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Verwaltungsgericht Meiningen Urteil vom 24.02.2000 - 1 K 21/97 .Mei - Zur Bedeutung des CDT-Wertes

VG Meiningen v. 24.02.2000: Zur Geeignetheit des CDT-Wertes bei der Beurteilung von Alkoholabhängigkeit




Das Verwaltungsgericht Meiningen (Urteil vom 24.02.2000 - 1 K 21/97 .Mei) hat entschieden:

   Die CDT-Wert-Bestimmung ist zur Klärung der Frage einer Alkoholabhängigkeit geeignet. Der CDT-Wert kann sich innerhalb von drei bis vier Monaten normalisieren, wenn kein oder nur wenig Alkohol getrunken wird.

Siehe auch
Der CDT-Blutwert - Carbohydratedeficient- Transferrin
und
Stichwörter zum Thema Alkohol

Tatbestand:


I.

Der 1963 geborene Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Er wurde im Jahre 1984 in ein Dienstverhältnis zur Deutschen Volkspolizei übernommen. Zuletzt war er – mit dem Dienstgrad: Hauptwachtmeister der Volkspolizei – im Streifeneinzeldienst tätig. Nach der Wiedervereinigung wurde er im Bereich der Thüringer Polizei weiterbeschäftigt. Am 28.06.1991 wurde er schließlich mit Wirkung vom 01.07.1991 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeihauptwachtmeister z. A. ernannt.

Am 03.05.1994 wurde der Kläger vom Leiter der Polizeiinspektion S..._ erstmals beurteilt.

Die Beurteilung, die ihm im August 1996 eröffnet wurde, endet mit der Gesamtbewertung 4,62 (nicht ausreichend). Am 11.05.1994 wurde er anlässlich des Ablaufs seiner Probezeit zum 30.06.1994 davon in Kenntnis gesetzt, dass sein dienstliches Verhalten (negative Beurteilungsnotizen, mehrfache einschlägige Ermahnungen, Missbilligungen) zur Zeit eine Leistungsbeurteilung mit besser als „nicht ausreichend“ nicht zuließe.

Am 09.06.1994 wurde der Kläger vom polizeiärztlichen Dienst wegen eines am 12.12.1993 erlittenen Anfalls mit Krampfzuständen und Bewusstlosigkeit auf seine Polizeidienstfähigkeit untersucht. Auf das ärztliche Gutachten wird Bezug genommen. Mit Verfügung des ehemaligen Polizeipräsidiums Thüringen vom 16.06.1994 wurde die Probezeit des Klägers daraufhin bis zum Ablauf des Monats Dezember 1994 verlängert, um ihm Gelegenheit zu geben, seine fachliche und gesundheitliche Eignung nachzuweisen.

Am 15.11.1994 wurde der Kläger in der Psychosomatischen Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen fachärztlich untersucht. Auf das Gutachten des Prof. Dr. med. K..., der zu dem Ergebnis kam, dass beim Kläger eine Alkoholabhängigkeit in der (frühen) kritischen Phase vorliegt, wird Bezug genommen.

Auf Grund einer weiteren polizeiärztlichen Untersuchung am 07.04.1995 verlängerte das ehemalige Polizeipräsidium Thüringen mit Verfügung vom 17.05.1995 die Probezeit bis zum Ablauf des Monats Dezember 1995. Am 05.12.1995 wurde der Kläger vom ärztlichen Dienst der Thüringer Polizei erneut auf seine Polizeidienstfähigeit untersucht. Auf den hierüber gefertigten Untersuchungsbericht des leitenden Polizeiarztes Dr. Z... vom 11.12.1995 wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 02.01.1996 teilte das ehemalige Polizeipräsidium Thüringen dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, ihn mit Ablauf des 31.03.1996 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen. Nach der letzten polizeiärztlichen Untersuchung stehe fest, dass er sich für den Polizeivollzugsdienst nicht bewährt habe. Die Untersuchung habe ergeben, dass er Alkoholmissbrauch in gesundheitsschädigendem Umfang betreibe. Für eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit sei er deshalb nicht geeignet.




