obersatz – oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000, 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163, juris Rn. 15; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004, 7 AV 4.03, DVBl. 2004, 838, juris Rn. 8 f.). So liegt es hier nicht. Der tragende Rechtssatz des Verwaltungsgerichts, dass das Befahren des Gehweges durch den Pkw des Klägers im Rahmen des wegerechtlichen Gemeingebrauchs liege, wird nicht durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt. Im Einzelnen:

a) Die Beklagte macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der gesamte Weg einschließlich der den Fußgängern vorbehaltene Gehweg für alle Verkehrsarten gewidmet sei, weil eine Widmungsbeschränkung für einzelne Verkehrsarten nach § 6 Abs. 2 HWG vorliegend nicht erfolgt sei. Das Verwaltungsgericht verkenne dabei die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 HWG, wonach Wege, Straßen und Plätze durch Widmung, nicht jedoch einzelne Bestandteile der Wege, Straßen und Plätze die Eigenschaft eines öffentlichen Weges erhielten. § 6 Abs. 2 HWG ermögliche, die Widmung der Wege, Straßen und Plätze nur auf einzelne Verkehrsarten sowie einzelne Verkehrszwecke zu beschränken. Nicht möglich sei die Beschränkung der für einzelne Verkehrsteilnehmer vorgesehenen Bestandteile eines Weges, einer Straße oder eines Platzes. Anderenfalls müssten zunächst und bei jeder Veränderung neu, die Gehwege aus den bestehenden Flurstücken herausgetrennt, neu vermessen und als eigene neue Flurstücke gewidmet werden. Ein derartiger Aufwand führte angesichts der Vielzahl gewidmeter Flächen und der unterschiedlichen Nutzungen zur Undurchführbarkeit des Wegerechts.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Kläger habe den Rahmen der Widmung nicht überschritten. Die A…. Straße und der B. seien dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Die Widmung könne gemäß § 6 Abs. 2 HWG auf einzelne Verkehrsarten beschränkt werden. Darauf sei in der Bekanntgabe nach § 6 Abs. 1 Satz 2 HWG, wonach die Widmung öffentlich bekannt zu geben sei, hinzuweisen. Eine solche ausdrückliche Beschränkung auf Verkehrsarten, die den Verkehr mit Kraftfahrzeugen ausschlössen, bestehe hier nicht (S. 9 UA).

Dem tritt die Beklagte nicht substantiiert entgegen. Sie legt nicht hinreichend dar, weshalb hier die Regelung des § 6 Abs. 2 HWG keine Anwendung finden sollte. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 HWG erhalten Wege, Straßen und Plätze die Eigenschaft eines öffentlichen Weges durch Widmung der Wegeaufsichtsbehörde. Mit Widmungsverfügung vom 24. November 1971 ist die hier betroffene Wegefläche – also sowohl die Straße als auch der Gehweg – dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden. Ist eine Straße (mit all ihren Bestandteilen) wie hier allgemein dem Verkehr gewidmet, so umfasst dies zum einen sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr (vgl. § 12 StVO) und zum anderen alle Verkehrsarten und Verkehrszwecke. Sofern die Nutzung eines Weges beschränkt werden soll, ist von § 6 Abs. 2 HWG Gebrauch zu machen (vgl. BüDrs VII/1468, S. 2). Danach kann die Widmung auf einzelne Verkehrsarten sowie auf einzelne Verkehrszwecke beschränkt werden, worauf in der Bekanntgabe der Widmung hinzuweisen ist. Da die Beklagte die Nutzung des hier betroffenen „Gehwegs“ A. Straße/E. B. nicht in der Form des § 6 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 HWG auf Fußgänger- und Fahrradverkehr beschränkt hat, ist dort eine Nutzung durch alle Verkehrsteilnehmer – wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt – wegerechtlich erlaubt.

