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Landgericht Paderborn Urteil vom 17.09.2009 - 5 S 3/09 - Zur Haftung für eine Beschädigung in der Autowaschanlage bei tiefer gelegten Fahrzeug

LG Paderborn v. 17.09.2009: Zur Haftung für eine Beschädigung in der Autowaschanlage bei tiefer gelegten Fahrzeug


Das Landgericht Paderborn (Urteil vom 17.09.2009 - 5 S 3/09) hat entschieden:
Ist nicht auszuschließen, dass eine Beschädigung eines Fahrzeugs in einer Autowaschanlage darauf beruht, dass es tiefer gelegt ist, kommt der Fahrzeugeigentümer seiner Beweislast für einen Fehler im Haftungsbereich des Waschanlagenbetreibers nicht nach. Nach den Vorgaben der StVZO muss ein Fahrzeug - ohne Schaden nehmen zu können – Bodenhindernisse von einer Höhe von 110 mm und einer Breite von 80 mm überfahren können. Mit diesen Vorgaben begründet sich – unter weiterer Einrechnung einer Toleranz – der Abstand der Lichtschranke von 8 cm vom Bodenniveau. Der PKW, der die Vorgaben der StVZO nicht einhält, unterbricht jedoch zwangsläufig die Lichtschranke, was das Herausfahren der Radwaschbürsten auslöst.


Siehe auch Fahrzeugbeschädigung in der Autowaschanlage und Stichwörter zum Thema Schadensersatz


Entscheidungsgründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 2, 313a ZPO abgesehen.


II.

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Der aus mehreren Anspruchsgrundlagen denkbare Schadensersatzanspruch des Klägers scheitert jeweils daran, dass die für alle Ansprüche erforderliche Pflichtverletzung des Beklagten nicht erwiesen ist.

1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes kann die Pflichtverletzung des Beklagten nicht aus einer Fehlfunktion der Waschanlage hergeleitet werden. Denn diese ist nicht erwiesen. Insbesondere kann nicht aus dem Herausfahren der Radwaschbürste zwingend auf eine solche Fehlfunktion geschlossen werden. 1. Grundsätzlich trägt der Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine Pflichtverletzung begangen hat. Abweichend von dieser Beweislastverteilung erkennt die Rechtssprechung an, dass ausnahmsweise unmittelbar von dem Eintritt eines Schadensfalls auf eine Pflichtverletzung des Handelnden geschlossen werden kann, wenn der Gläubiger darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann (vgl. OLG Hamm, 12 O 170/01). Hier ist es auch durchaus denkbar, dass der Schaden am PKW des Klägers auf eine Fehlfunktion der Waschanlage – etwa einen Programmierfehler – zurückgeführt werden kann. Genauso sind jedoch Schadensursachen nicht auszuschließen, die dem Verantwortungsbereich des Klägers selbst entstammen. Der Sachverständige … hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Radwaschbürste bei Unterbrechung der mit ihr verbundenen Lichtschranke herausfährt. Regelmäßig soll die Lichtschranke dann unterbrochen werden, wenn das Vorderrad des Fahrzeuges vom Lichtstrahl erfasst wird. Nach einer kurzen zeitlichen Verzögerung fährt sodann die Radwaschbürste aus und reinigt die Vorderräder. Die Lichtschranke kann jedoch auch auf andere Weise als durch das Vorderrad unterbrochen werden. Dafür kommen beispielsweise Gegenstände in Betracht, die unter dem Fahrzeug klemmen. Nicht auszuschließen ist hier aber auch ein Auslösen der Lichtschranke durch die Tieferlegung des Fahrzeuges selbst. Die genaue Lichtschrankentechnik konnte hier von dem Sachverständigen nicht mehr überprüft werden, da Veränderungen an der Waschanlage vorgenommen worden sind. Üblicherweise befindet sich die Lichtschranke aber rund 8 cm über dem Bodenniveau.

Dies reicht aus, um auch eine Schürze von solchen PKWs zu unterfahren, die tiefer gelegt sind. Nach den Vorgaben der StVZO muss ein Fahrzeug - ohne Schaden nehmen zu können – Bodenhindernisse von einer Höhe von 110 mm und einer Breite von 80 mm überfahren können. Mit diesen Vorgaben begründet sich – unter weiterer Einrechnung einer Toleranz – der Abstand der Lichtschranke von 8 cm vom Bodenniveau. Der PKW, der die Vorgaben der StVZO nicht einhält, unterbricht jedoch zwangsläufig die Lichtschranke, was das Herausfahren der Radwaschbürsten auslöst. Ob nun der Kläger mit dem tiefer gelegten Fahrzeug die Vorgabe der StVZO eingehalten hat oder nicht, lässt sich sachverständigenseits nicht mehr klären. Das Fahrzeug ist weiterveräußert und steht insoweit nicht mehr für eine Untersuchung zur Verfügung. Auch aus dem Umstand, dass die Veränderungen abgenommen und die Papiere des Fahrzeuges eingetragen wurden, kann nicht zwangsläufig entnommen werden, dass die Vorgaben der StVZO eingehalten worden sind. Auch dies hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung plausibel erläutert. Sollten tatsächlich die Vorgaben der StVZO nicht eingehalten worden sein, so läge die Schadensursache in der Sphäre des Klägers. Denn der Waschstraßenbetreiber kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Vorschriften von den Kunden eingehalten worden sind. Da dies ungeklärt ist kann sich der Kläger mithin auf die von der Rechtssprechung entwickelte Beweiserleichterung nicht berufen.

