Das Verkehrslexikon

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OVG Münster Urteil vom 27.10.2009 - 9 A 2190/07 - Zur Maßgeblichkeit der Zulassungseintragungen für die zulässige Gesamtmasse einer Kombination bezüglich der Mautgebühr

OVG Münster v. 27.10.2009: Zur Maßgeblichkeit der Zulassungseintragungen für die zulässige Gesamtmasse einer Kombination bezüglich der Mautgebühr


Das OVG Münster (Urteil vom 27.10.2009 - 9 A 2190/07) hat entschieden:
Das nach § 1 ABMG für die Mautpflicht maßgebliche zulässige Gesamtgewicht eines Kraftfahrzeugs bzw. einer Fahrzeugkombination richtet sich nach der Eintragung in der Zulassungsbescheinigung. Ist im Fahrzeugschein bzw. in der Zulassungsbescheinigung Teil I einer Zugmaschine unter Nr. 33 (Bemerkungen) zu Nr. 15 (zulässiges Gesamtgewicht) eine Ablastung des zulässigen Zuggesamtgewichts des Sattelkraftfahrzeugs auf einen bestimmten Wert vermerkt, ist dieser Wert maßgeblich, nicht der sich nach § 34 Abs. 7 StVZO ergebende Wert für die Kombination aus Zugmaschine und Sattelauflieger.


Siehe auch Mautsystem - Mautgebühren - Mautdaten und Güterkraftverkehr


Tatbestand:

Die Klägerin stellt spezielle Sattelauflieger, insbesondere Tank- und Silowagen zum Transport von Flüssigkeiten und Schüttgütern her und liefert diese - leeren - Spezialanfertigungen mit eigenen Zugmaschinen an ihre Kunden aus. Am 12. April 2005 geriet die Fahrzeugkombination WL-.../WB-... der Klägerin bei einer solchen Überführungsfahrt auf der Bundesautobahn A 24 in eine Mautkontrolle des Bundesamtes für Güterverkehr (Bundesamt), ohne Maut entrichtet zu haben. Die Fahrzeugkombination bestand aus einer Sattelzugmaschine und einem Sattelauflieger. Ausweislich der Eintragungen im Fahrzeugschein betrug das zulässige Gesamtgewicht der Sattelzugmaschine 11.990 kg, ihr Leergewicht 5.300 kg und ihre Aufliegelast 6.690 kg. In dem Fahrzeugschein der Sattelzugmaschine befand sich unter Nr. 33 (Bemerkungen) am Ende zu Ziffer 15 (Zul. Gesamtgewicht) folgende Bemerkung: "Ablastung ohne technische Änderungen, zulässiges Zuggesamtgewicht Sattelkraftfahrzeug 11.990 kg". Des weiteren war - keiner Nummer eindeutig zugeordnet - die weitere Bemerkung aufgeführt: "Zulässiges Zuggesamtgewicht Sattelkraftfahrzeug 28.000 kg". Beide Bemerkungen befanden sich auch in dem Fahrzeugbrief der Sattelzugmaschine, wobei die letztgenannte Bemerkung durchgestrichen war. Der Sattelauflieger war ausweislich des zugehörigen Fahrzeugscheins mit einem Leergewicht von 4.200 kg, einer Aufliegelast von 34.300 kg, einer zulässigen Sattellast von 11.500 kg und einem zulässigen Gesamtgewicht von 38.500 kg zugelassen.

Mit Bescheid vom 28. April 2005 erhob das Bundesamt von der Klägerin für die Autobahnbenutzung am 12. April 2005 eine Maut von 9,99 EUR. Hiergegen legte die Klägerin rechtzeitig Widerspruch ein und machte geltend, die Benutzung der Autobahn mit der Fahrzeugkombination sei nicht mautpflichtig gewesen. Eine Mautpflicht bestehe erst ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 12 t. Aufgrund der Ablastung der Zugmaschine sei sichergestellt, dass das zulässige Gesamtgewicht auch der gesamten Fahrzeugkombination 11.990 kg nie überschreite.