Soweit die Beklagte vorträgt, eine Nutzungsbeschränkung für Bestandteile einer Wegefläche sehe § 6 Abs. 2 HWG nicht vor, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zunächst ist nicht ersichtlich, was dagegen sprechen sollte, dass eine Widmungsfläche durch eine hinreichend bestimmte Widmungsverfügung verschiedenen Benutzungszwecken zugewiesen wird. Aber auch wenn das – wie die Beklagte vorträgt – nicht möglich sein sollte, bleibt für den Fall, dass eine Nutzungsbeschränkung erwünscht ist, die Möglichkeit, eigens für die von der Nutzungsbeschränkung erfasste Wegefläche eine Widmung vorzunehmen. Der von der Beklagten dagegen erhobene Einwand des hohen Arbeitsaufwandes und der damit verbundenen fehlenden Praxisgeeignetheit des Wegerechts greift schon deshalb nicht durch, weil die Beklagte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG der Bindung an Gesetz und Recht und damit der Bindung an § 6 Abs. 2 HWG unterliegt.

b) Die Beklagte meint unter Bezugnahme auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 5. November 2015 (8 K 4811/15, n.v.) weiter, die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit einer öffentlichen Wegefläche müsse aus Praktikabilitätsgründen anders als nach § 6 Abs. 2 HWG erfolgen. Die nähere Nutzung einer öffentlichen Wegefläche richte sich nach dem Zweck der Widmung. Eine Zweckbestimmung könne konkludent durch die zugedachte Verkehrsfunktion und aufgrund der straßenbaulichen Belastung erfolgen. So sei ein Gehweg – wie hier – ein Weg, der für Fußgänger- und Fahrradverkehr eingerichtet und als Gehweg durch die Pflasterung oder auf ähnliche Weise äußerlich erkennbar sei. Ein Gehweg sei für die Aufnahme des Kraftfahrzeugverkehrs regelmäßig technisch nicht geeignet und seine objektiv erkennbare Zweckbestimmung für bestimmte Verkehrsarten wie den Fußgänger- und Fahrradverkehr stelle eine konkludente Beschränkung der Verkehrswidmung dar.

Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, eine konkludente Beschränkung der Widmung dahingehend, dass ein Teil der Straße, nämlich die dem Fußgängerverkehr dienende, von der Fahrbahn baulich abgesetzte Wegeanlage, dem Fußgängerverkehr gewidmet sei, nehme es nicht an. So müsste sich eine konkludente Beschränkung jedenfalls bereits aus der Bekanntgabe der Widmung und nicht erst aus einer sich aus der baulichen Gestaltung ergebenden objektiven Zweckbestimmung der einzelnen Straßenteile ergeben, da sich sonst mit jeder baulichen Neugestaltung der Straße gleichzeitig auch der Inhalt der Widmung änderte. Derartige Änderungen der Widmung ohne erneute Bekanntgabe setzten diese einer Beliebigkeit aus, die mit § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HWG gerade nicht vereinbar sei. Auf das Hamburgische Wegerecht sei das Bayerische Landesrecht nicht übertragbar. Dieses enthalte eine dem § 6 Abs. 2 Satz 2 HWG entsprechende gesetzliche Regelung nicht, so dass unbeachtlich sei, dass dazu die Ansicht vertreten werde, dass sich auch aufgrund des baulichen Zustandes, der erkennbaren technischen Zweckbestimmung der Straße, also aus der Natur der Sache eine objektive Beschränkung der Widmung ergeben könne und dass die technische Eignung eine äußerste Bremse sei (S. 8 f. UA).

