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Oberlandesgericht München Urteil vom 24.03.2021 - 10 U 6761/19 - Erstattungsfähigkeit von Beilackierungskosten und Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei fiktiver Schadenabrechnung

OLG München v. 24.03.2021: Erstattungsfähigkeit von Beilackierungskosten und Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei fiktiver Schadenabrechnung




Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 24.03.2021 - 10 U 6761/19) hat entschieden:

  1.  Bei der Ermittlung des Kausalzusammenhangs zwischen der Rechtsgutverletzung und dem eingetretenen Schaden ist der Tatrichter nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO unterliegt; vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 I 1 ZPO freier gestellt: Zwar kann er auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist; im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt – hier genügt je nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende (höhere oder deutlich höhere) Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung.

  2.  Weist ein Fahrzeug als Besonderheit eine Metalliclackierung mit Brillanteffekt auf, ist eine Beilackierung üblicherweise zwingend erforderlich.

  3.  Dem Geschädigten steht - auch bei fiktiver Abrechnung - regelmäßig neben der kalkulierten Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer eine Nutzungsausfallsentschädigung auch für den Zeitraum zu, der bis zur Vorlage des Gutachtens vergangen ist; ebenso hat er danach noch Anspruch auf Ausgleich eines eingetretenen Nutzungsausfalls für die Dauer einer angemessenen Überlegungsfrist.


Siehe auch
Kosten der Beilackierung - Umlackierung
und
Nutzungsausfall - Ausfallschaden - entgangene Gebrauchsvorteile


Gründe:


A.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 544 II Nr. 1 ZPO).

B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Das Erstgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz dem Grunde nach bejaht und rechtsfehlerfrei eine Haftungsquote von 100% zu Lasten der Beklagten angenommen. Der Senat hält die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts für zutreffend, so dass die Berufung der Beklagten bezüglich ihrer Einwendungen gegen den Anspruch dem Grunde nach und der seitens des Erstgerichts zugrunde gelegten Haftungsquote keinen Erfolg hat.

Demgegenüber hat die Berufung der Beklagten bezüglich der Einwendungen hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes teilweise Erfolg.

Die Anschlussberufung der Klägerin, die sich gegen die Klageabweisung des Ersturteils hinsichtlich der geltend gemachten UPE-Aufschläge wendet, hat ebenfalls keinen Erfolg.

Ergänzend ist insoweit Folgendes auszuführen:

1. Die Angriffe der Beklagten gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils gehen allesamt fehl.

a) Der Senat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, weil keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden.

Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. BGH VersR 2005, 945; Senat, Urt. v. 9.10.2009 - 10 U 2965/09 [juris] und v. 21.6.2013 - 10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]; Senat, a. a. O.); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH, a. a. O.; Senat, a. a. O.).




b) Ein solcher konkreter Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ist von der Berufung der Beklagten nicht überzeugend vorgetragen worden.

Die Beklagten rügen mit ihrer Berufung eine unzureichende Beweiserhebung, da der Beklagte zu 2) durch das Erstgericht nicht angehört wurde.

Grundsätzlich sind sämtliche unfallbeteiligten Parteien gemäß §§ 137 IV, 141 I 1 ZPO anzuhören (vgl. Senat, NJW 2011, 3729), vor allem wenn der Unfallhergang nicht im Wege des Sachverständigenbeweises aufklärbar ist und auch keine Augenzeugen vorhanden sind (vgl. so auch OLG Saarbrücken NZV 2011, 612).

Auch wenn dem Beklagten zu 2) eine schuldhafte Versäumung des Nichterscheinens nicht vorgeworfen werden soll, haben die Beklagten nicht dargelegt, welche das Ergebnis beeinflussenden neuen Erkenntnisse sich aus einer Einvernahme des Beklagten zu 2) ergeben sollten, weshalb ein Verstoß gegen das Recht der Beklagten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG (vgl. Berufungsbegründung S. 2 = Bl. 95 d.A.) nicht ersichtlich ist.

Die Beklagten wiederholten in der Berufungsbegründung lediglich ihren erstinstanzlichen Sachvortrag, wobei sie diesen unter das Zeugnis der Angaben des Beklagten zu 2) stellten, im Übrigen wird die Erholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens beantragt:

   "Die Klägerin steuerte ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 30 km/h, verringerte diese dann etwas und kollidierte mit dem Beklagtenfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h. Bei einer Geschwindigkeit bspw. von 10 km/h hätte sie problemlos die Kollision vermeiden können."