Mit Schreiben vom 11.01.1996 bestritt der Kläger den Alkoholmissbrauch und die Richtigkeit der ermittelten Werte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personalvertretung. Mit Verfügung vom 09.02.1996 verlängerte das ehemalige Polizeipräsidium Thüringen daraufhin letztmalig die Probezeit bis zum 30.06.1996.

Unter dem 13.02.1996 erstellte der leitende Polizeiarzt Dr. Z... eine zusammenfassende ärztliche Stellungnahme über den Gesundheitszustand des Klägers. Die Begutachtung durch Prof. Dr. K... habe ergeben, dass bei dem Kläger eine Alkoholabhängigkeit in der frühen kritischen Phase vorliege. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass er sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen und abstinent zu leben habe. Sowohl bei der Begutachtung als auch bei der Aussprache habe er sich nicht einsichtig gezeigt. Er sei der Meinung gewesen, dass er das Problem Alkohol im Griff habe und er nicht mehr und nicht weniger trinke als andere Menschen auch. Bei der Begutachtung am 07.04.1995 seien Laboruntersuchungen zur Bestimmung von Parametern durchgeführt worden. Die bei chronischem Alkoholmissbrauch wissenschaftlich anerkannte Untersuchung des CDT-Wertes, welcher einen Normalwert von 20 U/l bei Männern aufweise und im Falle eines chronischen Alkoholgenusses von mindestens 60 g reinem Alkohol pro Tag erhöht sei, habe bei dem Kläger mit 62 U/l deutlich über dem Normalwert gelegen. Bei der Untersuchung am 05.12.1995 sei eine erneute Kontrolle der Blutwerte vorgenommen worden. Der CDT-Wert habe mit 53 U/l wieder deutlich über dem Normalwert gelegen. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger alkoholabhängig sei. Darüber hinaus zeige er keine Bereitschaft, sein Trinkverhalten zu ändern und sich einer entsprechenden Behandlung zu unterziehen. Eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit sei bei ihm nicht mehr gegeben; denn es sei nicht auszuschließen, dass es erneut zu einem Krampfanfall kommen könne. Da der Kläger nicht bereit sei, abstinent zu leben, sei mit Sicherheit nicht auszuschließen, dass ein weiteres Entzugssyndrom erneut Krampfanfälle auslösen könne. Damit sei die Eignung zum Führen von Dienstfahrzeugen unter Benutzung von Sonderrechten und zur Personenbeförderung auf Dauer nicht mehr gegeben.

Der Bezirkspersonalrat stimmte der Entlassung am 23.02.1996 nicht zu. Im Falle des Klägers bestünde noch die Möglichkeit, die Probezeit über den 30.06.1996 hinaus zu verlängern.

Entsprechend dem Vorschlag des Polizeiarztes sollte der Stufenplan für Alkoholkranke angewendet werden.

Unter dem 28.02.1996 teilte das ehemalige Polizeipräsidium Thüringen dem Thüringer Innenministerium mit, dass die Entlassung des Klägers mit Ablauf des 30.06.1996 beabsichtigt sei, und legte den Vorgang mit der Bitte vor, die Zustimmung des Hauptpersonalrates in dieser Angelegenheit einzuholen. Die Anwendung des Stufenplanes werde nicht in Betracht gezogen.

Am 08.03.1996 legte der Kläger gegen die Verlängerung der Probezeit Widerspruch ein.

Das Thüringer Innenministerium teilte dem Polizeipräsidium am 25.07.1996 mit, dass der Hauptpersonalrat der beabsichtigten Entlassung des Klägers wegen Nichteignung nicht zugestimmt habe. Nach dem Gutachten des Polizeiarztes stehe jedoch die mangelnde Bewährung unumstößlich fest, weshalb der Beamte auch ohne eine Einigung mit dem Hauptpersonalrat der Thüringer Polizei zu entlassen sei.

