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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil vom 26.07.2017 - 13 K 5412/15 - Zulässigkeit von Verkehrsbeschränkungen Dieselfahrzeuge

VG Stuttgart v. 26.07.2017: Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Verkehrsbeschränkungen in einer Umweltzone


Das Verwaltungsgericht Stuttgart (Urteil vom 26.07.2017 - 13 K 5412/15) hat entschieden:

1.  Zur rechtlichen Zulässigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit von Verkehrsbeschränkungen in Gebieten, in denen die zum Schutz der menschlichen Gesundheit seit dem 01.01.2010 geltenden Immissionsgrenzwerte der 39. BImschV überschritten sind (hier für Umweltzone Stuttgart bejaht).

2.  Verkehrsbeschränkungen für Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette können mit dem Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung durchgesetzt werden.

3.  Freiwillige Nachrüstungen von Kraftfahrzeugen, die in einem Luftreinhalteplan nicht verbindlich festgelegt werden können, sind keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs 1 S 3 BImSchG, können aber zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit etwaiger Verkehrsbeschränkungen im Rahmen einer Ausnahme- und Befreiungskonzeption im Luftreinhalteplan Berücksichtigung finden.

4.  Ausweichverkehre, die durch Verkehrsbeschränkungen in einer Umweltzone verursacht werden und an anderen Stellen zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsgrenzwerte führen, sind durch eine entsprechende Ausweitung der Umweltzone oder andere geeignete Luftreinhaltemaßnahmen zu unterbinden.



Siehe auch

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge

und

Umweltzonen - Feinstaubplaketten für emissionsarme Fahrzeuge


Tatbestand:


Der Kläger, ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannter Umweltschutzverband, begehrt die Verurteilung des Beklagten, den für die Landeshauptstadt Stuttgart geltenden Teilplan des Luftreinhalteplanes für den Regierungsbezirk Stuttgart in der Fassung seiner 1. und 2. Fortschreibung (im Weiteren: Luftreinhalteplan Stuttgart) um die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des Stundengrenzwertes für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr zu ergänzen.

Bereits am 30.03.2005 erhob ein Stuttgarter Bürger beim Verwaltungsgericht Stuttgart erstmals eine Klage auf Erlass eines Luftreinhalte- und Aktionsplanes, weil der seit dem 01.01.2005 zum Schutz der menschlichen Gesundheit für Partikel PM10 geltende, über 24 Stunden gemittelte Immissionsgrenzwert von 50 µg/m³ (bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr) nicht eingehalten war. Dieser Klage gab das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 31.05.2005 statt (16 K 1121/05).

Daraufhin setzte das Regierungspräsidium Stuttgart mit Zustimmung des Umweltministeriums Baden-​Württemberg zum 01.01.2006 den Luftreinhalteplan Stuttgart in Kraft, in dem insgesamt 36 Maßnahmen zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen festgelegt wurden.

Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, beantragte der damalige Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart im Verfahren 13 K 511/09 dessen Vollstreckung. Zur Begründung führte er aus, der aufgestellte Luftreinhalteplan Stuttgart enthalte keine geeigneten Aktionsplan-​Maßnahmen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart teilte diese rechtliche Einschätzung und drohte dem Regierungspräsidium Stuttgart mit Beschluss vom 14.08.2009 ein Zwangsgeld für den Fall an, dass das Regierungspräsidium seiner Verpflichtung aus dem Urteil vom 31.05.2005 nicht bis zum 28.02.2010 nachkomme.

Da seit dem 01.01.2010 ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid NO2 von 40 µg/m³ einzuhalten ist (vgl. § 3 Abs. 2 i. V. m. der Anlage 11 der 39. BImSchV), nahm das Regierungspräsidium Stuttgart im Februar 2010 eine erste „Fortschreibung des Aktionsplans zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vor, mit der unter anderem ein Lkw-​Durchfahrtsverbot, nach Schadstoffgruppen zeitlich gestufte, ganzjährige Fahrverbote für Kraftfahrzeuge und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Hauptverkehrsstraßen angeordnet wurden.

Nachdem auch diese Maßnahmen in der Folgezeit nicht zu einer Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für PM10 und NO2 führten, erhob ein anderer Stuttgarter Bürger zwei weitere Klagen (13 K 3683/09 und 13 K 2756/12), die jeweils mit einem Prozessvergleich endeten.

Im Vergleich vom 15.09.2011 im Verfahren 13 K 3683/09 verpflichtete sich der Beklagte zur Prüfung und gegebenenfalls Anordnung einer weiteren Geschwindigkeitsbegrenzung (Tempo 40 km/h) und weiterer verkehrsbeschränkender Maßnahmen auf der B 14.

Im Vergleich vom 23.12.2013 im Verfahren 13 K 2756/12 verpflichtete sich der Beklagte, den Luftreinhalteplan Stuttgart ein weiteres Mal fortzuschreiben und mindestens zwei weitere Maßnahmen im Sinne des § 27 Abs. 2 der 39.BImschV aufzunehmen, die geeignet sind, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte für PM10 und NO2 am Wohnort des damaligen Klägers weiter zu reduzieren.

Diese „2. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ erfolgte im Oktober 2014 und sah als „weitergehende Luftreinhaltemaßnahmen“ u. a. weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen an Steigungsstrecken sowie eine Verkehrsverflüssigung auf der B 14 vor.

Nachdem auch diese weiteren Maßnahmen im Winterhalbjahr 2014/2015 wiederum zu keiner nennenswerten Reduzierung der PM10- und NO2-Belastungen auf der B 14 im Bereich des Neckartors führten, erhob der damalige Kläger eine weitere Klage auf Ergänzung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 µg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von Stuttgart (13 K 875/15).

Dieses Klageverfahren 13 K 875/15 endete in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2016 mit folgendem Vergleich:

1. Der Beklagte verpflichtet sich vorbehaltlich der Zustimmung des Ministerrats, den Luftreinhalteplan des Regierungspräsidiums Stuttgart, Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart bis 31.08.2017 wie folgt fortzuschreiben:

Sofern die in der Klage monierten Immissionsgrenzwerte im Kalenderjahr 2017 noch überschritten werden, wird der Beklagte ab 01.01.2018 bei Wetterlagen, die nach dem Konzept des Beklagten, wie in seinem Schriftsatz vom 31.03.2016 in Abschnitt II dargestellt, die Ausrufung des Feinstaubalarms rechtfertigen, mindestens eine rechtmäßige verkehrsbeschränkende Maßnahme für das Neckartor auf der Grundlage seines Konzepts ergreifen, die geeignet ist, eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens am Neckartor um ca. 20 % gegenüber vergleichbaren Tagen für den Zeitraum der Verkehrsbeschränkung zu bewirken.

2. Für den Fall, dass der Ministerrat die Zustimmung zum Vergleich nicht erteilt, können die Kläger den Vergleich bis zum 30.06.2016 widerrufen.
3. 3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.


Nachdem der Ministerrat diesem Vergleich zugestimmt hatte und der genannte Immissionsgrenzwert für Partikel PM10 bereits Ende März 2017 erneut überschritten war und auch der für NO2 geltende Jahresmittelwert i. H. v. 40 µg/m³ im Jahr 2017 wiederum mit Sicherheit überschritten werden wird, legte das Regierungspräsidium Stuttgart Anfang Mai 2017 die „3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für den Regierungsbezirk Stuttgart/Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart zur Minderung der PM10- und NO2–Belastungen“ (im Weiteren: 3. Fortschreibung) vor, die seit dem 08.05.2017 auch Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 47 Abs. 5a BImSchG ist.

Diese 3. Fortschreibung sieht die folgenden 20 als Maßnahmen bezeichneten Vorhaben vor:

M1: Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjähriges Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5 gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-​Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung – 35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35. BImSchV ist bis zu diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe (5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält.

M2a: Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab 01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf allen Streckenabschnitten in Stuttgart-​Feuerbach und auf einzelnen Streckenabschnitten in Stuttgart-​Zuffenhausen.

M2b: Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o. a. Art zur Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.

M2c: Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der Neckarstraße, der Tal-​/Wagenburg-​straße und der Landhausstraße im Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.

M3: Die SSB AG baut ihr Angebot im Bereich der Stadtbahnen (neue Linien, Taktung, Verlängerung der Traktion auf Doppelzüge) weiter aus.

M4: Als Vorlaufbetrieb für den Ausbau der Haltestellen der Linie U 1 für den 80-​Meter-​Zug-​Betrieb plant die SSB AG zusammen mit der Landeshauptstadt Stuttgart zwischen Stuttgart-​Bad Cannstatt und der Innenstadt im Jahr 2018 eine zusätzliche Schnellbuslinie (Betriebszeit 06:00 Uhr bis 20:30 Uhr) zur frühzeitigen Kapazitätserweiterung auf dieser hoch belasteten und bedeutsamen Nachverkehrsachse einzurichten.

M5: Die Landeshauptstadt Stuttgart richtet zusätzliche Busspuren/Bussonderstreifen im Stuttgarter Talkessel ein. Die Maßnahme darf allerdings nicht zu relevanten Störungen oder Behinderungen des Kfz-​Verkehrs führen.

M6: Die SSB AG wird gewährleisten, dass auf den Buslinien im Stuttgarter Talkessel ab 01.01.2018 nur noch Busse mit Euro-​VI-​Standard oder Hybridantrieb unterwegs sind. Dazu erfolgt unter Voraussetzungen einer Landesförderung für diese Maßnahme bis zum 01.01.2018 eine vorgezogene Ersatzbeschaffung der 10 auf der Linie 42 eingesetzten CapaCity-​Busse (derzeit noch EEV-​Standard). Diese werden durch CapaCity-​Busse mit Euro-​VI-​Standard ersetzt.

M7: Das Land Baden-​Württemberg unterstützt darüber hinaus die SSB AG bei der Ersatzbeschaffung ihrer EEV-​Standard-​Busse im Stadtgebiet von Stuttgart, so dass sukzessive im Rahmen der Ersatzbeschaffung unter ökologischen Gesichtspunkten die neueste und beste verfügbare Abgasreinigungstechnik bzw. alternative Antriebstechnik eingesetzt werden kann.

M8: Der Verband Region Stuttgart wird im Rahmen des ÖPNV-​Paktes bis zum 01.01.2025 sukzessive die Taktung auf bestimmten Strecken der S-​Bahn und ihre Kapazität durch die Anschaffung neuer Züge erhöhen.

M9: Weitere Expressbuslinien werden vom Verband Region Stuttgart sukzessive eingerichtet.

M10: Die zuständigen Landkreise verbessern stufenweise den Bus-​Zubringerverkehr zur S-​Bahn, wie im ÖPNV-​Pakt vereinbart.

M11: Das Land Baden-​Württemberg erhöht die Zahl der Zugverbindungen im Schienenpersonennahverkehr bis 2021 um 37 % von 415 Zügen auf 567 Zügen von/nach Stuttgart Hauptbahnhof und richtet dabei drei neue Metropolexpresslinien ein.

M12: Der Verband Region Stuttgart entwickelt im Rahmen des ÖPNV-​Paktes ein regionales Park + Ride-​Konzept und setzt die erforderlichen Maßnahmen stufenweise um.

M13: Die Landeshauptstadt Stuttgart setzt ihr Radverkehrskonzept weiter um und baut das Radwegenetzes auf den Hauptradrouten durch Stuttgart bis zum 01.01.2020 unter anderem auf den Hauptradrouten 2 (Stuttgart-​Ost nach Hedelfingen), 9 (Radverbindung Geißeichstraße) und 10 (Vaihingen nach Sillenbuch) aus. Parallel dazu folgend sukzessive weitere Ausbauten, wofür im Haushalt der Landeshauptstadt Stuttgart die entsprechenden Haushaltsmittel bereitgestellt werden sollen. Die Maßnahme darf allerdings nicht zu relevanten Störungen oder Behinderungen des Kfz-​Verkehrs führen.

M14: Auf Basis eines Fußverkehrskonzepts plant die Landeshauptstadt Stuttgart ein Investitionsprogramm Fußverkehr zu erstellen, das die Strategie für Förderung und Umsetzung von Fußverkehrsmaßnahmen langfristig in Stuttgart festlegt.

M15: Die Fahrzeuge der Landeshauptstadt Stuttgart und diejenigen des Landesfuhrparks Baden-​Württemberg werden soweit es sich um Fahrzeuge handelt, die überwiegend im Stadtgebiet Stuttgart eingesetzt werden bzw. ihren regelmäßigen Stellplatz dort haben, im Rahmen der Neubeschaffung soweit möglich auf Elektro-​, hilfsweise Hybrid-​, hilfsweise Erdgasbetrieb umgestellt.

M16: Zur Unterstützung einer beschleunigten Umstellung der Flottenzusammensetzung und Durchdringung der Kfz-​Flotte mit Elektrofahrzeugen und anderen emissionsarmen Antrieben führt das Land Förderprogramme für Fahrzeuge von Pflege- und Lieferdiensten ein.

M17: Die Landeshauptstadt Stuttgart plant, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet Stuttgart sukzessive ab dem 01.01.2018 auf 40 km/h zu reduzieren.

M18: Die Höchstgeschwindigkeit im Stuttgarter Stadtgebiet wird an Feinstaub-​Alarmtagen außerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h bzw. auf mindestens vierstreifig ausgebauten Straßen auf 60 km/h reduziert, wenn sichergestellt ist, dass dies nicht zu spürbaren Ausweichverkehren führt.

M19: Die Landeshauptstadt Stuttgart beabsichtigt, ihr Gebührensystem zu überprüfen und beginnend zum 01.11.2017 auch die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet moderat zu erhöhen. Hierbei sind die Interessen der Anwohner und des Handels zu berücksichtigen.

M20: Die Gebühren der Parkhäuser im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart, die sich im Eigentum des Landes Baden-​Württemberg befinden, werden im Zuge eines Gesamtkonzepts mit dem Ziel einer verträglichen Anpassung geprüft. Ausgenommen sind gewährte Benutzervorteile für emissionsarmen Fahrzeuge. Für Inhaber von längerfristigen Monatsverträgen sind angemessene Übergangsregelungen zu treffen.

Bereits am 18.11.2015 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der seit dem 01.01.2010 geltende Jahresmittelgrenzwert für NO2 sei im Jahr 2013 an allen Verkehrsnahen Messstationen zum Teil um mehr als das Doppelte überschritten worden. Auch im Jahr 2014 hätten die Jahresmittelwerte an den Messstationen Am Neckartor und Hohenheimer Straße deutlich über den Grenzwerten gelegen. Der Stundengrenzwert sei an der Messstation Am Neckartor ebenfalls deutlich überschritten gewesen.

Nach einem vom Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-​Württemberg (LUBW) vom Mai 2015 würden unter Zugrundelegung der bisher in der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart aus dem Jahr 2014 vorgesehenen Maßnahmen die genannten Immissionsgrenzwerte auch in Zukunft und bis über das Jahr 2020 hinaus nicht eingehalten. Wesentliche Ursache für diese Stickstoffdioxidbelastungen in Stuttgart sei der Straßenverkehr.

Wegen dieser Überschreitungen der Stickstoffdioxidgrenzwerte habe die EU-​Kommission die Bundesrepublik bereits mit Schreiben vom 22.09.2014 aufgefordert, mitzuteilen, bis wann die Grenzwerte eingehalten würden und weitere zusätzliche Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu benennen.

Auf die Antwort der Bundesregierung vom 21.11.2014, wonach mit einer Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte im Stadtgebiet Stuttgart nicht vor dem Jahr 2020 und den Ballungsgebieten Stuttgart nicht vor dem Jahr 2030 gerechnet werden könne, habe die EU-​Kommission mit Schreiben vom 08.06.2015 ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2015/2073, SG-​Greffe (2015)D/6868) gegen die Bundesrepublik mit der Begründung eingeleitet, die langjährige Verzögerung sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass bislang keine geeigneten Maßnahmen getroffen worden seien, um den Zeitraum der Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten.

Daraufhin habe der Beklagte der EU-​Kommission ein zweistufiges Konzept „Luftreinhaltung für die Landeshauptstadt Stuttgart“ vom 27.07.2015 (im Weiteren: Konzept) vorgelegt. Die im aktuellen Luftreinhaltungsplan (2. Fortschreibung) und in dem Konzept vom 27.07.2015 enthaltenen Maßnahmen seien jedoch nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten.

Der Kläger habe deshalb mit Schreiben vom 13.08.2015 beim Beklagten den nun auch im Klageverfahren geltend gemachten Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans geltend gemacht.

Hierauf habe der Beklagte lediglich mitgeteilt, der Luftreinhalteplan werde derzeit auf der Grundlage des am 27.07.2015 vorgestellten Konzepts fortgeschrieben. Daraufhin sei die vorliegende Klage erhoben worden.

Diese sei als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Kläger sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere klagebefugt, weil er ein nach § 3 UmwRG anerkannter Verband sei.

Die allgemeine Leistungsklage sei auch begründet. Dem Kläger stehe ein Rechtsanspruch auf Änderung/Fortschreibung des für Stuttgart geltenden Luftreinhalteplanes zu. Der für Stickstoffdioxid seit dem 01.01.2010 einzuhaltende Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ werde an mehreren Orten im Stadtgebiet überschritten. An der Messstelle Am Neckartor habe der Wert im Jahr 2014 bei 88 µg/m³ gelegenen. Auch der Stundengrenzwert sei dort im Jahr 2014 überschritten gewesen (36 statt 18 zulässige Überschreitungstage).

Der Beklagte sei daher nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 27 der 39. BImSchV verpflichtet, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Luftverunreinigungen festlege. Diese Maßnahmen müssten geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die bisher ergriffenen Maßnahmen seien hierfür nicht geeignet. Nichts anderes gelte auch für die im Rahmen der 3. Fortschreibung vorgesehenen Maßnahmen.

Die geltenden Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV seien strikt verbindlich. Es handle sich um Werte, die aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt worden seien, schädliche Auswirkungen für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, und die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eingehalten werden müssten und danach nicht mehr überschritten werden dürften (vgl. § 1 Nr. 15 der 39. BImSchV). Sie würden damit eine Gefahrenabwehrschwelle zum Schutz der Gesundheit definieren. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes handle es sich bei der Pflicht zur Einhaltung der Grenzwerte für NO2 nach Fristablauf um eine sog. „Ergebnisverpflichtung“, welche die Mitgliedstaaten nicht nach eigenem Ermessen hinausschieben könnten. Sofern das von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG geforderte Ergebnis der fristgerechten Grenzwerteinhaltung nicht erreicht werde, müsse der Mitgliedstaat nicht nur angemessene, sondern zur schnellstmöglichen Zielerreichung geeignete Maßnahmen ergreifen.

Dabei stehe dem Planungsträger im Rahmen der Planung bei der Auswahl der Maßnahmen zwar ein Gestaltungsspielraum zu. Dieser Gestaltungsspielraum bestehe jedoch nur im Rahmen des vorgegebenen Ziels einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne dieses planerische Ermessen sogar auf die Festlegung einer bestimmten Maßnahme eingegrenzt sein, wenn allein die Wahl dieser Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lasse. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Umsetzung bestehe jedoch kein Ermessen. Ein schrittweises Vorgehen bei der Überschreitung bereits einzuhaltenden Grenzwerte sei daher nicht ausreichend.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes könne eine Maßnahme, die der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung diene, nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgeschlossen werden. Die komplexe Abstimmung der Eigentums-​, Berufs- und allgemeinen Handlungsfreiheit mit dem Gesundheitsschutz könne nicht im Rahmen einer behördlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgen. Vielmehr bedürfe es hierfür einer gesetzlichen oder untergesetzlichen Konkretisierungsentscheidung, wie sie in Form der Immissionsgrenzwerte vorliege. Dies folge auch aus einem Umkehrschluss aus § 23 der 39. BImSchV, der die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen lediglich bei der Einhaltung der dort genannten langfristigen Ziele erwähne, nicht jedoch in Bezug auf Immissionsgrenzwerte. Insoweit sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lediglich bei der Auswahl der Maßnahmenadressaten zu beachten. Diese Rechtsansicht zur Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Festlegung der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte notwendigen Maßnahmen werde auch in der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichts und der Verwaltungsgerichte geteilt. In Bezug auf Immissionsgrenzwerte könne demnach lediglich in Fällen „höherer Gewalt“ auf Maßnahmen und zudem nur unter engen zeitlichen Voraussetzungen verzichtet werden.

Die in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG enthaltene Ergebnisverpflichtung zur Luftreinhaltung impliziere also, dass hinsichtlich der hierfür zu ergreifenden Maßnahmen keine Beschränkung im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit bestehe. Eine andere Auslegung sei auch nicht mit dem Zweck der Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG vereinbar, da die Vorschrift als eine Art Notregelung dem Zweck diene, schwerwiegende Verstöße gegen das Unionsrecht zu beenden, welche gravierende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben.

Nach einer Studie der WHO aus dem Jahr 2013 verkürze die Luftverschmutzung durch Feinstaub die durchschnittliche Lebenserwartung aller Menschen in der EU um 8,6 und in Deutschland sogar um 10,2 Monate. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur aus dem Jahr 2014 werde die NO2-Exposition unter anderem mit einer erhöhten Mortalität sowie mit vermehrten Atemwegserkrankungen in Verbindung gebracht. Dadurch, dass in der Richtlinie die von der WHO vorgeschlagenen deutlich niedrigeren Grenzwerte (noch) nicht festgeschrieben worden seien, seien die Aspekte der Durchführbarkeit der Emissionsreduzierung auch bereits auf gesetzgeberischer Ebene berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund stelle die Maßgabe der Eignung zur schnellstmöglichen Grenzwerterreichung, die in der Vorgängerrichtlinie noch nicht enthalten gewesen sei, eine bewusste Anhebung des Anforderungsniveaus angesichts bestehender gravierender Gesundheitsgefährdungen dar. Dies folge auch aus den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie 2008/50/EG.

Zu berücksichtigen sei schließlich, dass die Mitgliedstaaten nunmehr bereits 15 Jahre Zeit zur Erreichung der Grenzwerte gehabt hätten. Es sei daher auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig, qualifizierte Anforderungen an die Eignung der Maßnahmen zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung zu stellen.

Für die Verpflichtung des Beklagten zur Einhaltung der Grenzwerte sei das Verhalten anderer Rechtsträger unbeachtlich. Soweit die Grenzwertüberschreitungen auf unzureichende unionsrechtliche Abgasnormen zurückzuführen seien, sei zwar unstreitig, dass es der dringenden Einführung von Vorgaben für die Emissionsminderung im tatsächlichen Fahrbetrieb (sog. Real Driving Emissions; RDE) bedürfe. Sofern sich das Inkrafttreten solche Regelungen jedoch verzögere, seien diese allseits bekannten Defizite von den lokalen Behörden durch eigene effektive Maßnahmen zu kompensieren.

Im Rahmen des zu erstellenden Gesamtkonzeptes zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte dürfe sich die Planung auch nicht auf eine Beschäftigung nur mit einzelnen Maßnahmen beschränken. Es seien vielmehr alle möglichen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, wozu auch die 110 geeigneten Maßnahmen gehören würden, die das Umweltbundesamt (UBA) in seiner „Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung“ aus dem Jahr 2013 benannt habe.

Diesen Anforderungen werde die Luftreinhaltungsplanung des Beklagten weder mit der 2. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans aus dem Jahr 2014 noch mit den im Rahmen der 3. Fortschreibung vorgestellten Maßnahmen gerecht. Auch seien diese nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitungen „so kurz wie möglich“ zu halten.

Das vorgelegte Konzept entspreche bereits im Hinblick auf den vorgelegten Zeitplan nicht den oben dargelegten rechtlichen Anforderungen, da die Fahrbeschränkungen auf so genannte „Feinstaubalarmtage“ beschränkt seien und eine Grenzwerteinhaltung so erst für das Jahr 2020 prognostiziert und nur schrittweise angestrebt werde. Zudem hänge das Gelingen von mehreren Unwägbarkeiten ab.