Bei der Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei zunächst mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h gefahren, handelt es sich um eine bloße unbeachtliche Vermutung. Es gibt insoweit keine objektivierbaren Spuren, die eine belastbare Ermittlung der Ausgangsgeschwindigkeit ermöglichen würde. Gleiches gilt für die Behauptung, der Unfall sei für die Klägerin bei einer Geschwindigkeit von 10 km/h vermeidbar gewesen. Da keine objektivierbaren Erkenntnisse vorliegen, in welcher Entfernung das klägerische Fahrzeug sich befand, als der Beklagte zu 2) begonnen hat, rückwärts herauszufahren, kann auch die Frage einer Vermeidbarkeit bei einer bestimmten Geschwindigkeit nicht berechnet werden. Allein die Frage der Ermittlung der Kollisionsgeschwindigkeit bei beiden Fahrzeugen steht im Raum. Aber auch insoweit bedarf es nicht der Erholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens. Denn die Beklagten übersehen, dass nicht grundsätzlich auf jedem Parkplatz und hinsichtlich aller dortigen Flächen immer Schrittgeschwindigkeit einzuhalten wäre (vgl. hierzu König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 8 StVO Rd. 31a m.w.N.).

Auf Grund der örtlichen Lage, die dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, handelt es sich bei dem von der Klägerin benutzten Straßenteil baulich um einen auf einem öffentlich zugänglichen Privatgelände gelegenen Zubringer zu mehreren angeschlossenen Gebäuden, von dem fortlaufend auf der rechten Seite Parktaschen, auf der linken Seite jedoch Gebäudeeingänge, eine Tiefgarageneinfahrt und im hinteren Teil vor dem Schuhhof gesonderte markierte Parkplätze ausgewiesen sind.




Zurecht ist das Erstgericht daher davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall selbst bei Unterstellung des Vortrags der Beklagten in rechtlicher Hinsicht das Verschulden des Beklagten zu 2) so überwiegt, dass selbst eine Haftung der Klägerin aus Betriebsgefahr zurückzutreten hat. Denn wenn man unterstellt, dass die Klägerin mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h herangefahren ist, was angesichts der oben beschriebenen örtlichen Verhältnisse noch nicht als überhöht anzusehen ist, weil an der Unfallstelle nicht wie bei einem "normalen" Parkplatz mit von allen Seiten rangierenden Fahrzeugen zu rechnen ist (an der Unfallstelle stellt sich die Situation auch nicht anders dar, als wenn in einer Anwohner straße mit Schrägparkplätzen auf einer Seite und Längsparkplätzen auf der anderen Seite ein Fahrer versucht, rückwärts auszuparken), durfte der Beklagte zu 2) nicht davon ausgehen, dass die herannahende Klägerin kein Hindernis darstellt. Insoweit sind hier im Rahmen des § 1 II StVO die Wertungen des § 9 V StVO heranzuziehen (vgl. König a.a.O.) mit der Folge, dass hier ausnahmsweise der Ausparkende allein haftet. Zu Recht hat bereits das Erstgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagten nicht gleichzeitig behaupten können, die Klägerin sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, der Beklagte zu 2) aber glauben hätte dürfen, trotzdem herauszufahren. Nicht einmal nach dem Vortrag der Beklagten gibt es eine objektivierbare berechtigte Annahme, die Klägerin hätte mit 20 km/h vor dem Beklagten zu 2) in eine Parktasche hineinfahren wollen. Eine behauptete Verständigung mit der Klägerin, die bestritten war, und der gleichzeitige Vorwurf überhöhter Geschwindigkeit (vgl. Bl. 17 und 18 d.A.) ist nicht in Deckung zu bringen und daher zu Recht als nicht nachvollziehbar anzusehen.

c) Soweit die Beklagten zur Höhe der Klageforderung die Verwertung der Aussage des einvernommenen Zeugen R. A. zu Fragen in Zusammenhang mit den geltend gemachten Nutzungsausfall als unzulässige Verwertung von Angaben im Rahmen eines Ausforschungsbeweises rügen, kann dies ihrer Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Eine Berufung kann nicht damit begründet werden, das Erstgericht habe Ergebnisse einer Beweisaufnahme verwertet, die nach dem Sach- und Streitstand nicht erforderlich gewesen war (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.06.2010, Az. 12 U 40/10, zitiert nach Juris). Auch im Falle eines prozessual unzulässigen, aber erstinstanzlich durchgeführten Ausforschungsbeweises wäre das Berufungsgericht im Rahmen des § 529 ZPO an die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts gebunden, da die Voraussetzungen für ein Beweisverwertungsverbot nicht vorliegen (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 01.08.2011, Az. 7 Sa 1878 /10, zitiert nach [juris]; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015 - I-21 U 137/14= BauR 2017, 1073ff.).

