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OVG Hamburg Beschluss vom 03.11.2011 - 3 Bs 182/11 - Zur Verlängerung der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Wege der einstweiligen Anordnung

OVG Hamburg v. 03.11.2011: Zur Verlängerung der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Wege der einstweiligen Anordnung


Das OVG Hamburg (Beschluss vom 03.11.2011 - 3 Bs 182/11) hat entschieden:
  1. In Fällen der Verlängerung einer bestehenden Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit einer Taxe ist § 15 Abs. 4 PBefG verfassungskonform dahin auszulegen, dass das Gericht im Lichte der Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG im Wege der einstweiligen Anordnung die Hauptsache teilweise vorwegnehmen und die Genehmigungsbehörde verpflichten kann, eine zeitlich begrenzte endgültige Genehmigung zu erteilen.

  2. Bei der im gerichtlichen Verfahren voll zu prüfenden Beurteilung, ob es sich bei der einer Verurteilung zugrunde liegenden Tat um einen schweren Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV handelt und damit Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers vorliegen, ist von einem spezifisch personenbeförderungsrechtlichen Begriff auszugehen.

  3. Bei einer Jugendstrafe bis zu zwei Jahren Dauer, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist, kommt durch das Zusammenwirken der Vorschriften des § 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV und des § 32 Abs. 2 Nr. 3 BZRG zum Ausdruck, dass bei Jugendlichen, deren Sozialprognose vom Gericht als günstig eingeschätzt wird, nicht durch ein belastendes Führungszeugnis die Chance auf berufliche Tätigkeit gemindert werden soll. Dieser Gedanke gewinnt mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Tat (hier: fünfeinhalb Jahre) für die Beurteilung an Gewicht, ob ein schwerer Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV vorliegt.

Siehe auch Personenbeförderung - Fahrgastbeförderung - Personenbeförderungsschein und Die Erteilung, Verlängerung und der Widerruf von Taxigenehmigungen - Taxikonzessionen


Gründe:

I.

Der Antragsteller erstrebt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erneuerung der ihm zuletzt erteilten Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit einer Taxe.

Der 1984 geborene Antragsteller, dem 2009 eine auf zwei Jahre befristete Taxengenehmigung für eine Taxe erteilt worden war, beantragte im Mai 2011 die erneute Erteilung einer solchen Genehmigung für die Dauer von fünf Jahren. Im Zuge der Ermittlungen zur Zuverlässigkeit des Antragstellers ergab sich, dass er am 9. März 2009, rechtskräftig seit dem 14. Juli 2009, vom Amtsgericht … wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden war. Dem Urteil sind weitere Vorstrafen zu entnehmen, darunter eine Geldstrafe zu 40 Tagessätzen wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Tatzeitpunkt 15. Oktober 2005, und eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von 10 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit dem vorsätzlichen unerlaubten Führen eines Springmessers, Tatzeitpunkt 22. Januar 2005.

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Juni 2011 ab. Es lägen infolge der schweren Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Antragstellers vor, die die Erteilung der beantragten Genehmigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG ausschlössen. Den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer vorläufigen Genehmigung für mindestens für ein Jahr zu verpflichten, hat das Verwaltungsgericht aus im Wesentlichen gleichen Gründen abgelehnt.


II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe, soweit sich diese auf den Streitgegenstand selbst beziehen, ergibt, dass der Antragsteller die Gründe des angefochtenen Beschlusses mit nachvollziehbarer Begründung ernsthaft in Zweifel gezogen hat. Damit ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, ohne die Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO über die Beschwerde zu entscheiden. Auf dieser Grundlage ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs.1 VwGO in dem tenorierten Umfang stattzugeben, da sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund besteht.

1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, wenn er vorträgt, die Versagung der Genehmigung greife in sein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf freie Berufswahl ein. Dieser Eingriff könne, wenn er sich nach mehreren Jahren im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweise, nicht rückgängig gemacht werden. Dies gelte auch für die bereits für den Taxenbetrieb getätigten Investitionen.