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt die Beklagte nicht substantiiert entgegen. Ihr Ansatz einer konkludenten Beschränkung einer gewidmeten Wegefläche entspricht nicht den strengen Anforderungen an die Bestimmtheit der Widmung (vgl. Schmidt-​Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 7. Kap. III 1. c) Rn. 42 (S. 910); VGH München, Beschl. v. 28.10.2014, 8 ZB 12.1938, KommunalPraxis BY 2015, 26, juris Rn. 14), die auch für deren Beschränkung gelten (vgl. Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 302). Wie oben ausgeführt erhält ein Weg, eine Straße oder ein Platz durch den in der Widmung liegenden Verwaltungsakt die Eigenschaft eines öffentlichen Weges (vgl. § 6 Abs. 1 HWG). Die Widmung wird in ein Wegeverzeichnis eingetragen (§ 9 HWG). Ihr kommt aus diesem Grund eine Registerfunktion, vergleichbar dem Grundbuch, zu. Jeder, der Einsicht in das Verzeichnis nimmt, muss ohne Weiteres erkennen können, ob ein bestimmtes Grundstück, ein bestimmter Grundstücksteil oder eine bestimmte Anlage auf einem Grundstück von der Widmung (und ihren etwaigen Beschränkungen) erfasst ist und demgemäß die Eigenschaft eines öffentlichen Weges bzw. eines Bestandteils eines solchen Weges erhalten hat. Dies dient nicht nur dem Schutz des privaten Grundstückseigentümers, dem die Widmung seine privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse entzieht oder entwertet, sondern auch dem Schutz des zuständigen Straßenbaulastträgers, da so verhindert wird, dass ihm Straßenbaulasten gemäß § 12 HWG aufgedrängt werden, denen er in Wirklichkeit nicht unterliegt. Diesem Zweck widerspricht eine konkludente Beschränkung der Widmung. Eine derartige Widmungsänderung ohne Bekanntgabe setzte diese – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – einer vollständigen Beliebigkeit aus, die mit den ausdrücklichen Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HWG nicht vereinbar ist. Angesichts der Bindung an Gesetz und Recht muss eine Verwaltungspraxis oder ein Verwaltungshandeln der Rechtsordnung entsprechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.8.2003, 3 C 49/02, BVerwGE 118, 379, juris). Dies ist bei einer konkludenten Widmungsänderung nicht der Fall.

Darüber hinaus trägt auch die Ausführung der Beklagten nicht zur Begründung von Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung bei, dass ein „Gehweg“ ein Weg sei, der für Fußgänger- und Fahrradverkehr eingerichtet sei. Dies ist mit dem Wegerecht nicht vereinbar, welches zwischen Geh- und Fahrradwegen unterscheidet (vgl. § 30 Abs. 1 Nr. 1 HWG).

Schließlich kommt die Beklagte ihren Darlegungsanforderungen i.S. des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht nach, weil sie auf das Argument des Verwaltungsgerichts, dass die Ausführungen zum Bayerischen Landesrecht entgegen den Ausführungen in dem in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. November 2015 aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 HWG auf das Hamburgische Wegerecht nicht übertragbar seien, nicht eingeht. Vielmehr geht sie darüber ohne jegliche Begründung hinweg.

c) Die Beklagte macht geltend, der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 2 HWG beschränke den Gemeingebrauch darauf, dass er im Rahmen der Vorschriften über den Straßenverkehr zu erfolgen habe. Das Verwaltungsgericht trete dem wenig überzeugend entgegen, indem es die Auffassung vertrete, dass dieser Regelung lediglich eine Klarstellungsfunktion zukomme. Dies könne der Gesetzesberatung nicht zweifelsfrei entnommen werden.

Auch diese Ausführungen rechtfertigen es nicht, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 2 HWG besage nicht, dass die straßenverkehrsvorschriftswidrige Benutzung einer wegerechtlichen Erlaubnis bedürfe. Die Regelung besage insbesondere nicht, dass damit über den Gemeingebrauch hinausgegangen werde und eine Sondernutzung gegeben sei. Mit der Formulierung „im Rahmen … der Vorschriften über den Straßenverkehr“ werde vielmehr lediglich klargestellt, dass bei einer Benutzung der öffentlichen Wege im Rahmen des Gemeingebrauchs auch die Vorschriften über den Straßenverkehr beachtet werden müssten; weitergehende wegerechtliche Befugnisse würden damit nicht begründet. Insbesondere könne der Inhalt des Gemeingebrauchs nicht durch das Straßenverkehrsrecht bestimmt werden oder die Widmung durch das Straßenverkehrsrecht eine konkludente Beschränkung erfahren. Sache des Straßenverkehrsrechts sei es, ausschließlich die Ausübung des wegerechtlich zugelassenen Gemeingebrauchs zu regeln. Das Straßenverkehrsrecht setze das Straßenrecht voraus (S. 8 f. UA).

