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OLG Brandenburg Beschliss vom 29.03.2007 - 12 W 47/06 - Zur Bemessung des Unterhaltsschadens bei Freiberuflern

OLG Brandenburg v. 29.03.2007: Zur Bemessung des Unterhaltsschadens bei Freiberuflern


Das OLG Brandenburg (Beschliss vom 29.03.2007 - 12 W 47/06) hat entschieden:
Bei der Bemessung des Unterhaltsschadens ist bei Freiberuflern das durchschnittliche Jahreseinkommen der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Sodann sind Abzüge vorzunehmen in Höhe der Einkommenssteuer, der Aufwendungen für Kranken-, Pflege- und Unfallversicherungen, für Vermögensbildung, Rücklagen für Investitionen, Altersvorsorge und freiwillige Beiträge für Versicherungen. Ferner sind die fixen Kosten der Haushaltsführung mit 40 % des verbleibenden Einkommens anzusetzen. Der dann verbleibende Betrag ist als monatliche Rente auf die Hinterbliebenen aufzuteilen.


Siehe auch Unterhaltsschaden nach teilweise oder ganz unverschuldetem Verkehrsunfall und Stichwörter zum Thema Personenschaden


Zum Sachverhalt: Die Antragstellerinnen sind die nichtehelichen Kinder des am 30.08.2000 tödlich verunfallten J. R. Sie begehren Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie die Antragsgegnerin zu 1. als Fahrerin sowie den Antragsgegner zu 2. als Haftpflichtversicherer des Unfallfahrzeuges vom Typ BMW mit dem amtlichen Kennzeichen … in Anspruch nehmen wollen.

Der Vater der Antragstellerinnen befand sich als Insasse in dem von der Antragsgegnerin zu 1. gesteuerten Fahrzeug, als dieses am 30.08.2000 gegen 2:25 Uhr auf der Bundesstraße … aus Richtung L. in Richtung N. aufgrund alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit der Antragsgegnerin zu 1. in Höhe der Ortsumgehung R. von der Fahrbahn abkam und gegen zwei Bäume prallte. Dabei wurde der Vater der Antragstellerinnen tödlich verletzt. Die Parteien streiten über die Höhe der den Antragstellerinnen entgangenen Unterhaltsansprüchen, insbesondere das von dem Kindesvater J. R. zum Zeitpunkt seines Todes erzielte Einkommen, sowie über ein dem Vater der Antragstellerinnen zuzurechnendes Mitverschulden.

Der Vater der Antragstellerinnen lebte mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Er war zuletzt als Werbeverkaufsveranstalter tätig. Die Antragstellerinnen tragen unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung eines Steuerberaters sowie betriebswirtschaftliche Auswertungen für die Jahre 1998 bis 2000 vor, der Vater habe ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.452,00 € erzielt, das zu Unterhaltszwecken eingesetzt worden sei. Die Kindesmutter sei nicht berufstätig gewesen und habe ihnen gegenüber die Betreuungsleistungen erbracht. Unter Bezugnahme auf die Düsseldorfer Tabelle und der Einkommensgruppe II machen die Antragstellerinnen eine monatliche Unterhaltsrente unter Anrechnung des Kindergeldes von 312,00 € (Antragstellerin zu 1.) bzw. 257,00 € (Antragstellerin zu 2.) geltend. Zugleich berechnen sie ihre rückständigen Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung der Düsseldorfer Tabelle für den Zeitraum von September 2000 bis August 2005 auf 14.470,00 € bzw. 11.860,00 €; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift verwiesen.