Mit Verfügung vom 08.08.1996 wurde der Kläger schließlich wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit mit Ablauf des 30.09.1996 unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden könne, wenn er sich hinsichtlich Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistungen nicht bewährt habe. Dabei sei von mangelnder Bewährung auszugehen, wenn auf Grund bereits eingetretener Tatumstände die Gefahr einer künftigen Entwicklung bestehe, die den Beamten für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ungeeignet erscheinen lasse. Es genüge, wenn die Besorgnis bestehe, der Beamte werde aus persönlichen Gründen den an ihn gestellten Anforderungen nicht oder nur unzureichend gerecht. Bestandteil der Bewährung in der Probezeit sei auch die gesundheitliche Eignung des Beamten. Diese fehle schon dann, wenn während der Probezeit Umstände festgestellt würden, die geeignet seien, den Beamten für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit untauglich erscheinen zu lassen. Die beim Kläger polizeiärztlich attestierte Feststellung der Alkoholabhängigkeit und -schädigung begründe die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und lasse somit eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand nicht ausgeschlossen erscheinen.

Gegen die Entlassungsverfügung legte der Kläger am 26.08.1996 Widerspruch ein. Er sei nicht alkoholkrank und habe sich während der Probezeit bewährt. Durch den Internisten Dr. M... sei festgestellt worden, dass bei ihm kein serologisch und sonomorphologisch relevanter pathologischer Leberbefund vorliege. Die Leberwerte befänden sich im Normalbereich. Zur Zeit sei er im Schichtdienst tätig, das bedeute, dass er an zwei Tagen insgesamt 24 Stunden arbeite. Keiner der Kollegen habe bislang Alkoholgeruch wahrgenommen. Auch seine Vorgesetzten hätten bestätigt, dass er nie alkoholisiert zur Arbeit gekommen sei. Die Feststellungen des Polizeiarztes müssten daher entweder auf einer fehlerhaften Messung oder auf Grund einer Verwechslung zustande gekommen seien.

Mit Bescheid vom 09.12.1996 wies das Thüringer Innenministerium den Widerspruch zurück.

Der Bescheid, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wurde dem Kläger am 11.12.1996 zugestellt.




II.

Am 08.01.1997 hat der Kläger Klage erhoben und in der mündlichen Verhandlung beantragt,

   die Entlassungsverfügung des vormaligen Polizeipräsidiums Thüringen vom 08.08.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Innenministeriums vom 09.12.1996 aufzuheben.

Er bestreite, dass die CDT-Werte vom 07.04.1995 und 05.12.1995 über dem Normalwert gelegen hätten. Die Untersuchung sei fehlerhaft durchgeführt worden. Die darauf basierenden Gutachten seien ebenfalls unrichtig. Zum Beweis dafür werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Er sei bereit, von einem unabhängigen Arzt eine erneute Bestimmung des CDT-Wertes durchführen zu lassen. Sein Trinkverhalten beschränke sich auf ca. eine Flasche Bier pro Woche. Auch die Einschätzung seines Vorgesetzten vom 28.08.1996 zeige, dass er noch nie mit einer „Fahne“ zur Arbeit erschienen sei oder gar alkoholbedingte Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Keiner seiner Kollegen habe jemals seit der Aufnahme seines Dienstes bei der Polizei im Jahre 1990 Alkoholgeruch bei ihm feststellen können. Der Beklagte habe sich bei seiner Entscheidung von sachfremden Erwägungen leiten lassen und einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt. Aus dem von ihm veranlassten Befund des Facharztes für Labormedizin Dr. L... vom 17.01.1997 ergebe sich, dass sein CDT-Wert im Normalbereich liege. Unabhängig davon gäbe es keine wissenschaftliche Untersuchungsmethode, die eine Alkoholabhängigkeitserkrankung beweisen könne.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Dass sich der CDT-Wert des Klägers zwischenzeitlich normalisiert habe, sei für das Entlassungsverfahren ohne Belang. Denn dieser Wert könne sich innerhalb von drei bis vier Monaten normalisieren, wenn kein oder nur wenig Alkohol getrunken werde. Allein die in der Probezeit festgestellten Umstände seien entscheidend. Medizinisch lasse sich das Krankheitsbild der Alkoholabhängigkeit eindeutig durch die Erhebung von klinischen, biochemischen und anamnetischen Daten diagnostizieren. Alle beim Kläger ermittelten Parameter festigen in ihrer Gesamtheit die Aussage, dass er alkoholabhängig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.