Der Begriff der Luftreinhaltemaßnahmen sei weit zu verstehen. In Betracht kämen alle behördlichen Aktivitäten, die zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte beitragen könnten. Bloße Handlungsabsichten seien dagegen nicht ausreichend. Es seien insbesondere verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu ergreifen, für die mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auch eine Rechtsgrundlage für Verkehrsbeschränkungen und -verbote existiere. Diese Begriffe seien weit zu verstehen und könnten sowohl den gesamten Kfz-​Verkehr als auch nur bestimmte Fahrzeugarten betreffen. In zeitlicher Hinsicht könnten die Maßnahmen sowohl dauerhaft als auch zeitlich beschränkt sein. Die Bezugnahme auf die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beziehe sich im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung nur auf die Umsetzung der Verkehrsbeschränkungen durch Straßenverkehrsschilder. Weitere straßenverkehrsrechtliche Voraussetzungen müssten nicht vorliegen.

Unter den Maßnahmenbegriff des § 47 Abs. 1 BImSchG würden auch planerische Maßnahmen fallen (vgl. § 47 Abs. 6 BImSchG), wie z.B. die Festsetzung von Fußgängerbereichen oder von verkehrsberuhigten Bereichen. Hierzu seien jedoch konkrete planungsrechtliche Festlegungen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Als „sonstige Entscheidungen“ im Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG kämen auch Maßnahmen in Betracht, die etwa durch Weisungen gegenüber anderen Verwaltungsträgern durchgesetzt werden könnten oder die Vergabe von Finanzmitteln und Subventionen für geeignete Luftreinhaltemaßnahmen (sog. Anreizentscheidungen). Die Mindestanforderungen an Luftreinhaltungsmaßnahmen seien in der Richtlinie 2008/50/EG in Anhang XV im Einzelnen genannt. Eine Beschränkung auf langfristige Maßnahmen sei bei bereits eingetretenen und anhaltenden Grenzwertüberschreitungen nicht zulässig. Ein Luftreinhalteplan müsse vielmehr ein wirksames Gesamtkonzept mit Immissionsprognose enthalten.

Die derzeitige Planung des Beklagten entspreche diesen Anforderungen nicht und schöpfe insbesondere die vorhandenen Möglichkeiten nicht aus. Es fehle bereits an einer entsprechenden Gesamtplanung. Für den Großteil der angekündigten Maßnahmen gebe der Beklagte zudem kein Wirkungspotenzial an.

Die vorgesehenen Maßnahmen im Bereich der Förderung emissionsarmer Fahrzeuge und Maschinen seien unzureichend, ein konkretes qualifiziertes Minderungspotenzial werde ihnen nicht zugeordnet. Für den Durchgangsverkehr werde keine verbindliche Maßnahme angekündigt. Die Umstellung auf emissionsarme Baumaschinen sei allein ebenfalls unzureichend.

Das politische Engagement zur schnellen Einführung eines RDE-​Testzyklus mache die Ergreifung verkehrsbeschränkender Maßnahmen nicht entbehrlich.

Es sei auch nicht zu erwarten, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung (Ausweitung des Parkraummanagements, Förderung des Fußverkehrs, Erhöhung des Radverkehrsetats, Ausbau des ÖPNV im Stadtgebiet und in der Region, Lkw-​Durchfahrtsverbot, Verkehrssteuerung zur Verstetigung des Verkehrs und zur Vermeidung von Durchfahrten durch die Umweltzone) zu einer Reduzierung des Kfz-​Verkehrs um 20 % führen werde.

Die derzeitige Förderung des ÖPNV durch Einführung des sog. Jobtickets gehe hierfür noch nicht weit genug, die Bezuschussung könne vielmehr noch deutlich höher ausfallen. Insbesondere sei in Erwägung zu ziehen, den Nahverkehr komplett gratis abzuwickeln, wie dies auch bereits in anderen Städten weltweit der Fall sei. Alternativ komme auch ein Bürgerticket oder ein deutlich günstigeres Jahresticket in Betracht.

Die Einführung einer City-​Maut sei nicht in Betracht gezogen worden, obwohl es für deren Einführung noch nicht einmal einer gesonderten landes- oder bundesrechtlichen Regelung bedürfe.

Die Planung zur Förderung emissionsarmer Fahrzeuge sei dagegen zu unkonkret, mit zeitlichen Unsicherheiten behaftet und schöpfe die heute bestehenden Möglichkeiten zu einer solchen Förderung nicht aus.

Dringend erforderlich und ohne weiteres möglich sei auch eine schnellere Ausstattung der Busflotte mit SCRT-​Filtern, eine Optimierung der städtischen Fahrzeugflotte und der Taxiflotte sowie die Schaffung von finanziellen Anreizen (Förderprogramme) zur technisch ohne weiteres möglichen Nachrüstung schwerer Nutzfahrzeuge PKWs mit SCR(T)-​Systemen.

Die Beschränkung von Kleinfeuerungsanlagen sei weder zur sicheren Einhaltung der Feinstaub-​Grenzwerte noch der NO2-Grenzwerte ausreichend. Ebenso wenig sei das planerische Potenzial zur Luftreinhaltung bei der Stadtplanung und dem Bau ausgeschöpft.

Für eine spürbare Senkung der Stickoxidbelastung sei letztlich eine deutliche Reduzierung der Verkehrsmengen insbesondere in Bezug auf Dieselfahrzeuge erforderlich. Der Beklagte habe in seinem Konzept vom 27.07.2015 selbst anerkannt, dass die Einführung einer „Blauen Plakette“ besonders wirksam wäre, deren Einführung in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht absehbar sei.

Die im Konzept vom 27.07.2015 vorgesehenen zeitlich und sachlich beschränkten Fahrverbote, etwa abwechselnd für Fahrzeuge mit geraden/ ungeraden Kennziffern, seien sofort zu ergreifen, die vorgesehene zeitliche Verzögerung (ab 2018) nicht nachvollziehbar.

Der Ausschluss besonders verschmutzender Dieselfahrzeuge sei auf der Grundlage des § 40 Abs.1 Satz 1 BImSchG möglich. Ebenso sei die Umsetzung einer solchen Maßnahme durch entsprechende Verkehrszeichen auch schon heute möglich und werde beispielsweise in Italien bereits praktiziert. Dies habe das Bundesverkehrsministerium in einem Brief an das Verkehrsministerium des Landes Baden-​Württemberg auch ausdrücklich bestätigt.

Statt der vom Bundesverkehrsministerium vorgeschlagenen, nicht differenzierenden Sperrung für den gesamten Verkehr durch Verdecken des Zusatzzeichens „Grüne Plakette“ sei es jedoch zweckmäßiger, lediglich dieselbetriebene Kraftfahrzeuge auszuschließen, die sich nicht mit einem SCRT-​Filter nachrüsten lassen. Denn der Dieselverkehr sei mit einem Verursachungsbeitrag von ca. 85 % der Hauptverursacher der Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid in Ballungsgebieten.

Solche gezielten Zufahrtsverbote für Dieselfahrzeuge seien auch bereits in früheren Aktionsplänen in anderen Städten enthalten gewesen. Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge seien auch ohne eine Novellierung der 35. BImSchV und der Einführung einer „Blauen Plakette“ rechtlich möglich, und zwar durch Verwendung des Verkehrszeichens 251 (Verbot für Kraftwagen) und einem Zusatzzeichen „Gilt für Diesel“ oder nur „Diesel“. Solche atypischen Zusatzzeichen seien nach der ständigen Rechtsprechung auch zulässig, da weder die StVO noch der zu § 39 StVO erlassene Katalog der Verkehrszeichen eine abschließende Aufzählung möglicher Zusatzzeichen enthalte und ein solches neues Zusatzzeichen lediglich der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedürfe. Da die Bezeichnung „Diesel“ international verwendet werde, sei dieses auch verständlicher als der vom Beklagten vorgesehene Zusatz für die Euro 6-​Ausnahme. Da der straßenverkehrsrechtliche Sichtbarkeitsgrundsatz nicht für das Immissionsschutzrecht gilt und Ausnahmen deshalb schon aufgrund von § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG durch Allgemeinverfügung erlassen werden dürften, sei ein Zusatzzeichen, welches sich auf den Dieselverkehr bezieht, sogar entbehrlich.

Als alternative Beschilderung komme deshalb auch die Ausweisung einer sogenannten „BMVI-​Umweltzone“ in Betracht, die nach Rechtsansicht des Bundesverkehrsministeriums mit dem Zeichen Nr. 270.1 der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO ohne Zusatzzeichen bekannt gemacht werden könne. Da mit dieser Beschilderung der gesamte Fahrzeugverkehr ausgesperrt werde, seien für Fahrzeuge mit Grüner Plakette, die keine Dieselfahrzeuge sind, Ausnahmen durch personen- oder fahrzeug- bzw. Antriebsbezogene Allgemeinverfügungen zu erteilen.

Alternativ hierzu könnten die Ausnahmen aber auch durch eine Beschilderung mit dem Verkehrszeichen 270.1 und dem Zusatzzeichen „Grüne Plakette“ sowie einem weiteren Zusatzzeichen „Kein Diesel“ verfügt werden. Weitere Ausnahmen seien ausdrücklich in § 2 Abs. 3 i. V. m. Anhang 3 der 35.BImSchV geregelt.

Es sei schließlich auch kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum Ausnahmeregelungen zu Umweltzonen durch Allgemeinverfügung erlassen werden könnten und dies für Fahrverbote, die durch das Verkehrszeichen 251 bekannt gegeben werden, nicht ebenso gelten sollte. Auch die Kontrolle des Verkehrsverbotes sei sowohl im ruhenden als auch im fließenden Verkehr möglich. Der Umstand, dass der Dieselverkehr durch das Verkehrsverbot möglicherweise andere Straßen umgeleitet werde, rechtfertige kein Absehen von der Maßnahme.

Da keine ebenso geeigneten, milderen Maßnahmen als die genannten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, dafür aber alternative Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen würden, seien diese auch verhältnismäßig. Solchen Maßnahmen könnten auch keine Bestandsschutzüber-​legungen entgegengehalten werden. Dies habe der Beklagte für Fahrzeuge der Schadstoffklassen unterhalb Euro 6 auch selbst anerkannt.

Obwohl weder die Besitzer von Dieselfahrzeugen noch die von den Immissionen betroffenen Bürger eine persönliche Schuld an der heutigen Schadstoffproblematik treffe, könne die Interessenabwägung nicht zulasten Letzterer ausgehen, weil die Immissionsgrenzwerte im Realbetrieb um ein Vielfaches überschritten würden und die in den Immissionsgrenzwerten zum Ausdruck kommende Interessenabwägung so systematisch missachtet werde.

Hinsichtlich des möglichen Zeitpunktes eines Fahrverbotes sei es sinnvoll, zwischen den verschiedenen Fahrzeuggruppen zu differenzieren und die Möglichkeiten der Nachrüstung einzubeziehen. Bei neu zugelassenen Bussen und schweren Nutzfahrzeugen sei die Abgasnorm Euro 6 bereits seit 2014 Pflicht. Für diese Fahrzeuggruppe könnten die notwendigen Fahrverbote kurzfristig, etwa bereits zum 01.01.2017, umgesetzt werden. Ein Ausschluss von Dieselfahrzeugen der Schadstoffklassen Euro 4 und 5 aus den am stärksten belasteten Gebieten käme ab Januar 2018 in Betracht. Bei Kraftfahrzeugen, welche die aktuellsten Abgasstandard einhalten, sei dagegen eine etwas längere Übergangsfrist erforderlich, da die Schadstoffnorm Euro 6 bei Neuzulassungen erst im September 2015 verbindlich geworden sei.

Der Begrenzung von Dieselfahrzeugen könne schließlich auch nicht der Klimaschutz entgegengehalten werden.

Die sukzessive Erneuerung der Fahrzeugflotte reiche zur Verbesserung der Immissionssituation nicht aus, zumal die Immissionswerte auch von neu zugelassenen Pkws der Abgasnorm Euro 6 im Realbetrieb nicht eingehalten würden. Deren durchschnittlicher Stickoxidausstoß liege nach jüngsten Erkenntnissen des Forscherverbundes ICCT und des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) bei 500 mg/km und damit deutlich über dem Grenzwert von 80 µg/m³. Es sei daher rechtlich bedenklich, Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 von den Fahrverboten auszunehmen. Dies gelte auch im Hinblick auf die vom Beklagten vorgesehen straßenverkehrsrechtliche Beschilderung des Fahrverbots mit einem Zusatzzeichen "Nur für Dieselfahrzeuge unter Euro 6/VI“, da dies bei den betroffenen Verkehrsteilnehmern eine Kenntnis der Emissionsklasse ihres Kraftfahrzeuges voraussetze. Die allgemeine Beschränkung auf „Diesel“ sei demgegenüber rechtlich unproblematisch.

Im Ergebnis seien nach alledem die verfügbaren und rechtmäßigen Maßnahmen für eine schnellere Grenzwerteinhaltung nicht ausgeschöpft. Insbesondere werde dem klägerischen Begehren auch nicht durch die im Vergleich vom 26.04.2016 vom Beklagten eingegangenen Verpflichtungen entsprochen, weil diese keine dauerhaften Verkehrsbeschränkungen beinhalten und sich lediglich auf schadstoffträchtige Wetterlagen beziehen würden. Die im Vergleich vorgesehenen Maßnahmen, die lediglich Am Neckartor eine Verkehrsreduzierung um 20 % bewirken sollen, seien damit nicht ausreichend, um die genannten NO2-Grenzwerte im gesamten Stadtgebiet einzuhalten.

Nichts anderes gelte insoweit auch für den inzwischen vorliegenden Entwurf für eine 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart. Die darin enthaltenen Maßnahmen würden nicht den grundsätzlichen Anforderungen an die Eignung von Luftreinhaltemaßnahmen entsprechen, die das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 14.08.2009 im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 aufgestellt habe.

Die im Planentwurf vorgesehene verkehrsbeschränkende Maßnahmen M1a (Blaue Plakette in der Umweltzone) sei zwar zu begrüßen. Diese Maßnahme gelte jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Bundesgesetzgeber durch eine Änderung der 35. BImSchV eine entsprechende Kennzeichnungsmöglichkeit durch die Blaue Plakette schaffe. Außerdem knüpfe die Maßnahme daran an, dass 80 % der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen müssten. Insoweit gehe der Planentwurf aber selbst davon aus, dass dies frühestens im Jahr 2020 der Fall sei, möglicherweise also auch später. Es könne daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass es in Stuttgart die Blaue Plakette selbst im Jahr 2025 nicht gebe. Außerdem werde die Wirksamkeit der Maßnahme durch weitgehende und im Einzelnen sachlich nicht gerechtfertigte Ausnahmevorschriften eingeschränkt, nach denen etwa 20 % der Fahrzeuge aus dem Verkehrsverbot herausfallen würden. Sachlich nicht gerechtfertigt sei insbesondere auch die pauschale Ausnahme vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6, weil auch diese Fahrzeugklasse nach den Daten des Kraftfahrt-​Bundesamtes einen durchschnittlichen Stickoxidausstoß von 500 mg/km aufweise. Eine solche Herausnahme der Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 sei auch rechtlich nicht geboten, weil das baden-​württembergische Straßenrecht ein Vertrauen des Bürgers an der Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs grundsätzlich nicht schütze und es auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gebiete, Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 pauschal von Verkehrsverboten auszunehmen. Mit den gesetzlichen Anforderungen unvereinbar sei schließlich auch der im Fortschreibungsentwurf angekündigte Verzicht auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen für den Fall einer Nachrüstzusage durch die Industrie.

Diese Bedenken hinsichtlich der Ausnahmen für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6 würden auch für die Maßnahmen M2a bis c (Blaue Plakette/„Luftreinhaltestrecken“ im Talkessel oder Am Neckartor bei Feinstaubalarm ab 01.01.2018) gelten. Völlig ungeeignet seien diese Maßnahmen jedoch vor allem aufgrund ihrer zeitlichen Beschränkung auf Tage mit Feinstaubalarm, weil das Problem der Überschreitung der Jahresmittel- und Stundenmittelgrenzwerte für NO2 nicht lediglich an Feinstaubalarmtagen bestehe. Diese nur geringen Wirkungen der genannten drei Maßnahmen-​Varianten räume der Fortschreibungsentwurf auch selbst ein. Es sei daher nur ein ganzjährig geltendes Fahrverbot geeignet. Die rechtliche Möglichkeit der Umsetzung der Maßnahmen M2b und M2c bestehe bereits heute, an deren bundesrechtlicher Zulässigkeit der Bekanntgabe mittels des Zeichens 251 der Anl. 2 StVO keine Zweifel bestünden. § 45 Abs. 1f StVO regle nur, wie eine Umweltzone zu kennzeichnen sei. Die Norm treffe jedoch keine Aussage dazu, dass innerhalb der Umweltzone keine Straße individuellen streckenbezogenen Beschränkungen unterliegen dürfe. Dies folge bereits daraus, weil nach der Konzeption der StVO begrifflich zwischen „Umweltzonen“ und „Strecken“ unterschieden werde. Als Rechtsgrundlage für streckenbezogene Verkehrsbeschränkungen komme zudem § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO in Betracht.

Die Maßnahmen M3 bis M14 zur Stärkung des Umweltverbundes seien zu unkonkret, denn es werde bereits kein Immissionsminderungspotenzial für die einzelnen Maßnahmen genannt. Teilweise handle es sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des Verwaltungsgerichts Stuttgart auch bereits nicht um „Maßnahmen“ im Sinne des § 47 BImSchG. Teilweise seien sie auch in zeitlicher Hinsicht nicht als qualifizierte Luftreinhaltemaßnahmen nach § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG geeignet. Auch bei den Maßnahmen zur Verbesserung des Emissionsverhaltens bestimmter Flotten handle es sich nicht um Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG. Die Maßnahmen M17 und M18 (Ausweitung Tempo 40 auf Steigungsstrecken; Geschwindigkeitsreduzierung auf ausdrücklichen Straßen an Feinstaubalarmtagen) hätten nahezu kein Immissionsminderungspotenzial. Auch mit M19 und M20 (Erhöhung von Parkgebühren) seien keine konkreten Maßnahmen verbunden und eine Minderung der NO2-Immissionswerte Am Neckartor nicht zu erwarten.

Die im Rahmen der Erstellung der Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans weiter diskutierten Maßnahmen seien überwiegend mit nicht überzeugenden Gründen abgelehnt worden. Dies gelte insbesondere für die Nahverkehrsabgabe und die City-​Maut, der eine hohe Wirksamkeit bescheinigt werde. Die Richtigkeit der im Fortschreibungsentwurf enthaltenen Immissionsprognose sei ebenfalls zweifelhaft, weil die im Planentwurf angekündigten Maßnahmen mit den im Gesamtwirkungsgutachten untersuchten Maßnahmen in mehrfacher Hinsicht nicht deckungsgleich seien. Die Ergebnisse des Wirkungsgutachtens könnten daher nur bedingt zum Nachweis der Wirksamkeit des Maßnahmenpakets der 3. Fortschreibung herangezogen werden. Der Fortschreibungsentwurf sei somit insgesamt nicht geeignet, rechtmäßige Zustände herzustellen. Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn die ab 2018 geltenden Streckenbeschränkungen ganzjährig gelten, die Ausnahmen für Euro 6 abgeschafft würden und die Blaue Umweltzone unmittelbar nach Novellierung der 35. BImSchV eingeführt würde. Soweit der Beklagte zuletzt vorgetragen habe, die Maßnahme M2b nicht mehr in den novellierten Luftreinhalteplan Stuttgart aufnehmen zu wollen, weil man mit einer Veränderung der Software zur Motorsteuerung im Rahmen der „Nachrüstlösung“ mehr erreichen könne, habe der Beklagte hierfür keinerlei Belege vorgelegt. Die angeblich vorrangigen Nachrüstlösungen würden vielmehr ausschließlich auf bloßen Gesprächen „mit der Autoindustrie“ - wer immer dies im Einzelnen auch sei - beruhen, obwohl diese Gespräche hinsichtlich der technischen, rechtlichen, finanziellen und zeitlichen Umsetzung bislang ohne konkretes Ergebnis geblieben seien. Es sei mittlerweile auch erwiesen, dass solche Software-​Lösungen bei der NOx-​Nachrüstung ungeeignet seien. Die Wirksamkeit solcher Softwareupdates liege zwischen 0% und 30 %. Die in diesem Zusammenhang weiter angesprochenen Konzepte der Hochschule Heilbronn und der TU Graz seien unzureichend, weil darin als Zielwerte der Nachrüstung lediglich Werte von 250 bzw. 360 mg NOx angestrebt würden, die deutlich über dem (gesetzlichen) Emissionsgrenzwert liegen und zudem nur bei Laborprüfzyklus (WLTC) eingehalten würden. Die vom Beklagten genannte Reduktion um 50 % der Maximalwerte sei im Übrigen nur dann zu erreichen, wenn keine Abschaltungen im Realbetrieb vorgenommen würden, was jedoch auch weiterhin beabsichtigt sei. Abgesehen von diesen technischen Einwänden, existiere bislang auch kein konkreter Vorschlag der Autoindustrie für die genannte Software-​Lösung. Denn bislang hätten sich noch nicht einmal die deutschen Hersteller auf einen Vorschlag für eine Rückruflösung geeinigt. Jede Veränderung der Motorsteuersoftware erfordere zudem zwingend eine Prüfung und Genehmigung im Rahmen der EU-​Verordnung 715/2007. Da die Entwicklung und Genehmigung von individuell unterschiedlichen Softwarelösungen für alle Euro 5- bzw. Euro 6-​Modelle diverser Hersteller erfahrungsgemäß mehr als zwölf Monate dauere, und zwar beginnend ab dem Zeitpunkt der Einigung, seien im gesamten Jahr 2018 keinerlei Verbesserungen der Luftbelastungssituation und auch 2019 nur in geringem Maße zu erwarten. Schließlich könne auch nicht von einer hohen Beteiligungsbereitschaft der Diesel-​Pkw-​Halter an den Softwareänderungen ausgegangen werden, da selbst kostenlose Nachrüstaktionen in der Vergangenheit lediglich Beteiligungsquoten zwischen 5 und 20 % gehabt hätten. Demgegenüber habe der Kläger aufgezeigt, wie eine technisch wirksame Nachrüstung aussehe. Um einen Abgaswert unter 80 mg NOx/km bei realen Straßenmessungen zu erreichen, sei der Einbau einer neuen Abgasanlage mit einem Kostenaufwand von ca. 1500 € erforderlich.

Der Beklagte sei im Hinblick auf die bisher vorgesehene Maßnahme M2b auch keineswegs an die Rechtsmeinung des BMVI als Rechtsaufsichtsbehörde gebunden. Dabei verkenne der Beklagte insbesondere, dass Streckenbeschränkungen wie in der Maßnahme M2b keine zonalen Verbote seien. Streckenbezogene Verkehrsbeschränkungen seien sowohl nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 als auch nach Abs. 1b Nr. 5 StVO zulässig (vgl. im Einzelnen Anwaltsschriftsätze vom 17.11.2015, 01.06.2016, 07.03.2017, 12.06.2017 und vom 17.07.2017).

Der Kläger beantragt,

   den Beklagten zu verurteilen, den am 01.01.2006 in Kraft getretenen und derzeit in seiner Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 für die Landeshauptstadt Stuttgart geltenden Teilplan des Luftreinhalteplans für den Regierungsbezirk Stuttgart so fortzuschreiben bzw. zu ergänzen, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 i. H. v. 40 µg/m³ und des Stundengrenzwertes für NO2 i. H. v. 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungen im Kalenderjahr in der Umweltzone Stuttgart enthält.


Der Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.


Er hält die Klage für unbegründet. Durch die beabsichtigte 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans würden die genannten Immissionsgrenzwerte bis zum Jahr 2021 eingehalten. Darüber hinausgehende Maßnahmen könnten vom Kläger nicht verlangt werden, weil es für solche weitergehenden Maßnahmen keine Rechtsgrundlage im geltenden Recht gebe und diese auch aus sonstigen Gründen - z.B. wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - rechtswidrig wären. Sollten die maßgebliche Immissionsgrenzwerte trotz dieser Maßnahmen nicht eingehalten werden können, scheide eine neuerliche Fortschreibung des Luftreinhalteplans um weitere Maßnahmen dennoch aus, weil der Bundesgesetzgeber bislang keine Rechtsgrundlagen für solche weitergehenden Maßnahmen geschaffen habe und der Beklagte nicht zu etwas rechtlich Unmöglichem verpflichtet werden könne.

