Das Verkehrslexikon

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OLG Frankfurt am Main Urteil vom 08.07.1999 - 15 U 193/98 - Zur Haftungsverteilung bei einem Kfz-Unfall durch einen Zusammenstoß auf einem belebten Parkplatz

OLG Frankfurt am Main v. 08.07.1999: Zur Haftungsverteilung bei einem Kfz-Unfall durch einen Zusammenstoß auf einem belebten Parkplatz


Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.07.1999 - 15 U 193/98) hat entschieden:
Kommt es auf einem belebten Parkplatz eines Einkaufszentrums zu einem Zusammenstoß zwischen einem Wartepflichtigen und einem 27 km/h schnellen Vorfahrtberechtigten, so ist eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Wartepflichtigen gerechtfertigt.


Siehe auch Unfälle auf Parkgelände und Stichwörter zum Thema Halten und Parken


Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil ist nicht begründet. Das Landgericht hat in dem Urteil zu Recht angenommen, dass der streitgegenständliche Verkehrsunfall auch durch ein schuldhaftes Verhalten des Klägers mitverursacht wurde. Eine Ausgangsgeschwindigkeit des Klägers mit jedenfalls 27 km/h, wie sie sich nach den Ausführungen des Sachverständigen ... ergibt, ist angesichts der örtlichen Verhältnisse unangemessen hoch. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO hat der Fahrzeugführer seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßenverkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Die vorliegende Verkehrssituation ist zunächst dadurch gekennzeichnet, dass die Fahrstraße zu einem Parkplatzgelände gehört und zu beiden Seiten weitere Fahrwege zu unmittelbar auch an die Fahrstraße angrenzende Parkboxen führen. Bereits diese Situation erfordert eine vorsichtige Fahrweise, da mit rangierenden Fahrzeugen und Unaufmerksamkeiten von Fahrzeugführern, die auf Parkplatzsuche sind, jederzeit gerechnet werden muss. Zudem ist hier zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Unfall an einem Samstag kurz vor 12.00 Uhr stattfand. Üblicherweise herrscht zu diesem Zeitpunkt besonderer Andrang auf das ... dessen Parkplätze häufig nicht für alle Kunden ausreichen. Dies führt zu großem Verkehrsaufkommen und die Fahrzeugführer werden nicht nur durch die Parkplatzsuche abgelenkt, sondern neigen erfahrungsgemäß dazu, durch riskante und teils sogar rücksichtslose Fahrweise sich einen der frei gewordenen Parkplätze zu sichern. Ferner sind auf dem Parkplatzgelände eine Vielzahl von Fußgängern unterwegs, die teils vom Parkplatz dem Eingang des Einkaufszentrums zustreben, teils zu ihrem Fahrzeug, unter Umständen mit voll beladenen, schwer rangierbaren Einkaufswagen zurückkehren. Die hierdurch hervorgerufene Unübersichtlichkeit ist in der Nähe des Ein- und Ausgangs, also auch an der Unfallstelle besonders groß. Diese Verkehrssituation ist für einen Fahrzeugführer auf den ersten Blick erkennbar und nötigt zu einer äußerst besonnenen Fahrweise, die insbesondere dann, wenn -- wie hier -- in unmittelbarer Nähe Fußgänger die Fahrbahn kreuzen, nur bei Einhaltung von Schrittgeschwindigkeit bei steter Bremsbereitschaft (vgl. Kammergericht VM 1977, 23 ff) beachtet ist. Auch wenn der Beklagte zu 2) dem Kläger Vorrang zu gewähren hatte, überwiegt sein Verschulden bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung nicht so sehr, dass er mehr als 2/3 der Haftung zu tragen hätte. Das Landgericht hat der Klage deswegen zu Recht nur teilweise auf der Grundlage dieser Haftungsquote stattgegeben. Auf die zutreffenden Gründe dieser Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren nach § 97 I ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.