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Amtsgericht Darmstadt Urteil vom 25.02.2009 - 311 C 194/0 - Zum Anspruch auf eine markengebundene Fachwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung

AG Darmstadt v. 25.02.2009: Zum Anspruch auf eine markengebundene Fachwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung


Das Amtsgericht Darmstadt (Urteil vom 25.02.2009 - 311 C 194/08) hat entschieden:
Der Geschädigte ist auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung berechtigt, den Schaden auf der Grundlage eines Gutachtens geltend zu machen, in dem der Sachverständige die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt. Da konkrete und fiktive Abrechnung dasselbe Ziel erreichen sollen, verbietet sich eine Differenzierung der erstattungsfähigen Reparaturkosten abhängig von der gewählten Abrechnungsart.


Siehe auch Stundenlohnsätze - Stundenverrechnungssätze einer Fachwerkstatt und Einzelne Schadenspositionen in der Unfallregulierung


Tatbestand:

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. § 313a I ZPO abgesehen. Gegen das Urteil ist unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig, weil die Berufungssumme nicht erreicht wird.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz wegen des ihm durch den Verkehrsunfall vom 8.4.2008 entstandenen Fahrzeugschadens in Höhe von 240,00 €. Es ist unstreitig, dass die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 100 % besteht.

Entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung ist der Kläger auch im Rahmen der von ihm gewählten fiktiven Schadensabrechnung berechtigt, den Schaden auf der Grundlage eines Gutachtens geltend zu machen, in dem der Sachverständige die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt zugrunde legt. Es ist unstreitig, dass der Sachverständige in dem der klägerischen Schadensberechnung zugrunde gelegten Gutachten von den Stundenverrechnungssätzen der örtlichen Mercedes-Benz-Niederlasssung ausgeht.

Die Beklagten ziehen aus der BGH-Entscheidung im „Porsche“-Fall ( BGH VI ZR 398/02), die sie zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung heranziehen, eine unrichtige Schlussfolgerung. Wenn in dieser Entscheidung der BGH feststellt, dass „ zwar … dem Berufungsgericht vom Ansatz her in der Auffassung beigetreten werden (kann), dass der Geschädigte, der mühelos eine o.w. zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss“…, so wird damit nicht die von den Beklagten beanspruchte generelle Verweisungsmöglichkeit an eine (nicht markengebundene) günstigere Fachwerkstatt bei fiktiver Abrechnung bejaht. Es bleibt nämlich offen, ob eine nicht markengebundene Fachwerkstatt überhaupt eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit bietet.

Der BGH hat in seiner Entscheidung dem zitierten Satz vorausgehend erneut klargestellt, dass nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon hat, ob er den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Es wird ausdrücklich die ständige Rechtsprechung aufrechterhalten, dass die fiktive Schadensabrechnung eine Ausprägung des Grundsatzes ist, dass der Geschädigte sowohl hinsichtlich der Wahl der Mittel für die Wiederherstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustandes als auch der Verwendung des Schadensersatzes frei ist. Da konkrete und fiktive Abrechnung dasselbe Ziel erreichen sollen, verbietet sich eine Differenzierung der erstattungsfähigen Reparaturkosten abhängig von der gewählten Abrechnungsart (so überzeugend RiAG Dr. Frank Zschieschack, NZV 2008, 326 ff.). Daraus folgt, dass die Argumentation der Beklagten, die dem Kläger für den Fall einer konkreten Abrechnung den vollen Schadensersatz auch bei Beauftragung einer markengebundenen Werkstatt anders als bei fiktiver Abrechnung zubilligen will, die gesetzlichen Grundlagen des Schadensersatzrechts missachtet. Gerade auf diesen Gesichtspunkt legt aber der BGH in der „Porsche“-Entscheidung besonderen Wert. Die Frage, ob der Geschädigte eine markengebundene Werkstatt beauftragen darf oder nicht, muss für konkrete und fiktive Abrechnung gleich entschieden werden.

Auf den von der Beklagten zur Begründung einer Verweisungsmöglickeit auf kostengünstigere Fachwerkstätten, die eine einwandfreie Reparatur ermöglichen, zu Unrecht zitierten Satz des BGH folgt im dortigen Urteil die Feststellung, dass die Höhe der im Gutachten zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze bei Reparatur in einer Porsche-Vertragswerkstatt unbestritten blieb. Damit wird nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch nur indirekt die Aussage getroffen, dass die Verweisung auf tatsächlich niedrigere Stundenverrechnungssätze in einer anderen zumutbaren auch markengebundenen Werkstatt unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht zulässig wäre.

Der BGH hat demnach in seiner Entscheidung lediglich klargestellt, dass die Abrechnung nach den in einem Sachverständigengutachten angesetzten Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Vertragswerkstatt nicht ausnahmslos zulässig ist, sondern immer der Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht zu beachten ist. Bei fiktiver Abrechnung genügt ein Sachverständigengutachten dann nicht den Anforderungen, wenn es unberücksichtigt lässt, dass im konkreten Schadensfall die konkrete zumutbare Möglichkeit einer kostengünstigeren Reparatur in einer anderen Markenwerkstatt nachgewiesen war. Die Verweisung auf eine günstigere Fachwerkstatt genügt nicht, um die Richtigkeit des Gutachtens in Zweifel zu ziehen.

Demnach war die Beklagte zu 2) vorliegend nicht berechtigt, den Betrag von 240,00 € abzuziehen, die sie wegen niedrigerer Stundensätze in einer anderen Fachwerkstatt von dem Betrag des Gutachtens des Sachverständigen abgezogen hat.

Nachdem die Hauptforderung begründet ist, hat der Kläger auch einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung, die in Höhe von 46,41 € für die außergerichtliche anwaltliche Geschäftsgebühr entstanden sind, sowie auf Verzugszinsen aus den §§ 280 II, 286 I, 288 I BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.