Zur näheren Begründung listet der Beklagte zunächst verschiedene Zahlen, Daten und Fakten zum tatsächlichen und technischen Hintergrund des Streitgegenstands des vorliegenden Klageverfahrens auf, namentlich zum Emissionsverhalten von Kraftfahrzeugen mit unterschiedlichen Antriebstechniken, den Kennzahlen zum Kraftfahrzeug-​Bestand in Deutschland, zu den fiskalischen Rahmenbedingungen für die aktuelle Zusammensetzung des Kraftfahrzeug-​Bestandes sowie zu den geographisch ökonomischen und verkehrlichen Eckdaten der Beigeladenen im Vergleich zu mehreren ausgesuchten Vergleichsstädten und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Danach sei unbestritten, dass die NO2 - und PM10 - Belastung in der Stuttgarter Innenstadt nach wie vor zu hoch sei. Der Vergleich zeige jedoch, dass die Immissionssituation in Stuttgart durch eine ausgeprägte Kessellage mit zahlreichen Steigungsstrecken geprägt werde, die durch hoheitliche Maßnahmen in einem Luftreinhalteplan nicht beeinflusst werden könnten, aber ein „höheres Ambitionsniveau“ bei der Luftreinhaltung zu Erreichung der gleichen Ziele notwendig mache. Da ein gutes ÖPNV-​Angebot und eine hohe ÖPNV-​Akzeptanz tendenziell zu besseren Immissionswerten führen würden, sei eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV in jedem Fall das Mittel der Wahl. Der verbleibende motorisierte Individualverkehr (MIV) sei idealerweise nicht auf wenige Verkehrswege zu konzentrieren, sondern sollte möglichst entzerrt werden, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten und immissionskritische Staus und Stop-​and-​Go-​Verkehr möglichst zu vermeiden (vgl. hierzu im Einzelnen: S. 6 bis 31 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Zur Vorbereitung der aktuellen Planungen zur Fortschreibung des Luftreinhalteplanes sei eine „Wirkungsabschätzung weiterer Maßnahmen für den Ballungsraum Stuttgart“ durch das Gutachterbüro ... GmbH (im Weiteren: Gesamtwirkungsgutachten; GWG) vorgenommen worden. Dabei sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einhaltung der in Immissionsgrenzwerte für Feinstaub (PM10) am Neckartor und weiteren hoch belasteten Straßenabschnitten im Wesentlichen durch eine Minderung der Verkehrsmenge um 20 % bei gleichzeitiger Abnahme der Hintergrundbelastung – z.B. durch eventuell verpflichtende Betriebseinschränkungen bei Komfortheizungen – bis 2020 nahezu erreicht werden könne. Vergleichbares gelte auch für die Einhaltung der Stickstoffdioxid-​Grenzwerte (NO2). Auch insoweit gehe der Gutachter davon aus, dass der zulässige Immissionsgrenzwert mit einer Kombination aus der Reduzierung der Verkehrsmenge um 20 % und einer Fortschreibung der Umweltzone nahezu erreicht werden könne.

Die Beklagte wolle deshalb die Verbesserung der Immissionssituation in Stuttgart mit einem Maßnahmenbündel erreichen. Zu besseren Durchsetzbarkeit und Akzeptanz in der Öffentlichkeit sei hierfür ein zeitlich abgestuftes, in zwei Phasen aufgeteiltes Vorgehen vorgesehen, und zwar mit einer Phase der Freiwilligkeit (Phase 1) und einer Phase 2 mit verbindlichen Vorgaben im Rahmen der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes (vgl. hierzu im Einzelnen: S. 32 bis 43 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Weitergehende Maßnahmen seien unzulässig. Sie könnten insbesondere nicht auf § 40 Abs. 1 BImSchG gestützt werden. Dabei handle es sich nicht lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung, weil der Luftreinhaltungsplan im Sinne des § 47 BImSchG ein bloßes Verwaltungsinternum und deshalb gerade keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen sein könne, die in Rechte Dritter eingreifen würden. Hinzu komme, dass für die Verhängung von Fahrverboten, die nach dem Emissionsverhalten der Fahrzeuge differenzieren, eine entsprechende Kennzeichnung dieser Fahrzeuge in der 35.BImSchV (sog. Kennzeichnungsverordnung) erforderlich sei (z.B. „Blaue Plakette“) und damit der Mitwirkung des Bundesgesetzgebers bedürfe.

Die Voraussetzungen des § 45 StVO für die Verhängung von Verkehrsverboten würden ebenfalls nicht vorliegen, weil Maßnahmen nach dieser Vorschrift nur hinsichtlich bestimmter Straßen oder Straßenstrecken ergriffen werden dürften. § 45 StVO lasse es daher nicht zu, pauschal ganze Ortsteile oder die Innenstadt für den „Motorisierten Individualverkehr (MIV)“ zu sperren, weil dies voraussetzen würde, dass auf allen Straßen der genannten Gebiete die Immissionsgrenzwerte für NO2 überschritten wären, was jedoch nicht der Fall sei. Außerdem dürfe eine Verkehrsbeschränkung nach § 45 StVO nur aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs und zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen erfolgen. Zwar seien die Schadstoffe PM10 und NO2 Abgase im Sinne dieser Vorschrift, PM10 jedoch nur, soweit dieser motorseitig emittiert werde, also nicht von Aufwirbelungen, Bremsen- und Reifenabrieb, etc. herrühre. Gerade dabei handle es sich jedoch um die Hauptverursachungsanteile der PM10-Gesamtemissionen am Neckartor. Es gebe demnach im geltenden Recht derzeit keine Vorschrift, auf die sich Fahrverbote zur Minderung von Abrieb und Aufwirbelungen als Hauptverursacher der Feinstaubbelastung stützen ließe. Schließlich schütze § 45 StVO lediglich die Wohnbevölkerung. Ein Schutz der Menschen, die im Plangebiet lediglich arbeiten würden, könne folglich über diese Vorschrift von vornherein nicht erfolgen.

Daneben bestehe für (selektive) Fahrverbote gegenwärtig auch ein vollzugspraktisches Hindernis für die verkehrsrechtliche Anordnung von Verkehrsbeschränkungen, weil es für einen bestimmten Besetzungsgrad eines Fahrzeugs oder für ein bestimmtes Kennzeichen (gerade/ungerade) in der StVO gegenwärtig gar kein Verkehrsschild gebe. Die Ermächtigung für plangebietsbezogene Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs aus Luftreinhaltungsgründen finde sich vielmehr in § 40 und § 47 BImSchG i.V.m. § 45 Abs. 1 Ziffer f. StVO, in dem ausschließlich die Verwendung der Zeichen 270.1 und 270.2 StVO in Verbindung mit den dazu vorgesehenen Zusatzzeichen (StVO, Anlage 2 Nr. 46) vorgesehen sei (vgl. im Einzelnen S. 43 bis 48 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Soweit als planerische Maßnahmen der Ausbau des ÖPNV in Betracht komme, seien bloße programmsatzartig in den Luftreinhalteplan aufgenommene Appelle an die Beigeladene als Träger des ÖPNV nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart mangels hinreichender Konkretheit keine Maßnahmen, die den Mindestanforderungen des § 47 Absatz 1 BImSchG genügen würden. Konkrete Maßnahmen des ÖPNV-Ausbaus könnten zudem auch deshalb nicht in einen Luftreinhalteplan aufgenommen werden, weil deren Realisierung der vorherigen Durchführung von ergebnisoffenen Planungsverfahren bedürfe. Im Ergebnis nichts anderes gelte auch für die Frage der Festsetzbarkeit organisatorischer Maßnahmen im Bereich des ÖPNV (vgl. im Einzelnen S. 48 bis 51 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes müssten zudem ohne Einschränkung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, da dieser Grundsatz auch im Recht der Luftreinhalteplanung gelte. Dies folge sogar explizit aus § 17 Abs. 2 BImSchG und müsse daher auch für Maßnahmen nach § 47 BImSchG gelten. Dies werde auch in der einschlägigen Rechtsprechung so gesehen und bedürfe auch keiner Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes.

Verkehrsbeschränkungen seien daher nur zulässig, wenn die realistische Möglichkeit bestehe, auf ein alternatives Verkehrsmittel auszuweichen. Da Stuttgart sehr viele Berufspendler verzeichne, sei davon auszugehen, dass die große Mehrheit der Verkehrsteilnehmer, die auf einer der beiden Hauptverkehrsachsen in die Stuttgarter Innenstadt einfahren, auch dort arbeiten würden und daher - im Gegensatz zum klassischen Durchgangsverkehr - nicht auf Umfahrungsstrecken ausweichen könnten. Gegenüber diesen Verkehrsteilnehmern (Berufspendlern) sei eine verkehrsbeschränkende Maßnahme (wie z.B. ein Einfahrverbot) daher nur dann verhältnismäßig, wenn diesen Verkehrsteilnehmern der ÖPNV als alternatives Verkehrsmittel zur Verfügung stehe. Dies setze voraus, dass der Stuttgarter ÖPNV die Kapazitäten aufweise, um diese zusätzlichen Fahrgäste aufzunehmen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach den Erhebungen des örtlichen ÖPNV-​Trägers VVS GmbH die Verkehrsmittel des Stuttgarter ÖPNV (insbesondere S-​Bahnen) in der morgendlichen Spitzenstunde zwischen 7:00 und 8:00 Uhr eine Auslastungsquote im Mittel von lediglich 55 % (bei Langzügen mit 3 Einheiten), und dabei ein Drittel der Züge zu weniger als 50 % und nur ein Sechstel der Züge zu mehr als zwei Dritteln ausgelastet gewesen seien, müsse man festhalten, dass Verkehrsteilnehmer und vor allem Berufspendler, die bisher das eigene Fahrzeug für die Einfahrt in die Stuttgarter Innenstadt nutzten, im Falle von Fahrverboten im Grundsatz eine Möglichkeit finden müssten, auf den ÖPNV zu wechseln. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts Wesentliches, wenn man zusätzlich zu den 6 S-​Bahn-​Linien auch die 5 Stadtbahnlinien in den Blick nehme, die im Stuttgarter Verbundgebiet betrieben würden. Da jedoch keinesfalls davon ausgegangen werden könne, dass bei Verhängung eines Fahrverbots auch sämtliche hiervon Betroffenen einfach und ohne weiteres auf den ÖPNV umsteigen würden, sei ein Einfahrtverbot bereits auf dieser ersten Stufe der Prüfung, ob es den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genüge, nicht unproblematisch. Den betroffenen Berufspendler müssten daher auch andere Mobilitätsoptionen angeboten werden, wie z.B. der Ersatz eines Kraftfahrzeuges mit zu hohen Immissionswerten durch ein sauberes Fahrzeug, was jedoch nicht von einem Tag auf den anderen, sondern nur innerhalb einer vernünftigen Frist ab der Ankündigung der geplanten Maßnahmen erwartet werden könne. Genau dies sehe das jetzt geplante Konzept zur Luftreinhaltung vor.

Ein Ausschluss von Fahrzeugen mit aktuellster Schadstoffnorm (Euro 6) sei zudem mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar, weil ein Bürger, der ein solches Fahrzeug erwerbe, nicht rechtswidrig handle, wenn er dieses Fahrzeug im Rahmen des Gemeingebrauchs auf öffentlichen Straßen führe. Er könne sich daher auf die Garantiefunktion des Rechts berufen, wonach derjenige, der eine zugelassene Tätigkeit ausübt, darauf vertrauen dürfe, dass die Rechtsordnung ihm diese Tätigkeit nicht untersage. Wer ein Fahrzeug fahre, dass die aktuellste Schadstoffnorm einhalte, habe deshalb einen Rechtsanspruch darauf, hierfür zugelassene öffentliche Straßen im Rahmen des Gemeingebrauchs ohne jegliche Einschränkung befahren zu dürfen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Einhaltung der aktuell geltenden strengsten Schadstoffnorm Euro 6 im Laborbetrieb nach dem geltenden Prüfverfahren NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) leider keine Gewähr dafür biete, dass das betreffende Fahrzeug diese Immissionsgrenzwerte auch im Realbetrieb tatsächlich einhalte.

Bei einem Ausschluss von Fahrzeugen mit schlechterer Schadstoffnorm als Euro 6 stelle sich die Frage nach dem Bestandsschutz, weil diese Fahrzeuge jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Zulassung der seinerzeit geltenden strengsten Schadstoffnorm entsprochen hätten. Da der Bestandschutz im Immissionsschutzrecht allerdings von vornherein nur ein „eingeschränkter“ sein könne, sei festzuhalten, dass es keinen Rechtsanspruch eines Fahrzeugführers gebe, mit einem Fahrzeug, das irgendwann in der Vergangenheit einmal die seinerzeit geltenden emissionsseitigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt habe, zeitlich unbegrenzt öffentliche Straßen befahren zu dürfen. Insoweit werde man vielmehr die gesetzgeberische Abwägungsentscheidung zwar grundsätzlich zu respektieren haben, wonach der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen Betroffenen höher zu gewichten sind, als die betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit). Im vorliegenden Fall sei jedoch im Rahmen der erforderlichen Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zu berücksichtigen, dass die Kapazitäten des ÖPNV im Verbundgebiet Stuttgart gegenwärtig (noch) nicht ausreichen würden, sämtlichen von einem Einfahrtverbot betroffenen Pendlern die Möglichkeit zu bieten, zu den Stoßzeiten einfach auf den ÖPNV zu wechseln. Ebenso seien die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen, die der Betroffene dadurch erleide, dass er sein bisheriges Fahrzeug durch ein anderes ersetzen müsse, um weiterhin zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auch auf die Parallele zum anlagenbezogenen Immissionsschutzrecht, dass im Falle des Widerrufs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einen Entschädigungsanspruch vorsehe, wenn das Vertrauen in den Bestand der Genehmigung schutzwürdig sei. Ein Einfahrverbot stelle im Ergebnis nichts anderes als einen solchen Widerruf im Sinne des § 21 BImSchG dar, für den dem Betroffenen ein irgendwie gearteter Ausgleich zustehe. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte sei die Verhängung eines weitergehenden Einfahrtverbotes in die Stuttgarter City für sämtliche Fahrzeuge mit einer schlechteren Abgasnorm als Euro 6 für Dieselfahrzeuge und Euro 3 für Benzinfahrzeuge nur dann verhältnismäßig, wenn man den betroffenen Fahrzeugführern angemessene Übergangsfristen einräume, in denen sie mit ihren Fahrzeugen noch die Innenstadt befahren dürften, bevor sie dann vom Einfahrtverbot erfasst würden. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Immissionsgrenzwerte der 39.BImSchV bereits zum 01.01.2010 verbindlich geworden seien und der Beklagte deshalb säumig sei. Denn eine Verurteilung der Beklagten zur sofortigen Ergreifung der notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der genannten Immissionsgrenzwerte würde im Ergebnis auf eine „Bestrafung“ der Beklagten für Versäumnisse in der Vergangenheit hinauslaufen.

Da es bislang keine zusätzliche Kennzeichnung für besonders emissionsarme Fahrzeuge (Blaue Plakette) gebe, bestehe derzeit keine rechtliche Grundlage, Fahrzeuge aus Umweltzonen oder Teilen von Umweltzonen auszuschließen, die hohe NOx-Emissionen verursachen würden. Für auf § 40 Abs. 1 BImSchG gestützte Fahrverbote folge dies bereits aus Absatz 3 der Vorschrift, in dem explizit verlangt werde, dass für die bevorrechtigten (d.h. vom Fahrverbot ausgenommen) Kraftfahrzeuge eine entsprechende Kennzeichnung in einer Rechtsverordnung des Bundes festzulegen sei. Dasselbe gelte für Fahrverbote, die auf § 45 StVO gestützt werden sollten. Ohne eine entsprechende Kennzeichnung sei ein solches Einfahrtverbot auch nicht kontrollierbar.

Entgegen der in seinem Schreiben vom 11.03.2016 geäußerten Rechtsansicht des Bundesministers für Verkehr und Digitale Infrastruktur, würden sich Einfahrverbote auch nicht bereits gegenwärtig – also auch ohne Blaue Plakette – durch Verdecken des Zusatzzeichens an den Umweltzonen-​Schildern verhängen lassen. Denn dies hätte ein generelles Einfahrtverbot zur Folge und würde daher selbst besonders emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge wie Elektroautos betreffen. Eine solche Alles-​oder-​Nichts-​Regelung sei daher unverhältnismäßig. Soweit Ausnahmen von diesem Verbot für bestimmte Gruppen von Fahrzeugführern durch Allgemeinverfügung gewährt werden könnten, sei eine solche Regelung wiederum nicht kontrollierbar und damit nicht praktikabel. Im Übrigen gebe es für solche Ausnahmen vom Einfahrtverbot auch wiederum keine Verkehrszeichen in der StVO. Eine Bekanntgabe solcher Ausnahmen vom Einfahrtverbot mittels Allgemeinverfügung sei möglicherweise bereits wegen der Vorschrift des § 45 Abs. 4 StVO nicht möglich, wonach die Behörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürften (vgl. im Einzelnen S. 53 bis 73 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Die geplante Einführung einer separaten Fahrspur für Fahrzeuge mit besonderen Merkmalen (sog. „Umweltstreifen“) werfe möglicherweise ebenfalls Fragen der Verhältnismäßigkeit auf, weil hierdurch der Straßenraum für den übrigen Verkehr verknappt, dadurch möglicherweise Ausweichverkehre generiert würden und es infolgedessen letztlich auch auf diesen Ausweichstrecken zu Überschreitungen der genannten Immissionsgrenzwerte kommen könne, was mit dem „Verschlechterungsverbot des § 26 der 39. BImSchV nicht vereinbar sei.

Bei der weiter viel diskutierten Maßnahme, die Einfahrt in die Innenstadt an die Errichtung einer Abgabe zu knüpfen (sog. City-​Maut), stelle sich neben dem Problem der Geeignetheit auch die Frage, ob es sich hierbei um eine verbotene Verhinderungsabgabe handle und diese auch wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig wäre, weshalb die Einführung einer City-​Maut bis auf weiteres nicht möglich sein dürfte (vgl. im Einzelnen S. 78 bis 82 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Da weitergehende Maßnahmen als diejenigen, die aktuell zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehen seien, aus rechtlichen Gründen derzeit nicht ergriffen werden könnten, genüge der Beklagte auch den Anforderungen der Rechtsprechung, wonach der Zeitraum der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten „so kurz wie möglich“ zu halten sei.

Sollte das jetzt geplante Maßnahmenpaket nicht ausreichen, um die NO2-Immissionsgrenzwerte spätestens im Jahr 2021 einzuhalten, sei schließlich – höchst vorsorglich – zu akzeptieren, dass die Immissionsgrenzwerte trotz Ausschöpfung aller rechtlich zulässigen Möglichkeiten in Stuttgart nicht einzuhalten seien. Es läge dann ein Anwendungsfall des anerkannten Grundsatzes vor, wonach niemand zu Unmöglichen verpflichtet sein könne. In diesem Fall habe der EU-​Gesetzgeber der Beigeladenen eine vorübergehende Ausnahme von den Immissionsgrenzwerten zu gewähren (vgl. hierzu im Einzelnen S. 89 bis 94 der Klageerwiderung vom 31.03.2016).

Das inzwischen vorliegende Gesamtwirkungsgutachten bestätige, dass eine schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für NO2 und insbesondere des Jahresmittelwerts des § 3 Abs. 2 der 39.BImSchV nur mit sehr weitgehenden Maßnahmen der Beschränkung des „Motorisierten Individualverkehrs (MIV)“ erzielbar sei, namentlich von Fahrzeugen, die emissionsseitig die Anforderungen an eine Blaue Plakette nicht erfüllen würden, also in erster Linie Diesel-​Pkw, die nicht die aktuell strengste Abgasnorm Euro 6 einhalten würden. Die Blaue Umweltzone mit ganzjährigen flächendeckenden Verkehrsbeschränkungen (Modul 1.1 laut Gesamtwirkungsgutachten) sei unverzichtbarer Bestandteil des Luftreinhaltungskonzepts des gegenwärtig in Bearbeitung befindlichen Luftreinhaltungsplans. Dieses Szenario 2 werde ergänzt um zusätzliche bis 2020 umsetzbare Maßnahmen (Szenario 2), welches wiederum durch Szenario 3 mit der weiteren Maßnahme einer City-​Maut ergänzt werde, welche aber mangels Rechtsgrundlage bis auf weiteres nicht ergreifbar sei. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit könnten die genannten Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge mit Otto-​Motoren unter Euro 3 und Diesel-​Pkw unter Euro 6 jedoch erst im Jahr 2020 erfolgen, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Flottenerneuerung so weit fortgeschritten sei, dass 80 % der im Stuttgarter Stadtgebiet zugelassenen Kraftfahrzeuge und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen der Blauen Plakette erfüllen würden. Für diese 80 %-​Regelung sei jedoch eine Fortschreibung der 35.BImSchV um eine Blaue Plakette erforderlich. Die Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes sei nur dann rechtlich möglich, wenn die Blaue Plakette eingeführt werde.

Die ohne Blaue Plakette im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans interimistisch vorgesehenen, zeitlich begrenzten und streckenbezogenen Verkehrsbeschränkungen würden zwar in der Summe einen begrenzten Beitrag zur Senkung des NO2-Jahresmittelwerts liefern, würden jedoch nicht zu dessen Einhaltung führen, worauf die vorliegende Klage gerichtet sei. Hieraus folge, dass das vorgelegte Konzept tatsächlich der schnellstmögliche Weg sei, um die Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen. Könnten die weitergehenden Maßnahmen mangels Blauer Plakette rechtlich nicht umgesetzt werden, könne das Ziel der Grenzwerteinhaltung auch nicht schneller erreicht werden. Es könne daher auch offen bleiben, ob alle Maßnahmen des Konzepts oder nur einige oder womöglich gar keine dieser Maßnahmen materiell die Anforderungen erfüllen, die an eine Luftreinhaltungsmaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG zu stellen seien, weil mehr als diese Maßnahmen in rechtmäßiger Weise nicht ergriffen werden könnten. Denn der Kläger könne vom Beklagten nichts rechtlich Unmögliches verlangen (ultra posse nemo obligatur). Dies sei in den Parallelverfahren des Klägers in Darmstadt und Wiesbaden auch bereits obergerichtlich bestätigt worden.

Zur weiteren Begründung gibt der Beklagte einen Überblick über bereits ergriffene Luftreinhaltungsmaßnahmen in den Bereichen Ausbau des ÖPNV, des Radverkehrs, des Fußverkehrs, von P+R-​Parkplätzen, Förderung der Elektromobilität, Fuhrpark der Beigeladenen und des Beklagten, Parkraummanagement, Höchstgeschwindigkeit innerorts, Baumaschinen, Komfortkamine, Straßenreinigung, Stadtbegrünungskonzept und Feinstaubalarm (vgl. im Einzelnen S. 7 bis 15 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).

Der Beklagte beschreibt und erläutert weiter die in der 3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans vorgesehenen Maßnahmen. Diese umfassen im Einzelnen die beabsichtigten ganzjährigen bzw. temporären (streckenbezogenen) Verkehrsbeschränkungen, Ausbau und Förderung des Umweltverbundes, Umstellung des städtischen und landeseigenen Fuhrparks auf Elektro-​, Hybrid- und Erdgasbetrieb und Entwicklung von Förderprogramme, Umrüstung der Busflotte, Geschwindigkeitsbegrenzungen inner- und außerorts und Parkraummanagement (vgl. im Einzelnen S. 15 bis 35 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).