Das Bundesamt wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Nacherhebungsbescheid mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005 zurück. Das zulässige Gesamtgewicht berechne sich bei Sattelkraftfahrzeugen ausschließlich nach § 34 Abs. 7 Nr. 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung (StVZO). Vorliegend ergebe sich danach ein über 12 t liegendes zulässiges Gesamtgewicht des Sattelzuges (11.990 kg + 38.500 kg - 11.500 kg = 38.990 kg). Die Ablastung müsse demgegenüber außer Betracht bleiben, da es auf das tatsächliche Gewicht der Fahrzeugkombination im Einzelfall nicht ankomme.

Die Klägerin hat rechtzeitig Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, aus § 34 Abs. 6 und 7 StVZO ergebe sich lediglich ein Grenzwert für das höchstzulässige Gesamtgewicht bei Fahrzeugkombinationen. Das amtlich für zulässig erklärte Gesamtgewicht könne auch niedriger liegen, wie § 42 Abs. 1 Nr. 3 StVZO zeige. Danach sei davon auszugehen, dass die Anhängelast hinter einem LKW durch das zulässige Gesamtgewicht des ziehenden Fahrzeugs begrenzt werde, jedenfalls aber durch den amtlich als zulässig erklärten Wert. Maßgeblich sei die Eintragung im Kraftfahrzeugschein der Zugmaschine.

Die Klägerin hat beantragt,
den Nacherhebungsbescheid vom 28. April 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, mit zulässigem Gesamtgewicht i.S.v. Art. 2 d) der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (RL 1999/62/EG) sei das technisch höchstmögliche, d.h. durch die Werkstoffbeanspruchung begrenzte, zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeugkombination gemeint. Die Mautpflicht hänge nicht vom tatsächlichen Gewicht einer Fahrzeugkombination ab, sondern vom zulässigen Gesamtgewicht, wie es sich aus den Eintragungen in den Fahrzeugpapieren der Sattelzugmaschine und des Sattelanhängers unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 7 StVZO ergebe. Eine pauschale Begrenzung des zulässigen Gesamtgewichts von Fahrzeugkombinationen durch eine Eintragung (nur) im Fahrzeugschein der Sattelzugmaschine sei nicht möglich. Sie bewirke keine Aufhebung des zulässigen Gesamtgewichts des Anhängers. Aus § 42 Abs. 1 Nr. 3 StVZO ergebe sich nichts anderes. Gegenstand dieser Bestimmung sei allein die begrenzte Anhängelast hinter Lastkraftwagen in Zügen. Gemeint sei nur die tatsächlich gezogene Anhängelast, nicht aber das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers. Die Ablastung der Zugmaschine besage nur, dass bei einem entsprechenden Leergewicht des ziehenden Fahrzeugs das (tatsächliche) Gewicht des Anhängers den Differenzbetrag zwischen dem Zuggesamtgewicht und dem Leergewicht der Zugmaschine nicht überschreiten dürfe. Dass die Klägerin aufgrund der Eintragung in den Fahrzeugpapieren gehalten sei, bei Beförderungen mit Anhänger auch tatsächlich kein höheres Gesamtgewicht zu erreichen, stehe der Annahme einer Mautpflicht nicht entgegen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Fahrzeugkombination sei mautpflichtig, weil ihr zulässiges Gesamtgewicht nicht weniger als 12 t betrage. Maßgeblich sei die Vorschrift des § 34 Abs. 3 Satz 2 StVZO. Sowohl das technisch zulässige Gesamtgewicht als auch das vom Gesetz zwecks Straßenschonung vorgegebene zulässige Gesamtgewicht lägen über 12 t. Letzteres errechne sich nach § 34 Abs. 7 Nr. 3 StVZO; die Ablastung ändere an dieser verordnungsrechtlich normierten Berechnung nichts. Eine amtliche Herabsetzung des zulässigen Gesamtgewichts einer Fahrzeugkombination ohne technische Änderungen und unter Außerachtlassung der Vorgaben des § 34 Abs. 7 Nr. 3 StVZO sei im Gesetz nicht vorgesehen. Wenn überhaupt, könne eine technisch nicht veranlasste Änderung des zulässigen Gesamtgewichts einer Fahrzeugkombination nur in der Weise vorgenommen werden, dass die zulässigen Gesamtgewichte von Sattelzug und Sattelauflieger jeweils einzeln amtlich herabgesetzt würden.