Entscheidungsgründe:


De Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

De Entlassungsverfügung des ehemaligen Polizeipräsidiums Thüringen vom 08.08.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Innenministeriums vom 09.12.1996 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO, § 120, § 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ThürBG).

Die Entlassungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere war das Thüringer Polizeipräsidium nach § 38 Abs. 1, § 11 ThürBG in Verbindung mit § 14 der Vorläufigen Landessatzung des Landes Thüringen sowie § 2 der Anordnung über die Ernennung und Entlassung der Bediensteten des Landes (VOBl. 1990, S. 19, i. d. F. v. 13.07.1992, GVBl.

1992, S. 379) und § 1 der Allgemeinen Anordnung über die Zuständigkeiten im Personalwesen der Polizei des Landes Thüringen (Thüringer Staatsanzeiger 1993, S. 3) für die Ernennung und die Entlassung der Beamten der Thüringer Polizei (bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 11) zuständig.

Der Beklagte hat auch die auf Antrag des Klägers erforderliche Mitwirkung des Bezirks und Hauptpersonalrates gewahrt. Zwar haben beide Personalräte die Zustimmung verweigert, es ist jedoch nach § 69 Abs. 4 S. 3 und 4 ThürPersVG keine Anrufung der Einigungsstelle erforderlich, da vorliegend ein Fall der eingeschränkten Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 10 ThürPersVG vorliegt. In diesen Verfahren entscheidet das Thüringer Innenministerium als oberste Dienstbehörde endgültig.

Zwar kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit nicht mehr entlassen werden, wenn die Probezeit abgelaufen ist und die zuständige Dienstbehörde die Probezeit nicht binnen angemessener Frist und ohne schuldhaftes Zögern verlängert hat. Dem Kläger kommt dieser Schutz jedoch nicht zugute. Die grundsätzlich dreijährige reguläre Probezeit (vgl. Einigungsvertrag, Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 2 c i. V. m. Nr. 3 b) wurde mehrfach – zuletzt mit Verfügung vom 09.02.1996 bis zum 30.06.1996 – nach § 8 Abs. 3 Thüringer Laufbahnverordnung verlängert. Dass der Beklagte erst nach Ablauf der bis zum 30.06.1996 verlängerten Probezeit über die Entlassung des Klägers befunden hat, ist rechtlich nicht bedeutsam. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 ThürBG ist zwar ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, diese Grenze ist jedoch nicht starr. Vielmehr darf der Dienstherr, wenn der Beamte sich in der Probezeit nicht bewährt hat, grundsätzlich die Entlassung auch noch nach Ablauf der Probezeit aussprechen. Dies muss aber innerhalb einer – den Umständen des Einzelfalles – angemessenen Bedenkzeit „ohne schuldhaftes Zögern“ geschehen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1970, II B 57.70, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 17). Dieser Grundsatz gilt auch für den Ablauf der verlängerten Probezeit (VG Meiningen, Beschluss vom 05.03.1997, 1 E 769/96.Me). Im vorliegenden Fall wurde das Entlassungsverfahren vor Ablauf der Probezeit eingeleitet und hat mit der Zustellung der Entlassungsverfügung am 15.08.1996 seinen Abschluss gefunden. Die Entscheidung über die Entlassung wurde noch in angemessener Frist und ohne schuldhaftes Zögern nach Ablauf der Probezeit getroffen. Im Falle des Klägers ist zu berücksichtigen, dass auf seinen Antrag hin die Personalvertretung zu beteiligen war.