Weitere Maßnahmen seien wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht möglich, dessen Geltung auch im Bereich der Luftreinhaltung eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei. Dies habe der Gesetzgeber in § 47 Abs. 4 S. 1 BImSchG auch selbst ausdrücklich klargestellt. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus der strikten Verbindlichkeit der gemeinschaftsrechtlich festgesetzten Immissionsgrenzwerte herleiten, weil durch diese Immissionsgrenzwerte lediglich eine Gefahrenschwelle festgelegt werde, bei deren Überschreiten hoheitliches Handeln notwendig sei. Bei der Frage, welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden könnten, sei jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Deshalb sei es trotz der gesetzlichen Vorgabe der schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte auch rechtlich zulässig, dass infolge der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Einzelmaßnahmen sich das damit verfolgte Ziel der Einhaltung der Grenzwerte verzögern könne. Hierfür spreche auch bereits der Wortlaut des § 47 Absatz 1 S. 3 BImSchG, wonach Überschreitungen „so kurz wie möglich“ zu halten seien. Hieraus folge, dass eine zeitliche Relativierung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte bereits gesetzesimmanent sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Fehl gehe auch die Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits auf der normativen Ebene der Festlegung der Immissionsgrenzwerte Berücksichtigung gefunden habe und deshalb auf administrativer Ebene nicht mehr zu berücksichtigen sei.

Da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz demnach uneingeschränkt Geltung beanspruchen könne, seien insbesondere Verkehrsbeschränkungen für Diesel-​Kraftfahrzeuge, welche die strengste Abgasnorm Euro 6 erfüllen würden, nicht zulässig. Dies gelte nicht zuletzt auch deshalb, weil durch solche Verkehrsbeschränkungen auch der gesamte Wirtschaftsverkehr betroffen wäre und es zudem eine völkerrechtlich wie gemeinschaftsrechtlich bindende Verpflichtung der Bundesrepublik gebe, CO2-Emissionen abzubauen.

Die von der Klägerin geforderte City-​Maut sei ebenfalls unzulässig, weil es für eine solche bereits keine Rechtsgrundlage im materiellen Recht außerhalb des Bundesimmissionsschutzgesetzes gebe. Insbesondere ermögliche die Straßenverkehrsordnung (StVO) die Verhängung einer solchen City-​Maut nicht. Hinzu komme, dass der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen seinem Wesen nach grundsätzlich unentgeltlich sei. Eine City-​Maut stehe daher für eine schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwertes bis 2020 als Maßnahme nicht zur Verfügung und sei daher im jetzt in Bearbeitung befindlichen Luftreinhalteplan auch nicht vorgesehen. Ebenso wenig seien die von der Klägerin weiter geforderten Maßnahmen (Umrüstung der Taxiflotte, Nahverkehrsabgabe) rechtlich realisierbar (vgl. im Einzelnen S. 35 bis 50 der weiteren Klagerwiderung vom 28.02.2017).

Außerdem habe das Verkehrsministerium inzwischen mit der Autoindustrie intensive Gespräche über die Möglichkeiten einer Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge geführt. Ziel dieser Nachrüstung sei es, dass tatsächliche Emissionsverhalten Fahrzeuge so zu verbessern, dass hierdurch wenigstens eine Immissionsreduzierung erzielt werden könne. Diese Gespräche hätten das erfreuliche Ergebnis gebracht, dass solche Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen der Eurostufe 5 tatsächlich möglich seien. Bei 50 % dieser Kraftfahrzeuge sei es technisch möglich, z.B. durch eine Änderung der Software der Motorsteuerung die Abgasemissionen um rund 50 % zu reduzieren. Im Falle einer tatsächlichen Nachrüstung von rund 50 % der zugelassenen Kraftfahrzeuge könne durch diese Nachrüstungen im Durchschnitt eine Reduzierung der regionalen Abgasimmissionen im Straßenverkehr 50 % bei Euro-​5-Fahrzeugen bzw. 30 % bei Euro-​6-Fahrzeugen gelingen. Da nach den neuesten amtlichen Zulassungszahlen davon ausgegangen werden könne, dass die Flottenerneuerung (Austausch älterer Dieselfahrzeuge durch solche mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6) noch schneller erfolgen werde, als bislang angenommen, sei damit zu rechnen, dass dieser positive Effekt tatsächlich noch im größeren Umfang eintreten werde. Dies folge daraus, dass bereits heute (Stand 30.06.2017) 67,5 % der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge emissionsseitig die Anforderungen der künftigen Blauen Plakette erfülle.

Bei diesem Ergebnis habe die Nachrüstung rechtlichen Vorrang vor Verkehrsverboten. Bereits der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlange, dass die Planbehörde zur Erreichung desselben Ziels diejenige Maßnahme auswähle, die den geringeren Eingriff in die Rechtsgüter Dritter bewirke. Die Nachrüstlösung sei deshalb zwingend vorrangig zu ergreifen. Zwar gebe es rechtlich keine Handhabe, den Fahrzeughalter hoheitlich dazu zu verpflichten, sein Fahrzeug tatsächlich nachzurüsten, solange es konform mit der erteilten Typgenehmigung sei. Die Nachrüstlösung sei jedoch ein mittelbarer Weg, den Fahrzeughalter zur Nachrüstung zu motivieren, weil er für den Fall, dass er sie nicht durchführe, zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem Verkehrsverbot für sein älteres Fahrzeug rechnen müsse. Die Nachrüstlösung führe deshalb auch nicht dazu, dass die Verkehrsverbote ersatzlos und vollständig aus dem Planentwurf gestrichen würden.

Lediglich an der bislang vorgesehenen Maßnahme M2b könne nicht länger festgehalten werden, weil das Bundesverkehrsministerium inzwischen deutlich gemacht habe, dass es zwar streckenbezogene Verkehrsverbote neben der Plakettenregelung der 35.BImSchV im Grundsatz für rechtlich zulässig halte, nicht jedoch ein zonal wirkendes Verkehrsverbot wie die Maßnahme M2b. Insoweit genieße die Plakettenregelung der 35.BImSchV nach der Rechtsansicht des Bundesverkehrsministeriums Vorrang und habe abschließende Wirkung für zonale Verkehrsverbote. An diese Rechtsauffassung des Bundesverkehrsministeriums als zuständiger Rechtsaufsichtsbehörde sei der Beklagte gebunden. Diese Maßnahme werde der Planentwurf daher nicht mehr vorsehen. Hierdurch sei die generelle Strategie des Landes zur Verbesserung der Immissionssituation im Stadtgebiet von Stuttgart jedoch nicht infrage gestellt. Denn es sei nach wie vor beabsichtigt, das Verkehrsverbot im Sinne der Maßnahme M1a zu verhängen, sobald die Blaue Plakette zur Verfügung stehe und zur Vermeidung der an ansonsten drohenden unzulässigen Verlagerungseffekte in Umlandgemeinden an mindestens 80 % der Kraftfahrzeuge des Flottenbestandes vergeben werden könne. Ebenso sei weiterhin beabsichtigt, bei Ausbleiben der Blauen Plakette streckenbezogene Verkehrsverbote auf der Basis eines landesrechtlich noch zu schaffenden Verkehrszeichens zu ergreifen, sobald infolge der bis dahin erzielten Nachrüstquote und der voranschreitenden Flottendurchdringung solche streckenbezogenen Verkehrsverbote nicht mehr zu unzulässigen Verlagerungseffekten führen würden und/oder das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren bezüglich des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13.09.2016 (Az.: 3 K 7695/15 in juris; im Weiteren: Revisionsverfahren Düsseldorf) die generelle Zulässigkeit landesrechtlicher Strecken bezogenen Verkehrsverbote neben der Plakettenregelung des Bundes bestätigt habe (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017).

Mit Beschluss vom 18.11.2015 wurde die Landeshauptstadt Stuttgart gemäß § 65 Abs. 1 VwGO in dem Verwaltungsstreitverfahren beigeladen, weil das Klagebegehren auch die Interessen der Landeshauptstadt Stuttgart berührt.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Dem Gericht liegen die an den verschiedenen Messstationen im Stadtgebiet Stuttgart zwischen 2004 und März 2016 ermittelten Messwerte für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) vor. Danach waren der seit dem 01.01.2005 geltende Jahresmittelwert für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) bis einschließlich 2016 an den Messstationen Am Neckartor und Hohenheimerstraße und die Anzahl der Überschreitungsstunden an der Messstation Am Neckartor in jedem Kalenderjahr des genannten Zeitraumes zum Teil um ein Vielfaches überschritten. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:

Stickstoffdioxid (NO2), Stand: bis 31. Mai 2017

1. Anzahl Überschreitungsstunden von NO2 > 200 µg/m³


Grenzwert bis 2009: 175 Std., ab 2010: 18 Std.

2. Jahresmittelwerte Grenzwert: 40 µg/m³

[folgt eine Tabelle mit Messwerten]<
Messstationen:

[folgt eine Aufzählung]
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die darin befindlichen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Dem erkennenden Gericht liegen die „Wirkungsabschätzung weiterer Maßnahmen für den Ballungsraum Stuttgart“ durch das Gutachterbüro ... GmbH vom Februar 2017 (Gesamtwirkungsgutachten; GWG) einschließlich der Dokumentation Teile 1 und 2 vom April 2017 und dessen Ergänzung vom Mai 2017 sowie der Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart nebst Anlagen vor, die auch zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Das erkennende Gericht hat die im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2017 erörtert. Wegen der Ergebnisse dieser Erörterung wird auf die hierzu gefertigte Sitzungsniederschrift vom 19.07.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig (I.) und hat auch in der Sache Erfolg (II.).

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, weil das Begehren des Klägers auf die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart gerichtet ist und dieser Luftreinhalteplan nicht als Verwaltungsakt, sondern als „verwaltungsinterner Handlungsplan“ zu qualifizieren (so bereits VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009, - 13 K 511/09 - in juris) und seiner Rechtsnatur nach daher einer Verwaltungsvorschrift ähnlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, - 7 C 21/12 - in juris).

2. Der vom Kläger gestellte Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt und genügt damit den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Denn dem Antrag ist zu entnehmen, welches konkrete Klageziel der Kläger erreichen will, nämlich die Fortschreibung/Ergänzung des Luftreinhalteplans Stuttgart um Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass die Immissionsgrenzwerte für NO2 so schnell wie möglich eingehalten werden. Zu Recht hat der Kläger den Klagantrag - im Sinne eines Bescheidungsantrages - auch auf die mit den festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen bezweckten Ziele (schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsgrenzwerte) beschränkt, weil § 47 BImSchG den nach Landesrecht für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Behörden bei der Auswahl und Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen in Luftreinhalteplänen einen planerischen Gestaltungsspielraum einräumt und es den Gerichten daher im Regelfall verwehrt ist, die zuständigen Behörde zur Festlegung konkreter Maßnahmen zu verpflichten.

3. Der Kläger besitzt als ein nach § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannter Umweltverband die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, denn ihm steht in dieser Funktion das Recht zu, die Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans zu verlangen (so ebenfalls bereits BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.)

II.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart um Maßnahmen, die zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der seit mindestens 2010 überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart führen.

Anspruchsgrundlage für das entsprechende Begehren des Klägers ist § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde (hier: das Regierungspräsidium Stuttgart; im Weiteren: Planbehörde) einen Luftreinhalteplan aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Die aufgrund von § 48a Abs.1 BImSchG erlassene 39.BImSchV dient der Umsetzung der Richtlinien 2008/50/EG und 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe. Gemäß § 27 Abs. 1 der 39.BImSchV ist ein Luftreinhalteplan für ein Gebiet oder einen Ballungsraum aufzustellen, wenn der Immissionsgrenzwert für einen Schadstoff in der Luft zuzüglich einer dafür geltenden Toleranzmarge in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum überschritten wird. Dieser Luftreinhalteplan muss die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegen und den Anforderungen der Rechtsverordnung entsprechen.

Nach den §§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und 27 Abs. 2 der 39.BImSchV müssen die festgelegten Maßnahmen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Damit normiert § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 der RL 2008/50/EG eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte, die nicht zur Disposition der Planbehörde steht. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das durch die Immissionsgrenzwerte festgelegte zumutbare Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Planbehörde bei der Aufstellung bzw. Fortschreibung ihres Luftreinhalteplans und der Auswahl der geeigneten Maßnahmen ausrichten. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert demnach eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele (so BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, a.a.O.).

Die Planbehörde hat deshalb im Rahmen eines Gesamtkonzepts, das die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Ziel haben muss, zunächst die zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte grundsätzlich geeigneten Maßnahmen zu ermitteln, deren Wirksamkeit (Emissionsminderungspotenzial) prognostisch zu quantifizieren und danach in einem weiteren Schritt zu prüfen und auszuwählen, welche der grundsätzlich in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen sind, um zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der verbindlichen Grenzwerte zu gelangen. Es reicht daher regelmäßig nicht aus, wenn sich die Planbehörde im Rahmen ihrer Planung mit einzelnen Maßnahmen beschäftigt und diese sogar in ihren Luftreinhalteplan aufnimmt, dabei aber offen lässt, ob und wann mit diesen Maßnahmen das Gesamtziel erreicht sein wird (ebenso VG Sigmaringen, Urt. v. 22.10.2014 - 1 K 154/12 – in juris).

Bei der Auswahl der Maßnahmen ist schließlich § 47 Abs. 4 BImSchG zu beachten, wonach die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionsgrenzwerte beitragen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Planbehörde verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart fortzuschreiben, weil die in der 39. BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart bislang nicht eingehalten werden (dazu unter 1.).

Mit dem vorgelegten Planentwurf der „3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes zur Minderung der PM10- und NO2-Belastungen“ vom Mai 2017 kommt die Planbehörde dieser Verpflichtung bislang nicht im gebotenen Umfang nach (dazu unter 2.).

Es ist jedoch möglich, die überschrittenen Immissionsgrenzwerte für NO2 in der Umweltzone Stuttgart einzuhalten, weil eine solche Einhaltung nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten jedenfalls durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen tatsächlich erreichbar ist (dazu unter 3.).

Solche weitergehenden Verkehrsbeschränkungen können mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden (dazu unter 4.).

Sie begegnen auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken und verstoßen insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu unter 5.).

1.

Die Planbehörde ist gemäß § 47 Abs. 1 BImSchG verpflichtet, den bestehenden Luftreinhalteplan Stuttgart aus dem Jahr 2005 in der Fassung der 1. und 2. Fortschreibung vom Februar 2010 bzw. Oktober 2014 fortzuschreiben.

Nach § 3 Abs. 1 der am 12.09.2002 in Kraft getretenen und bis zum 05.08.2010 gültigen 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-​Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (BGBl. I, S. 3626; im Weiteren: 22.BImSchV 2002), mit der u. a. die Richtlinie des Rates 80/779/EWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebstaub (ABl. EG Nr. L 229, S. 30) und die Richtlinie 1999/30/EG vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffdioxid, Partikel und Blei in der Luft (ABl. EG Nr. L 163, S. 41) in deutsches Recht umgesetzt wurden, war im Bundesgebiet zum Schutz der menschlichen Gesundheit bereits ab dem 01.01.2005 bis zum 31.12.2009 ein Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 200 µg/m³ (98-​Prozent-​Wert der Summenhäufigkeit, berechnet aus den während eines Jahres gemessenen Mittelwerten über eine Stunde oder kürzere Zeiträume) einzuhalten.

Gemäß § 3 Abs. 2 und 4 der 22.BImSchV gilt seit dem 01.01.2010 ein Stundengrenzwert für NO2 von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr und ein über das Kalenderjahr gemittelter Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³.

Seit dem Inkrafttreten der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-​Immissionsschutzgesetzes/Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (im Weiteren: 39.BImSchV), welche die 22.BImSchV 2002 abgelöst hat und mit der die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.06.2008, S. 1), die Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom 26.1.2005, S. 3) sowie die Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. L 309 vom 27.11.2001, S. 22) in nationales Recht umgesetzt wurden, ergeben sich die o. g. Immissionsgrenzwertes für NO2 aus § 3 Abs. 1 und 2 der 39. BImSchV und der Anlage 11 Abschnitt B hierzu.

Dieser in § 3 Abs. 2 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegte und seit dem 01.10.2010 geltende Jahresmittelwert für NO2 von 40 µg/m³ wird nach wie vor (bis einschließlich 2016) an mehreren Messstationen in der Umweltzone Stuttgart (z. B. Arnulf-​Klett-​Platz, Hohenheimer Straße und Am Neckartor) nicht eingehalten. Dasselbe gilt für den in § 3 Abs. 1 und in Anlage 11 Abschnitt B der 39.BImSchV festgelegten Stundengrenzwert für NO2 in Höhe von 200 µg/m³ bei maximal 18 Überschreitungstagen im Kalenderjahr, der jedenfalls an der Messstation Am Neckartor nach wie vor nicht eingehalten wird.

Dies wird durch die an den genannten Messstationen erhobenen Messwerte belegt, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Darlegung.

2.

Dieser Verpflichtung gem. § 47 Abs. 1 BImSchG ist die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 jedoch nicht nachgekommen, weil die in diesen Planentwurf aufgenommenen Vorhaben M1 bis M20 weder allein noch gemeinsam geeignet und ausreichend sind, die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen NO2-Immissionsgrenzwerte zum schnellstmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen.

Von den in M1>, M2a, M2b und M2c geregelten Verkehrsverboten kann nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keines als geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

Für das Verkehrsverbot M1a folgt dies daraus, dass dieses nach dem Willen des Plangebers nicht vor dem 01.01.2020 umgesetzt werden soll und deshalb bereits wegen dieses späten Umsetzungszeitpunktes zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nichts beitragen kann.

Für die Verkehrsverbote M2 a, M2b und M2c gilt dies deshalb, weil die Umsetzung dieser Verkehrsverbote ausnahmslos an weitere Bedingungen geknüpft ist, deren Eintritt bereits zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (M2a und M2b) oder zumindest ungewiss ist (M2c). Soweit eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M2c zum 01.01.2018 zumindest noch denkbar ist, ist dieses jedenfalls auch wegen seines geringen Wirkungsgrades offensichtlich ungeeignet im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

Soweit die im Planentwurf im Einzelnen beschriebenen beabsichtigten Vorhaben zur Verbesserung der Luftqualität nicht von den Trägern öffentlicher Verwaltung (insbesondere Behörden) durch entsprechende hoheitliche Anordnungen und Entscheidungen durchgesetzt, sondern von außerhalb der Landesverwaltung stehenden Dritten realisiert werden sollen (M3 bis M6, M7 bis M10, M12 bis M15 und M17 bis M19) und die nach § 47 BImSchG zuständige Planungsbehörde nicht durch entsprechende (z. B. vertragliche) Vereinbarungen mit diesen Dritten rechtsverbindlich sichergestellt hat, dass die beabsichtigten Vorhaben auch tatsächlich durchgeführt werden, können diese Vorhaben mangels einer verbindlichen Verpflichtung der betreffenden Umsetzungsadressaten zu Umsetzung dieser Vorhaben bereits begrifflich nicht als Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG eingestuft werden.

Doch selbst wenn man auch diejenigen Vorhaben, auf deren Realisierung die Planbehörde in sonstiger Weise Einfluss genommen hat und deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich realisiert werden, noch als Luftreinhaltemaßnahmen „im weitesten Sinne“ einstufen könnte, liegen deren Immissionsminderungspotenziale an den einzelnen Messstationen selbst bei großzügiger Bewertung maximal in einer Größenordnung von ca. 10 %.

Soweit die im Planentwurf dargestellten Vorhaben vom Land Baden-​Württemberg durchgeführt werden sollen und daher grundsätzlich als Luftreinhaltemaßnahmen eingestuft werden können (M11, M16 und M20; Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen und Förderprogramme zur beschleunigten Flottenumstellung bei Fahrzeugen von Pflege- und Lieferdiensten; Erhöhung der Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes), liegen die NO2-Immissionsminderungspotenziale dieser Maßnahmen selbst in dem günstigsten - aber eher unwahrscheinlichen - Fall, dass diese bis 2020 tatsächlich vollständig realisiert werden, zusammen bei unter 4 %.

Damit liegt das NO2-Immissionsminderungspotenzial der Vorhaben M3 bis M20 - selbst wenn man diese alle als Luftreinhaltemaßnahmen einstufen könnte - insgesamt bei unter 15 %.

Mit diesem Wirkungsgrad sind die betreffenden Vorhaben bzw. Maßnahmen offensichtlich nicht ausreichend, um in Bezug auf die überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte zeitnah rechtmäßige Zustände in der Umweltzone Stuttgart herbeizuführen. Es handelt sich deshalb auch bereits aus diesem Grund um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

Im Einzelnen ist zu den Vorhaben M1a bis M20 Folgendes auszuführen:

2.1.

M1a: Ab dem 01.01.2020 gilt ein ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Fahrzeuge, mit Ausnahme von Fahrzeugen der Stufe 5 gemäß der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-​Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung – 35.BImSchV) (Blaue Plakette), vorausgesetzt, die 35.BImSchV ist bis zu diesem Zeitpunkt so verändert, dass sie mindestens eine weitere Stufe (5) der Kennzeichnungsmöglichkeit enthält.

Das in der Maßnahme M1 vorgesehene ganzjährige und in der gesamten Umweltzone Stuttgart geltende Verkehrsverbot soll lediglich unter der Voraussetzung gelten, dass die 35.BImSchV bis zum vorgesehenen Zeitpunkt (01.01.2020) um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette/ Schadstoffgruppe 5) mit Ottomotoren der Schadstoffklassen Euro 3 bis Euro 5 und für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 6 ergänzt wird.

Darüber hinaus soll das Verkehrsverbot M1 nach dem - im bisherigen Regelungstext der Maßnahme M1 allerdings nicht zum Ausdruck kommenden - Willen der Planbehörde, den die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung jedoch nochmals ausdrücklich bestätigt haben, frühestens dann in Kraft treten, wenn tatsächlich nur noch max. 20 % des Flottenbestandes Stuttgart - gemeint sind wohl die bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge - vom Verkehrsverbot betroffen sind.

Die Regelung ist nach dem Willen der Planbehörde also so zu verstehen, dass das Verkehrsverbot frühestens dann in Kraft treten soll, wenn davon nur noch max. 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind, unter keinen Umständen jedoch vor dem 01.01.2020.

Da es sich bei den vorgenannten „Voraussetzungen“ (Änderung/ Ergänzung der 35.BImSchV durch die Bundesregierung und Zahl der betroffenen Kraftfahrzeuge max. 20 %) um zukünftige Ereignisse handelt, deren Eintritt bzw. Eintrittszeitpunkt ungewiss ist, kommt diesen der Rechtscharakter von „aufschiebenden Bedingungen“ zu (vgl. analog § 158 BGB bzw. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), an deren Eintritt der Umsetzungszeitpunkt der beabsichtigten Maßnahme unmittelbar geknüpft wird. Bei einer solchen Verknüpfung einer beabsichtigten Luftreinhaltemaßnahme mit einem zukünftigen, ungewissen Ereignis kommt es bei der Beurteilung der Eignung der Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG deshalb entscheidend darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung gerechnet werden kann und bis zu welchem Zeitpunkt. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Luftreinhaltemaßnahme, deren Realisierung von einem Ereignis abhängig gemacht wird, dessen Eintritt unwahrscheinlich oder in zeitlicher Hinsicht nicht absehbar ist, bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten im Sinne der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zu verkürzen.

Hiervon ausgehend, handelt es sich bei der Maßnahme M1 bereits deshalb um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil nach jetzigem Kenntnisstand keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die für eine Änderung der 35.BImschV und der StVO zuständigen Verordnungsgeber des Bundes - also die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (im Weiteren: BMVI) und das Bundesministerium für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Weiteren: BMUB) - die konkrete Absicht haben, die 35.BImSchV und die StVO in absehbarer Zeit um eine weitere Kennzeichnungsmöglichkeit bzw. ein Verkehrszeichen mit einer sog. Blauen Plakette (Schadstoffgruppe 5) zu ergänzen.

