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OLG Hamm Beschluss vom 08.04.2016 - I-9 U 79/15 - Darlegungs- und Beweislast für Vorschadenabgrenzung

OLG Hamm v. 08.04.2016: Zur Darlegungs- und Beweislast für die Abgrenzung von Fahrzeugvorschäden zu Unfallschäden


Das OLG Hamm (Beschluss vom 08.04.2016 - I-9 U 79/15) hat entschieden:
  1. Zur schlüssigen Darlegung eines durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens braucht es ggf. einer substantiierten Darlegung der behaupteten Reparatur eines massiven Vorschadens, der auch den durch den streitgegenständlichen Unfall betroffenen Fahrzeugbereich betrifft.

  2. Für die Zuerkennung der geltend gemachten weiteren Schadenspositionen wie Sachverständigenkosten und Kostenpauschale ist kein Raum, wenn bereits der durch das streitgegenständliche Schadensereignis verursachte Fahrzeugschaden nicht hinreichend dargetan ist.

Siehe auch Alt- bzw. Vorschäden am Fahrzeug und Einzelne Schadenspositionen in der Unfallregulierung


Gründe:

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - zutreffend. Die Sache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Schließlich erscheint auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten. Im Einzelnen:

1. Der Senat hält die Berufung des Klägers einstimmig für offensichtlich aussichtslos. Das Landgericht hat die Klage zu Recht bereits dem Grunde nach insgesamt mangels hinreichender Darlegung eines durch den streitgegenständlichen Unfall verursachten ersatzfähigen Schadens abgewiesen.

Der Senat nimmt vorab Bezug auf die Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, denen er sieh nach Maßgabe der nachfolgenden ergänzenden Bemerkungen anschließt.

Das Landgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass es zur schlüssigen Darlegung eines durch den streitgegenständlichen Unfall verursachten mess- und abgrenzbaren Fahrzeugschadens einer substantiierten Darlegung der behaupteten (nach klägerischer Darstellung ordnungsgemäßen und fachgerechten) Reparatur des - ausweislich des mit der Klageerwiderung als Anlage B 7 vorgelegten Schadensgutachtens vom 18.12.2012 - ganz überwiegend auch die jetzt betroffenen linksseitigen Fahrzeugbereiche betreffenden massiven Vorschadens aus dem Jahre 2012 (schon damals wirtschaftlicher Totalschaden) bedarf, zumal Art, Umfang und Qualität der Reparatur dieses Vorschadens naturgemäß auch erheblichen Einfluss auf die Höhe des hier - fiktiv auf Gutachtenbasis - geltend gemachten Wiederbeschaffungsaufwandes haben.

An der danach erforderlichen (dem Kläger auch bereits vom Landgericht im Verhandlungstermin vom 21.01.2015 ausdrücklich aufgegebenen) konkreten Darlegung der - sich im Übrigen auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Schadensgutachten des Dipl.-​Ing. M. vom 07.05.2014 (Bl. 14 ff. GA) ergebenden - Art und Weise sowie der Qualität der Reparatur, insbesondere an einem konkreten Vortrag zum Reparaturweg (inwieweit Austausch von Teilen, inwieweit Instandsetzung, etc.), zu den dabei verwendeten Teilen (inwieweit Neuteile, inwieweit Gebrauchtteile) sowie auch zur Qualifikation des Reparateurs, fehlte es in erster Instanz in der Tat, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt. Auch unter Mitberücksichtigung des jetzigen weiteren Vorbringens in der Berufungsbegründung ist der klägerische Vortrag hierzu nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht ausreichend. Insbesondere lässt sich dem klägerischen Vorbringen auch weiterhin nicht hinreichend konkret entnehmen, ob und inwieweit ein- und ausgebaute Teile ausgetauscht oder instandgesetzt worden sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die vom Kläger als Anlage K 3 ff. (Bl. 97 ff. GA) vorgelegten Teilerechnungen sich nur über - zudem teilweise bei einem Vergleich mit dem diesbezüglichen Schadensgutachten nicht einmal hinreichend klar dem Vorschaden zuzuordnende - Teile zu einem Nettopreis von insgesamt knapp 2.700 6 verhalten, während im Vorschadensgutachten zur Reparatur erforderliche Teile für insgesamt netto knapp 14.400 € aufgeführt sind, u. a. beispielsweise eine (in den vom Kläger vorgelegten Teilerechnungen nicht auftauchende) Servolenkung, die allein schon 2.159,85 € netto ausmacht.

Im Übrigen ist der jetzige weitere klägerische Vortrag ohnehin verspätet und könnte deshalb - wenn man ihn denn für ausreichend halten wollte - von vornherein keine Berücksichtigung finden (§ 531 Abs. 2 ZPO). Denn der Kläger hat auch aus Sicht des Senats - wie von der Berufungserwiderung (dort auf S. 3 f., Bl. 181 f. GA) zu Recht geltend gemacht - nicht nachvollziehbar dargetan, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass er seinen Vortrag zur Art und Weise der Vorschadenreparatur nicht schon in erster Instanz hätte konkretisieren können, zumal er nach seinen eigenen Angaben beim Landgericht (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 21.01.2015, dort insbesondere S. 2, Bl. 117 GA) in der KFZ-​Branche tätig ist und die Teile für die Reparatur selbst gekauft haben will.

Ist danach bereits ein durch das jetzige Schadensereignis verursachter ersatzfähiger Fahrzeugschaden nicht hinreichend dargetan, ist ferner von vornherein kein Raum für die Zuerkennung der geltend gemachten weiteren Schadenspositionen (Sachverständigenkosten und Unkostenpauschale). Dies gilt insbesondere für die Kosten des Schadensgutachtens, das aus den genannten Gründen zur Darlegung eines durch das jetzige Schadensereignis verursachten mess- und abgrenzbaren Fahrzeugschadens nicht brauchbar ist; es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass dem Sachverständigen hinreichend konkrete Angaben zum Vorschaden sowie der Art und Weise der Reparatur dieses Vorschadens gemacht worden sind und vom Sachverständigen bei seinen Kalkulationen berücksichtigt werden konnten.

2. Die Berufung ist nach alledem aussichtslos.

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.

Schließlich ist eine mündliche Verhandlung angesichts dessen, dass es keiner Beweisaufnahme bedarf, nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht geboten.

Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.



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