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Amtsgericht Erfurt Urteil vom 25.02.2004 - 8 C 4499/03 - Autovermieter muss nicht über Normaltarif gegenüber dem Unfalltarif aufklären

AG Erfurt v. 25.02.2004: Autovermieter muss nicht über Normaltarif gegenüber dem Unfalltarif aufklären


Das Amtsgericht Erfurt (Urteil vom 25.02.2004 - 8 C 4499/03) hat entschieden:
Bewegt sich die Abweichung des Normaltarifs vom sog. Unfallersatztarif im Bereich des Marktüblichen, trifft den Autovermieter gegenüber dem unfallgeschädigten Mieter keine Aufklärungspflicht über ein eventuelles Ersatzrisiko gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer.


Siehe auch Mietwagen und Ersatz der Mietwagenkosten


Zum Sachverhalt: Der Beklagte mietete nach einem Unfall einen Mietwagen bei dem Kläger. Die Versicherung des Schädigers zahlte von verlangten Mietwagenkosten in Höhe von 1.684,20 EUR einen Betrag von 409,06 EUR auf Grund einer Sicherungsabtretung an die Mietwagenfirma. Auf die Klage des Mietwagenunternehmers verurteilte das Gericht den Geschädigten zur Zahlung der vollen Differenz.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Den Kläger trifft bereits keine Aufklärungspflichtverletzung im vorliegenden Fall: Ob der unfallgeschädigte Mietwagenkunde sich mehrfach über verschiedene Tarife erkundigen muß (so z. B. OLG Jena OLG-NL 1995, S. 221) oder ob der Geschädigte in der Praxis von solchen Pflichten freigestellt ist, mit der Folge, daß die Ersatzfähigkeit des Tarifs lediglich dann nicht mehr gegeben ist, wenn die geltend gemachten Mietwagenkosten beispielsweise 100 % über dem Marktüblichen liegen (so BGH NJW 1996, S. 1958 und OLG Düsseldorf N2V2000, S. 366) ist wie ersichtlich in der Rechtsprechung sehr umstritten. Angesichts dessen kann aber eine Aufklärungspflichtverletzung von Seiten des Mietwagenunternehmers nicht angenommen werden, da dieser sich jedenfalls auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH in der bereits zitierten Leitentscheidung berufen könnte. Da sich im Regelfall die Unfallersatztarife - wie hier der zwischen den Parteien streitige Tarif - jedoch im Rahmen des Marktüblichen halten, muß konsequenter Weise der Unfallersatztarif nicht nur im Verhältnis zwischen Versicherer und Geschädigtem, sondern auch zwischen Geschädigtem und Mietwagenunternehmer beansprucht werden können (ungeachtet der in Teilen tatsächlich fragwürdigen Argumentation der Mietwagenunternehmen zum höheren Verwaltungsaufwand bei Unfallersatztarifen). Würde man hier die Auffassung vertreten, der Mietwagenkunde und Unfallgeschädigte könne wegen einer Aufklärungspflichtverletzung einen Schadenersatzanspruch zur Aufrechnung stellen, stünde dies gerade im Widerspruch dazu, daß jedenfalls der BGH und ihm folgend Teile der Rechtsprechung (s. o.) dem Geschädigten gerade keine Marktforschung auflegen, sondern den Unfallersatztarif im Rahmen des Üblichen für erstattungsfähig halten.

Zwar betrifft insbesondere die zitierte Rechtsprechung des BGH zum Unfallersatztarif wie bereits ausgeführt unmittelbar lediglich das Verhältnis zwischen Geschädigtem und Versicherungsunternehmen. Jedoch ist hiermit im Ergebnis und in den Auswirkungen untrennbar nach Auffassung des Gerichtes auch das Verhältnis zwischen Mietwagenunternehmen und unfallgeschädigtem Kunden betroffen, so daß es hinsichtlich des Bestehens einer Aufklärungspflichtverletzung der einheitlichen Betrachtung bedarf. Aus diesem Grunde ist eine Aufklärung über verschiedene Tarife - solange sich der Unfallersatztarif noch im Rahmen der marktüblichen Konkurrenzangebote hält - nicht zu fordern.

Darüber hinaus ist nach Auffassung des Gerichtes die Kausalität eines solchen zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruches wegen behauptet fehlerhafter Beratung und Aufklärung zu bezweifeln: Wollte man dem Kläger als Mietwagenunternehmer eine solche Pflicht auferlegen, wäre davon auszugehen, daß dieser auf die (zum Teil jedenfalls) berechtigten Vorzüge des Unfallersatztarifs einerseits bzw. die Nachteile des Normaltarifs andererseits hinweisen würde (z. B. keine Kautionsstellung, keine Kilometerbegrenzung und geringerer Verwaltungsaufwand für den Mietwagenkunden etc. beim Unfallersatztarif). Unter dem Eindruck eines zuvor erlittenen Verkehrsunfalls ist es nicht unbedingt fern liegend, daß ein Kunde in diesem Fall sich dennoch bei unterstellter Aufklärung bewußt für einen Unfallersatztarif entscheiden mag. Von daher bleibt die Argumentation der beklagten Partei und der Streitverkündeten hypothetisch. ..."



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