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Oberlandesgericht Brandenburg Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 - Nutzungsausfall nach einem Verkehrsunfall

OLG Brandenburg v. 27.02.2020: Zusammenfassung der Grundsätze für den Nutzungsausfall nach einem Verkehrsunfall




Das Oberlandesgericht Brandenburg (Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) hat entschieden:

Die Lebenserfahrung spricht für einen Nutzungswillen hinsichtlich des Fahrzeugs, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre. Dementsprechend ist der hypothetische Nutzungswille des privaten Halters bzw. Eigentümers eines Fahrzeuges für die Dauer des Fahrzeugausfalls grundsätzlich zu vermuten, ohne dass es insoweit einer besonderen Darlegung bedarf.

Siehe auch
Nutzungsausfall - Ausfallschaden - entgangene Gebrauchsvorteile
und
Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung

Gründe:


1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Klägerin zu 1. (im folgenden: die Klägerin) stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe verkannt, dass die Voraussetzungen für die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den gesamten geltend gemachten Zeitraum vorgelegen hätten, insbesondere habe sie ihr Unvermögen zum Ausgleich der Reparaturrechnung gegenüber der Beklagten hinreichend angezeigt, auch sei sie zur Inanspruchnahme ihres Kaskoversicherers nicht verpflichtet gewesen. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht ferner die in der Rechnung vom 19.12.2017 aufgeführten Leistungen ohne Beweiserhebung als nicht unfallbedingt angesehen. Der Klägerin zeigt damit Rechtsfehler auf, auf denen das Urteil beruhen kann und die sämtliche tragenden Gründe des Urteils erfassen, §§ 513, 546 ZPO.

2. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel größtenteils Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten - über die vom Landgericht ihr und dem Kläger zu 2. sowie der Leasinggeberin zuerkannten Beträge hinaus - wegen des Unfalles vom 29.08.2017 gegen ... Uhr in der D… in A… auf Höhe des Hauses mit der Hausnummer 17 ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 29.08. bis einschließlich dem 11.12.2017, mithin für 105 Kalendertage, aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu. Angesichts des im Schadensgutachten des Dipl.-Ing. C… W… vom 31.08.2017 ermittelten Tagessatzes von 59,00 € errechnet sich ein Gesamtbetrag von 6.195,00 €, so dass nach Abzug der vom Landgericht bereits zuerkannten Summe von 708,00 € der Klägerin ein weiterer Betrag von 5.487,00 € zuzusprechen war.




Wie der Senat bereits in der Terminsverfügung ausgeführt hat kann der Geschädigte die Erstattung einer Nutzungsausfallentschädigung bis zur Schadensbehebung für einen angemessenen Zeitraum verlangen (BGH NJW 2008, S. 915; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 45. Aufl., § 12 StVG, Rn. 43). Erforderlich ist hierfür ein Nutzungswille und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten für die gesamte Dauer, für die der Anspruch geltend gemacht wird, wobei insoweit der Geschädigte grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet ist (Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 3. Kap., Rn. 97). Allerdings spricht die Lebenserfahrung für einen Nutzungswillen hinsichtlich des Fahrzeugs, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre (OLG Frankfurt DAR 1984, S. 318; OLG Celle VersR 1973, S. 717; OLG Köln VRS 96, S. 325). Dementsprechend ist der hypothetische Nutzungswille des privaten Halters bzw. Eigentümers eines Fahrzeuges für die Dauer des Fahrzeugausfalls grundsätzlich zu vermuten, ohne dass es insoweit einer besonderen Darlegung bedarf (OLG Düsseldorf DAR 2006, S. 269; SchadPrax 2002, S. 245). Auch vorliegend ist danach ein Nutzungswille der Klägerin hinsichtlich des zwischen den Parteien streitigen Zeitraumes anzunehmen. Der Verweis der Beklagten auf den langen Zeitraum, in dem die Klägerin nicht über ihr Fahrzeug verfügte, genügt nicht, um den nach der Lebenserfahrung anzunehmenden Nutzungswillen der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Auch eines weiteren Vortrages der Klägerin bedurfte es hierzu nicht, zumal die Klägerin das Fahrzeug unstreitig reparieren ließ und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie es in der Folgezeit nicht weiter genutzt hat. Zudem hat sich die Klägerin keineswegs damit abgefunden, über ein funktionsfähiges Fahrzeug nicht zu verfügen, sondern ist zunächst wiederholt an die Beklagte herangetreten ist, um eine Reparaturkostenübernahme zu erreichen, und hat dann ihren Kaskoversicherer mit dem gleichen Ziel in Anspruch genommen. Die weiteren Ausführungen der Beklagten zum Fehlen einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung bewegen sich im Bereich der Spekulation. Es sind insbesondere keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Klägerin ein anderes Fahrzeug zur Verfügung stand und schon von daher eine fühlbare Nutzungsbeeinträchtigung nicht bestand (Zu dieser Fallkonstellation vgl. BGH NZV 2012, S. 223; Knerr, a. a. O., Rn. 97).