Schließlich musste im Rahmen des Entlassungsverfahrens die Frist des § 36 Abs. 3 ThürBG beachtet werden.

Die Entlassungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 2 ThürBG kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nach seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat. Dabei ist bei der Entlassung nach § 36 Abs. 3 ThürBG eine Frist von 6 Wochen zum Schluss des Kalendervierteljahres bei einer Beschäftigungszeit von mindestens einem Jahr – wie im Fall des Klägers – einzuhalten.

Diese Frist hat der Beklagte mit Zustellung der Entlassungsverfügung am 08.08.1996 gewahrt.

Der Begriff der mangelnden Bewährung beinhaltet einen unbestimmten Rechtsbegriff.

Hinsichtlich der Beurteilung der Bewährung eines Beamten besteht für die wertende Stelle ein Beurteilungsspielraum. Dabei genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um die Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Verwaltung den Begriff der „mangelnden Bewährung“ und den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei betätigen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BVerwG, U. v. 29. September 1960, II C 79.59, BVerwGE 11, 139-143, BayVBl 1961, 84, NJW 1961, 795; BVerwG, U. v. 27. September 1962, II C 164.61, BVerwGE 15, 39-42, DVBl. 1963, 179, BayVBl 1963, 84; BVerwG, U. v. 29. Mai 1990, DVBl. 1990, 1228 ff.).


Mßgebend für die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat bzw. ob er wegen mangelnder Bewährung entlassen werden kann, ist allein sein Verhalten in der laufbahnrechtlichen Probezeit.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die vom ehemaligen Polizeipräsidium Thüringen getroffene Prognoseentscheidung nicht zu beanstanden. Die Entlassungsverfügung stützt sich auf die zusammenfassende Stellungnahme des leitenden Polizeiarztes Dr. Z... vom 13.02.1996. Diese ist das zusammenfassende Ergebnis einer Reihe von durchgeführten Untersuchungen und Begutachtungen.

Bereits am 12.12.1993 wurde der Kläger nach einem epileptischen Anfall mit Zungenbiss und anschließender Verwirrtheit vom Chefarzt der psychiatrischen Klinik S... untersucht. Dieser gelangte auf Grund seiner Begutachtung zu dem Ergebnis, dass nach dem Vorliegen der Befunde davon ausgegangen werden muss, dass der cerebrale Anfall ein solcher im Alkoholentzug gewesen sei. Ferner war Grundlage der Befund der Kernspintomographie des Dr. med. R... vom 27.12.1993 zur Abklärung des epileptischen Anfalls vom 12.12.1993 und schließlich die Begutachtung in der Klinik B..., Psychosomatische Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen, durch Prof. Dr. med. K... am 15.11.1994. In der zusammenfassenden Beurteilung gelangt Letzterer auf Grund der Vorbefunde sowie seiner anamnetischen und suchttypologischen biografischen Erhebung zu dem Ergebnis, dass beim Kläger im Anschluss an eine asymptomatische Trinkmotivation in der Spätjugend seit dem 20. Lebensjahr von einem kontinuierlichen Alkoholtrinkmuster ausgegangen werden müsse, das beta-typisch legiert gewesen sei, d. h. rauscharm, jedoch kontinuierlich. Es seien augenscheinlich nie Auffälligkeiten in der Öffentlichkeit oder im beruflichen Leben aufgetreten, da sich das Trinken außerhalb der Dienstzeit, gewissermaßen „kontrolliert“ ergeben habe. Geselliger Gruppenzwang habe jedoch vorhandene Trinkgewohnheiten fixiert.

