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OLG Rostock Beschluss vom 21.03.2006 - 8 U 113/05 - Unterschiedliche Auffassungen in SV-Gutachten kommen nicht grobfahrlässig zu Stande
OLG Rostock v. 21.03.2006: Unterschiedliche Auffassungen in SV-Gutachten kommen nicht grobfahrlässig zu Stande
Das OLG Rostock (Beschluss vom 21.03.2006 - 8 U 113/05) hat entschieden:
Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständigen habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet.
Siehe auch Die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen und Die Sachverständigenkosten in der Unfallschadenregulierung
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Gem. § 839 a BGB haftet der Sachverständige nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und dieser schwerwiegende Vorwurf - Vorsatz dürfte von vornherein ausscheiden - versteht sich nicht von selbst. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Beklagte die bei der Erstellung seines Gutachtens erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im vorliegenden Fall jedem einleuchten mußte. Bei grober Fahrlässigkeit müssen zudem subjektive Momente hinzukommen, die eine gesteigerte Vorwerfbarkeit begründen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 277 RdN 5). Alleine daraus, dass der Beklagte zwei Sachverständigengutachten erstellt hat, wobei das zweite in einigen wenigen Fragen von den Feststellungen eines Privatgutachters abweicht, während der Kläger den ihm günstigen Teil der Gutachten akzeptiert, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten nicht ohne weiteres. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständigen habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Hinzu kommt, worauf bereits der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, dass das Landgericht und das Oberlandesgericht in der Ursprungssache keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, so dass der Kläger näher hätte erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zu Grunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen.
Abgesehen davon aber hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Begutachtung des Beklagten nicht "grob falsch" bzw. "falsch" gewesen ist. Zwar hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil eine unzutreffende Terminologie verwendet, weil § 839 a BGB ein "unrichtiges" Gutachten voraussetzt, es ist indes nicht zu besorgen, dass es damit die Anforderungen an die Fehlerhaftigkeit zu Lasten des Klägers zu hoch angesetzt hat. Die Unrichtigkeit des Gutachtens kann sich - ähnlich wie bei § 412 ZPO - zum einen daraus ergeben, dass der Sachverständige von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder dass er aus den Befundtatsachen unvertretbar falsche Schlüsse zieht (Palandt/Sprau BGB, 65. Aufl. § 839 a, RdN 3). Beide Voraussetzungen hat das Landgericht zu Recht verneint. ..."