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Verwaltungsgericht München Beschluss vom 17.03.2005 - M 6b S 05.433 - Zusammenfassung der Ableitung der Konsumform aus der THC-COOH-Konzentration im Blut unter Berücksichtigung von Daldrup

VG München v. 17.03.2005: Zusammenfassung der Ableitung der Konsumform aus der THC-COOH-Konzentration im Blut unter Berücksichtigung von Daldrup




Siehe auch
Rauschfahrt - drogenbedingte Fahruntüchtigkeit
und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Das Verwaltungsgericht München (Beschluss vom 17.03.2005 - M 6b S 05.433) hat zur Ableitung der Konsumformen aus der Blut-THC-COOH-Konzentration ausgeführt:

   "Der bei der toxikologischen Untersuchung der Blutprobe ermittelte Gehalt an THC-Carbonsäure von 26,5 µg/L zeigt, dass der Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt zumindest gelegentlich Cannabisprodukte konsumiert haben muss (vgl. für einen THC-COOH-Wert von 24,0 µg/L: BayVGH vom 11.11.2004 11 CS 04.2348). Bei einer nur einmaligen Aufnahme von Cannabis kann dieser Wert nämlich nicht erreicht werden. Maßgeblich für die Unterscheidung zwischen lediglich einmaligem, gelegentlichem oder regelmäßigem Konsum von Cannabisprodukten ist dabei die Konzentration des sich nur langsam abbauenden wirkungsfreien Metaboliten THC-COOH, da auf Grund der - allerdings stark variierenden - Halbwertszeit der THC-Carbonsäure von 1 1/2 bis 6 Tagen bei häufigerer THC-Aufnahme eine Kumulierung dieser Metaboliten im Blut des Konsumenten zu beobachten ist (siehe Daldrup/Käferstein/Köhler/Maier/Mußhoff, Entscheidung zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Cannabiskonsum, Blutalkohol 2000, S. 39 ff). In Literatur und Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass bei überraschend abgenommenen Blutproben jedenfalls ab einer Konzentration des Metaboliten THC-COOH von 150 µg/L ein regelmäßiger Konsum von Cannabisprodukten als abgesichert angesehen werden kann (vgl. Daldrup u.a., a.a.O.). Wurde die Blutprobe dagegen auf Grund einer Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde entnommen, so ist von regelmäßigem Konsum bereits ab einer Konzentration von 75 µg/L THC-COOH im Blut auszugehen. Dieser Grenzwert berücksichtigt die Halbwertszeit des Metaboliten sowie die Tatsache, dass der Betroffene nach Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde bis zu 8 Tage Zeit hat, sich der geforderten Blutentnahme zu unterziehen und während dieser Zeit ganz auf den Konsum von Cannabisprodukten verzichten kann. Ausgehend von 150 µg/L THC-COOH bei überraschend abgenommenen Blutproben wird die für Blutentnahmen nach entsprechender Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde genannte Grenzkonzentration von 75 µg/L bei Abstinenz nämlich nach knapp einer Woche erreicht (vgl. Daldrup u.a. a.a.O.). Weiterhin besteht Einigkeit, dass im Falle einer auf Grund einer Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde entnommenen und damit angekündigten Blutprobe bei THC-COOH-Konzentrationen ab 5 µg/L mindestens gelegentlicher Konsum vorliegt (vgl. Daldrup u.a. a.a.O.; s. auch VG München vom 17.8.2004 M 6b S 04.4043; vom 21. September 2004 M 6b S 04.4226); bei spontaner Blutentnahme muss die THC-COOH-Konzentration, ab der ein gelegentlicher Konsum von Cannabis als erweisen angesehen werden kann, mindestens 10 µg/L betragen. Denn auch bei einem einmaligen Probierkonsum von Cannabisprodukten kann der THC-Carbonsäurewert einige Stunden nach Rauchende maximal 10 µg/L erreichen (so die Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. ... in der mündlichen Verhandlung im Verfahren des Bayerischen Verwaltungsgerichts München M 6a K 01.3406). Deshalb kann bei überraschend abgenommenen Blutproben mit THC-COOH-Werten im Bereich von 5 µg/L - 10 µg/L lediglich von einem Verdacht auf gelegentlichen Konsum von Cannabisprodukten gesprochen werden; bei THC-COOH-Werten von 10 µg/L - 150 µg/L kann ein zumindest gelegentlicher Konsum von Cannabis als erwiesen angesehen werden (so auch BayVGH vom 14.1.2005 11 CS 04.3119; VG München vom 8.11.2004 M 6b S 04.5112). Der im Blut des Antragstellers ermittelte Wert von 26,5 µg/L liegt in diesem Bereich.


Weiterhin wurde bei der toxikologischen Untersuchung des im Anschluss an die Verkehrskontrolle vom 1. September 2003 entnommenen Bluts ein THC-Wert von 1,6 µg/L ermittelt. Dieser Wert beweist, dass der Antragsteller im Sinn des § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG unter der Wirkung von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen hat. Nach dem Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 zu § 24a Abs. 2 StVG beträgt der Grenzwert hierfür nämlich 1,0 µg/L. Weiterhin beweist der ermittelte THC-Wert, dass der Antragsteller bei der vorangegangenen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter einem fahreignungsrelevanten Cannabiseinfluss gestanden hat. In Anlehnung an das Gutachten von Prof. Dr. ..., das in einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eingeholt wurde (vgl. BVerfG v. 20.6.2002 NJW 2002,2378 ff.) geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar davon aus, dass die Relevanzschwelle für eine Risikoerhöhung unter einem Wert von 2 µg/L noch nicht überschritten sei (BayVGH vom 3.2.2004 11 CS 04.157); als Nachweis für fehlendes Trennen von Cannabiskonsum und Fahren könne erst eine THC-Konzentration von mindestens 2 µg/L erachtet werden (vgl. BayVGH vom 11.11.2004 11 CS 04.2348 m.w.N.). Demgegenüber hat jedoch Prof. Dr. ... im Rahmen seiner Befragung als Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens M 6a K 01.3406 ausgeführt, dass bereits ab einem THC-Wert von 1,0 µg/L mit einer trägen Reaktion der Pupillen auf Licht, mit Konzentrationsmängeln und mit Auswirkungen auf die Teilnahme am Straßenverkehr zu rechnen sei. Zudem ergibt eine in einem Schreiben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 24.1.2005 an das Bayerische Staatsministerium des Innern erwähnte neue Untersuchung von 1058 Gutachten, "dass die Häufigkeit von verkehrsrelevanten Ausfallerscheinungen und/oder Fahrfehlern und damit auch die von der Polizei dokumentierte Gefährdung durch Cannabis im THC-Bereich zwischen 1 und 2 ng/ml gleich ist zu der im gesamten THC-Bereich ab 2 ng/ml". Die aus Versuchen am Fahrsimulator gewonnenen Erkenntnisse von Prof. Dr. ... könnten auf die reale Verkehrssituation nicht übertragen werden, weil sich nach Cannabiskonsum die häufigsten Beeinträchtigungen bei automatisierten Handlungen, weniger bei kontrollierten Handlungen finden würden. Deshalb spricht aus Sicht des Gerichts vieles dafür, auch im Fahrerlaubnisrecht als verkehrsbezogenem Gefahrenabwehrrecht als Relevanzschwelle für die Annahme eines zeitnahem Cannabiskonsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit auf den im Rahmen von § 24a Abs. 2 StVG herangezogenen Grenzwert von 1,0 µg/L abzustellen (vgl. auch NdSOVG vom 11.7.2003 a.a.O.).

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