Die Antragsgegner bestreiten die Einkommensverhältnisse im Hinblick darauf, dass keine ausreichenden Belege hinsichtlich der Einkünfte des Vaters der Antragstellerinnen vorgelegt werden könnten, mit Nichtwissen. Sie wenden ein, dem Getöteten sei ein Mitverschulden von mindestens 1/3 anzurechnen, da er - was unstreitig ist - nicht angeschnallt gewesen sei und bei Anlegen des Sicherheitsgurtes die schweren Verletzungen nicht eingetreten wären. Darüber hinaus ergebe sich ein Mitverschulden des Getöteten daraus, dass er sich zu einer alkoholbedingt fahruntüchtigen Fahrerin ins Fahrzeug gesetzt habe, die zudem über keine Fahrerlaubnis verfügt habe.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die beabsichtigte Prozessführung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der geltend gemachte Anspruch auf Rentenzahlung sei der Höhe nach nicht hinreichend ermittelbar. Die von den Antragstellerinnen zur Verfügung gestellten Unterlagen genügten nicht den Anforderungen an die Berechnung der Leistungsfähigkeit. Aus den vorgelegten Abrechnungen sei nicht ersichtlich, welches Einkommen dem Getöteten tatsächlich nach steuerlichen und persönlichen Abzügen zur freien Verfügung gestanden habe. Aus den betriebswirtschaftlichen Auswertungen ergebe sich nicht, welche Positionen rein privater Natur seien und welche Positionen betriebliche Ausgaben darstellten. Zudem fehlte der Nachweis, dass der Getötete allein für den Unterhalt der Antragstellerinnen habe aufkommen müssen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen. Sie vertiefen ihre Auffassung, dass die vorgelegten Unterlagen ausreichend seien, um den Unterhaltsbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln. Die von der Rechtsprechung vorgenommene Anknüpfung an die unterhaltsrechtliche Situation einer intakten Familie sei vorliegend unbeachtlich, weil die Familie wegen der überwiegend ortsabwesenden Berufstätigkeit des Kindesvaters mit erhöhten fixen Kosten gelebt habe, so dass die Düsseldorfer Tabelle anwendbar sei.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 18.10.2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Die Antragstellerinnen haben den ihnen unstreitig nach den §§ 844 Abs. 2 BGB, 10 Abs. 2 StVG zustehenden Schadensersatzanspruch wegen entgangener Unterhaltsleistungen des bei dem Unfall vom 30.08.2000 getöteten Kindesvaters J… R… in dieser Höhe schlüssig dargetan, so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 114 S. 1 ZPO). Die Angaben der Antragstellerinnen lassen eine nach § 287 ZPO mögliche Schätzung des eingetretenen Unterhaltsschadens zu.

a) Bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsschadens ist eine Prognose erforderlich, wie sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen bei Unterstellung seines Fortlebens nach dem Unfall entwickelt haben würden. Erforderlich ist eine vorausschauende Betrachtung, in die alle voraussehbaren Veränderungen der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten und der (hypothetischen) Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, wäre er noch am Leben, einzubeziehen sind. Für diese Prognose gilt der Maßstab des § 287 ZPO. Das bedeutet, dass die Einschätzung des Richters nicht „in der Luft schweben“ darf, vielmehr benötigt er für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung greifbare Tatsachen als Ausgangspunkt. Andererseits räumt ihm § 287 ZPO eine besonders freie Stellung ein, die Schätzungen im Sinne eines Wahrscheinlichkeitsurteils erlaubt und nach Lage des Falles sogar gebieten kann, weil die Vorschrift dem Geschädigten zu einem gerechten Ausgleich verhelfen soll. Dabei sind bei der Festsetzung der Unterhaltsrente für die Zukunft sämtliche für die Bemessung dieser Rente im Bemessungszeitraum zukünftig maßgebend werdenden Faktoren zu berücksichtigen. Unsicherheiten über die Bemessungsfaktoren sind im Rahmen des nach § 287 ZPO Zulässigen im Schätzergebnis zu verarbeiten (vgl. BGH NJW-RR 1990, 962; BGH NJW 2004, 358, 360 m.w.N.; BGH NJW 2006, 2327; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 319). Maßgeblich ist der fiktive, nach den §§ 1615 a, 1602 ff. BGB gesetzlich geschuldete Unterhalt. Auszugehen ist dabei von dem tatsächlichen Nettoeinkommen, das der Getötete wahrscheinlich ohne den Tod erzielt hätte.