Dem tritt die Beklagte nicht substantiiert entgegen. Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sind selbstständige Rechtsmaterien mit unterschiedlichen Regelungszwecken (vgl. Hoffmann-​Riem/Koch, Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2005, S. 336; BGH, Beschl. v. 4.12.2001, 4 StR 93/01, BGHSt 47, 181, juris Rn. 23 f.). Das Straßenverkehrsrecht regelt die Teilnahme am Straßenverkehr, vor allem dessen Sicherheit und Leichtigkeit. Es dient insbesondere der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Das Straßenrecht befasst sich demgegenüber vor allem mit der Entstehung, der Ein- und Umstufung öffentlicher Straßen und der Abgrenzung von Gemeingebrauch zur Sondernutzung. Es regelt mithin die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen und ihre Bereitstellung für den Verkehr durch Widmung. Beide Rechtsmaterien stehen in einem sachlichen Zusammenhang, weil das Straßenverkehrsrecht, insbesondere durch das Erfordernis der straßenrechtlichen Widmung, das Straßenrecht voraussetzt. Während die allgemeinen straßenrechtlichen Schranken den abstrakten Gemeingebrauch umschreiben, bezeichnen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften den jeweils zulässigen Nutzungsumfang, den konkreten Gemeingebrauch. Aus der Übertretung beider Begrenzungen ergeben sich jedoch unterschiedliche Konsequenzen. Ein Verstoß gegen die allgemeinen straßenrechtlichen Schranken führt regelmäßig zur Behandlung als Sondernutzung, ein Übertreten der Verkehrsregeln stellt jedoch (nur) eine straßenverkehrsrechtlich unzulässige Art der Gemeingebrauchsausübung dar (vgl. Schmidt-​Aßmann/Schoch, a.a.O., 7. Kapitel V 1 b) Rn. 55 (S.921 f.)). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. Oktober 1984 (2 BvL 10/82, juris) ausgeführt:
„Über den Gemeingebrauch wird vom Wegerecht, über die Ausübung des Gemeingebrauchs vom Verkehrsrecht entschieden. Durch die Widmung wird bestimmt, welche Verkehrsarten als solche auf der jeweiligen Straße zulässig sein sollen. Beschränkungen der Verkehrsarten oder der Benutzungszwecke sind auf dieser Ebene nur statthaft, soweit sie aufgrund der der Straße mit der Widmung zugedachten Verkehrsfunktionen (etwa: Fahrstraße/ Fußgängerstraße) oder aufgrund der straßenbaulichen Belastungsgrenze (insbesondere: Gewichtsgrenze) erforderlich sind, und zwar unabhängig davon, wieviele Personen und Fahrzeuge jeweils am Verkehr teilnehmen. Probleme, die sich aus der "massenhaften" oder gefährlichen Ausübung der danach zugelassenen Verkehrsarten für die Verkehrsteilnehmer oder für Außenstehende ergeben, bleiben auf dieser Ebene außer Betracht. Der Gemeingebrauch in diesem Sinne deckt alle verkehrsbezogenen Verhaltensweisen, zu denen die jeweilige Verkehrsart Gelegenheit bietet oder zwingt. Im Sinne der Unterscheidung von "Verkehrsarten" und "Verkehrswegen" (BVerfGE 15, 1 (12)) handelt es sich mithin beim Gemeingebrauch um die - dem Bund außerhalb des Bereichs der "Landstraßen für den Fernverkehr" nicht zustehende - Regelung der Straße als Verkehrsweg.

