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BGH Urteil vom 04.12.1986 - III ZR 51/85 - Zur Bindung des Rechtsanwalts an einen einseitig aus "Kulanz" gewährten Gebührennachlass und zu einem unzulässigen Erfolgshonorar

BGH v. 04.12.1986: Zur Bindung des Rechtsanwalts an einen einseitig aus "Kulanz" gewährten Gebührennachlass und zu einem unzulässigen Erfolgshonorar




Der BGH (Urteil vom 04.12.1986 - III ZR 51/85) hat entschieden:

  1.  Zur Bindung des Rechtsanwalts an einen einseitig aus "Kulanz" gewährten Gebührennachlass.

  2.  Verpflichtet sich der Rechtsanwalt zur Rückzahlung eines Teils der vereinbarten Vergütung, falls ein bestimmter Erfolg seiner anwaltlichen Tätigkeit nicht eintritt (hier: Herabsetzung der Steuerschuld um einen bestimmten Betrag), so ist dies als unzulässige Erfolgshonorarvereinbarung nichtig.


Siehe auch
Honorarvereinbarung
und
Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten

Tatbestand:


Der Kläger, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, war für den Beklagten ab September 1978 in Steuersachen und in einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung tätig. Die Parteien streiten über die dem Kläger dafür zustehende Vergütung.

Die Parteien unterzeichneten am 13. September 1978 zwei Honorarvereinbarungen. Danach sollte der Kläger in der Steuerangelegenheit (Nachversteuerung 1970 bis einschließlich 1977) für deren gesamte Erledigung 40.000,00 DM erhalten. In der Strafsache vereinbarten die Parteien neben den gesetzlichen Gebühren ein Honorar von 7.000,00 DM, wobei Auslagen, Reisekosten, Tagegelder, Abwesenheitsgelder, Umsatzsteuer und dergleichen daneben gesondert zu zahlen waren.

Am 13. Dezember 1978 unterzeichneten die Parteien eine weitere Vereinbarung, in der es heißt:

  1.  (Der Beklagte) zahlt umgehend 40.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer an (den Kläger) laut der mit diesem am 13. September 1978 abgeschlossenen Honorarvereinbarung.

Die Zahlung erfolgt dergestalt, dass (der Kläger) ermächtigt wird, ...

  2.  (Der Kläger) verpflichtet sich, von den gezahlten Gebühren einen Teilbetrag von 15.000,00 DM an (den Beklagten) zurückzuzahlen, sofern nicht die bei dem Finanzamt T. angestrebte Herabsetzung der bislang festgesetzten Steuern um ca. 300.000,00 DM durchgesetzt werden kann."

Der Kläger unterschrieb ferner auf einem gesonderten Blatt:

   "42.400,00 DM ... gehen von ... herunter .... Hiermit sind auch Strafkosten-Sachen abgegolten!"

Die vorgenannten 42.400,00 DM (40.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) hat der Kläger erhalten.




Im August 1979 berechnete der Kläger dem Beklagten nach näherer Maßgabe eines Schreibens vom 22. August 1979 für die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten 1978 und für verschiedene Auslagen pauschal 6.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt 6.390,00 DM.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten zunächst auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen in Anspruch genommen. Später hat er die Klage erweitert und Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 8.319,78 DM nebst Zinsen beantragt.

Der Beklagte ist dem Klageanspruch entgegengetreten, hat hilfsweise mit Rückzahlungsansprüchen aufgerechnet und im Wege der Widerklage Zahlung von 15.900,00 DM (15.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) nebst Zinsen verlangt. Er hat sein Begehren in erster Linie auf Bereicherung und hilfsweise auf einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch aus der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 gestützt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 11.284,22 DM nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage (mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen) stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Mit der zugelassenen Revision, die der Kläger zurückzuweisen begehrt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.




Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat der Klage in der zuletzt geltend gemachten Höhe von 8.319,78 DM stattgegeben. Es hat dem Kläger für die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten des Beklagten im Jahre 1978 einen Gebührenanspruch von 6.613,65 DM zuerkannt, außerdem an Auslagen in der Strafsache 709,40 DM und weitere 996,73 DM, die der Kläger für den Beklagten darlehensweise und aus persönlichen Gründen bar ausgelegt hatte. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Klageforderung hat das Berufungsgericht für unbegründet erachtet. Dadurch, dass der Kläger dem Beklagten für diese Ansprüche ursprünglich nur 6.000,00 DM pauschal zuzüglich Mehrwertsteuer berechnet habe, sei er nicht gehindert gewesen, nunmehr den vollen Betrag von 8.319,78 DM zu fordern. Den Hilfsaufrechnungseinwand habe der Beklagte spätestens mit der Erhebung der Widerklage stillschweigend fallengelassen.

Das Berufungsgericht hat die Widerklage abgewiesen, weil dem Beklagten gegen den Kläger weder aus ungerechtfertigter Bereicherung noch aufgrund vertraglicher Vereinbarung ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Honorars zustehe. Die zwischen den Parteien am 13. September und 13. Dezember 1978 getroffenen Honorarvereinbarungen seien wirksam. Es liege keine nichtige Erfolgshonorarvereinbarung, sondern lediglich eine Zusage des Klägers vor, unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich auf einen Teil seiner Gebühren zu verzichten. Der Beklagte habe indes nicht hinreichend dargetan, dass die in der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 geregelten Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs vorlägen.




II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

1. Die Klage ist begründet.

a) Die Revision wendet sich nicht gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, soweit dieses gesetzliche Gebühren- und Auslagenansprüche des Klägers in Höhe von zusammen 8.319,78 DM errechnet hat. Ein Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten ist insoweit auch nicht ersichtlich.

b) Entgegen der Annahme der Revision war der Kläger dadurch, dass er dem Beklagten im August 1979 als restlichen Honoraranspruch zunächst nur einen Pauschalbetrag von 6.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung stellte, nicht gehindert, im Wege der Klageerhöhung seine gesetzlich begründeten Forderungen in voller Höhe geltend zu machen. Eine den Kläger bindende Bestimmung seines Entgelts, wie die Revision meint, lag nicht vor.

Die Vergütung des Rechtsanwalts für seine Berufstätigkeit bemisst sich nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, der die jeweilige Höhe der Vergütung zu entnehmen ist (vgl. § 1 Abs. 1 BRAGO). Eine einseitige Bestimmung der Höhe des Honorars durch den Rechtsanwalt ist regelmäßig ausgeschlossen (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 BRAGO). Sie kommt nur in Betracht, soweit die Vorschriften der BRAGO dies ausdrücklich anordnen. Nach § 12 Abs. 1 BRAGO ist dem Rechtsanwalt bei Rahmengebühren ein solches Bestimmungsrecht übertragen, d. h. es obliegt ihm, die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen. An die Ausübung des Ermessens und an die von ihm getroffene Bestimmung der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist der Rechtsanwalt dann grundsätzlich gebunden (vgl. Gerold/Schmidt BRAGO 8. Aufl. § 12 Rdn. 4).

Hier hat der Kläger sein Ermessen dahin ausgeübt, dass er in seinem Schreiben vom 22. August 1979 bei der Bestimmung der Gebühren nach § 118 BRAGO ausdrücklich jeweils die Höchstgebühr von zehn Zehnteln der vollen Gebühr angesetzt hat. Daran ist er gebunden und dabei ist er auch geblieben.




Entgegen der Auffassung der Revision ist diese Bindung auf das Bestimmungsrecht des Klägers nach § 12 Abs. 1 BRAGO, hier im Rahmen des § 118 BRAGO, beschränkt. Sie erstreckt sich nicht auch darauf, dass der Kläger dem Beklagten in dem Schreiben vom 22. August 1979 nach Berechnung eines Anspruchs von insgesamt 7.150,13 DM "aus Kulanzgründen" lediglich pauschal 6.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Eine solche Bindung würde bedeuten, dass der Rechtsanwalt durch einseitige Erklärung auf einen Teil der ihm zustehenden Vergütung, deren Höhe gesetzlich bestimmt ist, verzichtete.

