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BGH Urteil vom 01.02.1983 - VI ZR 152/81 - Zur Anordnung der Parteivernehmung bei Beweisnot des Beweisbelasteten

BGH v. 01.02.1983: Zur Anordnung der Parteivernehmung bei Beweisnot des Beweisbelasteten


Der BGH (Urteil vom 01.02.1983 - VI ZR 152/81) hat entschieden:
Wird eine Parteivernehmung beantragt, befindet sich die beweisbelastete Partei in Beweisnot und spricht für die Richtigkeit des Tatsachenvortrags dieser Partei eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dann ist der Tatrichter gehalten, in nachprüfbarer Weise darzulegen, weshalb er von einer Parteivernehmung abgesehen hat. Wenn eine Partei, die sich ansonsten in Beweisnot befinden würde, bereits einigen erheblichen Beweis für ihre Behauptungen erbracht hat, ist es u. U. angezeigt, sie auf eigenen Antrag oder sogar von Amts wegen als Partei gem. § 448 ZPO zur Richtigkeit ihres Sachvortrags zu vernehmen.


Siehe auch Parteivernehmung und Stichwörter zum Thema Beweisprobleme


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Wird eine Parteivernehmung beantragt, befindet sich die beweisbelastete Partei in Beweisnot und spricht für die Richtigkeit des Tatsachenvortrags dieser Partei eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dann ist der Tatrichter gehalten, in nachprüfbarer Weise darzulegen, weshalb er von einer Parteivernehmung abgesehen hat.

... Die Anwendung bzw. Nichtanwendung des § 448 ZPO beruht auf einer Ermessensentscheidung des Tatrichters ("kann"), doch handelt es sich hierbei nicht um "freies", sondern nur pflichtgemäßes Ermessen. Das Revisionsgericht kann nachprüfen, ob der Tatrichter sein Ermessen unsachgemäß ausgeübt, die ihm eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten hat oder es, falls eine Vernehmung nach § 448 ZPO in Betracht kam, überhaupt nicht hat walten lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.11.1974 - VI ZR 125/73 = VersR 75, 155 m. w. Nachw.).

Das Berufungsurteil lässt nicht erkennen, ob das Berufungsgericht die Frage der etwaigen Parteivernehmung des Kl. geprüft und - wenn ja - welche Erwägungen es bei der Ausübung seines Ermessens angestellt hat. Die Urteilsgründe äußern sich nicht zur Frage der Parteivernehmung. Nach Lage der Dinge hätte sich das Berufungsgericht aber im Entscheidungsfall mit der Anwendung des § 448 ZPO in den Urteilsgründen auseinandersetzen müssen. Zwar gebietet § 448 ZPO nicht in jedem Fall, in dem die Anwendung dieser Vorschrift in Betracht kommt, eine Darlegung der Gründe, die das Gericht bewogen haben, von der Möglichkeit der Parteivernehmung keinen Gebrauch zu machen (vgl. BGH vom 6.3.1957 - IV ZR 303/56 - LM ZPO § 448 Nr. (2). Wird jedoch - wie hier - eine Parteivernehmung beantragt, befindet sich die beweisbelastete Partei zudem in Beweisnot und spricht für die Richtigkeit des Tatsachenvortrags dieser Partei eine gewisse Wahrscheinlichkeit, ist der Tatrichter gehalten, in nachprüfbarer Weise darzulegen, weshalb er von einer Parteivernehmung abgesehen hat. Andernfalls sind weder die Parteien noch das Revisionsgericht in der Lage, die Ermessensausübung des Tatrichters nachzuprüfen."