Erste Hinweise auf Abhängigkeitssymptome hätten sich in körperlichen Entzugserscheinungen etwa 1989/1990 (nach seinen Aussagen bei dem mit Bier zusätzlichen Schnapskonsum) in Form eines vegetativen AES, das mit Alkohol gut zu beherrschen gewesen sei, und schließlich der alkoholtoxisch bedingten Erniedrigung der cerebralen Krampfschwelle in Form eines cerebralen (epileptischen) Entzugsanfalls gezeigt. Bei dem Kläger bestehe eine Alkoholabhängigkeit in der (frühen) kritischen Phase.

Die Krankheitswertigkeit ergäbe sich aus den bereits nachweisbaren neurologischen Frühsymptomen, der Minderung der cerebralen Krampfschwelle und Entzugssymptome (Stadium I) erstmals 1989/1990. Es handele sich um ein rauscharmes und kontinuierliches Gewohnheitstrinken. Aus dem betatypischen Trinken hervorgehend dürfte etwa seit 1990, sicher aber seit 1993, die kritische Phase erreicht worden sein. Die übermittelten Laborwerte sprächen eindeutig im Sinne einer langfristigen parenchymatösen alkoholtoxischen Schädigung. Eine weitere diagnostische Abklärung des einmaligen Anfallsgeschehens sei derzeit nicht erforderlich.

Der Befund sei eindeutig und der Zusammenhang der Anfallsmanifestation mit einem Alkoholentzugsgeschehen ebenso. Der Kläger sei derzeit nicht krankheitseinsichtig. Er halte sich für einen kontrollierten Alkoholkonsumenten, könne stets mit dem Trinken aufhören, obwohl der Nachweis dafür bisher ausstehe. Er gebe als Beweis an, dass er seit dem epileptischen Anfall keinen Schnaps mehr trinken würde. Da nach seiner Ansicht „jeder Bier trinkt“ und „dann alle Alkoholiker sein müssen“ zeige er, dass eine kritische Reflexion derzeit durch ihn offensichtlich nicht möglich sei. Seine psychische Grundstruktur erweise sich als undifferenziert, einförmig, in der Effektstruktur depressiv, die unter Alkoholeinfluss Entspannungselemente im Sinne einer passageren Alpha-Legierung (nach seiner Ehescheidung) auch positiv erleben kann. Der Kläger sollte sich kurzfristig in einer Suchtberatungsstelle vorstellen, da er auf Grund seiner unklaren sozialen Einbindung erheblich gefährdet sei. Eine Entwöhnungstherapie sei grundsätzlich indiziert. Die körperlichen Folgeschäden seien bereits heute erkennbar, schwere Komplikationen seien vorprogrammiert. Die tägliche absolute Alkoholaufnahme betrage schätzungsweise 80 bis 120 g, liege also weitaus im Schädigungsbereich.

Soweit der Kläger im Rahmen seines Verfahrens die ordnungsgemäße Ermittlung des CDTWertes anzweifelt und auf die von ihm selbst veranlasste Bestimmung des CDT-Wertes vom 17.01.1997 sowie auf den Befund des Internisten Dr. M... vom 31.01.1996 verweist, begründet dies keine andere Sicht der Dinge. Das Gleiche gilt für seinen Vortrag, dass die CDT-Wert-Bestimmung zur Klärung der Frage einer Alkoholabhängigkeit nicht geeignet sei.



