Das Verkehrslexikon

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Landgericht Koblenz Urteil vom 11.08.1998 - 6 S 388/97 - Zum Beginn und Ende des verkehrsberuhigten Bereichs bis zum anordnenden Verkehrszeichen

LG Koblenz v. 11.08.1998: Zum Beginn und Ende des verkehrsberuhigten Bereichs bis zum anordnenden Verkehrszeichen


Das Landgericht Koblenz (Urteil vom 11.08.1998 - 6 S 388/97) hat entschieden:
Der verkehrsberuhigte Bereich (Zeichen 325 zu § 42 StVO) erstreckt sich nur bis zum Standort des Zeichens 326 zu § 42 StVO und nicht etwa bis zur Einmündung in die andere Straße; kommt es im Einmündungsbereich zu einem Zusammenstoß mit einem von links kommenden Fahrzeug, so trägt der nicht aus dem verkehrsberuhigten Bereich kommende Fahrzeugführer die Alleinschuld.


Siehe auch Verkehrsberuhigter Bereich und Die Vorfahrtregel "rechts vor links"


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Mit dem Amtsgericht geht die Kammer vorliegend davon aus, dass der Zusammenstoß beider Fahrzeuge auf eine Vorfahrtsverletzung des Beklagten zurückzuführen ist und dass diesen die Alleinschuld an dem Unfall trifft.

Die Beklagten können sich zur Abwehr der Klageansprüche nicht darauf berufen, die Zeugin die das klägerische Fahrzeug im Unfallzeitpunkt steuerte, habe ihre verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten beim Verlassen der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen verletzt.

Die Kammer geht mit den Feststellungen des ersten Richters davon aus, dass sich der durch Zeichen 325 zu § 42 StVO eröffnete verkehrsberuhigte Bereich der lediglich bis zum Standort des Zeichens 326 zu § 42 StVO erstreckt und sich nicht etwa bis zur Einmündung der fortsetzt. Die Regelung in § 42 StVO enthält insoweit nach Auffassung des Berufungsgerichts eine klare und eindeutige Definition, die einer Interpretation in tatsächlicher Hinsicht ohne besondere erkennbare äußere Merkmale in der Gestaltung der Örtlichkeit nicht zugänglich ist.

Über die Frage, ob die Sachlage anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn das dem Zeichen 326 nachfolgende Straßenstück der durch seine bauliche Konzeption - wie in dem von dem Landgericht Gießen zu beurteilenden Fall, Urteil vom 20. September 1995 - 1 S 216/95 - (DAR 1996, 25) - zu einem einheitlichen Ganzen verbunden gewesen wäre (z.B. in Form einer durchgehenden Bepflasterung der Fahrbahn bis zum Kreuzungsbereich mit abgesenktem Bordstein oder der Eingliederung eines Grünstreifens in den Verkehrsraum) hatte die Kammer vorliegend nicht zu entscheiden. Der Standort des Zeichens 326 befindet sich weder an einer signifikanten Stelle der (z.B. Fluchtlinie der Bebauung), noch lassen die örtlichen Gegebenheiten sonst den Schluss zu, die Verkehrsberuhigung setze sich bis zur Einmündung der fort.

Das Fahrverhalten der Zeugin unterlag somit beim Einfahren in den Kreuzungsbereich nicht den Regelungen des § 10 StVO. Vielmehr besaß die Zeugin im Zeitpunkt des Unfallgeschehens gemäß § 8 Abs. 1 StVO das Vorfahrtrecht, da sie aus Fahrtrichtung des Beklagten gesehen für diesen von rechts in den Kreuzungsbereich einfuhr.

Die Beklagten vermag insoweit. auch der Umstand nicht zu entlasten, dass der Beklagte zu 1), wollte er eine ausreichende Sicht in die vorfahrtberechtigte gewinnen - hiervon konnte sich die Kammer an Ort und Stelle überzeugen sein Fahrzeug soweit in den Kreuzungsbereich hineinbewegen musste, dass der Frontbereich nahezu vollständig in den von der Zeugin genutzten Verkehrsraum hineinragte. Der Beklagte war aufgrund der Regelung in § 8 Abs. 1 StVO verpflichtet, sein Fahrverhalten so einzurichten, dass eine Gefährdung und/oder wesentliche Behinderung des bevorrechtigten Verkehrs ausgeschlossen war. Die Zeugin war daher gehalten, sich in den Kreuzungsbereich hineinzutasten und, sofern auch dies nicht ohne Gefährdung der von rechts herannahenden Verkehrsteilnehmer möglich war, sich durch Dritte einweisen zu lassen.

Die Kammer hat im übrigen keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme, die Zeugin habe die Kreuzung mit einer den Verkehrsverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit passiert oder das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 2 StVO - das zu dem nur den erlaubten Gegen- und Überholverkehr, nicht den kreuzenden Verkehr und Ein- und Abbieger schützt - verletzt.

Nach allem ist das Unfallgeschehen allein ursächlich auf das fehlerhafte Fahrverhalten des Fahrers des Beklagtenfahrzeuges zurückzuführen. Ein mitursächlicher Verkehrsverstoß auf Seiten des Klägers ist für das Gericht nicht erkennbar.

Angesichts der dem Beklagten obliegenden äußersten Sorgfalt überwiegt das in seinem unachtsamen Fahrverhalten liegende Verschulden so erheblich, dass demgegenüber die nicht erhöhte Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zurücktritt.

Eine Mithaftung des Klägers ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. ..."







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