Demgegenüber ist die Regelung der "Ausübung des Gemeingebrauchs" ausschließlich Sache des Straßenverkehrsrechts. Regelungsgegenstand ist hier - allein - die Ausübung der vom zugelassenen Gemeingebrauch umfassten verkehrsbezogenen Verhaltensweisen der jeweiligen Verkehrsart durch den einzelnen Verkehrsteilnehmer in der konkreten Verkehrssituation sowie die Einschränkung oder Untersagung dieser Ausübung mit Rücksicht auf die sich aus ihr ergebenden Nachteile oder Gefahren für Sicherheit oder Ordnung für die Verkehrsteilnehmer oder für Außenstehende. Dabei darf die Regelung des konkreten Verkehrsverhaltens nicht im Ergebnis auf eine Erweiterung oder Beschränkung der Widmung - durch Zulassung oder Untersagung einer ganzen Verkehrsart - hinauslaufen, da diese Frage bereits zum Gemeingebrauch selbst gehört.“
Dies zugrunde gelegt bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Widmung könne durch das Straßenverkehrsrecht nicht konkludent beschränkt werden. Straßenverkehrsordnungswidriges Handeln begründet nicht (automatisch) eine Sondernutzung. Darauf geht die Beklagte entgegen ihrer Darlegungspflicht aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht ein.

Soweit die Beklagte darauf verweist, die vom Verwaltungsgericht vertretene Lesart des § 16 Abs. 1 Satz 2 HWG könne der Gesetzesberatung nicht entnommen werden, kann auch dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung hervorrufen. So wird im Bericht des Sonderausschusses der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg für das Hamburgische Wegegesetz ausgeführt, dass die Mehrheit dargelegt habe (zum Senatsantrag Nr. 138/1958, S. 11, März 1961):
„(…)
Die über den Gemeingebrauch im Sinne des § 7 Abs. 1 FStrG hinausgehende Benutzung der Straße wird vom Bundesgesetzgeber nicht geregelt. Nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung und der Kommentare zum Art. 74 Nr. 22 GG ist es allein dem Landesgesetzgeber vorbehalten zu bestimmen, in welchem Umfange er die über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung einer Straße als Sondernutzung zulassen will.

(…)
Wenn in § 16 Absatz 1 AE die „Vorschriften über den Straßenverkehr“ erwähnt werden, so wird damit nur klargestellt, dass bei einer zulässigen Benutzung der öffentlichen Wege auch die Vorschriften über den Straßenverkehr beachtet werden müssen und dass nicht etwa weitergehende wegerechtliche Befugnisse begründet werden.“
d) Die Beklagte macht schließlich geltend, das Verwaltungsgericht erkläre nicht schlüssig, weshalb – die Richtigkeit dieser Auffassung zum Gemein-​/Sondergebrauch unterstellt – es der Regelung des § 18 Abs.1 Satz 1 HWG überhaupt bedürfe. Der Anlieger könnte nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ohne Erlaubnis nach § 18 HWG den Gehweg im Rahmen des Gemeingebrauchs überfahren.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, aus § 18 Abs. 1 Satz 1 HWG könne nicht geschlossen werden, dass das Befahren eines Gehwegs für Nichtanlieger nicht vom Gemeingebrauch umfasst sei, sondern eine Sondernutzung nach § 19 HWG sei. Die Anlage und Benutzung einer Überfahrt zum privaten Grundstück gehöre nicht zum straßenrechtlichen Gemeingebrauch im Sinne der Definition in § 19 Abs. 1 Satz 1 HWG und der Regelungen in § 16 HWG. Nur Anlieger könnten die Überfahrt von einem Grundstück zur Fahrbahn eines öffentlichen Wegs verlangen. Grundstücksbedingt hätten nur sie diesen Bedarf, und nur sie hätten mit Blick auf Art. 14 GG grundsätzlich auch einen Anspruch auf eine Überfahrt, die ansonsten wegen des mit deren Herstellung verbundenen baulichen Eingriffs in den Wegekörper eine Sondernutzung darstelle, auf deren Erlaubnis ein Anspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 3 HWG nicht bestehe (S. 10 UA).