Ein Beweisergebnis ist nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde. Die Beweisverwertung ist immer nur dann verboten, wenn die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht einer Partei verletzt, ohne dass dies zur Gewährleistung eines im Rahmen der Güterabwägung als höherwertig einzuschätzenden Interesses der anderen Partei oder eines anderen Rechtsträgers nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH NJW 2006, 1657,1659). Etwas anderes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften die Güte des Beweisergebnisses beeinträchtigen kann (BGH a. a. O.). Dies ist hier nicht der Fall. Der gerügte Verfahrensfehler betrifft allein die Anordnung der Beweisaufnahme, nicht aber die Art und Weise ihrer Durchführung. Ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht der Beklagten, das durch die Vernehmung des Zeugen verletzt werden könnte, ist nicht ersichtlich.




Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Das Erstgericht hat nach Einvernahme des Zeugen R. A. mit den Parteien das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme erörtert. Beide Parteivertreter erhielten dabei die Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Beklagtenvertreter hat weder zuvor im Rahmen der Einvernahme des Zeugen noch spätestens bei der Erörterung die nach seiner Meinung unzulässige Ausforschung gerügt. Der jetzt in der Berufungsbegründung der Beklagten vom 20.01.2020 erhobene Einwand eines unzulässigen Ausforschungsbeweises kann bei dieser Sachlage dann in der Berufungsinstanz nach §§ 534 iVm § 295 I ZPO nicht nachgeholt werden.

2. Die Berufung der Beklagten hat jedoch bezüglich der Einwendungen hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes teilweise Erfolg:

a) In der Berufungsinstanz unstreitig gestellte Schadenspositionen Die Parteien stellten in der Berufungsinstanz mit Schriftsätzen vom 22.09.2020 und vom 06.10.2020 die Schadenspositionen "Kondensator", "Wasserkühler" und "Prüfungs- und Einstellarbeiten" in Höhe von 50% der jeweils geltenden gemachten Beträge und damit in Höhe von 15,93 €, 13,99 € sowie 41,98 € unstreitig.

b) Schadensposition "Beilackierung"

Rechtsfehlerfrei hat das Erstgericht den Anspruch der Klägerin hinsichtlich der Schadensposition Beilackierung in Höhe von 480,90 € bejaht. Die hiergegen gerete Berufung der Beklagten hat demzufolge keinen Erfolg.

Hierbei ist zu beachten, dass bei der Ermittlung des Kausalzusammenhangs zwischen dem unstrittigen oder bewiesenen Haftungsgrund (Rechtsgutverletzung) und dem eingetretenen Schaden der Tatrichter nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO unterliegt; vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 I 1 ZPO freier gestellt: Zwar kann er auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist; im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt - hier genügt je nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende (höhere oder deutlich höhere) Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (BGHZ 4, 192 [196]; BGH NJW-RR 2005, 897; Senat NZV 2006, 261 [262], Urt. v. 25.6.2010 - 10 U 1847/10 [juris]; OLG Schleswig NZV 2007, 203 [204]). § 287 I 1 ZPO entbindet aber nicht vollständig von der grundsätzlichen Beweislastverteilung und erlaubt es nicht, zugunsten des Beweispflichtigen einen bestimmten Schadensverlauf zu bejahen, wenn nach den festgestellten Einzeltatsachen "alles offen" bleibt oder sich gar eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil ergibt (so BGH VersR 1970, 924 [927]; Senat NZV 2006, 261; r+s 2006, 474; v. 21.5.2010 - 10 U 2853/06 [juris Rz. 123]).

Das Erstgericht hat zwar zu der Schadensposition "Beilackierung" nicht das angebotene Sachverständigengutachten erholt. Allerdings macht dies, auch wenn das Erstgericht seine eigene Sachkunde nicht dargelegt hat, die Nichterhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises nicht ohne weiteres ermessensfehlerhaft (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 32. A. 2018, § 287 ZPO, Rn. 6), da vom Erstgericht bei streitigen Schadenspositionen nur detaillierte Einwände einer Partei unter Beweisantritt zu berücksichtigen sind.