2. § 15 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz (PBefG), wonach die Genehmigung nicht vorläufig und nicht mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden darf, steht der Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht entgegen. Zwar hat der Antragsteller mit dem Antrag im vorliegenden Verfahren eine Verpflichtung zur vorläufigen Erteilung einer Genehmigung begehrt. Der Antrag ist aber sinngemäß dahin zu verstehen, dass das Gericht die Antragsgegnerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - und damit vorläufig - verpflichten möge, eine endgültige, allerdings zeitlich eng befristete Taxengenehmigung zu erteilen. Eine derartige Verpflichtung widerspricht § 15 Abs. 4 PBefG nicht. Eine solche Verpflichtung ist, da eine endgültige Genehmigung erteilt wird, mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 PBefG vereinbar. § 15 Abs. 4 PBefG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass das Gericht im Lichte der Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG im Wege der einstweiligen Anordnung die Hauptsache teilweise vorwegnehmen und die Antragsgegnerin verpflichten kann, eine zeitlich begrenzte endgültige Genehmigung zu erteilen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. vom 6.7.2004, 1 So 36/04). Dies gilt jedenfalls in Fällen der Verlängerung bestehender Genehmigungen. Der dabei anzuwendende gerichtliche Prüfungsmaßstab hat allerdings auf Sinn und Zweck des Verbotes vorläufiger Genehmigungen aus § 15 Abs. 4 PBefG Rücksicht zu nehmen. § 15 Abs.4 PBefG will u.a. verhindern, dass personenbeförderungsrechtliche Genehmigungen nach § 9 PBefG nur auf der Grundlage einer vorläufigen Prüfung erteilt werden mit der Folge, dass diejenigen Interessen beeinträchtigt werden können, deren Schutz die Genehmigungsvoraussetzungen dienen. Deshalb setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung die Feststellung voraus, dass der Antragsteller die Genehmigungsvoraussetzungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt. Dies hat das Gericht im Rahmen des Möglichen abschließend zu prüfen, bevor es eine einstweilige Anordnung erlässt.

3. Der Antragsteller hat nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen nicht abschließenden Prüfung der Sach- und Rechtslage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG für die Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit einer Taxe erfüllt.

Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Genehmigung ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, dass keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer dartun. Gemäß § 1 Abs. 1 Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (vom 15.6.2000, BGBl. I S. 851 - PBZugV -) gelten das Unternehmen und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen als zuverlässig im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden. Derartige Anhaltspunkte bestehen gemäß § 1 Abs. 2 PBZugV im Fall der dort beispielhaft aufgeführten schweren Verstöße.

a) Bei dem Begriff des „schweren Verstoßes“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Diese gerichtliche Kontrolldichte ist nicht dadurch eingeschränkt, dass der Genehmigungsbehörde bei der Auslegung dieses Begriffs oder bei seiner Anwendung im einzelnen Fall ein sogenannter Beurteilungsspielraum zustünde. Derartige behördliche Beurteilungsspielräume in Bezug auf unbestimmte Rechtsbegriffe sind allein bei ihrer Anwendung auf den Einzelfall und auch insoweit nur in eng begrenzten Ausnahmekonstellationen anzunehmen, in denen im Hinblick auf die besondere Entscheidungssituation oder die besondere Sachmaterie eine gerichtliche Überprüfung nicht oder nicht vollen Umfangs möglich ist. Eine solche Fallkonstellation ist bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Ansicht der Genehmigungsbehörde, dass der betreffende Antragsteller im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 PBZugV „schwere Verstöße“ gegen die dort genannten Pflichten und Vorschriften begangen habe, nicht gegeben. Auch der Umstand, dass bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eine Prognose über die zukünftige Rechtstreue des jeweiligen Antragstellers zu treffen ist, führt nicht dazu, dass hier ein Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde anzunehmen wäre; Prognosen verschiedener Art (etwa im Verkehrs-, Gewerbe- oder Waffenrecht hinsichtlich der Zuverlässigkeit von Erlaubnisbewerbern oder -inhabern) gehören vielmehr zum Alltag der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, ohne dass im Regelfall ein behördlicher Beurteilungsspielraum für die Behörden bestünde. Gegen einen Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung der Frage, ob ein „schwerer Verstoß“ vorliegt, spricht zudem die in § 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV normierte Kooperation der Genehmigungsbehörden mit den dort in Bezug genommenen anderen Fachbehörden, die gerade nicht auf einen originären, durch ein besonders großes Maß an eigenem Sachverstand begründeten Kompetenzvorsprung der Genehmigungsbehörde gegenüber den Verwaltungsgerichten hindeutet (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2009, 3 Bs 57/09).