Hinsichtlich der Bemessung des für die Nutzungsentschädigung zu berücksichtigenden Zeitraums ist dem Geschädigten zunächst ein Ersatz für die Zeit der Schadensbegutachtung zuzubilligen (Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 43, 37). Weiterhin ist dem Geschädigten je nach Ausmaß des Schadens regelmäßig eine gewisse Zeit für die Wahl zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung zuzugestehen (OLG Köln SchadPrax 2007, S. 13; Grabenhorst in Himmelreich/Halm, Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kapitel 5, Rn. 17). Im Übrigen muss sich der Geschädigte um eine zügige Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung bemühen (BGH NJW 1986, S. 2945; NJW 1974, S. 160; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37). Er darf daher grundsätzlich nicht die Übernahmebestätigung durch den Haftpflichtversicherer der Gegenseite abwarten (KG VersR 2004, S. 78; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37, 22). Ist der Geschädigte aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Durchführung der Reparatur oder Ersatzbeschaffung zu veranlassen, so hat er dies dem Schädiger bzw. dessen Versicherer anzuzeigen und einen Vorschuss bzw. eine Reparaturkostenübernahmeerklärung einzufordern (KG NZV 2010, S.209; OLG Nürnberg, DAR 1981, S. 14; LG Frankfurt a. M. NJW-RR 1992, S. 1183; Knerr, a. a. O., Rn. 98). Unterlässt er eine entsprechende Anzeige gegenüber den Unfallgegnern, so verstößt der Geschädigte gegen seine Schadensminderungsobliegenheit (KG, a. a. O.; LG Frankfurt a. M., a. a. O.; Knerr, a. a. O.). Details zu seinen Vermögensverhältnissen muss der Geschädigte bei der Information des Gegners über das Fehlen der finanziellen Möglichkeiten zu Durchführung der Reparatur nicht mitteilen; es obliegt vielmehr der Schädigerseite hierzu gegebenenfalls entsprechende Nachweise anzufordern (OLG Dresden Urteil vom 30.06.2010, Az. 7 U 313/10, veröffentlicht in juris). Auch eine Kreditaufnahme kann von einem Geschädigten nur dann verlangt werden, wenn er sich die hierzu erforderlichen Mittel leicht beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (OLG Celle RuS 2018, S. 616; OLG Naumburg, Urteil vom 15.06.2017, Az. 9 U 3/17, veröffentlicht in juris, und NZV 2005, S. 198; OLG Saarbrücken NZV 1990, S. 388; OLG Düsseldorf, OLG Report 1997, S. 107). Dabei hat im Rechtsstreit der Geschädigte darzulegen, inwiefern er nicht in der Lage war, einen Kredit zu erhalten (OLG Naumburg, a. a. O.; OLG Düsseldorf, a. a. O; VersR 1998, S. 911; so auch der Senat im Urteil vom 30.08.2007, Az. 12 U 60/07, veröffentlicht in juris). Beweisbelastet für einen entsprechenden Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit des Geschädigten ist dann indes der Schädiger (vgl. die Entscheidung des Senats vom 30.08.2007, a. a. O.).