Vorliegend ist zu beachten, dass die Beilackierung zwar nicht der unmittelbaren Beseitigung des Unfallschadens dient. Sie ist jedoch dann zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlich, wenn auch aufgrund der teilweisen Neulackierung von beschädigten Teilen eine Farbangleichung von nicht durch den Schaden selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen notwendig wird. Die Erstattungsfähigkeit von Beilackierungskosten im Falle einer, wie vorliegend fiktiven Abrechnung ist zwar umstritten (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017, 26 U 72/16; LG Hamburg, Urt. v. 25.03.2014, 323 S 78/13; LG Köln, Urt. v. 10.05.2016, 11 S 360/15; Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts). Allerdings kann bei der Beantwortung der Frage, inwieweit die Kosten für eine Beilackierung auch im Falle einer fiktiven Abrechnung erstattungsfähig sind, auf die Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von sog. UPE-Aufschlägen bei fiktiver Abrechnung zurückgegriffen werden.(vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18 -, [juris]). Nach ganz überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, entscheidet sich demnach die Frage der entsprechenden Ersatzfähigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten (vgl. auch Richter in Himmelreich/Halm, HdbFa Verkehrsrecht, 6. Aufl., Kap. 4 Rn. 280 f.). Danach darf der Geschädigte, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Beilackierungskosten sind demnach an sich nur dann erstattungsfähig, wenn besondere Maßnahmen sich bei der Lackierung als tatsächlich notwendig erweisen (OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017, 26 U 72/16). Weist das Fahrzeug jedoch - wie hier - als Besonderheit eine Metalliclackierung und hier mit der weiteren Besonderheit einer Metalliclackierung mit Brillanteffekt auf, ist eine Beilackierung üblicherweise zwingend erforderlich (so auch LG Aachen, Urt. v. 13.09.2017, 8 O 451/16; AG Fulda, Urt. v. 29.09.2016, 32 C 214/15). Was die ungewisse, jedoch durchaus wahrscheinliche Beilackierung der Türe angeht, tragen, wie das Erstgericht zutreffend unter Verweis auf die Entscheidung des LG Memmingen festgestellt hat, grundsätzlich die Beklagten das Prognoserisiko. Auch im hier zur Entscheidung stehenden Fall hat die Klägerin durch Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen des Sachverständigen P., welcher die Notwendigkeit einer Beilackierung festgestellt hat, selbige hinreichend substantiiert dargetan.

c) Verweisung auf Referenzwerkstatt

Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Erstgericht einen Abzug aufgrund des Verweises der Beklagten auf eine Referenzwerkstatt in Höhe von 515,60 € verneint. Somit hat auch die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO berufen (vgl. Berufungsbegründung S. 6 = Bl. 99 d.A.). Vom Senat wird nicht übersehen, dass gerichtliche Hinweispflichten der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen dienen und den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör konkretisieren (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 116/16 -, [juris]). Die Berufungsbegründung enthält hier schon keinerlei Ausführungen dazu, was die Beklagten im Falle eines Hinweises ergänzend hierzu vorgetragen hätten. Die Beklagten hätten wenigstens in groben Zügen vortragen müssen, welche für sie günstigen Ergebnisse ein richterlicher Hinweis erbracht hätte. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nicht nur die Rechtsverletzung, sondern auch deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergebe (BGH, Urt. v. 30.1.2013 - III ZB 49/12 [IBRRS 2013, 1974]; NJW 2003, 2532; NJW 2009, 442; NJW 2012, 3581).


Soweit sich das Erstgericht durch mehrere Routenplaner im Internet Hinweise zu der Entfernung zwischen Wohnort der Klägerin und der benannten Fachwerkstätte verschafft hat, handelt es sich hierbei um eine allgemein gebräuchliche und gut nachvollziehbare Vorgehensweise im Rahmen von § 287 ZPO, welche auch dem Senat als hinreichend zuverlässig bekannt ist (vgl. zum Einsatz von Routenplanern: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08. Januar 2019 - I-24 U 84/18 -, [juris], Rn. 36). Das Erstgericht hat sich auf S. 17 des Endurteils auch ausführlich mit dem Fahrweg zu Fachwerkstätten auseinandergesetzt. Die insgesamt vorgenommene Würdigung, wonach die benannte Fachwerkstatt für die Klägerin nicht mühelos zu erreichen ist, ist folglich nicht zu beanstanden.

d) Schadensposition UPE-Aufschläge

Im Ergebnis zutreffend hat das Erstgericht den Anspruch der Klägerin auf UPE-Aufschläge in Höhe von 610,30 € verneint, so dass die Anschlussberufung der Klägerin keinen Erfolg hat.

