Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Toleranzabzug - Messfehlerabzug

Toleranzabzug - Messfehlerabzug




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Polizeifahrzeuge

- nach oben -



Einleitung:


Nach jeder Messung eines Abstands- oder Geschwindigkeitsverstoßes wird von dem durch das eingesetzte Messgerät festgestellten Wert ein sog. Toleranz- oder Messfehlerabzug gemacht. Dies kann bereits geräteintern durch die Software oder nachträglich durch die Kontrollbeamten - oder sogar erst später durch das Gericht - erfolgen.

Dieser Abzug dient zu Kompensation etwaiger Messfehler. Die möglichen Messungenauigkeiten können geräte-intern vorkommen; sie können aber auch auf Fehlern des Bedienungspersonals beruhen.


Berücksichtigt werden muss allerdings, dass die eingesetzten Geräte überhaupt nur dann Werte zur Auswertung ausgeben und nicht mit einer Fehlermeldung abbrechen, wenn sämtliche Folgen aus Fehlerquellen innerhalb eines sehr begrenzten Toleranzbereichs liegen.

Besonders bei Geräten, die Verstöße mittels einer Wegstrecken-Zeit-Berechnung ermitteln, ist die Angabe eines Toleranzabzuges entbehrlich.

Zu Toleranzabzügen kommt es regelmäßig auch dann, wenn bei einem Messgerät die gesetzlich vorgeschriebene Eichung entweder gänzlich fehlt oder mangelhaft ist.

- nach oben -



Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Geschwindigkeit

Messverfahren zur Feststellung von Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen

Standardisierte Messverfahren

Messgeräte

Fehlerhafte Eichung

Toleranzabzüge bei standardisierten Messverfahren zur Feststellung von Abstandsverstößen

Toleranzabzüge bei standardisierten Messverfahren zur Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen

Toleranzabzüge bei der Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen durch Nachfahren

Toleranzabzüge beim Messen von qualifizierten Rotlichtverstößen

Toleranzabzüge beim Messen des zulässigen Gesamtgewichts - Überladungsverstöße

Sicherheitsabschläge bei der Blutwertbestimmung nach Cannabiskonisum? - nach oben -






Allgemeines:


OLG Celle v. 10.06.2010:
Will das Tatgericht bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von den der obergerichtlichen Rechtsprechung entsprechenden Toleranzwerten zu Lasten des Betroffenen abweichen, bedarf es eingehender Darlegungen, warum im konkreten Fall ausnahmsweise ein geringerer Toleranzabzug ausreichend erscheint.

OLG Düsseldorf v. 08.01.2016:
Ohne Angaben zur Höhe des Toleranzwertes kann das Rechtsbeschwerdegericht nicht beurteilen, ob der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tatbegehung jedenfalls angesichts des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung zu Recht ergangen ist und die vom Tatrichter verhängten Rechtsfolgen zutreffend festgesetzt worden sind.

AG Nauen v. 16.06.2016:
Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit einem der Bauartzulassung entsprechenden, geeichten, unbeschädigten und ordnungsgemäß bedienten Messgerät ist der durch Abzug der „Toleranz“ in Höhe von 3 % errechnete Wert selbst im für den Betroffenen ungünstigen Fall nie höher als die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit. Ein darüber hinausgehender Abzug ist nur dann geboten, wenn es deutliche Hinweise auf einen technischen Fehler gibt.

KG Berlin v. 20.03.2018:
Das Urteil muss zwar nicht ausdrücklich mitteilen, welcher Toleranzabzug vorgenommen wurde. Der berücksichtigte Toleranzwert muss sich aber aus den Urteilsgründen unzweifelhaft ermitteln lassen.

- nach oben -






Polizeifahrzeuge:


OLG Rostock v. 28.03.2007:
Bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem nicht geeichten bzw. nicht justierten Tachometer in einem Polizeifahrzeug ist grundsätzlich ein Toleranzabzug von 20% der abgelesenen Geschwindigkeit notwendig, aber auch ausreichend, um bei guten allgemeinen Sichtverhältnissen grundsätzlich alle zu Gunsten des Täters in Betracht kommenden Fehlerquellen menschlicher und technischer Art zu berücksichtigen. Dabei darf der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug etwa den halben bis maximal ganzen Tachowert (in Metern), den das nachfahrende Fahrzeug anzeigt, nicht übersteigen, der Abstand sollte ungefähr gleich bleiben, die Nachfahrstrecke wenigstens rund das Fünffache des Abstandes betragen und der Tachometer in kurzen Abständen abgelesen werden.

AG Saarbrücken v. 08.01.2008:
Erfolgt die Übertragung der Wegstreckeninformation unter Verwendung zusätzlicher technischer Baugruppen wie einem Canbus, so müssen diese bei der Bauartzulassung berücksichtigt werden. Solche Datentelegramme können durchaus die bisher üblichen Wegimpulse ersetzen, ohne unzulässige Messwertbeeinflussungen zu verursachen. Zum Ausgleich für die insoweit formell fehlerhafte Eichung ist ein Tolereanzabzug von insgesamt 10% vorzunehmen.


OLG Hamm v. 16.01.2009:
Nach der obergerichtlichen Rechtssprechung wird bei der Verwendung eines nicht geeichten Geräts im „Police-Pilot-Verfahren" ein Sicherheitsabschlag in Höhe von 20 % von der abgelesenen Geschwindigkeit als geboten angesehen. Der Senat hält auch bei einer materiell fehlerhaften Eichung beim CAN-Bus-System aus Gründen der Gleichbehandlung einen Sicherheitsabschlag in Höhe von (zumindest) 20 % für angemessen.

KG Berlin v. 12.12.2017:
  1.  Bei dem Geschwindigkeitsmessverfahren "ProVida 2000 Modular" handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Die Einstufung als standardisiertes Messverfahren hat zur Folge, dass sich das Tatgericht im Regelfall auf die Mitteilung des verwendeten Messverfahrens, der gefahrenen Geschwindigkeit und der gewährten Toleranz beschränken kann.

  2.  Wurde die Messung erst wenige Meter nach dem Messpunkt in Gang gesetzt, kann einem Messfehler mit einem erhöhten Toleranzabschlag von 10% vorgebeugt werden.

OLG Köln v. 03.12.2021:
Bei der Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren in einem Fahrzeug mit nicht justiertem Tachometer ist regelmäßig ein erster Toleranzabzug von der abgelesenen Geschwindigkeit von 10% zuzüglich 4 km/h für mögliche Eigenfehler des Tachometers sowie ein weiterer Toleranzabzug zwischen 6 und 12% der abgelesenen Geschwindigkeit erforderlich, um weiteren Fehlerquellen, wie Ablesefehlern sowie solchen Fehlern, die aus Abstandsveränderungen und/oder der Beschaffenheit des Fahrzeugs resultierten zu begegnen (teilweise Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

- nach oben -



Datenschutz    Impressum