Wie ebenfalls bereits in der Terminsverfügung ausgeführt war danach eine Nutzungsausfallentschädigung für den gesamten Zeitraum vom Tag des Unfalls bis zur Beendigung der Reparaturarbeiten am 11.12.2017 zuzusprechen. Lediglich für den weiteren Zeitraum bis zum 18.12.2017 kann die Klägerin eine Nutzungsausfallentschädigung nicht verlangen. Nicht nachvollziehbar ist dem Senat, warum das Fahrzeug nicht bereits am Tag der Beendigung der Reparatur von der Werkstatt abgeholt wurde. Unschädlich ist, dass die Klägerin den Reparaturauftrag nicht unmittelbar nach Eingang des Schadensgutachtens des Dipl.-Ing. W… vom 31.08.2017 erteilt hat. Zwar war sie grundsätzlich nicht berechtigt vor Auslösung des Reparaturauftrages eine Reparaturkostenübernahmebestätigung der Beklagten abzuwarten. Die Klägerin hat indes substantiiert vorgetragen, dass ihr aus eigenen Mitteln eine Finanzierung der Reparaturkosten, die der Sachverständige in dem ersten Gutachten mit knapp 14.000,00 € veranschlagt hat, nicht möglich war. Dies hat sie der Beklagten auch unstreitig bereits mit Schreiben vom 05.09.2017 angezeigt und den entsprechenden Hinweis in ihren Schreiben vom 14.09. und 04.10.2017 wiederholt. Ohne Auswirkung bleibt insoweit, dass die Klägerin nach Eingang des Schadensgutachtens am 31.08.2017 mehrere Tage abgewartet hat, bevor Sie an die Beklagte herangetreten ist. Angesichts der Schadenshöhe war ihr dieser Zeitraum für eine Entscheidung über das weitere Vorgehen zuzubilligen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich bei einer früheren Anzeige der fehlenden Mittel zur eigenständigen Beauftragung der Reparatur veranlasst gesehen hätte, die Reparaturkosten zu übernehmen. Vielmehr hat die Beklagte eine Reparaturkostenübernahme zu keinem Zeitpunkt erklärt.




Entgegen der Auffassung des Landgerichtes war es auch nicht erforderlich, dass die Klägerin ihre finanziellen Verhältnisse gegenüber der Beklagten vorgerichtlich von sich aus offenlegte. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beklagten im Schriftsatz vom 12.02.2020 angeführten Entscheidung des Kammergerichts vom 24.10.2019 zum Az. 12 22 U 76/18. Die dort aufgeführten Anforderungen entsprechen vielmehr den vorgenannten Voraussetzungen einer Nutzungsentschädigung und sind von der Klägerin erfüllt worden. So hat die Klägerin in erster Instanz substantiiert vorgetragen, dass ihr aus eigenen Mitteln eine Finanzierung der Reparaturkosten nicht möglich gewesen ist. Sie hat diesbezüglich sowohl ihre Einkünfte als auch ihre Bankguthaben, die Einkünfte und Bankguthaben ihres Ehemannes, des Klägers zu 2., sowie bestehende Verbindlichkeiten, insbesondere aus der Finanzierung eines Hauskaufes, offengelegt. Nicht hinreichend war danach das Bestreiten der finanziellen Verhältnisse der Klägerin mit Nichtwissen seitens der Beklagten. Wie ausgeführt hat die Beklagte den Nachweis zu führen, dass die Klägerin gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit verstoßen hat, weil sie einen Kredit zur Finanzierung der Reparaturarbeiten nicht aufgenommen hat. Die Beklagte hätte daher darlegen und beweisen müssen, dass es der Klägerin unter den aufgezeigten Bedingungen und unter Berücksichtigung der anfallenden Reparaturkosten von knapp 14.000,00 € gleichwohl möglich gewesen wäre, im zumutbaren Rahmen eine Kreditaufnahme zu finanzieren.

Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, dass der Klägerin ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit nicht deshalb vorzuwerfen ist, weil sie nicht sofort ihren Kaskoversicherer in Anspruch genommen hat. Dabei neigt der Senat der Auffassung zu, dass vom Geschädigten bereits grundsätzlich nicht verlangt werden kann, seinen Vollkaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, denn Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers (so auch OLG Celle, a. a. O.; OLG Naumburg, Urteil vom 15.6.2017, a. a. O.; Kuhnert in Haus/Krumm/Quarch, Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB, Rn. 182 a. a. A. OLG Naumburg NZV 2005, a. a. O.). Jedenfalls kann vom Geschädigten nicht verlangt werden, dass er bei einer eindeutigen Haftungsverteilung wie im vorliegenden Fall eines Auffahrunfalles, in dem von Schädigerseite auch keine Einwendungen gegen eine Einstandspflicht dem Grunde nach erhoben werden, parallel zur Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherung der Gegenseite bereits an seinen Kaskoversicherer herantritt. Vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist auch, dass die Klägerin zunächst durch ihren Prozessbevollmächtigten die Anforderung einer Reparaturkostenübernahmebestätigung zweimal wiederholen ließ, da eine Ablehnung der Übernahme durch die Beklagte nicht erfolgt war und auch nicht absehbar war, dass diese von der Beklagten verweigert werden würde. Unerheblich ist insoweit auch der von der Beklagten dargestellte Streit mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wegen der von der Beklagten geforderten Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich des Schadensumfangs. Allein aus den bestehenden Meinungsverschiedenheiten ist nicht abzuleiten, dass eine Reparaturkostenübernahme generell verweigert werden würde. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass schließlich der Reparaturauftrag gleichwohl von Seiten der Klägerin erteilt worden sei. Diesbezüglich hat die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die Auslösung des Reparaturauftrages erst erfolgte, nachdem der erstmals am 18.10.2017 kontaktierte Kaskoversicherer eine Deckungszusage hinsichtlich der Reparaturkosten abgegeben hatte. Ohne Erfolg verweist die Beklagte ferner darauf, dass die Klägerin gegenüber dem Leasinggeber zur Instandsetzung des Fahrzeuges verpflichtet gewesen sei und sie, die Beklagte, deshalb darauf habe vertrauen dürfen, die Reparatur werde von der Klägerin zeitnah veranlasst werden. Wie ausgeführt folgt aus den Schreiben der Klägerin vom 05. und 14.09. sowie 04.10.2017 gerade, dass eine Finanzierung der Reparaturkosten der Klägerin nicht ohne weiteres möglich war und sich ohne Erklärung der Reparaturkostenübernahme eine Verzögerung ergeben würde. Unerheblich ist schließlich der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe die Reparaturkosten letztlich zweimal erhalten. Die Klägerin hat vielmehr durch Vorlage des Schreibens ihres Kaskoversicherers vom 11.06.2018 belegt, dass die beauftragte Werkstatt den ihr überwiesenen Reparaturkostenanteil des Kaskoversicherers zurückerstattet hat.