Es liegt bislang vielmehr lediglich eine entsprechende gegenteilige Rückäußerung des BMVI vor, in welcher der vom Verkehrsministerium des Beklagten geäußerten Rechtsansicht, wonach zur Verhängung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge zur Verringerung von Feinstaub und Stickoxid in Stuttgart die Einführung einer Blauen Plakette erforderlich sei, ausdrücklich widersprochen und zum Ausdruck gebracht wird, dass die in der StVO vorgesehenen Kennzeichnungsmöglichkeiten für weitergehende Verkehrsverbote in Umweltzonen wie in Stuttgart ausreichend seien (vgl. im Einzelnen Schreiben des BMVI vom 11.03.2016, Blatt 337 der Gerichtsakte).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht des BMVI ist daher gegenwärtig nicht absehbar, ob und wann die von der Planbehörde für die Umsetzung der Maßnahme M1 formulierte (Vor)Bedingung eintreten wird. Bereits aus diesem Grund kann die Maßnahme M1 zum jetzigen Zeitpunkt nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

Doch selbst wenn das BMVI seine Rechtsansicht in absehbarer Zeit aufgeben und die genannten Verordnungsgeber eine Blaue Plakette einführen würden, steht die Maßnahme M1 immer noch unter dem 2. Umsetzungsvorbehalt der Planbehörde, der im Ergebnis dazu führt, dass selbst bei Vorliegen einer Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette die Maßnahme M1 erst dann – und frühestens am 01.01.2020 - in Kraft treten soll, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens noch 20 % des Flottenbestandes Stuttgart beträgt.

Die Maßnahme M1 kann deshalb auch wegen dieses 2. Umsetzungsvorbehalts nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

Ob die Maßnahme M1 von ihrem Wirkungsgrad her ausreichend wäre, um die Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte sicherzustellen, kann daher an dieser Stelle offen bleiben.

2.2.

M2a: Vorausgesetzt die 35.BImSchV wird noch im Jahr 2017 durch die Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer „Blauen Plakette“ erweitert, gilt ab 01.01.2018 an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verkehrsverbot für alle Fahrzeuge mit Ausnahme von Fahrzeugen mit „Blauer Plakette“ für ein Gebiet auf allen Straßenzügen innerhalb des Stuttgarter Talkessels, auf allen Streckenabschnitten in Stuttgart-​Feuerbach und auf einzelnen Streckenabschnitten in Stuttgart-​Zuffenhausen.

Bei der Maßnahme M2a handelt es sich ebenfalls bereits deshalb offensichtlich um keine geeignete Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, weil deren Umsetzung ebenfalls an die vorherige Schaffung einer weiteren Kennzeichnungsmöglichkeit (sog. Blaue Plakette) durch die zuständigen Verordnungsgeber anknüpft, und zwar sogar noch im Jahr 2017. Letzteres kann nach den Ausführungen in Ziffer 2.1. jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Diese Maßnahme geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere.

Hinzu kommt, dass die Maßnahme auch lediglich temporäre Verkehrsverbote, nämlich nur an Tagen mit Feinstaubalarm für die Kraftfahrzeuge der genannten Eurostufen vorsieht.

Nach den hierzu im Gesamtwirkungsgutachten und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung getroffenen Feststellungen der Gutachter des Beklagten, an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hat, wird durch dieses temporäre Verkehrsverbot an Tagen mit Feinstaubalarm im Stadtgebiet Stuttgart (Stuttgarter Talkessel, Feuerbach und Teile von Zuffenhausen) die Gesamtstreckenlänge der Straßen, auf denen der zulässige NO2-Jahresmittelgrenzwert überschritten ist, voraussichtlich um lediglich ca. 17 % auf 27,4 km und im Talkessel Stuttgart um 24,2 % auf 9,6 km reduziert. Auch am Neckartor wird das lediglich temporäre Verkehrsverbot nicht zur Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes führen (vgl. im Einzelnen Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 80).

Die Maßnahme M2a ist daher auch von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein keine ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

2.3.

M2b: Sollte die 35.BImSchV bis zum 01.01.2018 noch nicht in der o.a. Art zur Verfügung stehen, wird ab 01.01.2018 auf einzelnen bestimmten Straßenabschnitten im Stadtgebiet von Stuttgart an Tagen mit Feinstaubalarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.

Zwar kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ausgeschlossen werden, dass bis zum 01.01.2018 eine Kennzeichnungsmöglichkeit mit einer Blauen Plakette vorliegt (vgl. Ziffer 2.1). Die bei diesem Sachverhalt (ursprünglich) vorgesehene Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 ist jedoch von der Planbehörde (inzwischen) nicht mehr beabsichtigt, weil das BMVI die hierfür vorgesehene Beschilderung für rechtlich nicht zulässig hält und sich die Planbehörde an diese Rechtsansicht des BMVI als Rechtsaufsichtsbehörde gebunden fühlt (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017). Dies haben die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.

Weiter erklärten die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung, dass selbst für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren Düsseldorf die von der Planbehörde vorgesehene und vom BMVI verworfene Beschilderung der Maßnahme M2b noch vor dem 01.01.2018 für rechtlich zulässig erachte, eine Umsetzung der Maßnahme zum 01.01.2018 nicht mehr beabsichtigt sei, weil die Planbehörde inzwischen der sog. „Nachrüstlösung“ den Vorrang vor Verkehrsverboten geben wolle, wenn der Beklagte bis zum 31.12.2017 „entsprechende schriftliche Zusicherungen des BMVI und von Seiten der Automobilindustrie erhalte, dass mit einer Nachrüstung von Diesel-​Kraftfahrzeugen der Eurostufe 5 immissionsseitig mindestens dieselben Wirkungen erzielt werden könnten, wie mit den im Luftreinhalteplanentwurf beschriebenen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen“.

Da sowohl der Bundesverkehrsminister als auch zahlreiche Vertreter der Automobilindustrie bereits mehrfach öffentlich geäußert haben, dass sie Verkehrsverbote aus politischen und wirtschaftlichen Gründen für „den falschen Weg“ halten, kann die Abgabe der vom Beklagten verlangten Zusicherungen für den von ihm dafür in Aussicht gestellten Verzicht auf Verkehrsverbote bereits jetzt als sicher gelten.

Auch aus diesem Grund kann bereits jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme M2b tatsächlich noch umgesetzt wird.

Sie bedarf daher - sowohl im Hinblick auf ihre mögliche Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG als auch im Hinblick auf die Frage ihrer Umsetzbarkeit mit den genannten Verkehrszeichen - keiner vertiefenden Betrachtung mehr.

M2c: Sollte die unter M2b dargestellte Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ergreifbar sein, wird ab 01.01.2018 zur Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs auf im einzelnen festgelegten Streckenabschnitten der B 14 (Cannstatter Straße, Am Neckartor), der Neckarstraße, der Tal-​/Wagenburg-​straße und der Landhausstraße im Stuttgarter Osten an Tagen mit Feinstaub Alarm ein Verbot für Kraftwagen und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (Zeichen 251 StVO) in Kombination mit dem von der obersten Straßenverkehrsbehörde noch zu schaffenden Zusatzzeichen „Nur für Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ und dem vorhandenen Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ angeordnet.

Die alternativ zur Maßnahme M2b vorgesehene Maßnahme M2c knüpft ihre Umsetzung zwar ebenfalls an eine aufschiebende Bedingung (keine Umsetzung der Maßnahme M2b). Diese wird jedoch eintreten, nachdem die Planbehörde von der Umsetzung der Maßnahme M2b aus den in Ziffer 2.3. genannten Gründen Abstand genommen hat bzw. nehmen wird.

Allerdings haben die Beklagten-​Vertreter ihre Bereitschaft, die Maßnahme M2c zum 01.01.2018 tatsächlich umzusetzen, in der mündlichen Verhandlung mit der Begründung relativiert, die Maßnahme führe möglicherweise zu unzulässigen Verlagerungsverkehren in der Umweltzone, die noch nicht abschließend geprüft seien und möglicherweise nicht ausreichend kompensiert werden könnten. Sollte dies der Fall sein, sei es der Planbehörde rechtlich nicht möglich, die Maßnahme umzusetzen.

Den damit zusammenhängenden Sach- und Rechtsfragen muss im vorliegenden Klageverfahren jedoch nicht weiter nachgegangen werden, da die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt haben, dass die Maßnahme auch wegen ihres sehr geringen Wirkungsgrades nicht geeignet sei, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart tatsächlich zu reduzieren.

Die Maßnahme M2c ist demnach - unabhängig davon, ob sie von der Planbehörde umgesetzt wird oder nicht - jedenfalls von ihrem Immissionsminderungspotenzial allein ebenfalls keine geeignete und ausreichende Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

2.4.

Bei den Regelungen M3 bis M20 handelt es sich ebenfalls weder allein noch gemeinsam um geeignete bzw. ausreichende Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

2.4.1.

In den Regelungen M3 und M4 werden lediglich künftige Absichten und Planungen der SSB AG zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dargestellt.

Die Kammer hat bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 ausführlich dargelegt (vgl. im Einzelnen VG Stuttgart, Beschl. v. 14.08.2009 – 13 K 511/09 – in juris), dass es sich bei einem Luftreinhalteplan um ein verwaltungsintern bindendes Handlungskonzept handelt, das Verwaltungsvorschriften ähnlich ist und dessen Vorgaben in Form eines Maßnahmenkatalogs deshalb der Umsetzung im Außenverhältnis bedürfen.

Unter dem Begriff der „Maßnahme“ im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG sind in erster Linie rechtsetzende (z. B. Rechtsverordnungen; vgl. § 47 Abs. 7 BImSchG), allgemein verfügende (z. B. Verkehrsbeschränkungen nach § 40 Abs. 1 BImSchG im Wege der Allgemeinverfügung), den Einzelfall regelnde (z.B. Anordnungen nach dem BImSchG durch Verwaltungsakt) und schlicht-​hoheitliche Maßnahmen und damit also Maßnahmen mit hoheitlichen Charakter zu verstehen (ebenso Landmann/Rohmer, Kommentar Umweltrecht Band III, Stand 01.01.2017, zu § 47 Rn 25).

Dies folgt insbesondere auch aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 6 S. 1 BImSchG, wonach die Durchsetzung dieser „hoheitlichen Maßnahmen“ den dafür zuständigen Trägern öffentlicher Verwaltung „durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften“ obliegt, weil die für die Aufstellung der Luftreinhaltungspläne zuständigen Planbehörden hierfür keine eigene Zuständigkeit besitzen.

Träger der öffentlichen Verwaltung im Sinne der Vorschrift sind die für den Gesetzesvollzug zuständigen Landesverwaltungsbehörden sowie Bundesbehörden und die Behörden selbständiger Rechtsträger, wie etwa kommunaler Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer exekutiven Kompetenzen.

Auf Grund der verwaltungsinternen, rechtlichen Bindungswirkung sind die genannten Träger öffentlicher Verwaltung zur Umsetzung der festgelegten Maßnahmen verpflichtet, soweit die hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften dies erlauben, das heißt die festgelegten Maßnahmen nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften umsetzungsfähig sind (vgl. Bundestagsdrucksache 14/8450, Seite 14). Ein eigener Entscheidungsspielraum (Ermessen) steht den zuständigen Vollzugsbehörden dabei nicht zu.

Ginge man von diesem, sich am Wortlaut des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG orientierenden, (engen) Maßnahmenbegriff im Sinne einer Handlungsanweisung (ausschließlich) an Träger öffentlicher Verwaltung aus, wären die Vorhaben M3 und M4 bereits deshalb keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 BImSchG, weil deren Handlungs- bzw. Umsetzungsadressat kein Träger öffentlicher Verwaltung, sondern die SSB AG ist, die keine hoheitlichen Anordnungs- und Entscheidungsbefugnisse im Sinne des § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG besitzt.

Die Kammer hat jedoch bereits im Vollstreckungsverfahren 13 K 511/09 keine sachliche Notwendigkeit für eine derart enge Begriffsauslegung gesehen, da hierdurch der Handlungsspielraum der Planbehörde unnötig eingeschränkt würde und es auch im Hinblick auf die Schutzziele der gesetzlichen Regelung letztlich unerheblich ist, ob die zu deren Erreichung geeigneten Maßnahmen durch staatliche Stellen oder durch Dritte realisiert werden. Da aber die oben beschriebene, gegenüber Behörden grundsätzlich bestehende gesetzliche Bindungswirkung von Luftreinhalteplänen gegenüber außerhalb der Verwaltung stehenden Dritten nicht besteht, setzt eine Einstufung von Vorhaben, deren Umsetzungsadressaten keine Träger öffentlicher Verwaltung sind, weiter voraus, dass die Planbehörde die hier fehlende rechtliche Verbindlichkeit auf andere Weise (wie z. B. durch öffentlich-​rechtlichen Vertrag) herstellt, um auch in diesen Fällen sicherzustellen, dass die festgelegten Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden.

Eine solche bindende Vereinbarung hat die Planbehörde - wie die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben - mit der SSB AG in Bezug auf die Regelungen M3 und M4 jedoch nicht geschlossen. Damit steht nicht nur die Durchführung der beschriebenen Ausbaumaßnahmen, sondern auch deren Zeitpunkt im Belieben der SSB AG. Bei den Vorhaben M3 und M4 handelt es sich daher selbst bei einem weiten Begriffsverständnis schon um keine Maßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG, weil für ihre Durchführung kein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 47 Abs. 6 BImSchG zuständig ist und die Planbehörde die Umsetzung dieser Maßnahmen gegenüber der SSB AG nicht rechtsverbindlich sichergestellt hat. Da damit zugleich auch kein konkreter Umsetzungszeitpunkt rechtsverbindlich festgelegt wurde, fehlt den Regelungen zudem auch die Eignung im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG.

2.4.2.

Die weiteren Vorhaben M5, M8, M9, M10 und M12 sind ebenfalls keine geeigneten bzw. ausreichenden Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, da auch diese Vorhaben lediglich als unverbindliche Absichtserklärungen zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV der Landeshauptstadt Stuttgart (M5), des Verbandes Region Stuttgart (M8, M9 und M12) und der zuständigen Landkreise (M10) formuliert worden sind, deren tatsächliche Umsetzung und Umsetzungszeitpunkt von der Planbehörde - wie die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung ebenfalls eingeräumt haben - gleichfalls nicht rechtsverbindlich gesichert wurde.

In Bezug auf das Vorhaben M5 hat die Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 insoweit sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Vorhaben von der Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit durchgeführt werden soll und deshalb unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses steht (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 112).

Weiter kommt hinzu, dass die Durchführung des Vorhabens M5 zusätzlich unter einer - inhaltlich auch noch offensichtlich zu unbestimmten - weiteren Bedingung (keine relevanten (?) Störungen oder Behinderungen des Kfz-​Verkehrs) steht, deren Eintritt als ebenso ungewiss eingestuft werden muss, wie ein positiver Gemeinderatsbeschluss des Gemeinderats der Beigeladenen. Insoweit haben die Beigeladenen-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage auch bestätigt, dass es bislang keinen entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses gebe. Die entsprechenden Beschlüsse seien frühestens im Laufe des Jahres 2018 und die eventuelle Einrichtung der genannten Busspuren/Bussonderstreifen frühestens 2018/2019 zu erwarten.

Im Falle der Vorhaben M9 und M12 enthalten die betreffenden Regelungen des Planentwurfs überhaupt keinen Zeithorizont und im Falle des Vorhabens M8 einen Umsetzungszeitrahmen von über 7 Jahren (bis zum 01.01.2025).

Damit können diese Vorhaben nicht nur wegen ihrer Unverbindlichkeit, sondern auch wiederum in zeitlicher Hinsicht offensichtlich nicht als (geeignete) Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

Hinzu kommt schließlich, dass für alle vorgenannten Vorhaben zur Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV (M3 bis M10 und M12) im Gesamtwirkungsgutachten selbst bei beschleunigter Umsetzung (Basisjahr 2020) lediglich ein offensichtlich sehr geringes NOx-​Emissionsminderungspotenzial in Bezug auf den Straßenverkehr im Stadtgebiet Stuttgart zwischen 0 und maximal 2 % prognostiziert wurde (vgl. im Einzelnen Übersicht 4.10 und Bild 5.4, S. 30 und 46 des Abschlussberichts im GWG vom Februar 2017; ebenso Planentwurf der 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 110). Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass diese Vorhaben - selbst wenn sie tatsächlich umgesetzt werden (wie beispielsweise die teilweise Fertigstellung der neuen Stadtbahnlinie U 12 nach Remseck, voraussichtlich bis Dezember 2017) - lediglich ein NO2-Immissions-​minderungspotenzial besitzen, das an den Messstationen, an denen die NO2-Immissionsgrenzwerte überschritten sind, kaum feststellbar ist (nach Einschätzung des zuständigen Gutachters in der mündlichen Verhandlung z. B. Am Neckartor maximal 5 µg/m³).

2.4.3.

Die Maßnahme M11, die ebenfalls der Verbesserung des Angebots und der Infrastruktur im Bereich des ÖPNV dient (Erhöhung der Zahl der Zugverbindungen von und zum Stuttgarter Hauptbahnhof), kann zwar begrifflich als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, weil das Vorhaben vom Land Baden-​Württemberg selbst umgesetzt werden soll und sich damit die Frage der Bindungswirkung gegenüber einem außerhalb der Landesverwaltung stehenden Umsetzungsadressaten nicht stellt.

Diese Maßnahme ist jedoch bereits wegen ihres Umsetzungszeitrahmens (bis 2021) keine geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte im Sinne des § 47 Absatz 1 Satz 3 BImSchG. Hinzu kommt deren offensichtlich geringes NOx-​Emissionsminderungspotenzial, das im Gesamtwirkungsgutachten von den Gutachtern nicht gesondert beziffert werden konnte und deshalb sicherlich deutlich unter 2 % liegt (vgl. Abschlussbericht im GWG vom Februar 2017, a.a.O.), allein

2.4.4.

Für die Vorhaben M13 und M14 der Landeshauptstadt Stuttgart (Ausbau des Radwegenetzes und Planung und eines Investitionsprogrammes Fußverkehr zu langfristigen Förderung und Umsetzung von Fußverkehrsmaßnahmen) gelten die Ausführungen unter Ziffer 2.4.2. zum Vorhaben M5 sowie unter Ziffer 2.4.3. entsprechend.

Da die Vorhaben nach Ansicht der Planbehörde in der kommunalen Selbstverwaltungshoheit der Beigeladenen und damit auch unter einem Zustimmungsvorbehalt des Gemeinderats stehen, hat die Planbehörde die Umsetzung dieser Vorhaben mit der Beigeladenen nicht rechtsverbindlich vereinbart.

Die tatsächliche Umsetzung dieser Vorhaben, die in den Regelungen M13 und M14 als bloße Absichtserklärungen formuliert worden sind, ist daher ebenso ungewiss, wie deren Umsetzungszeitpunkt.

Hinzu kommt, dass diesen Vorhaben ausweislich des Gesamtwirkungsgutachtens auch kein bezifferbares eigenes NOx-​Emissionsminderungs-​potenzial zugeschrieben werden kann.

Auch diese Vorhaben können daher offensichtlich nicht als geeignete Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

2.4.5.

Für das Vorhaben M15 (Umstellung der Flottenzusammensetzung des Landesfuhrparks und des Fuhrparks der Beigeladenen auf emissionsarme/elektrische Fahrzeuge im Stadtgebiet Stuttgart) wird in der genannten Regelung kein konkreter Zeitrahmen für die Umsetzung genannt.

Soweit das Vorhaben den Fuhrpark der Beigeladenen betrifft, fehlt es auch insoweit an einer konkreten Vereinbarung zwischen der Planbehörde und der Beigeladenen, mit der die tatsächliche Realisierung des Vorhabens sichergestellt wird.

Das Vorhaben M16 kann dagegen aus denselben Gründen wie die Maßnahme M11 als Luftreinhaltemaßnahme eingestuft werden, nachdem ein entsprechendes Förderprogramm mit einem Finanzierungsvolumen von 25 Millionen - wie von den Beklagten-​Vertretern in der mündlichen Verhandlung berichtet - vom Landtag im Mai 2017 auch tatsächlich bereits beschlossen worden ist.

Auch diesen beiden Vorhaben wird aber selbst bei einer (vollständigen) Realisierung bis 2020 von den Gutachtern im Gesamtwirkungsgutachten lediglich ein NOx-​Emissionsminderungspotenzial von zusammen höchstens 3 % bescheinigt (vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 114). Das sich daraus ergebende Immissionsminderungspotenzial an den einzelnen Messstationen wird daher unter diesen 3 % liegen.

Auch die Vorhaben M15 und M16 können daher trotz beschlossener Förderung (M16) allein nicht als geeignet und ausreichend im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eingestuft werden.

2.4.6.

Bei dem in M17 beschriebenen Vorhaben (Tempo 40 km/h auf weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet) würde es sich nur dann um eine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG handeln, wenn die Planbehörde selbst diese Geschwindigkeitsbegrenzungen und die betreffenden Strecken im Planentwurf festgelegt hätte und diese Geschwindigkeitsbegrenzungen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde der Beigeladenen deshalb zwingend anzuordnen wären. Nach dem klaren Wortlaut der Regelung („Die Landeshauptstadt Stuttgart plant“) und der Begründung im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017 (vgl. dort S. 119) will die Planbehörde das Ob und Wie solcher weiterer Geschwindigkeitsbeschränkungen jedoch ausschließlich der Beigeladenen überlassen und diese weiteren Geschwindigkeitsbegrenzungen gerade nicht selbst verbindlich vorgeben. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Vorhaben M17 bereits begrifflich um keine Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG.

Hinzu kommt, dass diesen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weiteren Streckungsstrecken in der Umweltzone Stuttgart von den Gutachtern praktisch kein NOx-​Emissionsminderungspotenzial attestiert wird (0 % bzw. unter 0,5 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, a.a.O.; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 117).

Bei dem in M18 beschriebenen Vorhaben (Tempo 50 bzw. 60 km/h im Stadtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften bzw. auf mindestens vierstreifigen Straßen) soll es sich nach den Angaben der Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung um eine verbindliche Handlungsanweisung an die zuständige Straßenverkehrsbehörde handeln. Diese steht jedoch wiederum unter dem Vorbehalt, dass diese Geschwindigkeitsbegrenzungen nur angeordnet werden sollen, wenn diese nicht zu spürbaren (?) Ausweichverkehren führen, was die Planbehörde der alleinigen Prüfung und Beurteilung der Straßenverkehrsbehörde überlassen will.

Es kann hier offen bleiben, ob die Planbehörde im Rahmen einer Luftreinhaltemaßnahme der Vollzugsbehörde einen solchen eigenen Beurteilungsspielraum einräumen darf oder die genannte Voraussetzung für die Anordnung der beabsichtigten Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht vielmehr selbst prüfen müsste, bevor sie eine entsprechende Maßnahme festlegt. Denn jedenfalls ist der Wirkungsgrad des Vorhabens aufgrund dieses Vorbehaltes tatsächlich völlig offen und kann auch bei 0 % liegen, falls es nach der Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde auf allen in Betracht kommenden Strecken zu Ausweichverkehren kommen würde.

Hinzu kommt, dass die Planbehörde der Straßenverkehrsbehörde auch keine Vorgabe im Hinblick auf den Zeitpunkt der Umsetzung dieser Maßnahmen gemacht hat. Es ist der Straßenverkehrsbehörde damit völlig freigestellt, selbst zu entscheiden, wann sie die genannte Maßnahme prüfen und gegebenenfalls umsetzen will.

Bei den Vorhaben M17 und M18 handelt es sich bereits aus diesen Gründen ebenfalls um keine geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG.

2.4.7.

Das Vorhaben M19 gibt lediglich eine Absichtserklärung der Landeshauptstadt Stuttgart als Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung wieder, ihr Gebührensystem zu „überprüfen“ und die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet „moderat“(?) zu erhöhen, wenn der Gemeinderat zustimmt. Zum Rechtscharakter diese Regelung gelten daher die Ausführungen unter den Ziffern 2.4.2. und 2.4.4. bis 2.4.6. entsprechend.

Auch das Vorhaben M20 gibt lediglich eine Absichtserklärung des Landes Baden-​Württemberg wieder, die Parkgebühren der in seinem Eigentum stehenden Parkhäuser „mit dem Ziel einer verträglichen (?) Anpassung zu überprüfen“. Mit diesem Inhalt ist die Regelung offensichtlich zu unbestimmt, um als Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG eingestuft zu werden, da sie noch nicht einmal eine verbindliche Aussage trifft, dass die genannten Parkgebühren tatsächlich erhöht werden.