All dies begründet keine durchgreifenden Zweifel an den der Entlassungsentscheidung zu Grunde liegenden Tatsachen im Rahmen der vom Dienstherrn zu treffenden Prognoseentscheidung. Die vom Kläger selbst veranlasste Bestimmung des CDT-Wertes vom 17.01.1997, der im Untersuchungszeitpunkt mit 20 U/l im Normbereich liegt, vermag die während seiner Probezeit ermittelten CDT-Werte nicht zu erschüttern. Einerseits erfolgte diese CDT-Wert-Bestimmung nicht (mehr) in der Probezeit, so dass sie nicht innerhalb des maßgeblichen Zeitraumes der Entscheidungsfindung über die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis liegt. Andererseits kann sich der CDT-Wert innerhalb von drei bis vier Monaten normalisieren, wenn kein oder nur wenig Alkohol getrunken wird. Der ca. ein halbes Jahr nach Beendigung des Beamtenverhältnisses ermittelte Wert ist deshalb kein Indiz für eine Fehlerhaftigkeit der zuvor ermittelten CDT-Werte. Auch die Untersuchungen des Dr. M..., die sich nur auf den Leberbefund und die Leberwerte beziehen, sind diesbezüglich nicht geeignet, die Feststellungen des Beklagten in Zweifel zu ziehen. Soweit der Kläger behauptet, dass der Leberbefund und die festgestellten Werte der serologischen Untersuchung sämtlichst im Normalbereich lägen, vermag dies nicht zu überzeugen. Die sonographische Untersuchung hat vielmehr ergeben, dass der Leberdurchmesser mit 13 cm grenzwertig ist, zur Zeit jedoch klinisch, serologisch und sonomorphologisch kein relevanter pathologischer Leberbefund vorliege. Von der Laborbestimmung des Blutbildes liegen der Wert des Haemoglobins genau am oberen Grenzwert des Normalbereichs und die Werte des Haematokrits, des MCV, des ALAT und der Alpha1Globuline jeweils über dem oberen Grenzwert, so dass die Behauptung des Klägers gerade nicht zutrifft, dass alle Werte im Normalbereich lägen. Sein Hinweis, dass der erhöhte CDT-Wert nicht zwingend auf einen Alkoholmissbrauch schließen lasse, verkennt, dass sich die Entscheidung des Beklagten nicht nur auf die Bestimmung der CDTWerte stützt, sondern vielmehr auf die zusammenfassende Stellungnahme des leitenden Polizeiarztes Dr. Z... vom 13.02.1996.

Dieser Grundlagenermittlung ist der Kläger wie oben ausgeführt durch seine Einwendungen nicht substantiiert entgegengetreten, um damit durchgreifende Zweifel an der Sachverhaltsermittlung durch den Beklagten zu begründen. Die der Entscheidung zu Grunde liegenden Erkenntnisse sprechen nach Ansicht der Kammer überzeugend dafür, dass bei dem Kläger eine Alkoholabhängigkeit bzw. zumindest ein erheblicher Alkoholmissbrauch im maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen hat. Die in schriftlicher Form vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen stellen sich für das Gericht als insgesamt schlüssig und nachvollziehbar dar.

Die Entlassung ist auch nicht auf Grund fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrig. § 36 Abs. 1 Nr. 2 ThürBG räumt dem Dienstherrn grundsätzlich ein Ermessen ein, ob er den Beamten entlässt. Dieses ist jedoch dann auf die Entlassung als einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung reduziert, wenn bereits feststeht, dass sich der Probebeamte nicht bewährt hat.

Dies folgt aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ThürBG, nachdem nur der Beamte in das Lebenszeitverhältnis berufen werden darf, der sich zuvor bewährt hat. Dagegen eröffnet sich dem Dienstherrn kein Ermessensspielraum, einen Beamten auf Probe zu beschäftigen, der sich bereits endgültig nicht bewährt hat (BVerwG, Urteil vom 31.05.1990, 2 C 35/88, BVerwGE 85, 177). Für diese Prognoseentscheidung reichen nachhaltige Zweifel aus, ob der Beamte auf Probe den Aufgaben eines Beamten auf Lebenszeit noch gerecht werden kann (VG Gera, Urteil vom 01.04.1998, 1 K 421/97.Ge). Nach den vorliegenden Feststellungen waren für den Beklagten beim Kläger genügend Anhaltspunkte ersichtlich, die nachhaltige Zweifel begründen, dass er den Aufgaben eines Beamten auf Lebenszeit gerecht werden kann.

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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