Der Senat ist aufgrund der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Klägerin vorliegend keine UPE-Aufschläge beanspruchen kann. Entsprechend der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen R. in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 (Bl. 179 f. d:A.), dessen hervorragende Sachkunde dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist, geht der Senat davon aus, dass die überwiegende Anzahl der markengebundenen BMW-Fachwerkstätten in München, die sich innerhalb eines Radius von 20 km um den Wohnort der Klägerin befinden und damit für die Klägerin problemlos erreichbar sind, keine UPE-Aufschläge berechnen. Im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB kann die Klägerin folglich im Rahmen der fiktiven Abrechnung die von ihr geltend gemachten UPE-Aufschläge nicht beanspruchen.

e) Unter Berücksichtigung der vorstehend unter a) - d) dargestellten Schadenspositionen kann die Klägerin folglich Zahlung an die B. Bank in Höhe von 7.191,37 € gemäß folgender Berechnung beanspruchen:

   [folgt eine für die laufende Wiedergabe im Smartphone zu breite Abbildjng, die durch Anklicken in einem neuen Tab geöffnet wird]

f) Nutzungsausfallentschädigung
Soweit die Berufung der Beklagten sich gegen die seitens des Erstgerichts zugesprochene Nutzungsausfallentschädigung wendet, hat diese teilweise Erfolg. Rechtsfehlerhaft bejahte das Erstgericht den Anspruch der Klägerin auf Nutzungsausfallentschädigung über den gesamten seitens der Klägerin geltend gemachten Zeitraums. Unter Berücksichtigung der hierzu in zweiter Instanz ergänzend Beweisaufnahme ist der Senat jedoch der Überzeugung, dass die Klägerin nur für den Zeitraum vom 17.12.2018 bis zum 11.01.2019 Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von täglich 79,- € und damit in Höhe von insgesamt 1.975,- € (25 Tage x 79,- €) hat.

(1) Im Hinblick auf die Einwendungen der Beklagten gegen den vom Erstgericht zugesprochenen Nutzungsausfall gilt, dass der Geschädigte grundsätzlich für die Dauer, in welcher er sein Fahrzeug unfallbedingt nicht nutzen kann, einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung aus § 251 I BGB hat. Der unfallbedingte Ausfall eines privatgenutzten Kraftfahrzeuges stellt nach ständiger Rechtsprechung einen wirtschaftlichen Schaden dar, weil die ständige Verfügbarkeit eines solchen Kraftfahrzeuges als geldwerter Vorteil anzusehen ist (BGHZ 98, 212).

Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass Nutzungsausfallentschädigung auch bei fiktiver Schadensabrechnung für die Dauer einer fühlbaren Gebrauchsbeeinträchtigung des Geschädigten erstattet wird. Dies bedeutet, dass im Grundsatz hinsichtlich der Dauer der Nutzungsausfallentschädigung nur die Zeit für die Erstellung des Schadensgutachtens, unter Umständen eine anschließende angemessene Überlegungsfrist, ob der Schaden durch Reparatur ausgeglichen werden soll, sowie die notwendige Dauer der Reparatur zu berücksichtigen sind. Jedoch ist der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung auch bei fiktiver Abrechnung nicht in jedem Fall und zwangsläufig auf die in einem erholten Schadensgutachten ausgewiesene Wiederbeschaffungsdauer beschränkt (vgl. hierzu das klägerseits zitierte Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.05.2019, 1 U 115/18). Denn maßgeblich ist gemäß dem vorstehenden Urteil des OLG Düsseldorf, dass auch bei fiktiver Schadensabrechnung der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung selbst nicht fiktiv ist, sondern dem Ausgleich eines tatsächlich entstandenen fühlbaren Nutzungsausfalls dient. Folglich ist es dem Geschädigten - im Rahmen der Erforderlichkeit einerseits und der Verhältnismäßigkeit andererseits - auch bei fiktiver Abrechnung des Sachschadens unbenommen, dem Schädiger daneben alle Zeiträume in Rechnung zu stellen, die der eigentlichen Wiederbeschaffung bzw. Reparatur vorausgehen und binnen derer er unfallbedingt auf sein Fahrzeug verzichten musste. Somit steht dem Geschädigten regelmäßig neben der kalkulierten Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer eine Nutzungsausfallsentschädigung auch für den Zeitraum zu, der bis zur Vorlage des Gutachtens vergangen ist; ebenso hat er danach noch Anspruch auf Ausgleich eines eingetretenen Nutzungsausfalls für die Dauer einer angemessenen Überlegungsfrist.

