Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 26.09.1995 - VI ZR 245/94 - Der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls bei nicht selbständigen Arbeitnehmern muss immer auf das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit begrenzt werden

BGH v. 26.09.1995: Der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls bei nicht selbständigen Arbeitnehmern muss immer auf das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit begrenzt werden


Der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls bei nicht selbständigen Arbeitnehmern muss immer auf das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit begrenzt werden.

Dies ist das 65. Lebensjahr, und zwar für Männer und Frauen (dies gilt trotz der dort früher geltenden Altersgrenze von 60 Jahren auch für ehemalige Bewohnerinnen der DDR, sofern deren Altersrente erst nach dem 31.12.1996 beginnt), vgl. BGH (Urteil vom 26.09.1995 - VI ZR 245/94).

Die Vollendung des 65. Lebensjahres als Zeitpunkt für die Begrenzung der Verdienstausfallrente eines nicht selbständig Tätigen ist auch bei Frauen maßgebend. Das gilt auch für Bewohnerinnen der ehemaligen DDR, soweit deren Altersrente erst nach dem 31.12.1996 beginnt.


Siehe auch Erwerbsschaden - Einkommensnachteile - Verdienstausfall und Prognosebildung bezüglich des hypothetischen Zukunftseinkommens


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Das Berufungsgericht hat der Klägerin eine Schadensersatzrente ohne jede zeitliche Begrenzung, das heißt bis zum Ende ihres Lebens zuerkannt. Das rügt die Revision zu Recht als rechtsfehlerhaft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Verdienstausfallrente auf die voraussichtliche Dauer der Erwerbstätigkeit des Verletzten, wie sie sich ohne den Unfall gestaltet hätte, zu begrenzen (Urteile vom 20. November 1984 - VI ZR 169/83 - VersR 1985, 90, 91 zu III.; vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 - VersR 1988, 464, 465; vom 30. Mai 1989 - VI ZR 193/88 - VersR 1989, 855, 857; vom 19. Oktober 1993 - VI ZR 56/93 - VersR 1994, 186; und vom 27. Juni 1995 - VI ZR 165/94). Dabei ist grundsätzlich bei einem - wie hier - nicht selbständig Tätigen auf den gesetzlich mit Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dieser Zeitpunkt für die Begrenzung der Verdienstausfallrente, der durch den letzten Tag des Monats markiert wird, in dem der Arbeitnehmer sein 65. Lebensjahr vollendet, ist auch bei Frauen maßgebend (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1993 aaO). Dies gilt auch für Frauen in der Situation der Klägerin als Bewohnerin der ehemaligen DDR.

a) Frauen haben unter bestimmten Voraussetzungen allerdings schon Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollenden (§ 39 SGB VI). Die Herabsetzung der Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr bei Frauen geschah 1957 mit der Einführung des § 1248 Abs. 3 RVO durch das Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (BGBl 1957 I S. 45, 52). Zur Begründung wurde damals geltend gemacht, dass versicherte Frauen vielfach einen Doppelberuf als Arbeitnehmer und Hausfrauen erfüllen, der eine frühzeitige Abnutzung der Kräfte und damit vorzeitige Berufsunfähigkeit hervorruft (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik, Anlage zu BT-Drucks. 2/3080 S. 10, sowie Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 1956 Nr. 196 S. 12/13). Die Einführung der flexiblen Altersgrenze führte dazu, dass im Laufe der Zeit die Altersgrenze von 65 Jahren zunehmend zur Ausnahme wurde und das durchschnittliche Rentenalter bei Männern wie bei Frauen deutlich herabsank (Begründung zum Entwurf des Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks. 11/4124 S. 136; Verband Deutscher Rentenversicherungsträger-Statistik Rentenzugang 1994, Bd. 113 S. 115, 215; vgl. auch Wussow/Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden 5. Aufl. (1990) Rdn. 655).

Diese Entwicklung kann aber bei der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Beurteilung der Schadensentwicklung nicht dazu führen, bei Verdienstausfallrenten das voraussichtliche Ende der Erwerbstätigkeit von Frauen mit der Vollendung des 60. Lebensjahres anzunehmen. Der Gesetzgeber war sich bei der Neuregelung des Rentenrechts im Rentenreformgesetz von 1992 der Entwicklung im Verhalten der Rentenversicherten bewusst. Gleichwohl hat er den Beginn für die Regelaltersrente auf das 65. Lebensjahr festgesetzt (§ 35 SGB VI). Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass es sich um die "üblicherweise zu erbringende Leistung" handelt (Begründung zum Entwurf des RRG 1992 aaO S. 162). Demgegenüber sind die Altersrenten bei langjährig Versicherten und bei Schwerbehinderten, die schon bei Vollendung des 63. bzw. 60. Lebensjahres gezahlt werden können (§§ 36, 37 SGB VI), sowie bei Frauen mit der Altersgrenze von 60 Lebensjahren (§ 39 SGB VI) vom gesetzgeberischen Ansatz her als Ausnahmeregelungen geschaffen worden. Dementsprechend ist das 65. Lebensjahr auch für die Bemessung von Renten wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit sowie von Renten für Bergleute maßgebend (§§ 43, 44, 45, 115 Abs. 3 SGB VI). Diese Wertentscheidung des Gesetzgebers ist auch bei der zeitlichen Begrenzung von Verdienstausfallrenten nach § 843 BGB zu beachten. Wer demgegenüber behauptet, dass der Geschädigte schon zu einem früheren Zeitpunkt in den Ruhestand getreten wäre, hat das darzulegen und ggf. zu beweisen. Das ist hier nicht geschehen.

b) Die Regelaltersgrenze gemäß § 35 SGB VI gilt auch für die Klägerin als frühere Reichsbahnangestellte, da aufgrund des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606) seit 1992 in ganz Deutschland ein einheitliches Rentenrecht gilt. Bewohner der ehemaligen DDR, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 beginnt, haben übergangsweise zwar noch Anspruch auf Rentenleistungen nach dem Rentenrecht der DDR, das Frauen, für die während des Übergangszeitraumes die Regelaltersgrenze weiterhin bei Vollendung des 60. Lebensjahres liegt (Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 2 RÜG), Anspruch auf Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres gewährte (§ 3 RentenVO vom 23. November 1979, GBl. der DDR I S. 401). Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Deren Altersrente beginnt erst nach dem 31. Dezember 1996.

Das angefochtene Urteil ist daher auf den zweiten Hilfsantrag der Revision insoweit aufzuheben und die mit der Anschlussberufung erweiterte Klage, soweit mit ihr Verdienstausfallrente über den 31. März 2002 hinaus begehrt wird, abzuweisen. ..."







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