Mit der zugelassenen Berufung trägt die Klägerin ergänzend vor, Zweck der Begrenzung der Mautpflicht auf Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 12 t sei es, nur "schwere" Fahrzeuge der Mautpflicht zu unterwerfen. Ein solches Fahrzeug sei ihre Fahrzeugkombination aber nicht, da sie ein zulässiges Gesamtgewicht von 12 t nicht erreiche. Ein Verstoß gegen die in den Zulassungspapieren eingetragene Beschränkung stelle eine Ordnungswidrigkeit dar; außerdem verliere sie im Fall einer Zuwiderhandlung ihren Versicherungsschutz.

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und trägt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils ergänzend vor, es sei nicht Sinn und Zweck eines Fahrzeugscheins einer Sattelzugmaschine, das zulässige Gesamtgewicht einer mit ihr gebildeten Fahrzeugkombination abschließend verbindlich festzulegen. Darüber hinaus treffe der Fahrzeugschein schon deshalb keine eindeutige Aussage über das zulässige Gesamtgewicht eines mit der Sattelzugmaschine gebildeten Sattelkraftfahrzeugs, weil er zwei sich widersprechende Eintragungen aufweise. Sollte dennoch auf die Eintragung im Fahrzeugschein zu Ziffer 15 abzustellen sein, ergebe sich aus ihr lediglich, dass nur Auflieger mit einem maximalen Leergewicht von 6.740 kg transportiert werden dürften, so dass das Gesamtleergewicht der Fahrzeugkombination 11.990 kg nicht übersteige. Selbst wenn es der Klägerin infolge der Begrenzung des Zuggesamtgewichts nicht gestattet sein möge, bei der Bildung eines Sattelkraftfahrzeugs das Gesamtleergewicht von 11.990 kg zu überschreiten, ändere dies schließlich nichts daran, dass das zulässige Gesamtgewicht im Einzelfall darüber liegen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in den Verfahren 14 K 10004/03 (VG Köln) und 4 A 314/06 (VG Berlin) sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Der Klage ist stattzugeben, weil sie zulässig und begründet ist. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin ist nicht gemäß §§ 8 Abs. 1, 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge) - ABMG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3122) zur nachträglichen Entrichtung der Maut für die Autobahnbenutzung am 12. April 2005 verpflichtet. Ihre Fahrzeugkombination war nicht mautpflichtig, weil es sich nicht, wie von § 1 Abs. 1 ABMG vorausgesetzt, um ein Fahrzeug im Sinne des Art. 2 Buchstabe d) RL 1999/62/EG handelt. Danach ist "Fahrzeug" im Sinne der Richtlinie ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt ist und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 t beträgt. An der zuletzt genannten Voraussetzung fehlt es hier.

Die Fahrzeugkombination der Klägerin hatte kein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 t, weil dieses aufgrund der Eintragung im Fahrzeugschein unter Nr. 33 zu Ziffer 15 der Sattelzugmaschine auf 11.990 kg begrenzt war. Dort heißt es: "Ziff. 15: Ablastung ohne technische Änderungen, zulässiges Zuggesamtgewicht Sattelkraftfahrzeug 11.990 kg". Diese Eintragung und nicht das Ergebnis der in § 34 Abs. 7 StVZO vorgegebenen Berechnung ist für die Bestimmung des für die Mautpflicht maßgeblichen zulässigen Gesamtgewichts der Fahrzeugkombination der Klägerin ausschlaggebend.

