Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss vom 30.05.2007 - 7 L 394/07 - Zu Eignungszweifeln bei psychischen Störungen

VG Gelsenkirchen v. 30.05.2007: Zu Eignungszweifeln bei psychischen Störungen


Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 30.05.2007 - 7 L 394/07) hat entschieden:
Ein Krankheitsbild, aus dem sich das Vorliegen psychischer Störungen ergibt, rechtfertigt Eignungszweifel und lässt die Entziehung der Fahrerlaubnis auch ohne vorherige MPU als rechtmäßig erscheinen. Der Betroffenen kann im Widerspruchsverfahren die Bedenken mit einem fachärztlichen Gutachten ausräumen, aus dem sich ergibt, dass ein in der Vergangenheit festgestelltes Krankheitsbild nicht mehr besteht.


Siehe auch Krankheiten und Fahrerlaubnis


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Der Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung des Antragsgegners vom 28. März 2007 wiederherzustellen
hat keinen Erfolg.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt unabhängig davon, ob die streitige Verfügung rechtmäßig ist, zu Lasten der Antragstellerin aus.

Dabei geht die Kammer zunächst davon aus, dass die Antragstellerin offenbar an psychischen Störungen gemäß Nr. 7 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) leidet, die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV eine ärztliche Abklärung erfordern. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Polizei in H. -Q. am 10. November 2006, die in der Kurzmitteilung der Polizei vom 12. November 2006 (Bl. 1 des Verwaltungsvorgangs) festgehalten worden sind und damals zu einer Unterbringung der Antragstellerin in der Psychiatrie geführt haben. Soweit der Antragsgegner auf Grund der polizeilichen Mitteilung, die Antragstellerin sei „stark alkoholisiert" gewesen und ein Atemalkoholtest habe nicht durchgeführt werden können, auf Alkoholmissbrauch im Sinne § 13 FeV geschlossen und deshalb eine medizinisch-psychologische Begutachtung (MPU) angeordnet hat, folgt dem die Kammer (derzeit) nicht, da nach Aktenlage keine konkrete Blutalkoholkonzentration festgestellt worden ist und möglicherweise auch andere (wie z. B. die in der Antragsschrift dargestellten oder ansonsten krankheitsbedingte) Ursachen für die Einschätzung der Polizei, die Antragstellerin sei „stark alkoholisiert" gewesen, in Betracht kommen können. Allerdings müsste die erforderliche psychiatrisch-fachärztliche Begutachtung auch den eingeräumten Alkoholkonsum sowie vorhandene ärztliche Stellungnahmen einschließlich des Berichts der damaligen Unterbringung berücksichtigen.

Wenn danach die Aufforderung des Antragsgegners vom 1. März 2007 zur Beibringung einer MPU unzutreffend gewesen sein dürfte - auf die weiteren in der Antragsschrift dargestellten möglichen formalen Mängel kommt es insoweit nicht mehr an -, so ist damit die Entziehungsverfügung vom 28. März 2007 nicht schon deshalb offensichtlich rechtswidrig und müsste der vorliegende Antrag Erfolg haben. Denn bei dem im November 2006 festgestellten akuten Krankheitsbild spricht manches dafür, dass (damals) die Voraussetzungen für eine Entziehung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) auch ohne vorherige Begutachtung vorgelegen haben dürften. Hinweise oder gar Belege dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin in der Zwischenzeit entscheidend verbessert haben könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass auch zur Zeit noch von einer fehlenden Eignung auszugehen sein könnte. Deshalb fällt die unabhängig von der Bewertung der Rechtmäßigkeit der Verfügung durch das Gericht selbständig vorzunehmende Interessenabwägung derzeit zu Lasten der Antragstellerin aus, da es vor einer gutachtlichen Abklärung nicht verantwortbar erscheint, im Interesse von Leben und Gesundheit der übrigen Verkehrsteilnehmer wie auch der Antragstellerin selbst diese am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.

Es bleibt der Antragstellerin vorbehalten, durch Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens im Widerspruchsverfahren nachzuweisen, dass Eignungsmängel nicht mehr vorliegen. ..."



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