Das Verkehrslexikon

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OLG Dresden Beschluss vom 26.05.2004 - Ss (OWi) 77/04 - Unterbrechung der Verjährung durch Anhörungsbogen nur bei konkreter Beschuldigung des Adressaten

OLG Dresden v. 26.05.2004: Unterbrechung der Verjährung durch Anhörungsbogen nur bei konkreter Beschuldigung des Adressaten


Das OLG Dresden (Beschluss vom 26.05.2004 - Ss (OWi) 77/04) hat entschieden, dass durch einen Anhörungsbogen die Verjährung nur dann unterbrochen wird, wenn er sich an den Empfänger eindeutig als Betroffenen richtet:
  1. Einem Anhörungsbogen kommt nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zu, wenn für den Adressaten unmissverständlich erkennbar ist, dass die Ermittlungen gegen ihn als Tatverdächtigen geführt werden.

  2. Ist der Adressat angeschrieben als Halter / bzw. Fahrer des Fahrzeuges, lässt der Anhörungsbogen ausdrücklich offen, in welcher Eigenschaft der Adressat angehört werden soll. Dies gilt um so mehr, als anschließend alternativ Belehrungen als Betroffener oder Zeuge erfolgen. Dann steht gerade nicht fest, gegen wen sich die Ermittlung richtet.

Siehe auch Verjährung


Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsbeschwerde des Betr. führt bereits mit der Rüge materiellen Rechts gem. § 206 a StPO, § 46 Abs. 1 OWiG zur Einstellung des Verfahrens, weil die dem Betr. vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit vom 17. 8. 2002 wegen Verjährung nicht mehr verfolgt werden kann.

Gem. § 31 Abs. 2 OWiG, § 26 Abs. 3 StVG beträgt die Verjährungsfrist für Verkehrsordnungswidrigkeiten bis zum Erlass eines Bußgeldbescheides bzw. bis zur Erhebung einer öffentlichen Klage drei Monate. Vorliegend begann der Lauf der Verjährungsfrist mit der Tatbegehung am 17. . 2002 und war am 16. 11. 2002 abgelaufen. Der Bußgeldbescheid wurde erst am 19. 11 2002 erlassen und konnte die Verjährung deshalb nicht mehr wirksam unterbrechen.

Auch zuvor war eine Verjährungsunterbrechung nicht eingetreten. Dies gilt insbesondere für den unter dem 30. 9.2002 an den Betr. versandten Anhörungsbogen. Dieses Schreiben lautet wie folgt:
„Anhörung wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit Sehr geehrter Herr dieses Schreiben ergeht an Sie als Halter bzw. Fahrer des Fahrzeuges ... Der Fahrer dieses Fahrzeuges hat am 17. 8. 2002 um 05.33 Uhr in ... folgende Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG begangen: Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit ...”
Es folgt sodann unter der Überschrift „Anhörung zur Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige” ein Hinweis auf § 55 OWiG sowie die Belehrung, dass keine Pflicht bestehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern. Weiter enthält das Schreiben folgenden Hinweis:
„Wenn Sie die OWi nicht begangen haben, gilt für Sie nachstehender Abschnitt A (Zeugenbelehrung)”.
Hier schließt sich u.a. eine Belehrung nach §§ 55, 52 StPO an.

Dieses Schreiben hat keine Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG herbeigeführt.

Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung nur durch Handlungen unterbrochen, die sich gegen eine bestimmte Person richten (BGHSt 42, 283 m.w.N.). Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sich bei den Akten ein zur Identifizierung geeignetes Messfoto des Betr. befindet (BGH a.a.O.), vielmehr muss sich aus der Bekanntgabe i.S.d. § 33 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG für den Adressaten unmissverständlich ergeben, dass die Ermittlungen gegen ihn als Tatverdächtigen geführt werden (OLG Hamm VRS 95, 273 ff.; VRS 98, 441; OLG Zweibrücken VRS 104, 307 f.; Göhler, OWiG, 13. Aufl., zu § 33 Rdn. 14 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Formulierungen im Anhörungsbogen nicht eindeutig erkennen lassen, ob der Adressat als Fahrer — und damit als Betr. — oder nur in seiner Eigenschaft als Kfz-Halter — und damit als Zeuge — angeschrieben werden soll (OLG Hamm a.a.O.).

Vorliegend lässt sich dem Anhörungsbogen nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Betr. selbst der darin beschriebene Verkehrsverstoß zur Last gelegt wird. Bereits die Formulierung „dieses Schreiben ergeht an Sie als Halter/bzw. Fahrer des Fahrzeuges ...” lässt ausdrücklich offen, in welcher Eigenschaft der Adressat angehört werden soll. Auch der Hinweis, dass „der Fahrer” eine bestimmte OWi begangen habe, lässt gerade nicht erkennen, dass die Ordnungsbehörde von einer Identität zwischen Fahrer und Anhörungsadressaten ausgeht. Angesichts dieses Wortlauts des Anschreibens deuten auch die anschließend alternativ erteilten Belehrungen als Betr. oder Zeuge darauf hin, dass noch nicht feststeht, gegen wen sich die Ermittlungen richten.

Bei Erlass des Bußgeldbescheids war damit bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, die dem weiteren Verfahren als Verfahrenshindernis entgegensteht.








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