Weiter ist zu beachten, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung über die gewöhnliche Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit hinaus im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB voraussetzt, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, ohne Erhalt der Entschädigung die Reparatur oder den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs vorrangig durch Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung (Senat, Hinweisverfügung nach § 522 II 1 ZPO vom 13.02.2007, 10 U 5484/06, - nicht veröffentlicht; Senat VersR 1984, 1054 = zfs 1984, 136; OLG Naumburg OLGR 2004, 390 = NJW 2004, 3191 = NZV 2005, 198 = DAR 2005, 158 = SP 2004, 235) oder hilfsweise durch Kreditaufnahme vorzufinanzieren (OLG Düsseldorf VersR 1998, 911 = SP 1998, 211; OLG Naumburg a.a.O.). Allerdings ist eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen, ausnahmsweise nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2002, II ZR 355/00, - [juris]).

Schließlich ist ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung jedoch dann nicht gegeben, wenn der Geschädigte ein Zweitfahrzeug nutzen kann. Aufgrund dessen muss der Geschädigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast (vgl. Beschluss des OLG München vom 10.07.2017, Az. 10 U 304/17) darlegen, ob und inwieweit ihr für den Zeitraum, für den er eine Nutzungsentschädigung beansprucht, ein Zweitfahrzeug zur Nutzung zur Verfügung gestanden ist.

(2) Unter Beachtung des vorstehenden rechtlichen Rahmens steht der Klägerin für den Zeitraum vom 17.12.2018 bis zum 11.01.2019 und damit für insgesamt 25 Tage eine Nutzungsausfallentschädigung zu.

Ausgangspunkt ist hierbei, dass die Klägerin entsprechend den nachvollziehbaren und damit glaubhaften Angaben des Zeugen R. A. unverzüglich und damit rechtzeitig nach dem streitgegenständlichen Unfall vom 17.12.2018 den Sachverständigen P. mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt hatte.

Der Senat geht weiter davon aus, dass der Klägerin das entsprechende Schadensgutachten gemäß den weiterhin nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des Zeugen R. A. sowie gemäß der insoweit inhaltlich übereinstimmenden Anlage BB2 durch E-Mail-Übersendung am 31.12.2018, 16:40 Uhr zur Verfügung gestanden ist. Dieser Zeitpunkt ist insbesondere aufgrund der dazwischen liegenden Weihnachtsfeiertage, an denen üblicherweise auch ein Sachverständiger nicht arbeitet, nachvollziehbar und glaubhaft. Auch aus den Gesichtspunkten, dass sowohl das Schadensgutachten als auch die dazugehörige Rechnung des Sachverständigen P. jeweils auf den 22.12.2018 datieren, lassen nicht auf einen früheren Zugangszeitpunkt schließen. Denn die Datierung von einem Dokument sagt nichts darüber aus, wann das Dokument in den Postauslauf gegeben wurde und dem Empfänger anschließend zugegangen ist.

Daran anschließend ist der Klägerin eine angemessene Überlegungsfrist von 3 Tagen zuzubilligen, so dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung dessen, dass sie das Gutachten am 31.12.2018 erst um 16:40 Uhr erhalten hatte, bis zum Ablauf des 03.01.2019 angemessene Zeit für die Klärung der Frage, ob der Schaden durch Reparatur ausgeglichen werden soll, hatte.

Schließlich sind entsprechend dem als Anlage K 4 vorgelegten Nachtragsgutachten vom 23.01.2019 insgesamt 8 Tage Reparaturdauer (6 Arbeitstage zzgl. 1 Wochenende) und damit ein Zeitraum bis einschließlich dem 11.01.2019 hinsichtlich des Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung zugrunde zu legen.

(3) Soweit die Klägerin insbesondere unter Verweis auf das vorgenannte Urteil des OLG Düsseldorf der Ansicht ist, über den 11.01.2019 hinausgehend Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu haben, werden die rechtlichen Voraussetzung hierfür verkannt.