b) Im vorliegenden Fall hält es der Senat für hinreichend wahrscheinlich (§ 287 ZPO), dass der getötete Kindesvater ein fiktives durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich 2.251,34 DM = 1.151,09 € erzielt hätte. Grundsätzlich ist bei einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit auf das Durchschnittseinkommen in den letzten drei Jahren abzustellen (vgl. BGH NJW 1985, 909, 910). Entgegen der Ansicht der Antragsgegner ist bei der Ermittlung des fiktiven Durchschnittseinkommens auch der im Jahre 1998 erzielte Gewinn von 39.826,36 DM zu berücksichtigen. Richtig ist zwar, dass dieser sich aus der vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertung für Dezember 1998 ergebende Jahresgewinn die Tätigkeit des Getöteten bei der Firma Me… beinhaltet und der Getötete nach seinem Wechsel zu der Firma M… in Februar 1999 zunächst nicht annähernd ein gleichwertiges Einkommen erzielte, nachdem die vorliegende betriebswirtschaftliche Auswertung für das Jahr 1999 nur noch einen Jahresgewinn in Höhe von 19.279,02 DM ausweist. Diese anfänglichen Schwierigkeiten schien der Getötete jedoch zum Zeitpunkt seines Unfalltodes überwunden zu haben, nachdem die betriebswirtschaftliche Auswertung zum 30.06.2000 bereits einen Gewinn von 21.581,62 DM bescheinigt, also bereits zum Halbjahreszeitpunkt mehr als im gesamten vorangegangenen Jahr 1999. Allein für den Abrechnungszeitraum Juni 2000 ergeben sich aus der vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertung Provisionserlöse in Höhe von 21.896,54 DM; damit im Einklang stehen die von den Antragstellerinnen eingereichten Rechnungen des Getöteten für den Zeitraum Mai und Juni 2000 über insgesamt 16.600,00 DM. Es deutet daher alles darauf hin, dass es sich bei dem eher schwächeren Jahresergebnis für 1999 um einen „Ausreißer“ nach unten gehandelt hat und der Vater der Antragstellerinnen ohne den Unfall einen Gewinn gemacht hätte, der eher in dem Bereich der bei der Firma Me… erzielten Einkünfte gelegen hätte. Nach alledem ist die Annahme gerechtfertigt, dass bis zum Ende des Jahres 2000 ein Gewinn in der Jahr 1998 erzielten Höhe erreicht worden wäre, so dass der im Jahre 1998 erzielte Gewinn bei der Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens des Getöteten nicht unberücksichtigt bleiben kann. Soweit die Antragsgegner die Einkommensverhältnisse des Getöteten mit Nichtwissen bestritten haben, erscheinen die aus den vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen sich ergebenden Zahlen jedenfalls hinreichend geeignet, um - notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - das dem Getöteten zur Verfügung stehende Einkommen zu ermitteln.

Da das durchschnittliche Einkommen nur aus den Jahreseinkünften gebildet werden darf, die nach Abzug der jeweils auf das einzelne Jahr entfallenden Steuern verbleiben (vgl. BGH NJW 1985 a.a.O.), sind von den aus den betriebswirtschaftlichen Auswertungen ermittelten Gewinnzahlen für jedes Jahr die darauf entfallende Einkommenssteuer, die Kirchensteuer in Höhe von 9 % des Einkommenssteuersatzes sowie der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % des Einkommenssteuersatzes abzuziehen. Da die Kindeseltern nicht verheiratet waren, ist der Einkommenssteuersatz nach der jeweiligen Grundtabelle der Anlage 2 zu § 32 a Abs. 4 EStG zugrunde zu legen. Danach errechnet sich für das Jahr 1998 ein Einkommen nach Steuern in Höhe von 30.831,24 DM, für 1999 in Höhe von 17.422,97 DM und für 2000 in Höhe von 19.285,89 DM. Bei der Ermittlung der Einkünfte für das Jahr 2000 kann lediglich der Zeitraum bis 30.06.2000 zugrunde gelegt werden, da andere Zahlen nicht vorliegen. Insgesamt errechnet sich für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 30.06.2000 ein Gesamteinkommen von 67.540,10 DM, woraus sich ein durchschnittliches fiktives Monatseinkommen von 2.251,34 DM (67.540,10 DM : 30) ergibt.

c) Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass das Einkommen auch in dieser Höhe in vollem Umfang für den Unterhalt der Familie zur Verfügung gestanden hätte. Vielmehr sind von diesem grundsätzlich zur Verfügung stehenden Einkommen Aufwendungen für Kranken-, Pflege- und Unfallversicherungen sowie zur Vermögensbildung, Rücklagen für Investitionen und die Altersvorsorge sowie freiwillige Beiträge für Versicherungen in Abzug zu bringen (vgl. Küppersbusch, a.a.O., Rn. 332). Diese Beiträge schätzt der Senat mangels anderweitiger konkreter Angaben auf 20 % des Bruttoeinkommens (vgl. Pardey, Berechnung von Personenschäden, 3. Aufl., Rn. 1398), mithin 537,91 DM. Somit verbleibt ein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Einkommen in Höhe von 1.713,43 DM. Von diesem Einkommen sind zunächst die in unveränderte Höhe anfallenden fixen Kosten der Haushaltsführung abzuziehen, das verbleibende Einkommen sodann auf den Getöteten und die verbliebenen Familienmitglieder nach Quoten aufzuteilen und schließlich die danach auf die Hinterbliebenen entfallenden Beträge um den nur auf die Hinterbliebenen entfallenen Anteile an den fixen Kosten des Haushaltes zu erhöhen. Die fixen Kosten der Haushaltsführung, d. h. diejenigen Ausgaben, die weitgehend unabhängig vom Wegfall eines Familienmitgliedes als feste Kosten des Haushaltes weiterlaufen (vgl. BGH VersR 1988, 954; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 336), schätzt der Senat nach § 287 ZPO, da konkreter Vortrag zur Höhe der fixen Kosten nicht vorliegt, in Anlehnung an Eckelmann/Nehls/Schäfer (NJW 1984, 945 ff.) auf 40 % des hypothetischen Einkommens des Vaters, mithin 685,37 DM. Eine Schätzung in dieser Höhe ist vom BGH nicht beanstandet worden (vgl. BGH NJW 2007, 506, 507 unter II. 2 a; vgl. auch OLG Zweibrücken, VersR 1994, 613, 614; Heß in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts Kap. 6 G, Rn. 41). Das danach für die persönlichen Bedürfnisse der Familie verbleibende Einkommen von 1.028,06 DM ist auf die Antragstellerin zu 1. zu 20 % und auf die Antragstellerin zu 2. zu 15 % zu verteilen. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Antragstellerinnen verschiedenen Altersgruppen angehören. Die Antragstellerin zu 1. war zum Unfallzeitpunkt knapp 7 Jahre und ist heute 13 Jahre alt, die Antragstellerin zu 2. war 2 und ist heute 8 Jahre alt. Bei der Bemessung des Unterhaltsschadens nach den §§ 844 Abs. 2 BGB, 10 Abs. 2 StVG dürfen die Schadensrenten für Kinder, die unterschiedlichen Altersgruppen angehören, grundsätzlich nicht gleich hoch ausfallen. In solchen Fällen ist eine Quotierung zu wählen, die das unterschiedliche Alter der Kinder durch eine unterschiedlich hohe Quote berücksichtigt (z. B. 35 : 30 : 20 : 15, vgl. BGH VersR 1987, 1243, 1244). Bei der Aufteilung der fixen Kosten auf die verbliebenen Familienmitglieder ist im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO von einem Mittelwert von 2 : 1 : 1 bei einem verbliebenen Elternteil und zwei Kindern auszugehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Unterhaltsbedarf des verbliebenen Elternteils im Allgemeinen höher anzusetzen ist als der eines Kindes (vgl. BGH VersR 1988, 954). Dabei ist der Umstand, dass die Kindeseltern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebten und die Kindesmutter daher keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den getöteten Kindesvater hatte, bei der Aufteilung der fixen Haushaltskosten nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2007, 506, 507). Nach alledem errechnet sich einen monatliche Unterhaltsrente zu Gunsten der Antragstellerin zu 1. von 376,95 DM (1.028,06 x 0,20 + 685,37 x 0,25) oder umgerechnet 192,73 € und zu Gunsten der Antragstellerin zu 2. von 325,55 DM (1.028,06 x 0,15 + 685,37 x 0,25) oder umgerechnet 166,45 €.