Ein derartiger einseitiger Verzicht auf einen schuldrechtlichen Anspruch mit rechtlicher Bindung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner ist dem Gesetz fremd. Erforderlich ist vielmehr der Abschluss eines Erlassvertrages (vgl. § 397 BGB), der auch formlos erfolgen kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die einen Rechtsfehler nicht erkennen lassen, ist ein solcher Vertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Sein Abschluss wird vom Beklagten auch nicht behauptet. In der Erklärung des Klägers, dem Beklagten von der im einzelnen berechneten gesetzlichen Vergütung nur einen geringeren Betrag pauschal in Rechnung zu stellen, liegt zwar das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden (Teil-)Erlassvertrages. Dieses Angebot hat der Beklagte, der dem Kläger nichts zu schulden behauptet, jedoch weder ausdrücklich noch stillschweigend angenommen. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob das Angebot des Klägers gegen die anwaltlichen Standesrichtlinien verstößt, nach denen es dem Rechtsanwalt grundsätzlich versagt und nur unter besonderen Umständen gestattet ist, geringere als die in der BRAGO vorgesehenen Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern (vgl. § 51 der Standesrichtlinien sowie Senatsurteil vom 19. Juni 1980 - III ZR 91/79 = BGHWarn 1980 Nr. 165 = NJW 1980, 2407).

Da die Abrechnung des Klägers vom 22. August 1979 für den Fall von Einwendungen des Beklagten gegen die Gebührenansätze des Klägers einen entsprechenden Vorbehalt enthält, liegt es auch nicht so (vgl. das vorgenannte Senatsurteil aaO m. w. Nachw.), dass der Kläger mit seinem jetzigen Honorarverlangen gegen Treu und Glauben verstößt.

Der Kläger war an seine Abrechnung auch nicht insoweit gebunden, als er seinem Vergütungsanspruch teilweise einen zu geringen Streitwert zugrunde gelegt und Auslagenpauschalen nicht angesetzt hatte. Der Rechtsanwalt kann irrtümlich nicht geltend gemachte Gebühren und Auslagen grundsätzlich nachfordern (vgl. Hartmann Kostengesetze 21. Aufl. BRAGO § 18 Anm. 3; KG JurBüro 1971, 1029 f.; OLG Hamburg MDR 1979, 235). Dies gilt sowohl für die Erhöhung zu niedrig angesetzter als auch für die Forderung solcher Gebühren und Auslagen, die in einer früheren Rechnung überhaupt nicht enthalten waren.

c) Soweit das Berufungsgericht ohne Hinweis an die Parteien die vom Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung gegen die Klageansprüche als spätestens mit Erhebung der Widerklage zurückgenommen angesehen hat, kann ihm nicht gefolgt werden, wie die Revision mit Recht rügt.

Das Revisionsgericht kann diese Frage frei nachprüfen, da es um die Auslegung prozessualer Willenserklärungen geht (vgl. BGH Urt. v. 30. Januar 1979 - VI ZR 45/78 = VersR 1979, 373). Die vom Berufungsgericht für seine Auffassung gegebene Begründung, es könne nicht angenommen werden, dass der anwaltlich vertretene Beklagte dieselbe Gegenforderung einmal teilweise zur Hilfsaufrechnung stelle und zum anderen in vollem Umfang mit der Widerklage geltend mache, vermag nicht zu überzeugen.

Zwar ist das Verhalten eines Beklagten, der einerseits eine Gegenforderung zur Aufrechnung stellt und andererseits im Wege der Widerklage uneingeschränkt Zahlung dieser Forderung begehrt, widersprüchlich, da seine Widerklage insoweit unbegründet ist, als seine Forderung durch die von ihm erklärte Aufrechnung erloschen ist. Dieser Widerspruch besteht jedoch nur insoweit, als die zur Aufrechnung gestellte Forderung und die der Widerklage zugrunde liegende Forderung identisch sind. Im Streitfall lässt sich dem prozessualen Vorbringen des Beklagten nicht eindeutig entnehmen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Hilfsaufrechnung und Widerklage denselben Teil der vom Beklagten behaupteten Gegenforderung betreffen. Der Beklagte hat sich eines Honorarrückzahlungsanspruchs berühmt, der den Widerklagebetrag übersteigt, es bleibt aber unklar, welche Höhe dieser Anspruch nach Auffassung des Beklagten hat und wie er auf Hilfsaufrechnung und Widerklage aufzuteilen ist. Das hätte das Berufungsgericht aufklären sollen, wie die Revision mit Recht geltend macht.