Dem tritt die Beklagte nicht substantiiert entgegen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind nicht zu beanstanden. Wenn es die Vorschrift des § 18 HWG nicht gäbe, stellte die Herstellung der Überfahrt zum privaten Grundstück wegen des damit verbundenen baulichen Eingriffs in den Wegekörper (vgl. § 19 Abs. 1 Alt. 2 HWG) eine Sondernutzung für den Anlieger dar. Da es sich bei einer Sondernutzung um eine nach § 19 Abs. 1 Satz 3 HWG im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung handelt, kommt diese Regelung dem aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Anspruch der Anlieger auf eine Überfahrt nicht nach. Dies rechtfertigt die Existenz des § 18 HWG, auch wenn das Befahren eines dem (allgemeinen) öffentlichen Verkehr gewidmeten Gehwegs wegerechtlicher Gemeingebrauch ist. Damit setzt die Beklagte sich entgegen ihrer Darlegungspflicht aus § 124a Abs. 4 Satz 4 HWG nicht auseinander.

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (OVG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2012, 5 Bf 241/10.Z, ZInsO 2012, 989, juris Rn. 32). Der Zulassungsantrag muss daher erläutern, dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.5.2009, 3 Bf 96/09.Z, n.v.). Ist die Rechtsfrage obergerichtlich oder höchstrichterlich geklärt, erfordert die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit den Vortrag, welche neuen gewichtigen Gesichtspunkte vorliegen, die bislang von der Rechtsprechung noch nicht berücksichtigt worden sind (BVerwG, Urt. v. 31.7.1984, 9 C 46.84, BVerwGE 70, 24, juris Rn. 13; Beschl. v. 14.5.1997, 1 B 93.97, NVwZ-​RR 1997, 621, juris Rn. 3; Beschl. v. 9.3.1993, 3 B 105.92, NJW 1993, 2825, juris Rn. 3).

Mit ihrem Zulassungsantrag macht die Beklagte geltend, es sei bisher ungeklärt, ob das Befahren des Gehwegs mittels eines Pkw gemäß § 16 HWG vom Gemeingebrauch gedeckt sei oder eine Sondernutzung nach § 19 HWG darstelle, die ihrerseits gebührenpflichtig sei. Das Verwaltungsgericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Befahren eines Gehwegs vom Gemeingebrauch gedeckt sei und vorliegend eine Gebührenpflicht nicht bestehe, da die Benutzungsintensität des Gehwegs beim Befahren für wenige Meter bis zum Abstellort zu gering sei und zudem die Erhöhungsgebühr unverhältnismäßig sei. Dem entgegengesetzt sei das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. November 2015 (8 K 4811/15, a.a.O.) trotz gleichliegenden Sachverhalts zum Ergebnis gekommen, dass das Befahren eines Gehwegs mit einem Pkw eine Sondernutzung darstelle, die gebührenpflichtig sei. Dies rechtfertige die Zulassung der Berufung.

Diese Ausführungen reichen zur Darlegung einer rechtsgrundsätzlichen Bedeutung i.S.v. §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht aus. Die Beklagte wirft keine klärungsbedürftige Frage auf, weil sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts beantworten lässt (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 143). Es ist es gerade nicht fraglich, sondern ergibt sich bindend aus der durch die Behörde erfolgten (formellen) Widmung, die (bei Bedarf) gemäß § 6 Abs. 2 HWG auch Nutzungsbeschränkungen umfassen kann, ob die Nutzung einer öffentlichen Wegefläche durch einen Pkw dem Gemeingebrauch entspricht oder eine Sondernutzung darstellt; auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen (s.o. unter 1.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.