1. Ob ein Fahrzeug ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 t hat, ergibt sich aus seiner Zulassungsbescheinigung (Zulassungsbescheinigung Teil I gemäß § 11 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV - bzw. Fahrzeugschein).
Vgl. hierzu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 34 Rdnr. 5; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Oktober 1991 - 5 Ss (OWi) 431/91 u.a. -, VRS 82, 233; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. April 1987 - 3 Ss 190/86 -, VRS 73, 213; OLG Koblenz, Beschluss vom 28. November 1979 - 1 Ss 628/79 -, VRS 59, 63; OLG Hamm, Beschluss vom 3. Oktober 1975 - 4 Ss OWi 847/75 -, VRS 51, 75; AG Freiburg, Urteil vom 7. April 1992 - 31 OWi 1107/91a -, juris.
Zwar wird diese Eintragung im Regelfall den in § 34 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 und 6 StVZO normierten Werten entsprechen. Abweichungen hiervon sind jedoch möglich, weil § 34 StVZO - unbeschadet der Regelung des § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO - lediglich die Höchstgrenzen vorgibt, die das zulässige Gesamtgewicht eines Fahrzeugs nicht überschreiten darf. Dort ist allgemein das amtlich zulässige (Höchst-)Gesamtgewicht für Fahrzeuge der jeweiligen Art geregelt, aber nicht abschließend das individuell zulässige Gesamtgewicht eines Fahrzeugs festgelegt. Das ergibt sich schon aus der Konzeption der Absätze 5 und 6 der Norm. Diese bestimmen, dass das zulässige Gesamtgewicht von Kraftfahrzeugen und Anhängern bzw. von Fahrzeugkombinationen die jeweils genannten Werte "nicht übersteigen" darf. Damit wird vorausgesetzt, dass es neben dem in § 34 Abs. 3 Satz 2 StVZO unter Bezugnahme u.a. auf die Absätze 5 und 6 definierten amtlichen zulässigen Gesamtgewicht ein fahrzeugbezogenes individuelles zulässiges Gesamtgewicht gibt.

Auch § 34 Abs. 7 StVZO trifft entgegen der Auffassung der Beklagten keine abschließende Regelung über das individuell zulässige Gesamtgewicht einer Fahrzeugkombination. Zwar finden sich dort Vorgaben für die Berechnung des zulässigen Gesamtgewichts einer jeden Fahrzeugkombination. Aus der Berechnung ergibt sich jedoch lediglich eine Größe, die - bis zu der durch § 34 Abs. 6 und 7 Satz 2 StVZO gezogenen Grenze - dem höchstmöglichen zulässigen Gesamtgewicht einer Fahrzeugkombination dieser Art entspricht. Weder ist § 34 Abs. 7 StVZO ein Rechtssatz zu entnehmen, dass allein dieses Gewicht als zulässiges Gesamtgewicht der jeweiligen Fahrzeugkombination festgesetzt werden darf, noch wird dies, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, in der Praxis so gehandhabt.