Hinzu kommt, dass die in Betracht gezogenen Parkgebührenerhöhungen auch von ihrem Wirkungsgrad nicht die erforderliche Eignung einer Luftreinhaltemaßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG besitzen, da die Gutachter diesen Vorhaben lediglich ein NOx-​Emissionsminderungspotenzial im Stadtgebiet von maximal 4 % und auch dieses nur für den Fall attestieren haben, dass die Parkgebühren in den genannten Parkhäusern bis 2020 verdoppelt werden (vgl. Dokumentation zum GWG, S.28 sowie Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 121).

Von einer solchen Verdoppelung der Parkgebühren kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden, nachdem der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart in seiner Sitzung am 13.07.2017 lediglich eine Erhöhung der Parkgebühren in den städtischen Parkhäusern (M19) um 14 % bis 20 % beschlossen hat und der Regelung M20 eine konkrete Absicht des Landes, die Parkgebühren in den Parkhäusern des Landes bis 2020 zu verdoppeln, ebenfalls nicht zu entnehmen ist.

Dementsprechend konnte der Gutachter des Beklagten den Wirkungsgrad beider Vorhaben in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr konkret beziffern. Dieser erklärte vielmehr, er könne nicht ausschließen, dass der Wirkungsgrad bei den genannten geringeren Gebührenerhöhungen auch nur bei „nahezu 0 %“ liege.

3.

Geht man nach den obigen Ausführungen davon aus, dass die Planbehörde mit dem Planentwurf zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom Mai 2017 ihrer Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG noch nicht nachgekommen ist, ist der vom Kläger mit seinem Klagantrag geltend gemachte Rechtsanspruch dem Grunde nach zu bejahen.

Eine Verurteilung des Beklagten, der Luftreinhaltungsplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt, setzt jedoch weiter voraus, dass eine Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte durch eine oder mehrere weitere Luftreinhaltemaßnahmen auch tatsächlich möglich ist.

Vorliegend kann das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls durch die Festlegung eines über die bereits bestehenden Verkehrsbeschränkungen hinausgehenden Verkehrsverbotes in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden. Nach den Feststellungen der Gutachter im vorgelegten Gesamtwirkungsgutachten vom Februar 2017 und den dazu vorgelegten Dokumentationen Teil 1 und 2 vom April 2017 würde das von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung in M1 festgesetzte ganzjährige Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren (einschließlich Hybrid-​Fahrzeugen) unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3/III sowie für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6/VI bei einem angenommenen Anteil dieser Kraftfahrzeuggruppen an der Fahrzeugflotte der bei der Beigeladenen zugelassenen Kraftfahrzeuge von 20 % und wenn von diesen betroffenen Kraftfahrzeugen im Rahmen des vorgesehenen Ausnahmekonzepts weitere 20 % vom Verkehrsverbot ausgenommen würden, bezogen auf das Basisjahr 2020 zu NOx-​Emissionsrückgängen von 40 % in der Umweltzone, 56 % im Talkessel und 55% an der Messstation Am Neckartor führen.

In Bezug auf die NO2-Immissionen bedeutet dies eine Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen um 94,6 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 1,3 km in der Umweltzone Stuttgart und um 96,8 % auf eine Streckenlänge von lediglich noch 0,3 km im Talkessel Stuttgart sowie eine Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts Am Neckartor auf 42 µg/m³ bei einer Umsetzung der Maßnahme ab 01.01.2020 (vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30; ebenso Planentwurf 3. Fortschreibung vom Mai 2017, S. 69 und 70).

Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Verkehrsverbot demnach von seinem Wirkungsgrad her geeignet, die Überschreitung der NO2-Immissionsgrenzwerte - mit Ausnahme der Messstation Am Neckartor (42 µg/m³) - an allen (anderen) Messstationen und damit in der gesamten Umweltzone Stuttgart auf das zulässige Maß zu reduzieren. Dies hat die zuständige Gutachterin in der mündlichen Verhandlung auch nochmals ausdrücklich bestätigt.

Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einer Inkraftsetzung bereits ab dem 01.01.2018 - also zum Zeitpunkt des bislang geplanten Inkrafttretens der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart hätte, wurde von den Gutachtern nicht ermittelt.

Da zu diesem Zeitpunkt der Flottenanteil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge noch ca. 35 % (statt 20 % wie im Basisjahr 2020) betrage (vgl. Dokumentation zum GWG zur 3. Fortschreibung vom April 2017, Tabelle 4.2, S. 60), schätzte die zuständige Gutachterin den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf den Zeitpunkt 01.01.2018 zunächst als „tendenziell größer“ ein, relativierte diese Aussage jedoch anschließend für die Messstation Am Neckartor, für die sie nur von einer Reduzierung des NO2-Jahresmittelwerts auf ca. 48 µg/m³ (statt 42 µg/m³/Basisjahr 2020) ausgehen wollte, weil die Ausgangsbelastung im Jahr 2018 mit ca. 80 µg/m³ noch höher sei, als im Basisjahr 2020 (67 µg/m³ bzw. 72 µg/m³).

Nach diesen Einlassungen der Gutachterin in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf das Basisjahr 2018 - wenn überhaupt - nur unwesentlich geringer ist als im Basisjahr 2020.

Für diese Annahme sprechen auch die Feststellungen der Gutachter zu der - nicht in den Planentwurf übernommenen - Maßnahme M83v3 „Einfahrt in die Umweltzone Stuttgart nur mit blauer Plakette, Variante 1“ als Teil des Moduls 8/Feinstaub-​Alarm Verkehr, die für das Netz ganzjährig betrachtet wurde (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 130) und wonach die festgestellte Änderung der Streckenkilometer im Stadtgebiet Stuttgart mit Überschreitungen des NO2-Jahresgrenzwerte mit 91,8 % bei einer Umsetzung dieses Verkehrsverbotes M83v3 zum 01.01.2018 nur unwesentlich geringer ist, als die Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen bei dem Verkehrsverbot M1 ab dem 01.01.2020 (94,6 %; vgl. Abschlussbericht zum GWG, Übersicht 4.10, S. 30).

Es kann deshalb nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten davon ausgegangen werden, dass das in M1 beschriebene Verkehrsverbot derzeit selbst dann die effektivste und damit am besten geeignete Luftreinhaltemaßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte darstellt, wenn deren Wirkungsgrad bei einer Umsetzung vor dem 01.01.2020 tatsächlich etwas geringer sein sollte, als im Falle einer Umsetzung zum 01.01.2020.

Welchen Wirkungsgrad das Verkehrsverbot bei einem Inkrafttreten vor dem 01.01.2020 letztlich tatsächlich hat, kann das Gericht nicht abschließend beurteilen, weil das Gesamtwirkungsgutachten hierzu keine Feststellungen trifft. Dies kann jedoch auch offen bleiben, weil es nicht Aufgabe des Gerichts ist, sondern in die Zuständigkeit der Planbehörde fällt, den Wirkungsgrad des Verkehrsverbotes bezogen auf einen Umsetzungszeitpunkt vor dem 01.01.2020 im Rahmen des zu erstellenden Gesamtkonzeptes zur Fortschreibung des Luftreinhaltungsplans noch gutachterlich klären zu lassen.

Für den Fall, dass die Gutachter des Beklagten dabei zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Umsetzung des genannten Verkehrsverbotes zu einem solchen früheren Zeitpunkt zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte tatsächlich allein nicht ausreichend ist und sogar einen etwas geringeren Wirkungsgrad als bei einer Umsetzung zum 01.01.2020 besitzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass das Verkehrsverbot als geeignete Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG ausscheidet. Die Planbehörde wäre in diesem Fall lediglich verpflichtet, entweder das Verkehrsverbot auf einen größeren Adressatenkreis auszudehnen oder im Luftreinhaltungsplan auch noch andere Maßnahmen festzulegen, um die Ziele des § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zu erreichen, soweit dies mit den Vorhaben und Maßnahmen M3 bis M20 nicht bereits geschehen ist.

Welche konkreten Maßnahmen zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte gegebenenfalls weiter in Betracht kommen, hat aber nicht das Gericht, sondern die Planbehörde im Rahmen des von ihr zu erstellenden Gesamtkonzepts zu entscheiden, da die Maßnahmen-​Auswahl allein dem planerischen Gestaltungsspielraum der Planbehörde unterliegt.

4.

Das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht kommende und im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot kann auch in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden, weil es mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrsordnung (im Weiteren: StVO) ordnungsgemäß bekanntgegeben werden kann.

4.1.

Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung und Bekanntgabe des Verkehrsverbotes folgt unmittelbar daraus, dass durch das Verkehrsverbot in individuelle Rechte Dritter eingegriffen wird (insbesondere Handlungsfreiheit der betroffenen Verkehrsteilnehmer) und auch ausdrücklich aus § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG, wonach die in Luftreinhalteplänen festgelegten Maßnahmen durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung, also in der Regel von Behörden des Bundes, der Länder, der kommunalen Gebietskörperschaften oder anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Landmann/Rohmer, Umweltrecht Kommentar, Band III, Stand 01.01.2017 § 47 Rn 29) „nach diesem Gesetz“ (BImSchG) oder „nach anderen Rechtsvorschriften“ durchzusetzen sind.

Da es sich bei dem in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbot um eine Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs handelt, ist für dessen Durchsetzung die Straßenverkehrsbehörde (hier: die Beigeladene) nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), wobei die zuständige Straßenverkehrsbehörde auf das Instrumentarium des Straßenverkehrsrechts unabhängig davon beschränkt ist, ob in der Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung zu sehen ist (ebenso BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 – 22 C 16.1427 –, in juris; Rn 167).

Die Durchsetzung des Verkehrsverbotes setzt also voraus, dass die StVO das hierfür notwendige Instrumentarium enthält, weil die Planbehörde das Verkehrsverbot in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung nur dann aufnehmen kann, wenn die für dessen Umsetzung und Bekanntgabe zuständige Straßenverkehrsbehörde dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist.

4.2.

Da das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot die gesamte Umweltzone betrifft, ist für dessen Umsetzung und Bekanntgabe in erster Linie auf die für die Ausweisung solcher Umweltzonen in der StVO vorgesehenen Verkehrszeichen zurückzugreifen.

§ 45 Abs. 1 Buchstabe f StVO sieht vor, dass die Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan nach § 47 Abs. 1 BImSchG festgesetzten Umweltzonen die dafür erforderlichen Verkehrsverbote in der Regel mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen anordnet (vgl. lfd. Nrn 44, 45, und 46 der Anlage 2 zur StVO; im Weiteren: Verkehrszeichen).

4.3.

Mit dieser Verkehrszeichen-​Kombination lässt sich das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot jedoch nicht anordnen, weil dieses Verkehrsverbot Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 betrifft, also Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 4, die gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-​Immissionsschutzgesetzes/Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (im Weiteren: 35.BImSchV) mit der Grünen Plakette gekennzeichnet sind und deshalb mit dem bislang zur Verfügung stehenden Zusatzzeichen lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO (im Weiteren: Zusatzzeichen 46) von dem Verkehrsverbot innerhalb der Umweltzone Stuttgart freigestellt werden.

Hieraus folgt jedoch, dass die vom zuständigen Bundesverordnungsgeber mit den genannten Verkehrszeichen bislang in der StVO geschaffenen Kennzeichnungsmöglichkeiten von Verkehrsverbotszonen zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen nicht ausreichend sind, um ein Verkehrsverbot, wie es in Städten mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen wie in Stuttgart in Betracht zu ziehen ist, bekanntzugeben.

Hierzu bedarf es zweckmäßigerweise einer weitergehenden Kennzeichnungsmöglichkeit - wie beispielsweise der vom Beklagten vorgeschlagenen „Blauen Plakette“ - und folglich einer entsprechenden Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichens 46 der StVO durch die jeweils zuständigen Verordnungsgeber des Bundes (35.BImSchV: Bundesregierung; StVO: BMVI und BMUB). Es besteht kein Zweifel daran, dass sowohl die Bundesregierung als auch die genannten Bundesministerien in ihrer Funktion als Verordnungsgeber durch Bundesgesetz (hier: BImSchG und StVG) nicht nur ermächtigt (vgl. Art. 80 GG), sondern auch verpflichtet sind, den für die Umsetzung und den Vollzug der Vorschriften des Luftreinhalterechts zuständigen Landesbehörden das hierfür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, soweit dieses nicht bereits im Bundesimmissionsschutzgesetz enthalten ist (so BayVGH, Beschl. v. 27.02.2017 - 22 C 16.1427 - in juris, Rn 184).

Sie haben daher die im vorliegenden Fall deutlich gewordenen Regelungsdefizite durch entsprechende Ergänzungen der StVO und der 35. BImSchV baldmöglichst zu beseitigen.

Es ist derzeit nicht absehbar, ob und zu welchem Zeitpunkt die zuständigen Verordnungsgeber die bestehenden Regelungsdefizite in den genannten Verordnungen wegen des Vertragsverletzungsverfahrens, das die Europäische Kommission wegen der seit dem Jahr 2010 andauernden Nichteinhaltung der in der Richtlinie 2008/50/EG festgesetzten Immissionsgrenzwerte gegen die Bundesrepublik Deutschland durchführt, tatsächlich noch beheben werden.

4.4.

Durch diese bislang nicht behobenen Regelungsdefizite ist die Durchsetzung bzw. Bekanntgabe des vorliegend in Betracht kommenden Verkehrsverbotes entgegen der Rechtsansicht des Beklagten jedoch rechtlich nicht unmöglich, weil es zu dem in seiner derzeitigen Ausgestaltung hier nicht verwendbaren Zusatzzeichen 46 andere, rechtlich zulässige Möglichkeiten gibt, das Verkehrsverbot trotz „Fehlens einer Blauen Plakette“ im Einklang mit den Vorschriften der StVO ordnungsgemäß bekanntzugeben. Insoweit gilt im Einzelnen Folgendes:

4.4.1. Da das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot zum Inhalt hat, innerhalb der gesamten bereits bestehenden und mit den Zeichen 270.1 und 270.2 ausgeschilderten Umweltzone Stuttgart die Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 aus der bislang mit dem Zusatzzeichen 46 angeordneten Freistellung der Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette herauszunehmen und damit im Ergebnis dem mit Zeichen 270.1 angeordneten Umweltzonen-​Verkehrsverbot zu unterwerfen, besteht für einen Austausch der Zeichen 270.1 und 270.2 - etwa gegen das Zeichen 251 (Lfd. Nr. 29 der Anlage 2 zur StVO) - keine sachliche Notwendigkeit. Denn das Zeichen 251 unterscheidet sich in Bezug auf die Adressaten des damit angeordneten Einfahrverbotes (Kraftwagen und mehrspurige Kraftfahrzeuge) nicht von den Adressaten der Zeichen 270.1 und 270.2 (Kraftfahrzeuge), die darüber hinaus lediglich zusätzlich das Gebiet der Verkehrsverbotszone (Umweltzone) begrenzen. Da das Verkehrsverbot auch räumlich denselben Bereich betrifft, wie das bereits bestehende Verkehrsverbot, nämlich die gesamte Umweltzone Stuttgart, bliebe auch der Aufstellungsort der Schilder derselbe.

Die Zeichen 270.1 und 270.2 können daher für das vorliegend in Betracht zu ziehende (Umweltzonen-​)Verkehrsverbot weiter Verwendung finden. Ob ein auf einzelne Strecken (wie z. B. beim Maßnahme M2c) oder auf ein Teilgebiet (wie z. B. bei Maßnahme M2b) räumlich begrenztes zusätzliches Verkehrsverbot innerhalb der bereits bestehenden Umweltzone in rechtlich zulässiger Weise mit dem Zeichen 251 und einem entsprechenden (individuellen) Zusatzzeichen, das den freigestellten Adressatenkreis bezeichnet, ausgeschildert werden kann, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.

4.4.2.

Soweit das vorliegend in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot den Kreis der bislang mit der Grünen Plakette freigestellten Kraftfahrzeuge weiter einschränkt und hierfür das in der StVO vorhandene Zusatzzeichen 46 zu weit reichend und damit nicht verwendbar ist, gibt es rechtlich zulässige Handlungsalternativen, um die gebotenen Freistellungen vom Verkehrsverbot ordnungsgemäß bekannt zu geben.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO um eine abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-​Verkehrsverboten handeln würde und diese deshalb so verstanden werden müsste, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Umweltzonen-​Verkehrsverbotes und der Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit den in der StVO vorgesehenen Zeichen 270.1 bzw. 270.2 in Kombination mit dem in der lfd. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO abgebildeten Zusatzzeichen 46 erfolgen kann.

Bei sachgerechter Auslegung der genannten Vorschrift ist für diese Interpretation jedoch kein Raum. Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen - und ebenso von Rechtsverordnungen - ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - in juris, Rn 66). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfG, Urt. v. 20.03.2002 – 2 BvR 794/95 in juris, Rn 79). Ausgangspunkt der Auslegung ist zwar regelmäßig der Wortlaut der Vorschrift. Soweit dieser jedoch keine hinreichend deutlichen Hinweise auf den Willen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers gibt, kommt daneben den genannten anderen Auslegungskriterien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (BVerfG, Urt. v. 19.03.2013, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-​Verkehrsverboten verstanden werden. Eine solche Interpretation als abschließende Regelung ist bereits nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1f StVO nicht zwingend. Der Wortlaut dieser Regelung deutet zwar darauf hin, dass der Verordnungsgeber bei deren Einführung im Rahmen der zum 01.04.2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO vom 06.03.2013 (vgl. BGBl. I, S.367) möglicherweise - und wie durch den vorliegenden Sachverhalt belegt - irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die genannten Verkehrszeichen ausreichend sind, um die Ziele des § 47 Abs. 1 BImSchG - soweit hierfür Verkehrsbeschränkungen erforderlich sind - zu erreichen. Der Wortlaut der Regelung lässt auch den weiteren Schluss zu, dass der Verordnungsgeber die in § 45 Abs. 1f StVO vorgesehene Schilderkombination im Hinblick auf die notwendige Kontrollierbarkeit als die geeignetste Form der Bekanntgabe eines solchen Umweltzonen-​Verkehrsverbotes angesehen hat. Vor diesem Hintergrund ist die vom Verordnungsgeber gewählte Formulierung ohne weiteres nachvollziehbar.

Eine mit der Formulierung darüber hinaus verfolgte Absicht des Verordnungsgebers, mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugleich die einzige zulässige Form der Bekanntgabe eines Umweltzonen-​Verkehrsverbotes und der Freistellungen bzw. Ausnahmen hiervon festlegen zu wollen, ist der Formulierung dagegen nicht eindeutig zu entnehmen.

Es handelt sich bei der zuletzt genannten Interpretation des Wortlautes der Vorschrift vielmehr lediglich um eine unter grammatischen Aspekten denkbare Deutungsmöglichkeit, die aber nicht zwingend ist.

Lässt die Formulierung eines Vorschriftentextes solche verschiedenen Deutungsmöglichkeiten zu, ist im Rahmen der Auslegung weiter zu ermitteln, welche der möglichen Deutungen nach den weiteren Auslegungskriterien und insbesondere nach dem Sinn und Zweck der Regelung dem objektiven Willen des Gesetzgebers (hier: Verordnungsgebers) entspricht.

Der Sinn und Zweck der mit der Neufassung der StVO im Jahr 2013 in die StVO aufgenommenen Regelungen und Verkehrszeichen zu Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Luftreinhaltung bestand bei objektiver Betrachtung ausschließlich darin, den für die Umsetzung und den Vollzug der bundesgesetzlichen Vorschriften zur Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden das dafür notwendige Instrumentarium zur Verfügung zu stellen.

Das Gericht hat daher keine Zweifel daran, dass der StVO-​Verordnungsgeber mit der Aufnahme der genannten Regelungen und Verkehrszeichen in die StVO den alleinigen Zweck verfolgte, den für die Luftreinhaltung zuständigen Landesbehörden die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten zu ermöglichen, soweit solche zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG erforderlich sind. Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber dabei möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, dass dafür ein Zusatzzeichen 46 mit Roter, Gelber oder Grüner Plakette bereits ausreichend ist, ändert hieran nichts. Denn es bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Befugnisse der zuständigen Landesbehörden zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO und dem genannten Zusatzzeichen 46 absichtlich beschränken wollte, um die Verhängung weitergehender Verkehrsverbote zu verhindern. Insbesondere enthält auch die Begründung der Neufassung der StVO keinerlei Hinweise dafür, dass der Verordnungsgeber den Regelungsinhalt des § 45 Abs. 1f StVO und des Zusatzzeichens 46 in diesem abschließenden Sinne beschränken wollte (vgl. z.B. BR-​Drucksache 428/12).

Ein solches Vorgehen des Verordnungsgebers wäre auch offensichtlich rechtswidrig gewesen. Denn es steht außer Zweifel, dass der Verordnungsgeber durch die Verordnungsermächtigung in Art. 80 GG keine Befugnis erhält, bundesgesetzliche Zielsetzungen - wie im vorliegenden Fall die Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG - durch Rechtsverordnung zu beschränken oder gar zu verhindern. Dies hätte der Verordnungsgeber im vorliegenden Fall aber getan, wenn er mit der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO tatsächlich hätte abschließend regeln wollen, dass die zuständigen Landesbehörden weitergehende Verkehrsverbote gegen Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette selbst dann nicht verhängen können, wenn solche Verkehrsverbote zur Erreichung der Ziele des § 47 BImSchG geeignet und geboten sind.

Gegen einen dahingehenden Willen des Verordnungsgebers sprechen darüber hinaus auch dessen Feststellungen zum Regelungsinhalt des Zeichens 270.1 in der Anlage 2 zur Neufassung der StVO 2013. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass Ausnahmen vom Umweltzonen-​Verkehrsverbot „im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung“ und damit nach dem Willen des Verordnungsgebers offensichtlich nicht ausschließlich mit der in § 45 Abs. 1f StVO genannten Schilderkombination zugelassen werden können.

Die Möglichkeit, die Ausnahmen vom Umweltzonen-​Verkehrsverbot statt mit dem Zusatzzeichen 46 grundsätzlich auch durch eine Allgemeinverfügung regeln zu können, hat das BMVI, das zusammen mit dem BMUB für die Neufassung der StVO zuständig war, zudem mit seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-​Württemberg vom 11.03.2016 auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Denn in diesem Schreiben hat das BMVI die Notwendigkeit einer Änderung der Regelungen der StVO zur Anordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen zur Luftreinhaltung mit der Begründung verneint, weitergehende Verkehrsverbote gegenüber Kraftfahrzeugen mit Grüner Plakette könnten auch durch Allgemeinverfügung und gleichzeitiger Abdeckung des Zusatzzeichens 46, das in der Umweltzone Stuttgart Kraftfahrzeuge mit Grüner Plakette vom Umweltzonen-​Verkehrsverbot freistellt, angeordnet werden.

Zwar hat das BMVI diese Feststellungen wohl lediglich im Hinblick auf zeitlich befristete, weitergehende Verkehrsverbote getroffen. Dennoch lässt sich auch dieser schriftlichen Stellungnahme des BMVI ohne weiteres entnehmen, dass der für die StVO zuständige Verordnungsgeber selbst nicht davon ausgeht, dass Umweltzonen-​Verkehrsverbote und die Ausnahmen bzw. Freistellungen hiervon ausschließlich mit der genannten Schilderkombination (Zeichen 270.1 und Zusatzzeichen 46) bekanntgegeben werden können. Nach dieser schriftlichen Stellungnahme darf das Zeichen 270.1 vielmehr auch ohne Zusatzzeichen verwendet und notwendige Ausnahmen oder Freistellungen vom Verkehrsverbot auch auf andere Weise verfügt und bekanntgegeben werden. Dieser Rechtsansicht schließt sich das Gericht an, zumal die StVO auch im Übrigen obligatorische Verbindungen von Zeichen und Zusatzzeichen nicht kennt.