b) Wie die in § 1 Abs. 2 Satz 1 PBZugV erfolgte Gleichordnung der schweren Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften (in Nr. 1) einerseits und der schweren Verstöße gegen sonstige Vorschriften und Pflichten (in Nr. 2) andererseits als Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit zeigt, muss es sich bei den „schweren“ Verstößen gegen die im einzelnen aufgeführten sonstigen Vorschriften und Pflichten um schwerwiegende Verstöße mit eindeutiger negativer Aussagekraft handeln, so dass bereits aus diesem Verhalten generalisierend darauf geschlossen werden kann, dass der Unternehmer (auch) künftig bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachten oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens schädigen oder gefährden würde. Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers im Sinne von § 1 Abs. 1 PBZugV können allerdings auch dann vorliegen, wenn ihm (bisher noch) keine schweren Verstöße im Sinne von § 1 Abs. 2 PBZugV anzulasten sind. Will die Genehmigungsbehörde für ihre Annahme der Unzuverlässigkeit an ein bereits erfolgtes Fehlverhalten des Unternehmers anknüpfen, welches (noch) nicht von § 1 Abs. 2 PBZugV erfasst wird, so wird dieses Fehlverhalten allerdings neben dem Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle die Qualität eines Indizes haben und gleichermaßen tragfähige Rückschlüsse auf zukünftiges (pflichtwidriges) Verhalten zulassen müssen. Ein hinreichender Anhaltspunkt kann etwa dann gegeben sein, wenn der Unternehmer zwar nicht durch einzelne schwere Verstöße, aber durch eine Vielzahl (für sich genommen) leichterer Verstöße aufgefallen ist und die Umstände darauf schließen lassen, dass er nicht willens oder dazu in der Lage ist, dieses Fehlverhalten einzustellen (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.6.2008, 3 Bs 48/08 ).

Bei der Beurteilung, ob es sich bei der einer Verurteilung zugrunde liegenden Tat um einen schweren Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV handelt, ist von einem spezifisch personenbeförderungsrechtlichen Begriff auszugehen. Eine formale, allein am Strafmaß orientierte Schranke kann insoweit allenfalls über § 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV § 32 Abs. 2 BZRG entnommen werden, wonach bestimmte Verurteilungen - etwa nach Absatz 2 Nr. 5 b) der Vorschrift zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten - keine Aufnahme in das Führungszeugnis und damit (möglicherweise) auch keine unmittelbare personenbeförderungsrechtliche Berücksichtigung finden sollen (OVG Hamburg, Beschluss vom 15.9.2008, 3 Bs 26/08) . Ein wesentlicher Maßstab für die inhaltliche Bestimmung des in diesem Zusammenhang maßgeblichen Schweregrades ergibt sich demgegenüber aus dem Vergleich mit dem Katalog sonstiger schwerer Verstöße nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PBZugV, die ebenfalls maßgebliche Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit bilden, ohne dass es - anders als nach Nr. 1 der Vorschrift - insoweit einer rechtskräftigen Verurteilung bedürfte (OVG Hamburg, Beschluss vom 15.9.2008, a.a.O.). Das Gewicht des strafrechtlichen Verstoßes beurteilt sich nicht allein nach dem verhängten Strafmaß, sondern auch nach der Art und Weise der Tatbegehung, den Tatumständen und den Tatfolgen (OVG Hamburg, Beschluss vom 19.7.2010, 3 Bs 125/10).

c) Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann im Ergebnis nach den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorhandenen (eingeschränkten) Erkenntnissen nicht angenommen werden, dass die gemäß §§ 45 Abs. 1, 46 BZRG im Strafregister nicht getilgten Verurteilungen des Antragstellers wegen vorsätzlicher (gefährlicher) Körperverletzung schwere Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV darstellen.