Die Zulassungsbehörde hat unter Beachtung der verordnungsrechtlichen Vorgaben für die Ermittlung des (höchst-)zulässigen Gesamtgewichts das zulässige Gesamtgewicht des einzelnen Fahrzeuges zu ermitteln und in die Zulassungsbescheinigung einzutragen. Dabei ist sie, wenn insoweit Einvernehmen mit dem betroffenen Halter besteht, nicht verpflichtet, die Höchstgrenzen auszuschöpfen, sondern kann auch ein niedrigeres zulässiges Gesamtgewicht eintragen. Es entspricht allgemeiner Verwaltungspraxis, Fahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen "abzulasten", d.h., ein niedrigeres als nach § 34 StVZO mögliches zulässiges Gesamtgewicht in die Zulassungsbescheinigung einzutragen. (Auch) eine solche Eintragung legt verbindlich das zulässige Gesamtgewicht des jeweiligen Fahrzeugs fest.
Vgl. Hentschel, a.a.O., § 34 Rdnr. 5; für die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit: OLG Koblenz, Beschluss vom 28. November 1979 - 1 Ss 628/79 -, a.a.O. und AG Freiburg, Urteil vom 7. April 1992 - 31 OWi 1107/91a -, a.a.O.; für die steuerrechtliche Einstufung: FG München, Urteil vom 6. Januar 1996 - 4 K 2056/96 -, juris, sowie ferner (zur Ablastung von Lastkraftwagen, die für Fahrschulbereiche verwendet werden) Erlass des Finanzministeriums NRW vom 22. März 1988 - S 6120-6-V A 1 -, juris.
Es entspricht dem Sinn und Zweck der RL 1999/62/EG und des Autobahnmautgesetzes, dass die Eintragung einer rechtsverbindlichen Ablastung auch das für die Mautpflicht maßgebliche zulässige Gesamtgewicht eines Fahrzeugs bestimmt. Durch die Differenzierung nach dem "zulässigen Gesamtgewicht" haben Richtlinien- und Gesetzgeber ein normatives Abgrenzungskriterium gewählt. Danach sollen nur diejenigen LKW mautpflichtig sein, die (rechtlich) ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 t erreichen dürfen. Diese rechtliche Möglichkeit ist bei Fahrzeugen, die auf ein zulässiges Gesamtgewicht unter 12 t abgelastet sind, gerade nicht gegeben. Ob sie aufgrund ihrer Konstruktion bei entsprechender Beladung ein solches Gewicht erreichen könnten, ist für das Bestehen der Mautpflicht irrelevant. So wie es nach der Konzeption der RL 1999/62/EG und des Autobahnmautgesetzes nicht darauf ankommt, ob der Autobahnbenutzer das zulässige Gesamtgewicht seines LKW von 12 t tatsächlich nicht ausschöpft (die Mautpflicht bleibt bestehen), beurteilt sich die Mautpflicht auch nicht danach, ob er tatsächlich mehr als das unter 12 t liegende zugelassene Gesamtgewicht erreichen könnte und ihm dies lediglich rechtlich verwehrt ist (keine Mautpflicht).

2. Die Fahrzeugkombination der Klägerin ist nach diesen Grundsätzen auf 11.990 kg abgelastet.

a) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass an der Sattelzugmaschine der Klägerin keine technischen Änderungen vorgenommen worden sind. Aus § 34 StVZO lässt sich nicht herleiten, dass eine Ablastung nur bei technischen Änderungen zulässig ist; eine einheitliche gegenteilige Verwaltungspraxis ist nicht (mehr) ersichtlich.
Vgl. hierzu Braun/Konitzer, StVZO, Technischer Kommentar, Ordner 1, Stand: 1. Mai 2009, § 34 Rdnr. 13; a.A., unter Bezugnahme auf BMV VBl 56, 368, Hentschel, a.a.O., § 34 Rdnr. 5.
Eine Ablastung kann danach auch (nur) auf Wunsch des Halters eingetragen werden. Motiv für ein solches Begehren können etwa steuerliche oder fahrerlaubnisrechtliche Belange sein. Eine Ablastung scheidet in diesen oder vergleichbaren Fällen allerdings aus, wenn sich das Fahrzeug unter Zugrundelegung des abgelasteten zulässigen Gesamtgewichts nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr sinnvoll im Straßenverkehr einsetzen lässt. Letzteres ist hier angesichts der Tätigkeit der Klägerin, in deren Rahmen sie lediglich unbeladene Auflieger transportiert, nicht der Fall.

b) Die Eintragung "zulässiges Zuggesamtgewicht Sattelkraftfahrzeug 11.990 kg" zu Ziffer 15 in der Zulassungsbescheinigung der Sattelzugmaschine ist entgegen der Auffassung der Beklagten geeignet, die Fahrzeugkombination abzulasten.

Dem Fahrzeugschein ist zunächst mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, dass die Ablastung auf 11.990 kg die maßgebliche Gewichtsbegrenzung ist. Dass sich in dem Fahrzeugschein die weitere Eintragung "Zulässiges Zuggesamtgewicht Sattelkraftfahrzeug 28.000 kg" befindet, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Insbesondere ist der Fahrzeugschein aufgrund dieser weiteren Eintragung nicht widersprüchlich. Während diese keiner Ziffer eindeutig zugeordnet ist, bezieht sich die Eintragung der Ablastung ausdrücklich auf Ziffer 15 und trifft damit (allein) eine Aussage über das zulässige Gesamtgewicht. Hielte man die Angaben in dem Fahrzeugschein dennoch für widersprüchlich, wäre zu seiner Auslegung der Fahrzeugbrief heranzuziehen. Jedenfalls aus diesem ergäbe sich, dass nur die Ablastung auf 11.990 kg verbindlich ist, weil im Fahrzeugbrief die andere Eintragung durchgestrichen ist.