Zunächst ist es zutreffend, dass die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet gewesen wäre, ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Denn nach Auffassung des Senats besteht, sofern eine volle Haftung der Gegenseite nicht als gänzlich abwegig erscheint, in der Regel keine Obliegenheit des Geschädigten, aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht seine Vollkaskoversicherung zum Zwecke der Schadensregulierung in Anspruch zu nehmen. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des OLG Düsseldorf (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2007 - I-1 U 52/07 BeckRS 2007, 18614):

   "Entscheidender Gesichtspunkt ist die Frage der Zumutbarkeit. Der Versicherungsnehmer einer Vollkaskoversicherung erkauft sich den Versicherungsschutz für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch Dritte zu ersetzender Schaden verbleibt. Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Dementsprechend gilt im Rahmen der Vorteilsausgleichung allgemein der Grundsatz, dass Versicherungsleistungen an den Geschädigten den Schädiger nicht entlasten. Dieser allgemeine Rechtsgedanke ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen. Zudem stünde dem Geschädigten auf jeden Fall der Ersatz des Rabattverlustes in der Kaskoversicherung zu, was das OLG Naumburg auch nicht verkennt. Dabei ist aber im Rahmen der Zumutbarkeit zu beachten, dass der Ersatz dieses Rabattverlustes durchaus nicht unproblematisch ist. So ist ein vom Schädiger zu ersetzender Rabattverlust durch Rückstufung in der Fahrzeugvollkaskoversicherung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH für die Zukunft regelmäßig nur mit der Feststellungsklage prozessual durchsetzbar, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen des Geschädigten nachteilig auswirken wird (BGH NJW 1992, 1035). Der Geschädigte müsste also selbst in den Fällen, in denen die gegnerische Haftpflichtversicherung ihre Ersatzpflicht hinsichtlich des Rabattverlustes nicht bestreitet und es demnach gar nicht zu einem Feststellungsprozess kommt, diesen Schaden Jahr für Jahr aufs Neue berechnen, hierzu vorher mit der eigenen Kaskoversicherung korrespondieren und den Schaden jeweils geltend machen. Eine endgültige Abwicklung des Ursprungschadens würde so hinausgezögert. Nicht zu begründen ist es auch, dass der Geschädigte nach Auffassung des OLG Naumburg auch verpflichtet sein soll, noch vor der Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung Berechnungen darüber anzustellen, ob der durch Zeitablauf drohende Schaden größer sein wird als der durch Verlust des Schadensfreiheitsrabatts. Da der Geschädigte seinen drohenden Rabattverlust nach der oben genannten Rechtsprechung des BGH mit der erforderlichen Sicherheit für die Zukunft gar nicht oder nur mit Schwierigkeiten konkret berechnen kann, wäre der Geschädigte dem Risiko ausgesetzt, sich vom Schädiger eine Fehleinschätzung vorhalten zu lassen. Einen Grund dafür, den Geschädigten - auch bei anwaltlicher Beratung - mit solchen Unsicherheiten zusätzlich zu belasten, vermag der Senat nicht zu erkennen."

Auf den Gesichtspunkt der Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung kommt es jedoch vorliegend nicht an. Denn der eigene Sachvortrag der Klägerin auf den Hinweis des Senats mit Verfügung vom 24.03.2020 zeigt deutlich, dass die Klägerin im Widerspruch zu den Ausführungen in dem Anwaltsschriftsatz vom 22.01.2019 (Anlage K 1) sehr wohl über die finanziellen Mitteln verfügt haben muss, um ihr Fahrzeug im Wege einer Notreparatur bzw. einer Reparatur in Eigenregie zumindest wieder fahrtauglich und verkehrssicher zu machen.

Mit Verfügung vom 24.03.2018 (vgl. Bl. 108 d.A.) wies der Senat die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung u.a. darauf hin, dass die Klägerin bislang keine Reparaturbestätigung vorgelegt hat, aus der sich vor allem der konkrete Zeitpunkt des Beginns und die Dauer der Reparatur sowie die Bestätigung, dass sämtliche und nur die im vorgelegten Privatgutachten (vgl. Anlage K 4) aufgeführten Arbeiten fachgerecht durchgeführt worden sind, ergeben sowie dass allein die Behauptung auf S. 6 der Replik vom 19.08.2019 (vgl. Bl. 38 d.A.), wonach die Klägerin das Fahrzeug zwischenzeitlich in Eigenregie habe reparieren lassen ohne Vorlage eines wie soeben aufgezeigten detaillierten und aussagekräftigen Nachweises, nicht für die Zuerkennung eines Anspruchs auf Nutzungsausfallersatz genügt (OLG Frankfurt NZV 2010, 525; AG Frankfurt, Urt. v. 03.02.2011 - 29 C 2624/10 [Juris]).