Auch soweit Hilfsaufrechnung und Widerklage denselben Teil der behaupteten Gegenforderung betreffen, lässt sich der in der doppelten Geltendmachung liegende Widerspruch nicht nur durch Rücknahme des Hilfsaufrechnungseinwandes auflösen, wie das Berufungsgericht angenommen hat. Denkbar ist vielmehr auch, dass die Gegenforderung in erster Linie (hilfs-)aufrechnungsweise und im übrigen, für den Fall ihres Nichtverbrauchs durch die Aufrechnung, im Wege der Eventualwiderklage geltend gemacht wird (vgl. BGH Urt. v. 10. Juli 1961 - VIII ZR 64/60 = BGHWarn 1961 Nr. 173 = NJW 1961, 1862 LS; Zöller/Stephan ZPO 15. Aufl. § 145 Rdn. 18). Das Berufungsgericht durfte deshalb in der Erhebung der Widerklage nicht ohne Hinweis an den Beklagten gemäß § 139 ZPO einen stillschweigenden Verzicht auf den Hilfsaufrechnungseinwand sehen.




Für die Revisionsinstanz ist hiernach zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagte die von ihm erklärte Hilfsaufrechnung nicht hat fallenlassen. Dies führt im Ergebnis indes nicht zu einer anderen Entscheidung über die Klage, als sie das Berufungsgericht getroffen hat. Denn dem Beklagten stehen, wie noch auszuführen sein wird, Gegenansprüche gegen den Kläger auf Rückzahlung bereits geleisteten Honorars nicht zu.

d) Das Berufungsgericht hat der Klage nach allem jedenfalls im Ergebnis ohne Rechtsirrtum stattgegeben.

2.Die Widerklage ist nicht begründet.

Dem Beklagten steht gegen den Kläger weder aus ungerechtfertigter Bereicherung noch aufgrund vertraglicher Vereinbarung ein Anspruch auf teilweise Honorarrückzahlung zu, wie das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden hat.

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Parteien allerdings am 13. Dezember 1978 mit der Absprache über die Rückzahlung eines Honorarteilbetrages von 15.000,00 DM in unzulässiger Weise ein Erfolgshonorar vereinbart.

Als Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist nicht nur die Absprache anzusehen, dass der Rechtsanwalt ein Honorar nur bei Erfolg erhält (sog. palmarium) oder dass sein Honorar in einem Streitanteil besteht (sog. quota litis). Vielmehr stellt jede Vereinbarung, durch die die Höhe des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts vom Ausgang der von ihm vertretenen Sache oder sonst vom Erfolg seiner anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, eine Erfolgshonorarvereinbarung dar, die grundsätzlich nicht nur standeswidrig (vgl. § 52 der anwaltlichen Standesrichtlinien), sondern regelmäßig auch zugleich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist (vgl. BGHZ 34, 64, 71ff.; 39, 142, 145ff.; 51, 290, 293f.; Senatsurteile vom 5. April 1976 - III ZR 79/74 = LM BRAGebO § 3 Nr. 6 c = WM 1976, 1135, 1137 und vom 19. Juni 1980 - III ZR 91/79 = BGHWarn 1980 Nr. 165 = NJW 1980, 2407, 2408; BGHSt 30, 22, 26).