2. Ein weiterer Abzug aufgrund eines den Vater der Antragstellerinnen treffenden Mitverschuldenseinwandes gem. § 254 BGB ist im Rahmen des vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahrens nicht vorzunehmen. Zwar ist unstreitig, dass der Getötete den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte. Die Beweislast dafür, dass die Verletzungen bei angelegtem Gurt vermieden oder weniger schwer ausgefallen wären, trifft jedoch die Antragsgegner; für das Vorliegen eines Anscheinsbeweises zu ihren Gunsten sprechen im Streitfall keine Anhaltpunkte. Selbst wenn man im Hinblick darauf, dass der Vater der Antragstellerinnen bei dem Unfall getötet wurde, die Beweislast für die Behauptung, der Tod wäre angesichts der Schwere des Unfalls auch bei angelegtem Sicherheitsgurt eingetreten, bei den Antragstellerinnen sehen würde, haben die Antragstellerinnen hierfür entsprechend Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Hinsichtlich des Alkoholgenusses der Antragsgegnerin zu 1. ist ein zu berücksichtigendes Mitverschulden nur gegeben, wenn der Unfall nachweisbar durch Fahruntüchtigkeit verursacht wurde und sich dem Vater der Antragstellerinnen bei zumutbarer Aufmerksamkeit aus den erkennbaren Gesamtumständen begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit der Antragsgegnerin zu 1. zu Beginn der Fahrt aufdrängen müssten (vgl. Küppersbusch a.a.O., Rn. 494 m.N. aus der Rechtsprechung). Die Beweislast trifft auch hier die Antragsgegner. In diesem Zusammenhang reicht der Vortrag der Antragsgegner, die Antragsgegnerin zu 1. habe alkoholische Getränke zu sich genommen, ohne näher zu Art, Menge und Zeitraum des Alkoholkonsums vorzutragen, nicht zur Begründung eines Mitverschuldens aus, da daraus nicht ersichtlich ist, dass sich dem Getöteten die Fahruntüchtigkeit der Antragsgegnerin zu 1. geradezu hätte aufdrängen müssen. Entsprechendes gilt für die Kenntnis von der fehlenden Fahrerlaubnis der Antragsgegnerin zu 1. Die Behauptung, der Getötete habe die Antragsgegnerin zu 1. zu einer schnelleren Fahrweise angehalten, ist streitig und wird sich ohne die von beiden Parteien angeregte Vernehmung der Antragsgegnerin zu 1. nicht klären lassen.

Schließlich begründet auch die außergerichtliche Korrespondenz der Parteien keine Mithaftung. Aus den vorgelegten Schreiben der Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerinnen vom 16.06.2003 ist eindeutig zu entnehmen, dass sich das Einverständnis zur Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 1/3 lediglich auf die zwischen den Parteien seinerzeit geführten Vergleichsverhandlungen bezog. Ein Anerkenntnis einer Haftungsquote von 1/3 auch für den Fall des Scheiterns der Vergleichsverhandlungen ist damit nicht verbunden und auch sonst nicht ersichtlich. ..."