Eine Kürzung der Nutzungsausfallentschädigung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich die Reparaturarbeiten über einen längeren Zeitraum, als vom Schadensgutachter Dipl.-Ing. W… veranschlagt, hinzogen. Eine Verzögerung der Reparatur durch die beauftragte Werkstatt oder wegen der Dauer der Ersatzteilbeschaffung geht grundsätzlich zu Lasten des Schädigers (BGH VersR 1975, S. 184; OLG Saarbrücken, MDR 2012, S. 581; OLG Stuttgart NZV 2004, S. 96; Urteil vom 28.02.2012, Az. 4 U 112/11; zitiert nach juris; OLG Köln VRS 96, S. 325; Knerr, a. a. O., 3. Kap., Rn. 14; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 22; Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, Rn. 39, Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 9. Aufl., Rn. 76). Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn dem Geschädigten - etwa bei der Auswahl der Werkstatt oder bei der Überwachung des Reparaturbetriebes - ein Verstoß gegen seine Schadensminderungsobliegenheit vorzuwerfen ist (OLG Saarbrücken, a. a. O.; OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Köln, a. a. O.). Ist es danach zu einer Verzögerung der Reparaturarbeiten in der von der Klägerin beauftragten Werkstatt gekommen, weil nach der Zerlegung des Fahrzeuges weitere Schäden festgestellt wurden, so ist die Verlängerung des Reparaturzeitraums nicht der Klägerin anzulasten.

Zinsen auf die Nutzungsentschädigung kann die Klägerin aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2018 verlangen.

Wie wiederum bereits in der Terminsverfügung ausgeführt besteht der von der Klägerin für die Leasinggeberin in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemachte Schadensersatzanspruch hinsichtlich der mit der Reparaturrechnung vom 19.12.2017 abgerechneten Leistungen i. H. v. 288,65 € aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1 StVO, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG nicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist allerdings nicht bereits die Aktivlegitimation der Klägerin zu verneinen. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin bzw. der Leasinggeberin ist nicht wegen der zwischenzeitlich erfolgten Zahlung des Kaskoversicherers der Klägerin auf die Reparaturkostenrechnungen der A… GmbH vom 18. und 19.12.2017 auf den Vollkaskoversicherer übergegangen. Ausweislich des Abrechnungsschreibens des Kaskoversicherers vom 27.03.2018 hat dieser im Hinblick auf die Selbstbeteiligung der Klägerin von 300,00 € nämlich lediglich eine Zahlung von 17.737,76 € auf die beiden Rechnungen geleistet. Da eine Leistungsbestimmung dahingehend, wie diese Zahlung auf die beiden Rechnungen zu verteilen ist, nicht erfolgt ist, ist die Anrechnung gemäß § 366 Abs. 2 BGB in der Weise vorzunehmen, dass sie zunächst auf die ältere Schuld, mithin auf die in der Rechnung vom 18.12.2017 aufgeführten Leistungen erfolgt ist. Die in der Berufungsinstanz streitige Rechnung vom 19.12.2017 ist dementsprechend durch die Zahlung des Kaskoversicherers nicht getilgt worden, so dass schon deshalb ein Forderungsübergang hinsichtlich der diesbezüglichen Schadensansprüche nicht erfolgt ist. Der Senat vermag allerdings auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht festzustellen, dass auch die Schäden an der Kennzeichenleuchte des Fahrzeuges auf den Unfall vom 29.08.2017 zurückzuführen sind. Zwar spricht die Lage des Schadens im Anstoßbereich des Vorunfalles für eine Unfallkausalität. Auch wäre die Kausalität nicht dadurch unterbrochen, dass der Schaden erst durch eine unsachgemäße Reparaturarbeit der beauftragten Werkstatt herbeigeführt worden ist oder von dieser bei der Erstreparatur nicht erkannt worden ist und diesbezüglich gegebenenfalls auch Gewährleistungsansprüche gegen das beauftragte Autohaus bestünden. Die Beklagte verweist allerdings zutreffend darauf, dass sich aus den in den Rechnungen aufgeführten Kilometerständen ergibt, dass das Fahrzeug nach der Erstreparatur rund 500 km gefahren ist, ohne dass weitere Vortrag der Klägerin dazu erfolgt ist, dass der Schaden nicht im Rahmen der weiteren Benutzung des Fahrzeuges verursacht worden ist.



3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne dass der Senat von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Auch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat begründen eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Falles vor diesem Hintergrund nicht.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.188,65 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 GKG.

Wert der Beschwer für die Klägerin zu 1.: 701,65 €,

Wert der Beschwer für die Beklagte: 5.187,00 €.

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