Das Verkehrslexikon

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OLG Brandenburg Beschluss v. 18.02.2008 - 1 Ss (OWi) 266 B/07 - Urteil muss das Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die Messtoleranzen mitteilen

OLG Brandenburg v. 18.02.2008: Das Urteil muss das Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die Messtoleranzen mitteilen


Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 18.02.2008 - 1 Ss (OWi) 266 B/07) hat entschieden:
Der Tatrichter hat bei unter Einsatz von Messgeräten festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen das angewandte Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die zur Anwendung gekommenen Messtoleranzen in den Urteilsgründen mitzuteilen, um dem Rechtsmittelgericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerfrei festgestellt worden ist.


Siehe auch Geschwindigkeitsverstöße - Nachweis - standardisierte Messverfahren


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Gründe eines Urteils oder Beschlusses in Bußgeldsachen unterliegen keinen hohen Anforderungen (vgl. BGHSt 39, S. 291; BayObLG NZV 2003, S. 247; OLG Rostock DAR 2001, S. 421), so dass teilweise für ausreichend erachtet wird, den Begründungsaufwand auf das rechtsstaatlich unverzichtbare Maß zu beschränken (vgl. Cieniak NZV 1998, S. 293). Dennoch müssen die Gründe so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung der richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen der Bußgeldrichter getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anwendung von Nebenfolgen zugrunde liegen. Dabei wird der Bußgeldrichter auch bei einer Entscheidung im Beschlusswege nach § 72 OWiG von der Begründungspflicht grundsätzlich nicht entbunden. Die Anforderungen an die Begründung eines Beschlusses nach § 72 OWiG entsprechen im Wesentlichen denen eines Urteils. Eine unterschiedliche Form der Begründung ist deshalb nicht vorgesehen, weil der Beschluss nach § 72 OWiG mit dem gleichen Rechtsmittel angefochten werden kann wie das Urteil (vgl. schriftlicher Bericht des BT-Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, BTDrucks. V/2600, zu § 61); der Unterschied in der Anfechtungsmöglichkeit von Urteil und Beschluss besteht – abgesehen von § 79 Abs. 1 S. 1, Nr. 4, 5 OWiG – allein darin, dass gegen den Beschluss keine Zulassungsrechtsbeschwerde gegeben ist (vgl. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG).

Nach § 72 Abs. 6 OWiG ist der „Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheides“ nur dann zulässig, wenn die am Verfahren Beteiligten auf eine Begründung des Beschlusses verzichtet haben; ein solcher Verzicht liegt hier jedoch nicht vor. Darüber hinaus ist eine Bezugnahme auf den Bußgeldbescheid nicht zulässig (vgl. OLG Hamm NZV 2003, S. 295; OLG Düsseldorf wistra 1990, S. 78; KG DAR 1988, S. 102, Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 71 Rdnr. 41).

(2.) Die Urteilsgründe genügen auch hinsichtlich der Feststellungen zur gefahrenen Geschwindigkeit des Betroffenen nicht den höchstrichterlichen und obergerichtlichen Anforderungen. Der Tatrichter hat bei unter Einsatz von Messgeräten festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen das angewandte Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die zur Anwendung gekommenen Messtoleranzen in den Urteilsgründen mitzuteilen, um dem Rechtsmittelgericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerfrei festgestellt worden ist (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. beispielsweise Beschluss vom 12.11.2004 – 1 Ss (OWi) 210 B/04 –; Beschluss vom 30.1.2008 – 1 Ss (OWi) 305 B/07).

Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, mit welchem (standardisierten) Messverfahren die Geschwindigkeitsmessung durch Videodistanzauswertung vorgenommen wurde, noch über welche Strecke die Messung erfolgte, noch welche Toleranzwerte der Geschwindigkeitsberechnung zu Grunde gelegt wurden. Das Rechtsbeschwerdegericht kann daher nicht prüfen, ob die Messung über eine ausreichende Strecke erfolgte oder ob die für den Gerätetyp vom Hersteller vorgesehenen Toleranzen bei der Bestimmung der gefahrenen Geschwindigkeit zu Grunde gelegt wurden.

Die pauschale Bezugnahme auf die Beiakte kann die erforderlichen Feststellungen nicht ersetzen. ..."



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