Der Rechtsanwalt hat eine gesetzlich garantierte Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Er ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Ihm sind damit Aufgaben übertragen, die ihn aus der Ebene allgemeiner wirtschaftlicher Betätigung weit herausheben. Seine Stellung wird noch dadurch verstärkt, dass ihm insbesondere vor Kollegialgerichten die ausschließliche Vertretungsbefugnis zukommt (§ 78 ZPO). Dieser herausgehobenen Stellung entsprechen besondere Pflichten. Dazu gehört, dass der Rechtsanwalt sich die erforderliche Freiheit gegenüber seinem Auftraggeber und dessen Belangen bewahrt. Er darf sich in seiner beruflichen Tätigkeit nur von Rücksichten auf die von ihm betriebene Sache leiten lassen. Diese Unabhängigkeit gefährdet er, wenn er sein Interesse an einer angemessenen Entlohnung seiner Dienste mit dem Interesse der Partei an einem ihr günstigen Ausgang der Sache dadurch verquickt, dass er seine Vergütung ganz oder teilweise von der erfolgreichen Durchführung des Auftrags abhängig macht. Denn dann sind seine wirtschaftlichen Interessen so mit denen des Mandanten verknüpft, dass zumindest die Gefahr nicht auszuschließen ist, dass der Rechtsanwalt den Erfolg ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage auch mit nicht zu billigenden Mitteln anstrebt. Kaufmännische Erwägungen könnten dann bei ihm so sehr in den Vordergrund treten, wie dies mit seiner gesetzlichen Stellung nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGH aaO).


Diese Erwägungen treffen auch im Streitfall für die von den Parteien am 13. Dezember 1978 getroffene Honorarrückzahlungsvereinbarung zu. Zwar gilt der Grundsatz, dass die Vergütung des Rechtsanwalts nicht in Abhängigkeit von Erfolg seiner Tätigkeit gesetzt werden darf, nicht schlechthin. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars kann in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn der Rechtsanwalt nicht Gefahr läuft, seine unabhängige Stellung zu verlieren (vgl. § 52 Abs. 2 der Standesrichtlinien sowie Riedel/Sußbauer/Fraunholz BRAGO 5. Aufl. § 3 Rdn. 4; Gerold/Schmidt aaO § 3 Rdn. 13; Schumann/Geißinger BRAGebO 2. Aufl. § 3 Rdn. 31, 34). Ein solcher Ausnahmefall liegt aber hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht vor.

Die Rückzahlungsvereinbarung der Parteien knüpft die Höhe des Vergütungsanspruchs des Klägers an einen bestimmten Erfolg seiner anwaltlichen Tätigkeit. Denn die Parteien haben das dem Kläger vom Beklagten geschuldete Honorar letztlich vom Ausgang des Steuerfestsetzungsverfahrens, in dem der Kläger für den Beklagten anwaltlich tätig war, abhängig gemacht. Nr. 2 der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 setzt die Höhe des Gebührenanspruchs des Klägers unmittelbar in Beziehung zum Umfang der vom Kläger für den Beklagten beim Finanzamt durchgesetzten Steuerherabsetzung. Dass die Parteien dabei die Höhe des Honorars gewissermaßen gestaffelt haben, nämlich je nach der erreichten Steuerminderung auf 40.000,00 DM oder 25.000,00 DM, hindert die Annahme einer unzulässigen Erfolgshonorarvereinbarung nicht (vgl. BGHSt 30, 22, 26). Auch der Umstand, dass die Parteien nicht von vornherein ein erfolgsabhängiges Entgelt, sondern an sich ein festes Honorar vereinbart haben, dieses aber für den Fall eines bestimmten Misserfolges teilweise rückzahlbar, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist, dass die Parteien mit der Verbindung ihrer beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen die Stellung des Klägers als eines unabhängigen Organs der Rechtspflege zumindest gefährdeten.

Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass in der Vereinbarung eines erfolgsabhängigen Honorars ein Verstoß gegen die guten Sitten nur dann zu sehen sei, wenn eine konkrete Gefährdung der Pflichten des Rechtsanwalts vorliege. Dies würde bedeuten, dass Erfolgshonorarvereinbarungen grundsätzlich zulässig und nur im Einzelfall nichtig wären, wenn die Bereitschaft des beteiligten Rechtsanwalts, sich unstatthafter Mittel zu bedienen, allgemein oder jedenfalls in dem besonderen Fall festgestellt werden könnte. Das Berufungsgericht berücksichtigt auch nicht, dass eine konkrete Gefährdung der Pflichten eines Rechtsanwalts schon dadurch eintritt, dass der Rechtsanwalt eine standesrechtlich unzulässige Honorarvereinbarung trifft.