Bereits aus den vorgenannten Gründen kann die Vorschrift des § 45 Abs. 1f StVO nicht als abschließende Regelung verstanden werden. Eine solche Auslegung der Vorschrift ist auch deshalb abzulehnen, weil sie im Ergebnis dazu führen würde, dass die Vorschrift mit einem solchen beschränkten Regelungsinhalt gegen höherrangiges Recht verstoßen würde. Denn ein solches Verständnis des § 45 Abs. 1f StVO würde dazu führen, dass das im vorliegenden Fall zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte und damit zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot nicht bekannt gegeben werden könnte. Die Regelung würde mit diesem Inhalt also nicht nur gegen die Zielsetzungen des § 47 BImSchG, sondern auch gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GRCH und gegen unionsrechtlich vorgegebene Umweltstandards (hier: der Richtlinie 2008/50/EG) und damit gegen (höherrangiges) Bundes-​, Verfassungs- und Europarecht verstoßen.

Da es jedoch sowohl angesichts der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, als auch wegen des aus Art. 3 Abs. 1 GRCH und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden staatlichen Schutzauftrages für das Leben und die Gesundheit von Menschen schlechthin ausgeschlossen ist, dass ein zur Sicherstellung dieser Zwecke gebotenes Verkehrsverbot nur deshalb unterbleibt, weil § 45 Abs. 1f StVO dessen Bekanntgabe nicht zulässt (in diesem Sinne auch BayVGH, a.a.O., Rn 184), wäre die betreffende Regelung jedenfalls auch verfassungs- und unionsrechtskonform so auszulegen, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.

4.4.3.

Geht man davon aus, das es sich bei § 45 Abs. 1f StVO um keine abschließende Regelung handelt und ein Umweltzonen-​Verkehrsverbot und die Freistellungen hiervon folglich nicht ausschließlich und zwingend mit der Verkehrszeichen-​Kombination 270.1 bzw. 270.2 und dem Zusatzzeichen 46 bekanntgegeben werden muss, ist die zur Durchsetzung des Verkehrsverbotes zuständige Straßenverkehrsbehörde auch befugt, auf andere, nach der StVO zulässige Formen der Bekanntgabe zurückzugreifen.

Insoweit haben das BMVI und der Beklagte die in Betracht kommenden Handlungsalternativen bereits selbst aufgezeigt, nämlich zum einen die vom BMVI in seinem Schreiben an den Minister für Verkehr des Landes Baden-​Württemberg vom 11. März 2016 empfohlene Bekanntgabe der notwendigen Freistellungen vom Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung (dazu unter 4.4.3.1.) und zum andern die vom Beklagten im Zusammenhang mit dem Verkehrsverbot M2c beabsichtigte Schaffung eines bislang in der StVO nicht geregelten Zusatzzeichens (dazu unter 4.4.3.2.).

4.4.3.1.

Ob es sich bei dem Vorschlag des BMVI, die notwendigen Freistellungen von dem mit Zeichen 270.1 bekanntgegebenen Umweltzonen-​Verkehrsverbot durch Allgemeinverfügung anzuordnen, um eine rechtlich zulässige Handlungsalternative handelt, erscheint zumindest fraglich. Denn dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu dem in § 45 Abs. 4 Halbsatz 1 StVO zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach die in § 45 Abs. 3 StVO genannten Straßenverkehrsbehörden – und insoweit gilt für die zum Vollzug des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zuständigen Stellen nichts anderes - den Verkehr grundsätzlich nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken dürfen, weil - insbesondere ortsfremde - Verkehrsteilnehmer ein schutzwürdiges Interesse haben, dass ihnen die Ge- und Verbote, die sie bei der Verkehrsteilnahme zu beachten haben, ausschließlich auf diese Art und Weise zur Kenntnis gebracht werden (ebenso BayVGH, a.a.O. Rn 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 - 3 C 18.07 - in juris). Für Verkehrsverbote und -beschränkungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO) sieht auch § 45 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 StVO insoweit keine Ausnahme vor, sondern nur für Verkehrsverbote und -beschränkungen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO). Die Frage kann jedoch offen bleiben.

4.4.3.2.

Denn jedenfalls bestehen gegen die zweite in Betracht kommende Handlungsalternative keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man § 45 Abs. 1f StVO aus den bereits dargelegten Gründen richtigerweise nicht für eine abschließende Regelung hält.

Es bestehen zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass die Zusatzzeichen, bei denen es sich gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 StVO ebenfalls um Verkehrszeichen handelt, in der StVO nicht abschließend geregelt sind und das Verkehrsministerium des Beklagten als oberste Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-​StVO) vom 26.01.2001 i. d. F. vom 22.05.2017; (vgl. BAnz AT vom 29.05.2017 B8) deshalb befugt ist, andere als die im Verkehrszeichenkatalog (VzKAT) zur StVO aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen und einzuführen. Denn dort heißt es unter Randnummer 46 zu §§ 39 bis 43: „ ... Abweichungen von dem in diesem Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen sind nicht zulässig; andere Zusatzzeichen bedürfen der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.". Diese Befugnis ist zwischen den Beteiligten unstreitig, denn davon geht auch die Planbehörde aus (vgl. Ziffer 6.2.2.2.2 des Planentwurfs zur 3. Fortschreibung des Luftreinhaltungsplanes Stuttgart vom Mai 2017 zur Umsetzung des Verkehrsverbotes M2b; S. 84).

Inhaltlich müsste das Zusatzzeichen als sog. Frei-​Zusatzzeichen ebenso wie das Zusatzzeichen 46 - vereinfacht ausgedrückt - den Aussagegehalt der bislang nicht vorliegenden Blauen Plakette in Textform zum Ausdruck bringen. Dies lässt § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO grundsätzlich zu. Dieses Zusatzzeichen würde auch nicht unter die Einschränkung des § 39 Abs. 3 Satz 2 StVO fallen, wonach „Aufschriften“ auf Zusatzzeichen – also Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen - nur zulässig sind, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Letzteres ist hier der Fall, denn als Zusatzzeichen zu dem Zeichen 270.1 gelten für dieses insbesondere nicht die Einschränkungen in Nummer 26 der Anlage 2 zur StVO, sodass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen hier keiner Erörterung bedürfen.

Gegen ein solches Frei-​Zusatzzeichen, das in Textform die vom Umweltzonen-​Verkehrsverbot (Zeichen 270.1) freigestellten Kraftfahrzeuge benennt, bestehen daher keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken (ebenso BayVGH a.a.O., Rn 171).

Auch in Bezug auf den hier notwendigen Textumfang, mit dem eine Freistellung vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge Euro 6 und ggf. für Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren ab Euro 3 geregelt werden müsste, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zwar muss nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der objektive Aussagegehalt von Verkehrszeichen - und dies gilt auch für Kombinationen aus Zeichen und Zusatzzeichen - zum einen eindeutig sein und eine solche Beschilderung zum anderen so übersichtlich gestaltet werden können, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt ihren Bedeutungsgehalt „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ zu erfassen vermag (vgl. auch zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 – 3 C 18.07 – a.a.O., m.w.N.).

Dies ist bei dem hier notwendigen Textumfang, mit dem zum Ausdruck zu bringen ist, dass Diesel-​Kraftfahrzeuge „Diesel Euro 6“ und „Andere ab Euro 3“ vom Verkehrsverbot ausgenommen („Frei“) sind, auch im Vergleich mit den Textumfängen anderer im Verkehrszeichenkatalog enthaltenen und damit als zulässig erachteten Zusatzzeichen zu bejahen.
Gegenüber einem solchen Frei-​Zusatzzeichen zum Zeichen 270.1 dürfte die vom Kläger alternativ vorgeschlagene „Drei-​Schilder-​Regelung“ mit dem Zeichen 270.1, dem Zusatzzeichen 46 (Grüne Plakette) und einem zweiten Zusatzzeichen mit den Ausnahmen von der Freistellung durch das Zusatzzeichen 46 bereits deshalb nicht vorzugswürdig sein, weil diese Beschilderungsmöglichkeit die den Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang mit Umweltzonen bereits vertraute Regelungstechnik „Verbot und Freistellung“ verkompliziert und bei dieser „Drei-​Schilder-​Regelung“ möglicherweise auch missverständlich bleibt, worauf sich das zweite Zusatzzeichen bezieht.

Welche der vorgenannten Handlungsalternativen die hier zuständigen Behörden letztlich als vorzugswürdig erachten, muss jedoch deren Entscheidung im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG und § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO - gegebenenfalls auch in Abstimmung mit dem BMVI als oberster Straßenverkehrsbehörde - vorbehalten bleiben. Sollte das BMVI dabei rechtliche Bedenken gegen alle aufgezeigten Handlungsalternativen haben, obliegt es allein den zuständigen Verordnungsgebern, diesen rechtlichen Bedenken durch eine entsprechende Ergänzung der 35.BImSchV und des Zusatzzeichen 46 um eine weitere Plakette zur Bekanntgabe von Verkehrsverboten der vorliegenden Art Rechnung zu tragen.

5.
Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot begegnet auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG keinen Bedenken.

Das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zur Emittentenauswahl (dazu unter 5.1.) und ist auch verhältnismäßig (dazu unter 5.2.). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet insbesondere auch nicht den generellen Aufschub der Umsetzung auf den vom Beklagten vorgesehenen späteren Zeitpunkt. Einem solchen Aufschub steht vielmehr das in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG zum Ausdruck kommende Minimierungsgebot entgegen (dazu unter 5.3.).

5.1.

Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 bereits vorgesehene Verkehrsverbot, mit dem die Einhaltung der in der Umweltzone Stuttgart überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte tatsächlich sichergestellt werden kann, verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zur Emittentenauswahl, weil von dieser Maßnahme von allen Emittenten, die zum Überschreiten der Immissionswerte im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG beitragen, ausschließlich der Straßenverkehr und davon wiederum nur ein bestimmter Kreis von Verkehrsteilnehmern, nämlich die Nutzer der Kraftfahrzeuge der genannten Schadstoffgruppen betroffen sind. Denn dies lässt sich in der Sache damit rechtfertigen, dass der Straßenverkehr an allen Messstationen in der Umweltzone Stuttgart sowohl lokal als auch im Bereich der Hintergrundbelastung mit Verursacheranteilen an der NO2-Immissionsbelastung zwischen 59 % und 77 % (Am Neckartor) als Hauptverursacher der NO2-Immissionsgrenzwertüberschreitungen in Erscheinung tritt (vgl. Planentwurf zur 3. Fortschreibung vom Mai 2017, Abbildungen 6 bis 9, S. 30 und 31) und die vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge zu diesen Verursachungsanteilen einen erheblichen Anteil beitragen (vgl. hierzu u.a. Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 73, Bild 4.12).

5.2.

Das im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehene Verkehrsverbot verletzt in der Sache auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, bei dem es sich um ein aus den Grundrechten (z.B. Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes allgemeines Abwägungsprinzip handelt, das bei der Auswahl in Betracht kommender Luftreinhaltemaßnahmen und der davon betroffenen Emittenten grundsätzlich zu beachten ist. Dies hat der Bundesgesetzgeber durch die ausdrückliche Erwähnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Regelung des § 47 Absatz 4 Satz 1 BImSchG auch nochmals klargestellt.

Eine hoheitliche Maßnahme, die in (Grund-​)Rechte Dritter eingreift, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann, wenn sie einen legitimen öffentlichen Zweck verfolgt und darüber hinaus geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, also angemessen ist. Diesen Anforderungen entspricht das hier in Betracht kommende Verkehrsverbot im Falle seiner Umsetzung voraussichtlich in jeder Hinsicht.

5.2.1.

Als Maßnahme zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen und zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten, die dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Luftschadstoffen dienen, verfolgt dieses zweifellos einen legitimen öffentlichen Zweck.

5.2.2.

Die Geeignetheit des Verkehrsverbotes steht ebenfalls außer Zweifel, weil mit diesem Verkehrsverbot das Ziel der Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte nach den Feststellungen der Gutachter des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten in der gesamten Umweltzone Stuttgart erreicht oder zumindest annähernd erreicht werden (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 3.).

5.2.3.

Es sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Gesamtwirkungsgutachtens auch keine anderen, gleichwertigen Maßnahmen ersichtlich, welche den von dem Verkehrsverbot betroffenen Adressatenkreis weniger belasten würden und dem Verkehrsverbot deshalb im Rahmen der planerischen Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG als „milderes Mittel“ vorzuziehen wären.

5.2.3.1.

Die von der Planbehörde bislang nicht als Luftreinhaltemaßnahmen in Betracht gezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen in den Regelungen M17 und M18 scheiden mit ihren NO2-Emissionsminderungs-​potenzialen zwischen 0 % und maximal 5 % bereits von ihrem Wirkungsgrad als gleichwertige Maßnahmen aus und kommen daher als gleichwertige Handlungsalternative anstelle des Verkehrsverbotes nicht in Betracht.

Nichts anderes gilt auch für die in Modul 6 (Schnellstraßenkonzept) des Gesamtwirkungsgutachtens bewerteten Maßnahmen M61v1 und M61v2, die „Geschwindigkeitsreduzierungen auf ausgewählten Autobahnen und Bundesstraßen auf 100 bzw. 80 km/h“ vorsehen und die von der Planbehörde bislang ebenfalls nicht als Luftreinhaltemaßnahmen vorgesehen sind. Zwar liegen deren NO2-Emissions-​minderungspotenziale bei immerhin 13% bzw. 9 %. Die Beklagten-​Vertreter haben hierzu in der mündlichen Verhandlung jedoch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass diese Maßnahmen die Immissionssituation in der Umweltzone Stuttgart sogar verschlechtern würden, weil sie zu Ausweichverkehren in die Umweltzone und damit sogar zu einer Verschlechterung der dortigen Luftqualität führen würden. Diese Handlungsalternative hat die Planbehörde daher zu Recht nicht in ihren Planentwurf übernommen.

5.2.3.2.

Die als Handlungsalternative grundsätzlich in Betracht kommenden (ganzjährigen) Verkehrsverbote, die abwechselnd an das Kfz-​Kennzeichen (gerade/ungerade) anknüpfen, wurden von der Planbehörde bereits wegen ihres zu geringen NO2-Immissionsminderungs-​potenzials (Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone um weniger als 4 %; vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127 sowie S. 39 und 40 des Abschlussberichts zum GWG vom Februar 2017) zu Recht nicht weiterverfolgt. Dies bedarf keiner vertiefenden Darlegungen, nachdem der Kläger der diesbezüglichen Argumentation der Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen und auch das Gericht an der Richtigkeit der genannten Feststellungen der Gutachter keine Zweifel hat.

5.2.3.3.

Auch die weiter in Betracht gezogene City-​Maut kann bei der von den Gutachtern des Beklagten im Gesamtwirkungsgutachten untersuchten Ausgestaltung (5 Euro/Einfahrt in die Umweltzone; vgl. im Einzelnen Dokumentation zum GWG vom April 2017, S. 9, Ziffer 3.2.1.2) nicht als gleich geeignete Handlungsalternative eingestuft werden, weil diese nach den Feststellungen der Gutachter lediglich zu einer geringen Reduzierung der NOx-​Emissionen des Straßenverkehrs in Höhe von 7 % führen würde (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, Bild 5.4, Seite 46). Der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser Handlungsalternative bleibt damit deutlich hinter dem Wirkungsgrad des im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbotes zurück (vgl. Dokumentation zum GWG vom April 2017, Bild 6.9, S. 127; Reduzierung der Streckenlängen mit Grenzwertüberschreitungen in der Umweltzone durch die Maßnahme M22/City-​Maut um ca. 42 % und im Talkessel um ca. 80 % gegenüber den 94,6 % in der Umweltzone durch das Verkehrsverbot). Ob die Erhebung einer solchen City-​Maut zur Durchsetzung von Zielen der Luftreinhaltung überhaupt zulässig wäre und auf die §§ 47 i. V. m. 40 BImSchG gestützt werden könnte oder vielmehr einer vorherigen entsprechenden Gesetzesinitiative des Landesgesetzgebers bedürfte, kann daher ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob der Beklagte zu einer solchen Gesetzesinitiative zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die Einführung einer City-​Maut rechtlich verpflichtet wäre.

5.2.3.4.

Für die weiter alternativ in Betracht gezogene Einführung einer Nahverkehrsabgabe für das Stadtgebiet oder die Region Stuttgart gelten die Ausführungen zur „City-​Maut“ entsprechend, weil auch diese Maßnahme mit einem NO2-Emissionsminderungspotenzial von lediglich 2 bis maximal 4 % (vgl. Abschlussbericht zum GWG vom Februar 2017, a.a.O.) keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem im Planentwurf zur 3. Fortschreibung als Maßnahme M1 vorgesehenen Verkehrsverbot darstellt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher ebenfalls keiner weiteren Betrachtung.

5.2.3.5. Bei der zuletzt noch in die Diskussion gebrachten „Nachrüstlösung“ für die vom Verkehrsverbot betroffenen Diesel-​Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 handelt es sich bereits in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich um keine im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG gleichwertige Handlungsalternative zum Verkehrsverbot. Denn insoweit hat die zuständige Gutachterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Rückfrage des Gerichts bestätigt, dass der immissionsseitige Wirkungsgrad dieser „Nachrüstlösung“ bei maximal 9 % bezogen auf das Jahr 2020 liege.

Dabei ist die Gutachterin bei ihrer Berechnung davon ausgegangen, dass 50 % der Diesel-​Kraftfahrzeuge der Stufe Euro 5 nachrüstbar sind, 100 % dieser Diesel-​Kraftfahrzeuge bis 2020 auch tatsächlich nachgerüstet werden und jede dieser Nachrüstungen zu einer Reduzierung der realen Emissionen im Straßenverkehr um 50 % führe.

Von diesen von der Gutachterin angenommenen Prämissen ist jedoch bereits die Annahme, dass im Rahmen freiwilliger Nachrüstaktionen - wie auch immer diese konkret aussehen mögen - bis 2020 alle nachrüstbaren Diesel-​Kraftahrzeuge tatsächlich freiwillig nachgerüstet werden, wenig wahrscheinlich.

Hinzu kommt, dass die Planbehörde eine eventuelle Bereitschaft der Betroffenen zur Umrüstung ihrer Kraftfahrzeuge mit der jetzt im Planentwurf vorgesehenen Maßnahme M1 zusätzlich konterkariert, wenn sie diesen mit dem darin genannten (frühestmöglichen) Umsetzungszeitpunkt 01.01.2020 bereits jetzt zu erkennen gibt, dass sie auch mit ihren nicht nachgerüsteten Diesel-​Kraftfahrzeugen auf jeden Fall bis zum 01.01.2020 in der Umweltzone Stuttgart fahren dürfen und vorher nicht mit einem Verkehrsverbot rechnen müssen.

Soweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese „Nachrüstlösung“ möglicherweise auch nur aus Software-​Updates bestehen wird, dürfte die damit zu erwartende Abgasreduzierung auch nicht bei den von der Gutachterin angenommen 50 %, sondern lediglich in einer Größenordnung von ca. 25 % bis maximal 30 % und der damit verbundene Wirkungsgrad folglich aller Voraussicht nach deutlich unter 9 % liegen.

Doch selbst wenn man den von der Gutachterin ermittelten Wirkungsgrad trotz der vorgenannten erheblichen Bedenken als richtig unterstellen würde, handelt es sich bei der „Nachrüstlösung“ selbst mit diesem maximal denkbaren Wirkungsgrad von 9 % um keine gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, da dessen Wirkungsgrad um ein Vielfaches höher liegt.

Davon geht auch der Beklagte aus, dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt haben, dass mit der „Nachrüstlösung“ eine Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht erreicht werden kann, sondern hierfür die „Blaue Plakette“, also das in M1 beschriebene Verkehrsverbot erforderlich ist.

Bei dieser Sachlage würde die Planbehörde mit einer Entscheidung für die „Nachrüstlösung“ unter gleichzeitiger Verschiebung des Verkehrsverbotes bis mindestens 01.01.2020 den bereits seit über 7,5 Jahre andauernden rechtswidrigen Zustand der erheblichen Überschreitung der Stickstoffdioxid-​Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart aber um mindestens weitere 2,5 Jahre verlängern, anstatt diesen rechtswidrigen Zustand so schnell wie möglich zu beenden. Da der Planbehörde der zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte unzureichende Wirkungsgrad der „Nachrüstlösung“ auch bekannt ist, würde sie damit zugleich in Kenntnis der Sachlage ihren sich aus dem Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 BImSchG ergebenden gesetzlichen Handlungspflichten zuwiderhandeln.

Bei dieser Sachlage steht die „Nachrüstlösung“ der Planbehörde nach derzeitigem Erkenntnisstand bereits aus tatsächlichen Gründen nicht als Handlungsalternative zu dem Verkehrsverbot zur Verfügung.

Hinzu kommt, dass es sich bei der „Nachrüstlösung“ auch in rechtlicher Hinsicht um keine gleichwertige Handlungsalternative handelt, für die sich die Planbehörde bzw. der Beklagte im vorliegenden Fall anstelle des Verkehrsverbotes entscheiden kann. Denn bei der genannten „Nachrüstlösung“ handelt es sich ausschließlich um freiwillige Aktivitäten von Seiten der Automobilindustrie und der betreffenden Kraftfahrzeug-​Eigentümer, auf welche die Planbehörde im Rahmen der beabsichtigten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart keinerlei verbindlichen Einfluss nehmen kann, weil die Planbehörde keine Befugnisse besitzt, eine Nachrüstung von Kraftfahrzeugen in hoheitlicher Form wie beispielsweise im Wege eines behördlichen Bescheides rechtlich verbindlich zu machen.

Davon geht die Planbehörde selbst aus (vgl. Klageerwiderung vom 13.07.2017, Ziffer 2.1, S. 3). Sie beabsichtigt deshalb auch nicht, eine entsprechende Luftreinhaltemaßnahme in den Planentwurf zur 3. Fortschreibung aufzunehmen, welche die genannte „Nachrüstlösung“ zum Gegenstand hat. Die Nachrüstlösung kann daher auch in rechtlicher Hinsicht nicht als Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot eingestuft werden, der die Planbehörde im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans den Vorzug geben könnte.

5.2.4.

Gegen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes im engeren Sinne (Angemessenheit) bestehen im Grundsatz ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hat die Planbehörde eine Abwägung der durch die beabsichtigte Luftreinhaltemaßnahme betroffenen Belange vorzunehmen. Im vorliegenden Fall sind dementsprechend das Ziel des Verkehrsverbotes (Schutz der menschlichen Gesundheit der Bewohner der Umweltzone) und die nachteiligen Auswirkungen des Verkehrsverbotes für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (z. B. Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit) zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei gilt generell, dass das mit der Maßnahme verfolgte Ziel umso gewichtiger und dringlicher sein muss, je intensiver die Maßnahme in die Grundrechte der Betroffenen eingreift. Ergibt die vorzunehmende Interessengewichtung und -abwägung, dass die Nachteile, die mit der Maßnahme verbunden sind, nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt, ist diese auch als angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne einzustufen.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze begegnet die von der Planbehörde im Planentwurf zur 3. Fortschreibung vorgenommene Abwägung keinen rechtlichen Bedenken. Die Planbehörde hat ausweislich des vorgelegten Planentwurfs zur 3. Fortschreibung die bislang ermittelten Belange der Betroffenen gewichtet und in die Abwägung eingestellt. Dabei hat sie den Schutz der Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung höher gewichtet, als die Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer. Denn die Planbehörde hat im Planentwurf mit ihren Ausführungen in Ziffer 6.2.1.7 zur Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) ausdrücklich festgestellt (vgl. a.a.O., S. 76), dass

   „die geplante Erweiterung der Umweltzone um eine weitere Schadstoffgruppe die betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht in unangemessener Weise belaste“ (…)

und

(…) „es zum Schutz der menschlichen Gesundheit sachgerecht erscheine, den Nutzern von weniger schadstoffarmen Fahrzeugen einen Beitrag zur Minderung dieser Schadstoffbelastung abzuverlangen“ (…) „da Stickstoffdioxid die Gesundheit schädigen könne“ (…)


Dementsprechend hat der Beklagte zuvor auch bereits in seiner Klageerwiderung vom 17.02.2017 ausdrücklich außer Streit gestellt, dass

   der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der von den Immissionen Betroffenen höher zu gewichten sei, als die von dem Verkehrsverbot betroffenen Rechtsgüter des Fahrzeugführers (Eigentum und allgemeine Handlungsfreiheit)“


In Bezug auf die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Mobilitätseinschränkungen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer hat der Beklagten-​Vertreter im Klagerwiderungsschriftsatz vom 28.02.2017 ausdrücklich eingeräumt, dass

   „der Käufer eines Kraftfahrzeuges mit diesem Kauf weder ein geschütztes Vertrauen geschweige denn ein Recht erwirbt, mit diesem Kraftfahrzeug jederzeit überall hinfahren zu dürfen.“


Diese Ausführungen und die bislang von der Planbehörde vorgenommene Abwägungsentscheidung lassen keine Abwägungsfehler erkennen. Denn es steht außer Zweifel, dass dem mit dem Verkehrsverbot zu schützenden Rechtsgut der menschlichen Gesundheit grundsätzlich ein auch verfassungsrechtlich gewährleistetes, hohes Gewicht zukommt. Ebenso unzweifelhaft ist, dass in dieses Rechtsgut durch die im Bereich der Umweltzone Stuttgart festgestellten, zum Teil ganz erheblichen und langjährigen Überschreitungen der zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgesetzten NO2-Immissionsgrenzwerte auch in erheblichem Maße eingegriffen wird. Denn es ist allgemein anerkannt, dass zu hohe Stickstoffdioxid-​Konzentrationen geeignet sind, die menschliche Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen, weil Stickoxide in der Umwelt u. a. für die Zunahme sowohl von Atemwegs- als auch von Herz- und Kreislauferkrankungen mitverantwortlich gemacht werden und für bestimmte Personengruppen (z.B. Kinder, Asthmatiker, etc.) ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellen.

