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Rechtsprechung: Zur Hemmung der Verjährung und zu deren Beendigung durch einen Abbruch der Verhandlungen

Rechtsprechung: Zur Hemmung der Verjährung und zu deren Beendigung durch einen Abbruch der Verhandlungen


Nach der Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten ist die Verjährung gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Ein solcher Abbruch der Verhandlungen muss wegen seiner Bedeutung für die Durchsetzbarkeit der geltend gemachten Ansprüche durch klares und eindeutiges Verhalten zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BGH VersR 1991, 475).

Der BGH hat in seiner Entscheidung DAR 1998, 387 = VersR 1998, 1295 = NJW 1998, 2819 = NZV 1998, 457 nochmals darauf hingewiesen, dass die Fortsetzung von Verhandlungen mit der Folge der Beendigung der Verjährungshemmung erst dann verweigert wird, wenn dies seitens des Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers klar und eindeutig zum Ausdruck kommt.


Siehe auch Verjährung


Hierzu ist nicht ausreichend, dass der Haftpflichtversicherer seine Einstandspflicht irgendwann einmal verneint; zwar wurde vom BGH (VersR 1988, 718 f.; VersR 1991, 475) angenommen, dass ein für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliches "Verhandeln" im Sinne des § 852 II BGB nicht mehr anzunehmen sei, wenn der Verhandlungspartner jegliche Einstandspflicht verneint. Jedoch gelte dies nicht für bereits aufgenommene Verhandlungen; diese können auch dann weiterlaufen, wenn bei dem Ersatzverpflichteten die Vergleichsbereitschaft zurücktrete, er aber gesprächsbereit bleibe.

Instruktiv ist insoweit das in BGH (Urteil vom 30.06.1998 - VI ZR 260/97) wiedergegebene Schreiben des Versicherers:
"... Nach Sachlage kann der Schadensersatzanspruch nicht anerkannt werden. Gleichwohl betonen wir unsere Bereitschaft, die Angelegenheit nochmals zu prüfen, wenn Hinweise auf ein, wie von Ihnen angegebenes Mitverschulden nachprüfbar, nachvollziehbar, vorgelegt bzw. ausreichend begründet werden."
Dies hat der BGH für die Beendigung der Verjährungshemmung nicht als ausreichend angesehen:
"Der Kläger durfte diesem Schreiben des Versicherers die Aufforderung zu weiterem Vortrag entnehmen. Eine solche Aufforderung lässt keinen Abbruch der Verhandlungen erkennen, wie das für ein Ende der Verjährungshemmung gemäß § 852 Abs. 2 BGB erforderlich wäre; sie bringt im Gegenteil die für Verhandlungen wesentliche Gesprächsbereitschaft zum Ausdruck."
Andererseits entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die verjährungshemmende Wirkung von Verhandlungen zwischen den Beteiligten endet, wenn die Verhandlungen "einschlafen", vgl. BGH (Urteil vom 06.11.2008 - IX ZR 158/07):
"Trotz zeitweiser Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB sind die Ansprüche der Klägerin gegen die ATG nach § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt. Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung im Fall schwebender Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Eine entsprechende Formulierung fand sich bereits in § 852 Abs. 2 BGB a.F.

aa) Zu dieser Vorschrift hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass es für eine Beendigung der Hemmung ausreiche, wenn der Ersatzberechtigte die Verhandlungen "einschlafen" lasse. Ein Abbruch der Verhandlungen durch ein solches "Einschlafenlassen" ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (BGHZ 152, 298, 303; BGH, Urt. v. 6. März 1990 – VI ZR 44/89, VersR 1990, 755, 756; v. 1. März 2005 – VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047).

bb) Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass diese Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 203 Satz 1 BGB Geltung haben (BGH, Urt. v. 30. Oktober 2007 - X ZR 101/06, WM 2008, 656, 659 Rn. 24; Beschl. v. 27. März 2008 – IX ZR 185/05, zitiert nach juris; ebenso OLG Düsseldorf OLGR 2006, 518; KG KGR 2008, 368; LAG Rheinland-Pfalz DB 2008, 592 [LS]; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB 12. Aufl. § 203 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. § 203 Rn. 8; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 203 Rn. 4; Staudinger/Frank Peters, BGB Neubearbeitung 2004 § 203 Rn. 13; a. A. OLG Koblenz NJW 2006, 3150, 3152).

(1) Dies entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren verlautbarten Verständnis der Norm (vgl. BT-Drucks. 14/6857 S. 43). Auf die Prüfbitte des Bundesrats, ob nicht durch eine besondere Formulierung in § 203 BGB sicherzustellen sei, die Verjährung von Ansprüchen nicht auf unabsehbare Zeit dadurch zu hemmen, dass Verhandlungen nicht weiterbetrieben werden (vgl. BT-Drucks. aaO S. 7), hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass dem berechtigten Anliegen des Bundesrates durch den Entwurf sogar besser Rechnung getragen werde als durch die vorgeschlagene Ergänzung. Beim "Einschlafen" von Verhandlungen werde die Verjährungsfrist nicht auf unbestimmte Zeit gehemmt, weil für die Auslegung der (später beschlossenen) Entwurfsfassung auf die Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden könne, in der diese Frage bereits geklärt sei. Danach war nicht beabsichtigt, dass von einer Verweigerung des Schuldners nur im Fall einer ausdrücklichen Ablehnung der Fortsetzung der Verhandlungen auszugehen sei. Hierfür ist auch kein berechtigtes Bedürfnis erkennbar. Anderenfalls könnte die Frage der Begründetheit des Anspruchs auf unabsehbare Zeit in der Schwebe gelassen werden, indem die Verhandlungen nicht weitergeführt werden. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, innerhalb angemessener Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (BGHZ 59, 72, 74; Palandt/Heinrichs, aaO Überblick vor § 194 Rn. 9), nicht zu vereinbaren."







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