Die Rückzahlungsvereinbarung vom 13. Dezember 1978 kann auch nicht mit der Begründung als zulässig angesehen werden, dass sie, wie das Berufungsgericht meint, im Ergebnis lediglich "ein nachträglicher Erlass eines Teils des Honorars bei Misserfolg wegen wirtschaftlicher Notlage des Mandanten" und nur "die vorherige Regelung eines späteren, erlaubten Teilerlasses aus Mitleid und sozialem Empfinden" sei. Zwar ist es dem Rechtsanwalt trotz des in § 51 der Standesrichtlinien enthaltenen Verbots, geringere als die gesetzlichen Gebühren zu verlangen, in begründeten Ausnahmefällen nicht verwehrt, insbesondere bei Bedürftigkeit des Mandanten nachträglich auf seine gesetzlichen Gebühren ganz oder teilweise zu verzichten (vgl. § 51 Abs. 3 der Standesrichtlinien sowie BGHZ 39, 142, 147 und Senatsurteil v. 19. Juni 1980 - III ZR 91/79 = BGHWarn 1980 Nr. 165 = NJW 1980, 2407). So liegt es hier aber nicht. Nachträglich bedeutet nach Abschluss der anwaltlichen Tätigkeit. Am 13. Dezember 1978 war aber die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten auch hinsichtlich der Steuerangelegenheiten 1970 bis 1977, um die es hier geht, noch nicht abgeschlossen.

Die Honorarrückzahlungsverpflichtung des Klägers in Nr. 2 der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 ist nach allem nichtig.

b) Ob die Nichtigkeit auch die Nr. 1 der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 ergreift, in der die Parteien auf die Honorarvereinbarung vom 13. September 1978 Bezug genommen und die Zahlung des vereinbarten Honorars geregelt haben, kann dahinstehen. Die Nichtigkeit der Rückzahlungsvereinbarung vom 13. Dezember 1978 führt jedenfalls nicht auch zur Nichtigkeit der (ursprünglichen) Honorarvereinbarung vom 13. September 1978.



Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung sind nicht ersichtlich. Dem Kläger stand damit, unabhängig von der später im Dezember 1978 getroffenen Absprache der Parteien, gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Honorars zu. Ob die beiden Vereinbarungen vom 13. September 1978 und 13. Dezember 1978 letztlich als Einheit anzusehen sind, wie die Revision meint, oder nicht, kann auf sich beruhen. Es kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass es dem Parteiwillen entsprach (vgl. § 139 BGB und dazu Senatsurteil v. 13. März 1986 - III ZR 114/84 = BGHWarn 1986 Nr. 82 = NJW 1986, 2576, 2577 m. w. Nachw.), den aufgrund der ursprünglichen Vereinbarung bereits begründeten vertraglichen Honoraranspruch des Klägers bei Nichtigkeit der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 nicht aufrechtzuerhalten, sondern den Kläger, wie es das Landgericht angenommen hat, auf die gesetzlichen Gebührenansprüche zu verweisen. Für einen solchen Willen der Parteien, zumal des Klägers, fehlt jeder Anhaltspunkt. Dies würde auch bei Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben nicht der Sachlage entsprechen. Denn die Parteien hatten mit der im September 1978 getroffenen Honorarregelung dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie ihrer Bedeutung für den Beklagten Rechnung getragen.

Soweit die Revision geltend macht, der Beklagte sei erst durch die im Dezember 1978 abgeschlossene Vereinbarung zur Zahlung des Honorars veranlasst worden, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Dem Kläger stand, wie ausgeführt, aufgrund der ursprünglichen Absprache ein entsprechender Honoraranspruch bereits zu. Dass der Beklagte vom Kläger in rechtswidriger Weise, insbesondere durch Arglist, Drohung oder unter Ausnutzung der Lage des inhaftierten Beklagten zur Zahlung veranlasst worden wäre, ist weder behauptet noch ersichtlich.

c) Das Berufungsgericht hat hiernach einen Honorarrückzahlungsanspruch des Beklagten jedenfalls im Ergebnis zutreffend verneint. Einem Bereicherungsanspruch steht die wirksame Vereinbarung vom 13. September 1978, einem vertraglichen Anspruch die Nichtigkeit der Vereinbarung vom 13. Dezember 1978 entgegen.

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