Dem stehen keine von der Planbehörde ermittelten Belange der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer gegenüber, die erkennbar höher zu gewichten wären, als diese Gesundheitsinteressen der Wohnbevölkerung. Die Planbehörde hat daher den Schutz der Wohnbevölkerung in der Umweltzone Stuttgart (ca. 600.000 Einwohner) vor fortdauernden, massiven Gesundheitsbeeinträchtigungen durch zu hohe Stickstoffdioxid-​Konzentrationen zu Recht höher gewichtet, als die mit dem Verkehrsverbot einhergehenden Mobilitätseinschränkungen und sonstigen Nachteile für die davon betroffenen Verkehrsteilnehmer (unter Berücksichtigung der Ausnahmekonzeption ca. 80.000; im Ergebnis ebenso: BayVGH, a.a.O., Rn 154).

Soweit sich das Verkehrsverbot gegenüber einzelnen Betroffenen oder Emittentengruppen aufgrund besonderer Umstände als unzumutbar erweisen kann, ist es der Planbehörde unbenommen, solchen „Härtefällen“ durch entsprechende Befreiungs- und Ausnahmetatbestände im Luftreinhalteplan (vgl. auch bereits Ausnahmekonzeption im Planentwurf zur 3. Fortschreibung sowie unten S. 94) Rechnung zu tragen (vgl. hierzu auch Nds.OVG, Urt. v. 12.05.2011 -12 LC 143/09 - in juris).

Soweit der Beklagte mit den zitierten Feststellungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes zugleich seine früheren weiteren Einwände gegen die Zumutbarkeit solcher Verkehrsverbote (vgl. im Einzelnen Klageerwiderungsschriftsatz vom 31.03.2016) ausdrücklich aufgegeben hat, bedürfen diese keiner näheren Betrachtung mehr.

5.3.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es auch nicht, das zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen NO2-Immissionsgrenzwerte in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot generell auf den 01.01.2020 zu verschieben. Dem steht vielmehr das Minimierungsgebot des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG entgegen, wonach die Maßnahmen eines Luftreinhalteplanes geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

Der Rechtsansicht des Beklagten, wonach ein ganzjähriges flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart unverhältnismäßig sei, wenn dieses vor der „Nachrüstlösung“ bzw. bereits zu einem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werde, zu dem die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge noch mehr als 20 % des in Stuttgart zugelassenen Flottenbestandes betrage, ist nicht zu folgen.

5.3.1.

In Bezug auf die „Nachrüstlösung“ ist die Argumentation des Beklagten bereits in der Sache nicht schlüssig. Denn danach soll der sog. „Nachrüstlösung“ ausnahmslos - also in Bezug auf alle vom Verkehrsverbot betroffenen Emittenten bzw. Emittentengruppen - der Vorzug vor dem Verkehrsverbot gegeben werden, obwohl der Beklagte selbst davon ausgeht, dass von den vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeugen lediglich „50 % der Euro 5-​Diesel-​Pkw“ und damit insgesamt lediglich ca. ein Drittel der vom Verkehrsverbot insgesamt betroffenen Kraftfahrzeugen überhaupt für eine Umrüstung technisch geeignet sind (vgl. Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017, S. 1).

Warum es der Beklagte bei dieser Sachlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dennoch für geboten hält, auch den Eigentümern von nicht nachrüstbaren Kraftfahrzeugen bis mindestens 01.01.2020 „eine Chance zur Nachrüstung zu geben“, anstatt wenigstens diese Kraftfahrzeuge baldmöglichst mit dem zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte erforderlichen Verkehrsverbot zu belegen, konnten die Beklagten-​Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel begründen und ist auch für das Gericht nicht nachvollziehbar.

In rechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob der „Nachrüstlösung“ aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Verkehrsverbot der Vorrang einzuräumen ist, bereits deshalb nicht, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Planbehörde lediglich im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG zu beachten ist.

Nach dieser Regelung steht der zur Aufstellung eines Luftreinhalteplanes verpflichteten Planbehörde ausschließlich bei der Auswahl und Festlegung der zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen ein planerischer Gestaltungsspielraum und damit ein Auswahlermessen in Bezug auf die geeigneten Luftreinhaltemaßnahmen und deren Adressaten, in dessen Rahmen die Planbehörde neben den jeweiligen Verursacheranteilen der Emittenten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.

Die Ausübung dieses Auswahlermessens setzt regelmäßig voraus, dass mehrere (mindestens 2) geeignete Luftreinhaltemaßnahmen für eine Aufnahme in den Luftreinhalteplan auch tatsächlich in Betracht kommen und damit zur Auswahl stehen. An dieser Voraussetzung für die Ausübung des Auswahlermessens im Sinne des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG fehlt es jedoch hier, weil es sich nach den Feststellungen der Gutachter im Gesamtwirkungsgutachten lediglich bei dem genannten Verkehrsverbot um eine geeignete Luftreinhaltemaßnahme handelt und eine solche Luftreinhaltemaßnahme zur Umsetzung der sog. „Nachrüstlösung“ jedoch offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu bereits Ziffer 5.2.3.5.). Die „Nachrüstlösung“ ist damit bereits keine rechtlich gleichwertige Handlungsalternative zu dem genannten Verkehrsverbot, die diesem im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezogen werden könnte.

Soweit die Planbehörde dieser „Nachrüstlösung“, wie sie es in der mündlichen Verhandlung umschrieben hat, dennoch „vorab eine Chance geben will“, würde sie damit zugleich gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus § 47 Abs. 1 BImSchG verstoßen, wonach die Planbehörde bei Vorliegen einer Überschreitung der in der 39.BImSchV vorgegebenen Immissionsgrenzwerte nicht nur zwingend verpflichtet ist, einen Luftreinhalteplan aufzustellen oder fortzuschreiben („hat“; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), sondern wegen des in § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normierten Minimierungsgebotes darin auch die zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeigneten Maßnahmen festlegen muss.

Die Planbehörde ist bei der bereits vorliegenden Überschreitung der Immissionsgrenzwerte daher weder befugt, die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart, noch die Umsetzung der darin zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte festzulegenden Luftreinhaltemaßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um den vorherigen Ausgang freiwilliger Aktivitäten Dritter abzuwarten.

Die sog. „Nachrüstlösung“ berechtigt die Planbehörde demzufolge bereits unter den vorgenannten rechtlichen Aspekten nicht, den zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte notwendigen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verkehrsverbotes mit einem pauschalen Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Doch selbst wenn man dieser rechtlichen Argumentation nicht folgen wollte, fehlt der „Nachrüstlösung“ jedenfalls auch die notwendige tatsächliche Gleichwertigkeit zur Einhaltung des in § 47 Abs. 1 BImSchG normierten gesetzgeberischen Ziels (vgl. hierzu bereits unter Ziffer 5.2.3.5.).

Aus den obigen Ausführungen folgt freilich nicht, dass künftige Nachrüstmöglichkeiten, die einen mit dem Verkehrsverbot vergleichbaren Wirkungsgrad besitzen, im Rahmen des von der Planbehörde noch zu erstellenden Handlungskonzepts zur 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart völlig außer Betracht zu bleiben hätten. Wie bereits dargelegt, hat die Planbehörde gemäß § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG zwar keinen Handlungsspielraum, die Fortschreibung des Luftreinhalteplans und das Verkehrsverbot wegen eventuell möglicher Nachrüstungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wenn die zulässigen Immissionsgrenzwerte bereits seit langer Zeit überschritten sind, wie dies in der Umweltzone Stuttgart der Fall ist. Sie hat aber die Möglichkeit, eventuelle Nachrüstmöglichkeiten bei ihrer Entscheidung nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, gegen welche Emittenten bzw. Emittentengruppen sie das Verkehrsverbot unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festgelegt, zu berücksichtigen. Denn es liegt auf der Hand, dass gerade die Nachrüstung von „jüngeren“ Diesel-​Kraftfahrzeugen die Betroffenen weniger belasten kann, als die mit dem Verkehrsverbot verbundenen Nachteile.

Es steht der Planbehörde daher frei, im Rahmen der Planaufstellung zu prüfen, ob bei technisch nachrüstbaren Kraftfahrzeugen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht eine Nachrüstmöglichkeit als „milderes“ Mittel eingeräumt werden muss, bevor auch für diese Kraftfahrzeuge das Verkehrsverbot gilt. Sollte durch solche Nachrüstungen beispielsweise eine Einhaltung des Euro 6-​Grenzwertes von 80 mg NOx/km bei einem Teil der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge in absehbarer Zeit tatsächlich technisch möglich sein und der Bundesverordnungsgeber auch die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für den Fortbestand der Straßenverkehrszulassung für solche nachgerüsteten Kraftfahrzeuge zeitnah schaffen, besteht für die Planbehörde bei der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart im Rahmen ihres Auswahlermessens gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG grundsätzlich die Möglichkeit, solche nachrüstbaren Kraftfahrzeuge mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhaltungsplan noch für einen befristeten Zeitraum vom Verkehrsverbot auszunehmen, um die entsprechenden Nachrüstungen zu ermöglichen. Die Nachrüstfristen müssten dabei allerdings so bemessen werden, dass das mit dem Verkehrsverbot verfolgte Ziel einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.

Je mehr geeignete Luftreinhaltemaßnahmen die Planbehörde in ihren Planentwurf aufnimmt und je höher deren Gesamtwirkungsgrad ist, umso größer wird auch der Auswahlspielraum der Planbehörde im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG, um den Eigentümern von nachrüstbaren Kraftfahrzeugen noch die Möglichkeit einer Nachrüstung einzuräumen, um dem Verkehrsverbot zu entgehen.

Gleichzeitig würde die Planbehörde mit einer solchen Einbindung der Nachrüstmöglichkeiten in den Luftreinhalteplan und deren Verknüpfung mit dem ansonsten drohenden Verkehrsverbot auf die betroffenen Kraftfahrzeug-​Eigentümer auch den notwendigen Druck ausüben, um solche Nachrüstungen tatsächlich zeitnah durchzuführen.

Dieser Möglichkeit, auf - zweifellos sinnvolle - Nachrüstungen hinzuwirken, begibt sich die Planbehörde, wenn sie die sog. „Nachrüstlösung“ - anstatt diese im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 47 BImSchG im Wege einer Regel-​Ausnahme-​Konstruktion rechtlich mit dem Verkehrsverbot zu verknüpfen - dem Verkehrsverbot nur zeitlich voranstellen und es damit vollständig dem freien Willensentschluss Dritter überlassen will, ob, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen solche Nachrüstungen stattfinden.

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass mögliche Nachrüstungen die Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes nicht in Frage stellen, sondern letztlich sicherstellen, wenn sie von der Planbehörde richtigerweise als Handlungsoption verstanden werden, die den betroffenen Kraftfahrzeug-​Eigentümern durch entsprechende Ausnahmeregelungen im Luftreinhalteplan eingeräumt werden können, um das ansonsten zu beachtende Verkehrsverbot abzuwenden.

5.3.2. Soweit der Beklagte seine Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes darüber hinaus an die Zahl der davon betroffenen Emittenten anknüpfen will und dabei zu dem abstrakten Ergebnis kommt, ein solches Verkehrsverbot sei unverhältnismäßig, wenn mehr als 20 % der Verkehrsteilnehmer betroffen seien, kann diesen Überlegungen ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn der Beklagte hat bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das vorliegend zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte geeignete Verkehrsverbot generell und ohne Ansehung der davon konkret betroffenen Kraftfahrzeuge verhältnismäßig sein soll, wenn davon maximal 20 % der zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen sind und unverhältnismäßig, wenn diese „Obergrenze“ - in welcher Größenordnung auch immer (also auch schon bei 20,1 %?) - überschritten ist.

Auch in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten-​Vertreter keine sachlich nachvollziehbare Begründung für diese sich an der reinen Zahl der betroffenen Adressaten der Maßnahme orientierenden Grenzziehung zwischen Verhältnismäßigkeit und Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegeben.

Die Verhältnismäßigkeit einer Luftreinhaltemaßnahme hängt grundsätzlich nicht von der abstrakten Größe des davon betroffenen Adressatenkreises ab, sondern ausschließlich von der jeweiligen konkret-​individuellen Betroffenheit der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen. Deshalb kann auch der Zeitpunkt der Umsetzung eines Verkehrsverbotes nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abstrakt vom Erreichen einer bestimmten Größe des betroffenen Adressatenkreises abhängig gemacht werden.

Eine Rechtfertigung für eine derart abstrakt festgelegte „Obergrenze“ der betroffenen Adressaten/Emittenten lässt sich insbesondere nicht aus den vom Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 13.07.2017 erstmals vorgetragenen „unzulässigen Verlagerungseffekten in den Umlandgemeinden“ herleiten, die der Beklagte annimmt, wenn die Zahl der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer über 20 % liegt.

Der Beklagte hat bislang weder diese angeblichen Ausweichverkehre noch deren negative Auswirkungen auf die Luftqualität in den betroffenen Umlandgemeinden hinreichend belegt. Die hierzu in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 von den Beklagten-​Vertretern vorgelegten zwei Karten vom 17.07.2017 (GWG; Vergleich der Stickstoffdioxid-​Jahres-​immissionen im Stadtgebiet; Fall 9 (temporär) zu Basis HB 3.3) dokumentieren ausschließlich vereinzelte und zudem überwiegend geringfügige Immissionsgrenzwert-​Erhöhungen außerhalb des Umweltzonengebiets infolge eines räumlich beschränkten Verkehrsverbotes im Talkessel Stuttgart. Zu welchen unzulässigen Ausweichverkehren es durch ein flächendeckendes Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart angeblich kommen soll und in welchem Umfang, ist diesen Karten dagegen nicht zu entnehmen. Ebenso wenig hat der Beklagte bereits nachvollziehbar dargelegt, warum diese Ausweichverkehre in den Umlandgemeinden gerade dann das zulässige Maß überschreiten sollen, wenn von dem Verkehrsverbot in der Umweltzone mehr als 20 % des Flottenbestandes der in Stuttgart zugelassenen Kraftfahrzeuge betroffen ist. Dieses unsubstantiiert gebliebene Vorbringen des Beklagten ist daher in dieser Form einer weiteren Erörterung nicht zugänglich.

Es bedurfte insoweit aber auch keiner weiteren Tatsachenerhebungen durch das Gericht, denn selbst wenn es durch eine Einführung des Verkehrsverbotes zu nennenswerten Ausweichverkehren in den Umlandgemeinden kommen sollte, berechtigten diese die Planbehörde nicht dazu, die Festlegung des Verkehrsverbotes in der Umweltzone zu unterlassen oder deswegen dessen Umsetzungszeitpunkt zu verschieben. In diesem Falle wäre die Planbehörde vielmehr verpflichtet, diese Ausweichverkehre durch geeignete weitere Planmaßnahmen (wie z.B. durch eine Ausdehnung des Verkehrsverbotes auf die betroffenen Umlandgemeinden) auf ein zulässiges Maß zu reduzieren.

Diese Vorgehensweise zur Unterbindung unzulässiger Ausweichverkehre ist der Planbehörde auch bekannt, denn sie ist bei der Festlegung der Maßnahme M2b den von den Gutachtern festgestellten Ausweichverkehren innerhalb der Umweltzone Stuttgart ebenfalls bereits dadurch begegnet, dass sie den Geltungsbereich des Verkehrsverbotes M2b richtigerweise auf diese Ausweichstrecken ausgedehnt hat. Mit solchen Ausweichverkehren lässt sich die vom Beklagten abstrakt festgelegte „Obergrenze“ folglich ebenfalls nicht sachlich begründen.

Die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit des Verkehrsverbotes, die allein an das Überschreiten einer abstrakt festgelegten, zahlenmäßigen „Obergrenze“ der vom Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeuge bzw. Verkehrsteilnehmer anknüpft, ist auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar.

Abzulehnen ist diese Rechtsansicht des Beklagten bereits deshalb, weil sie - wie schon die Überlegungen des Beklagten zum Vorrang der Nachrüstlösung - wiederum auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des § 47 BImSchG beruht. Es wurde bereits dargelegt, dass die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Aufstellung von Luftreinhaltungsplänen wie vom Gesetzgeber in § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ausdrücklich vorgesehen auf den Bereich des Auswahlermessens beschränkt ist.

Zwar führt auch die Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Auswahlermessens nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG im Ergebnis letztlich zu einer konkreten Zahl der von einer Maßnahme in zumutbarer Weise betroffenen Emittenten. Diese Zahl der von der Maßnahme betroffenen Emittenten ist bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen Auswahlermessens aber lediglich das (zufällige) Resultat der Prüfung, ob sich die Maßnahme gegenüber jedem von der Maßnahme betroffenen Emittenten bzw. Emittentenkreis als verhältnismäßig erweist. Diese Zahl kann daher bei richtiger Rechtsanwendung nicht unabhängig von dieser Prüfung im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG vorab auf einen willkürlich gewählten Prozentsatz festgelegt werden.

Rechtlichen Bedenken begegnet diese Vorgehensweise der Planbehörde im vorliegenden Fall außerdem deshalb, weil sie unberücksichtigt lässt, dass von dem Verkehrsverbot kein nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einheitlich zu behandelnder Adressatenkreis betroffen ist. Denn das Verkehrsverbot betrifft im Wesentlichen Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren der Eurostufen Euro 1 und 2 sowie Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Eurostufen Euro 3, 4 und 5 und damit also die Eigentümer von Kraftfahrzeugen unterschiedlicher Schadstoffklassen. Das Verkehrsverbot trifft damit - gewissermaßen am „unteren“ Ende seines Adressatenspektrums - sowohl Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren der Stufen Euro 1 und Euro 2 mit geregeltem Katalysator ab dem Baujahr 01.01.1993, ebenso Dieselmotoren der Eurostufe 3 mit Partikelfilter oder Eurostufe 4 ab dem Baujahr 01.01.2006 als auch - am „oberen“ Ende des Adressatenspektrums - die zum Teil noch erheblich jüngeren Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der seit 2009 geltenden Eurostufe 5.

Es liegt damit auf der Hand, dass von dem Verkehrsverbot nach Abgasverhalten, Alter, Fahrleistung und ihrem wirtschaftlichen Wert sehr unterschiedliche Kraftfahrzeuge betroffen und damit auch die rechtlich geschützten Interessen der Betroffenen durch das Verkehrsverbot nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterschiedlich zu beurteilen sind. Dabei ist das Verkehrsverbot für die betroffenen Adressaten regelmäßig umso zumutbarer und damit nicht unverhältnismäßig (im engeren Sinne), je höher das Alter und die Fahrleistung und je geringer der Restwert des betroffenen Kraftfahrzeuges ist.

Hieraus folgt, dass die Verhältnismäßigkeit eines Verkehrsverbotes, das wie im vorliegenden Fall keinen einheitlich zu behandelnden Adressatenkreis betrifft und dessen Nachteile für die davon betroffenen einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen demzufolge sehr unterschiedlich sein können, nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG für jede dieser Emittentengruppen gesondert zu prüfen und festzustellen ist und nicht durch eine von der Planbehörde rein zahlenmäßige bestimmte „Obergrenze“ ohne Ansehung der einzelnen Emittenten bzw. Emittentengruppen abstrakt vorab festgelegt werden kann.

Hinzu kommt, dass die Planbehörde nicht die Absicht hat, dieses für den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes maßgebliche Kriterium der Größe des betroffenen Adressatenkreises uneingeschränkt, d.h. zu Gunsten aller von der Planfortschreibung betroffenen Interessengruppen anzuwenden. Denn die Beklagten-​Vertreter bestätigten hierzu auf Rückfrage in der mündlichen Verhandlung, dass eine Umsetzung des Verkehrsverbotes M1 frühestens dann in Betracht komme, wenn die Zahl der davon betroffenen Kraftfahrzeuge höchstens 20 % des Flottenbestandes Stuttgart betrage. Für den Fall, dass dieser Prozentsatz durch eine schnellere Flottenerneuerung als bislang prognostiziert bereits vor dem 01.01.2020 erreicht werde, verbleibe es allerdings bei dem Umsetzungsdatum 01.01.2020, ein früheres Inkrafttreten des Verkehrsverbotes M1 sei unter keinen Umständen beabsichtigt.

Diesen Einlassungen lässt sich damit entnehmen, dass der Beklagte diese Anknüpfung des Umsetzungszeitpunktes des Verkehrsverbotes an eine bestimmte Größe des betroffenen Adressatenkreises ausschließlich heranziehen will, um den Umsetzungszeitpunkt des Verkehrsverbotes „auf später“ zu verschieben. Mit dieser Zielrichtung, die Umsetzung des Verkehrsverbotes ausschließlich auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, nicht jedoch gegebenenfalls auch vorzuziehen, erweist sich das genannte Umsetzungskriterium als rechtlich unzulässig.

5.3.3.

Sonstige Umstände, die eine generelle Verschiebung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes auf (mindestens) 01.01.2020 aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebieten könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere sind auch keine schutzwürdigen Interessen der vom Verkehrsverbot betroffenen Verkehrsteilnehmer an einer solchen Verschiebung erkennbar, die nicht im Rahmen der Ausnahmekonzeption des Luftreinhalteplanes berücksichtigt werden können und höher zu gewichten sind, als das legitime Interesse der Bewohner der Umweltzone, vor den Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit durch die fortdauernden und erheblichen Überschreitungen der zulässigen Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich geschützt zu werden.

6.

Nach alledem ist der Beklagte zu verurteilen, den Luftreinhalteplan Stuttgart so fortzuschreiben, dass er den Anforderungen des § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG genügt. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, Maßnahmen zu treffen, mit denen die schnellstmögliche Einhaltung der Immissionsschutzziele gewährleistet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 - 7 C 21/12 -; vgl. auch EuGH, Urt. v. 19.11.2014, - C-​404/13 -; beide in juris), wie es dem Antrag des Klägers entspricht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

IV.

Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausschließlich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da das Gericht seine Entscheidung auf der Tatsachenebene ausschließlich auf den Tatsachenvortrag des Beklagten und die von diesem vorgelegten Unterlagen gestützt hat.

Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen (Bundes-​)Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.07.2016 - 1 B 85.16 -, in juris). Dieser Zulassungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Rechtssache grundsätzliche Rechtsfragen der Anwendung von bundesgesetzlichen Vorschriften des Luftreinhalterechts und der Auslegung einer Rechtsverordnung des Bundes aufwirft, die über den konkreten Fall hinaus von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.


Beschluss vom 26. Juli 2017
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 30.000,00 EUR festgesetzt (in Anlehnung an die Ziffern 1.2 und 34.4 des Streitwertkatalogs 2013).

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