2. Auch den Vollbeweis, dass der Schadensfall auf eine technische Fehlfunktion zurückzuführen ist, hat der Kläger nicht erbracht. Allerdings hat der Zeuge … in seiner von der 1. Instanz durchgeführten Vernehmung bekundet, dass nur die linke Radbürste herausgefahren sei. Dieser Umstand ließe sich mit der vom Sachverständigen als möglich geschilderten Schadensursache – der Unterbrechung der Lichtschranke – nicht in Einklang bringen, da dann zwangsläufig auch die rechte Bürste zugleich herausgefahren wird. Der Sachverständige hat jedoch nachvollziehbar bekundet, dass der Zeuge … vom Fahrersitz aus gar nicht beobachten konnte, ob die rechte Waschbürste herausgefahren ist, da sich diese außerhalb seines Einsichtsbereichs befindet.

Dass nach dem Schadensfall die linke Waschbürste ausgefahren blieb, während die rechte in der Grundstellung angetroffen wurde, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse zu. Denn durch den Schadensfall ist die linke Radwaschbürste verbogen worden, was sich aus dem späteren Reparaturprotokoll ergibt. Dieses Verbiegen verhindert ein Wiedereinfahren der linken Radwaschbürste. Die rechte Bürste ist demgegenüber nicht beschädigt worden, sodass sie auch nach dem Schadensfall von der Waschanlage wieder zurückgefahren worden sein kann. Auch der Umstand, dass die linke Radwaschbürste verbogen worden ist und die rechte unbeschädigt blieb, steht der vom Sachverständigen geschilderten Möglichkeit des Geschehensablaufs nicht entgegen. Die Radwaschbürste verbiegt dann, wenn die Halterung dem ausgeübten Druck auf das Fahrzeug nicht standhalten kann. Der Druck hängt wiederum davon ab, in welchem Abstand sich das Fahrzeug von der Radwaschbürste in der Grundstellung befindet. Wird das Fahrzeug genau mittig in die Waschanlage eingefahren, so ist davon auszugehen, dass sich das Geschehen auf beide Radwaschbürsten gleichermaßen auswirkt. Dem Nutzer einer Waschanlage ist es jedoch kaum möglich, das Fahrzeug genau in die Mitte hineinzufahren. Schon ein seitliches Versetzen des Fahrzeuges im optisch für den Fahrer kaum wahrnehmbaren Bereich, kann jedoch die hier vorgefundenen Schadensfolgen für die Waschanlage nach den schlüssigen und plausiblen Erklärungen des Sachverständigen hervorrufen. Weiterhin ist zwar zutreffend, dass auch bei einem Herausfahren der rechten Waschbürste zumindest mit geringfügigen Lackschäden an der rechten Fahrzeugseite des PKWs des Klägers zu rechnen gewesen wäre. Dass diese nicht festgestellt wurden, spricht jedoch ebenfalls nicht gegen diese geschilderte Sachverhaltsvariante. Denn nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen springen diese optisch nicht sogleich ins Auge. Es ist deshalb durchaus nicht ausgeschlossen, dass solche geringfügigen Schäden übersehen wurden. Schließlich ergibt sich aus dem Montagebericht ebenfalls kein Hinweis, der zur Klärung des Sachverhalts hinzugezogen werden kann. Ein etwaiger Programmfehler wird dort nicht aufgeführt. Lediglich die Reparatur der linken Radwaschbürste ist erwähnt. Nach alldem ist auch der dem Kläger obliegende Vollbeweis einer technischen Fehlfunktion nicht gelungen, sodass eine diesbezügliche Pflichtverletzung nicht festgestellt werden kann.


II.

Der Beklagte hat auch nicht gegen eine gebotene Hinweispflicht verstoßen.

1. Der Betreiber einer Waschanlage ist nicht gehalten darauf hinweisen, dass bei Nichteinhaltung der Vorschriften der StVZO Schäden für das Fahrzeug in der Waschstraße drohen. Vielmehr kann er darauf vertrauen, dass von den eingefahrenen Fahrzeugen die maßgeblichen Vorschriften auch beachtet werden. Die Einhaltung dieser Vorgaben obliegt allein dem Waschstraßennutzer, deshalb muss der Waschstraßenbetreiber auch die Fahrzeuge keiner Untersuchung dahingehend unterziehen.

2. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte gehalten war, durch einen Hinweis die Kunden darüber aufzuklären, dass von ggfls. unter dem Fahrzeug klemmenden Gegenständen eine Lichtschranke ausgelöst werden kann und deshalb ein Schadenseintritt zu befürchten ist. Selbst wenn man eine so weit gehende Hinweispflicht konzipieren wollte, wäre das Unterlassen des Hinweises für den hiesigen Schadenseintritt jedenfalls nicht kausal. Denn ebenso wie es nicht erwiesen ist, ob die Lichtschranke durch das Tieferlegen des Fahrzeuges ausgelöst worden ist, ist es nicht erwiesen, dass ein unter dem Fahrzeug klemmender Gegenstand die Lichtschranke ausgelöst hat. Da dies offen bleibt, lässt sich auch nicht feststellen, ob durch einen dahingehenden Hinweis der Schaden vermieden worden wäre.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.