Aus dem Gesamtzusammenhang dieses Hinweises ergibt sich, dass der verkürzte Begriff "fahrbereit" in dem Sinne gemeint gewesen ist, dass das Fahrzeug der Klägerin entweder vollständig im Sinne des Schadensgutachtens des Sachverständigen P. (Anlage K 4) oder zumindest soweit repariert wurde, dass es wieder in einen fahrtauglichen und verkehrssicheren Zustand gebracht wurde. Dementsprechend trug die Klägerin in Reaktion auf diesen Hinweis mit Schriftsatz vom 03.06.2020 (Bl. 117/128 d.A.) auch vor, dass es dem Zeugen R. A. wenig Tage nach Erhalt des Schreibens der Beklagten zu 1) vom 08.02.2019 (Anlage BB 1) auch gelungen sei, eine Reparatur in Eigenregie unter Mithilfe seines Vaters und eines befreundeten Kfz.-Mechanikers zu organisieren, die am 14.02.2019 begonnen habe und am 21.02.2019 abgeschlossen gewesen sei, sowie dass das Fahrzeug seither wieder dauerhaft von der Klägerin genutzt werde.

Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass sich entsprechend dem eigenen Vortrag der Klägerin durch den bloßen Erhalt des Schreibens der Beklagten zu 1) vom 08.02.2019 hinsichtlich ihrer finanziellen Situation nichts geändert hat, da die Beklagte zu 1) zu diesem Zeitpunkt keinerlei Vorschusszahlung an die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Reparaturkosten geleistet hat. Dies und der vorstehende Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich der durchgeführten Notreparatur zeigen jedoch deutlich, dass die Klägerin über ausreichende finanzielle Mittel für die Durchführung der von ihr geschilderten Notreparatur verfügt hat, zumal auch konkreter Sachvortrag der Klägerin dazu fehlt, warum es ihr nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt finanziell möglich gewesen wäre, die entsprechende Notreparatur durchführen zu lassen. Hierzu wäre die Klägerin jedoch aufgrund ihrer Schadensminderungspflicht gemäß § 254 II BGB verpflichtet gewesen. Denn der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung über die gewöhnliche Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit hinaus setzt u.a. voraussetzt, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, ohne Erhalt der Entschädigung die (Not-)Reparatur vorzufinanzieren. Hierzu ist die Klägerin jedoch entsprechend ihrem eigenen Sachvortrag in der Lage gewesen, so dass sie aus diesem Grund über den 11.01.2019 hinaus keine Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen kann.

Vorstehendes zeigt, dass es auf die Klärung der zwischen den Parteien strittigen Frage einer Reparaturbestätigung nicht ankommt. Denn unabhängig davon, ob der Klägerin der Beweis des von ihr behaupteten Umfangs der Reparatur in Eigenregie gelingt, kann steht ihr keine über den 11.01.2019 hinausgehende Nutzungsausfallentschädigung zu. Somit war der Klägerin die in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 sowie mit Schriftsatz vom 19.03.2021 beantragte Schriftsatzfrist gemäß § 139 V ZPO nicht zu gewähren.



(4) Dem Anspruch der Klägerin auf Nutzungsausfallentschädigung steht kein für die Klägerin verfügbares Zweitfahrzeug entgegen.

Aufgrund der nachvollziehbaren, widerspruchsfreien und damit glaubhaften Angaben der Zeugen M. und R. A. in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Ehemann der Klägerin, der Zeuge M. A. zwar über ein Kraftfahrzeug verfügt, mit dem er der Klägerin auch zeitweise Fahrdienste geleistet hat. Allerdings steht auch fest, dass es sich bei diesem Fahrzeug um einen VW-Transporter T 5 mit Schaltgetriebe handelt, den die Klägerin zu keinen Zeitpunkt selbst gefahren ist und den sie auch nicht selbst fahren kann, da sie unabhängig von der Größe dieses Fahrzeuges nur Fahrzeuge mit Automatik-Getriebe gewohnt war und fahren kann. Somit stand der Klägerin mit diesem Fahrzeug gerade kein nutzungsausfallentschädigungausschließendes Zweitfahrzeug zur eigenen Nutzung zur Verfügung.

3. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind aus einer berechtigten Klageforderung in Höhe von 15.373,62 € zu errechnen (vorproz. 4.835,88 + 673,19 +12,50 + proz. 7.191,37 + 685,68 + 1.975,- jeweils €). Bei einer 1,3 Geschäftsgebühr ergibt dies einen Betrag in Höhe von 933,40 € zuzüglich Auslagen in Höhe von 20,- € und Mehrwertsteuer, mithin einem Betrag von insgesamt 1.134,55 €. Abzüglich der unstreitig nach Klageerhebung von der Beklagten auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geleisteten 650,34 € ergibt sich ein Betrag in Höhe von weiteren 484,21 €.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Fall 2 ZPO.

III.



Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 544 II Nr. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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