aa) Die vorsätzliche Körperverletzung durch eine kräftige Ohrfeige, die der Verurteilung des Antragstellers vom 9. März 2009 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zugrunde liegt, stellt unabhängig davon, dass der Umstand einer Beziehungstat auf deren Gewicht kaum Einfluss nehmen wird (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 2.3.2007, 1 Bs 340/06), von ihrer Bedeutung her für die Beurteilung der (gewerberechtlichen) Zuverlässigkeit keine schwerwiegende Straftat dar. Ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn sich darin ein Hang des Antragstellers manifestieren würde, sich nicht an gesetzliche Ge- und Verbote zu halten, kann dahinstehen. Denn auch wenn der Antragsteller wiederholt Körperverletzungsdelikte begangen hat, sprechen die verminderte Schuldfähigkeit infolge Alkoholkonsums bei der Tat und sein Verhalten nach der Tat (Warten auf die Polizei, Aufsuchen einer Beratungsstelle „Männer gegen Männergewalt“ und das offene Geständnis im Strafverfahren) gegen die Manifestation eines Hangs zu Gesetzesübertretungen.

bb) Ein solcher kann auch nicht aus den beiden Verkehrsordnungswidrigkeiten, die in den beiden letzten Jahren geahndet wurden (unerlaubte Handy-Nutzung, Vorfahrtverstoß mit Unfall) hergeleitet werden. Die geringe Häufigkeit und das geringe Gewicht der einzelnen Ordnungswidrigkeiten geben keinen Anlass für eine derartige Annahme.

cc) Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts ist das Beschwerdegericht nach den nicht abschließenden Erkenntnissen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutz im Ergebnis der Ansicht, dass auch die Verurteilung zu 10 Monaten Jugendstrafe wegen der am 22. Januar 2005 vom Antragsteller begangenen gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit dem vorsätzlichen unerlaubten Führen eines Springmessers noch keine Verurteilung wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV darstellt. Deshalb kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die Straftat gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 3 BZRG nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen ist, zu einem Verwertungsverbot führt, weil die Prüfung auf solche Verstöße anhand eines Führungszeugnisses (§ 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV) erfolgt, oder ob die die Systematik des Bundeszentralregistergesetzes ein Verwertungsverbot in gewerberechtlichen und berufsrechtlichen Zulassungsverfahren jedenfalls vor der Tilgungsreife der Straftat nicht vorsieht (vgl. für ärztliche Approbationen OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.12.2009, NJW 2010, 1768). Denn auch wenn die Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 10 Monaten schon wegen des Strafmaßes die Annahme eines schweren Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht fernliegend erscheinen lässt, ist im Rahmen der Beurteilung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV die gewerberechtliche Ausrichtung des Begriffs zu berücksichtigen. Danach dient die Bewertung als schwerer strafrechtlicher Verstoß der Prognose, ob von dem Antragsteller zukünftig gesetzmäßiges Verhalten als Inhaber eines Taxenbetriebes zu erwarten ist. Bei dieser Zielrichtung spielt nicht nur die Nähe der Straftat zu der Funktion als Inhaber des Gewerbebetriebes eine wichtige Rolle, sondern ist bei Jugendstrafen der zeitliche Abstand zwischen der Straftat und der Tätigkeit als Unternehmer von erheblicher Bedeutung. Die geringere Bedeutung von bestimmten Jungendstrafen für die Beurteilung der Zuverlässigkeit kommt darüber hinaus auch durch das Zusammenwirken der Vorschriften des § 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV und des § 32 Abs. 2 Nr. 3 BZRG zum Ausdruck. Nach deren Konzept erhält die Antragsgegnerin, wenn andere, spätere Verurteilungen keinen Hinweis darauf ergeben, von Jugendstrafen bis zu zwei Jahren Dauer, die zur Bewährung ausgesetzt worden sind, keine Kenntnis. Damit sollen gerade bei Jugendlichen, deren Sozialprognose vom Gericht als günstig eingeschätzt wird, nicht durch ein belastendes Führungszeugnis die Chance auf berufliche Tätigkeit gemindert werden (vgl. Götz, Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 32 Rn. 20). Dieser Gedanke gewinnt mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Tat an Gewicht. Wenn, wie hier, mehr als fünfeinhalb Jahre seit der Tat vergangen sind, hat das Gewicht der Tat für die Prognose der Zuverlässigkeit des inzwischen erwachsenen Antragstellers derart abgenommen, dass jedenfalls jetzt darin keine schwerwiegenden Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften mehr gesehen werden können. Hierfür spricht auch, dass der Antragsteller seit zwei Jahren sein Gewerbe nahezu unbeanstandet ausgeübt hat, was die Prognose weiterer ordnungsgemäßer Führung seines Taxenbetriebes erlaubt.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.