Die Eintragung der Ablastung bezieht sich nicht lediglich auf das zulässige Leer- oder Eigengewicht der zu bildenden Fahrzeugkombination. Die Beklagte hat ihre gegenteilige Behauptung nicht näher erläutert und belegt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Formulierung "zulässiges (Zug)Gesamtgewicht" entgegen der sonst üblichen Verwendung nicht auf den beladenen Zustand bezieht. Das gilt umso mehr, als sich die Bemerkung zur Ablastung ausdrücklich auf Ziffer 15 und damit das dort festgelegte zulässige Gesamtgewicht bezieht, unter dem auch die Beklagte die Summe von Leergewicht und Ladung eines Kraftfahrzeugs versteht.

Obgleich die Eintragung nur in der Zulassungsbescheinigung der Sattelzugmaschine vermerkt ist, bewirkt sie eine Ablastung der gesamten Fahrzeugkombination. Denn die Eintragung besagt, dass jede mit der Sattelzugmaschine WL-FB 310 gebildete Fahrzeugkombination auf ein zulässiges Gesamtgewicht von 11.990 kg beschränkt ist.

Anhang 1 VI. (F.3) der Richtlinie 1999/37/EG des Rates vom 29. April 1999 über Zulassungsdokumente für Fahrzeuge zeigt, dass Zulassungsbescheinigungen nicht nur Angaben zu dem einzelnen Fahrzeug, sondern auch Angaben zum zulässigen Gesamtgewicht von Fahrzeugkombinationen enthalten können.

Es handelt sich dabei um eine abstrakte Beschränkung, die aber zugleich, weil sie sich auf jede Fahrzeugkombination erstreckt, den Bestimmtheitsanforderungen genügt. Zwar trifft es zu, dass sich die Eintragung in einer Zulassungsbescheinigung zunächst nur auf das Fahrzeug bezieht, für das die Bescheinigung erteilt ist. Durch die Kombination einer Sattelzugmaschine mit einem Sattelauflieger wird jedoch eine neue, als Einheit zu beurteilende Fahrzeugkombination (Sattelkraftfahrzeug) gebildet.
vgl. BayObLG, Beschluss vom 26. Februar 1999 - 2 ObOWi 38/99 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 31. August 1984 - 3 Ss 449/84 -, VRS 67, 385.
Die zulässigen Gesamtgewichte ihrer Einzelfahrzeuge sind für sich genommen nicht mehr von Bedeutung, weil es auf das zulässige Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeugs ankommt. Dieses verfügt nicht über eine Zulassungsbescheinigung, in die sein zulässiges Gesamtgewicht eingetragen werden könnte. Soll es abgelastet werden, ist dies nicht nur durch Ablastung von Auflieger und Zugmaschine möglich, sondern auch durch Eintragung einer sich auf den Betrieb als Sattelkraftfahrzeug beziehenden Ablastung in der Zulassungsbescheinigung der Zugmaschine. Eine andere Vorgehensweise wäre in Fällen wie dem Vorliegenden im Übrigen nicht praktikabel, da die Klägerin die Sattelauflieger lediglich an die Kunden ausliefert. Dass die Addition nach § 34 Abs. 7 StVZO mangels Ablastung des jeweiligen Sattelaufliegers ein höheres "zulässiges Gesamtgewicht" der Fahrzeugkombination ergibt, ist rechtlich nicht von Belang. Diese Vorschrift und die dort in Bezug genommenen Höchstwerte des § 34 Abs. 6 StVZO sind hinsichtlich des individuellen zulässigen Gesamtgewichts des Fahrzeugs, wie bereits dargelegt, nicht maßgeblich, wenn sich - wie hier - aus der Zulassungsbescheinigung etwas anderes ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.