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OLG Naumburg Urteil vom 08.02.2013 - 10 U 39/12 - Mithaftung eines Einsatzfahrzeugs bei einem Unfall mit grünem Gegenverkehr

OLG Naumburg v. 08.02.2013: Zur Mithaftung eines Einsatzfahrzeugs bei einem Unfall mit grünem Gegenverkehr


Das OLG Naumburg (Urteil vom 08.02.2013 - 10 U 39/12) hat entschieden:
Der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges muss sich vor dem Einfahren in den für den Gegenverkehr durch Ampelschaltung mit "grün" freigegebenen Kreuzungsbereich vergewissern, dass das Sondersignal von den übrigen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen worden ist. Dem eigentlichen Gefahrenbereich, der kreuzenden Gegenfahrbahn, darf er sich nur mit einer Geschwindigkeit nähern, die ihm noch ein Anhalten ermöglicht. Ob zwischen den Unfallbeteiligten eine Haftungsquote und ggf. welche zu bilden ist, ist nach den weiteren Umständen des Falles zu entscheiden (hier 20% für den Unfallgegner aus Betriebsgefahr).


Siehe auch Sonderrechte - Einsatzfahrzeuge - Rettungsfahrzeuge - Wegerechtsfahrzeuge


Gründe:

I.

Der Kläger macht Ansprüche aus der Beschädigung eines Notarztfahrzeugs durch einen Unfall bei einer Einsatzfahrt mit Sondersignal geltend.

Im Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme stellt sich der im Berufungsverfahren nicht mehr streitige Unfallhergang wie folgt dar: Der Zeuge M. befuhr am 12.10.2009 mit dem Notarztfahrzeug des Klägers in W. den D. Ring, um dort an einer ampelgeregelten Kreuzung nach links abzubiegen; Blaulicht und 13 sec. vor dem Unfall auch das Martinshorn waren eingeschaltet. Die Straße ist in (ursprünglicher) Fahrtrichtung des Notarztfahrzeugs dreispurig, eine Geradeausspur ganz rechts und zwei links daneben angeordnete Linksabbiegerspuren. Die Ampel zeigte für Linksabbieger rot und für die Geradeausspur sowie für den Geradeausverkehr im Gegenverkehr jeweils grün. Der Zeuge M. fuhr zunächst rechts an den auf beiden Linksabbiegerspuren wartenden PKW vorbei und bog dann mit ca. 30 km/h vor diesen nach links ab. Mittig der in Fahrtrichtung der Beklagten zu 1) linken von zwei Geradeausspuren des Gegenverkehrs stieß er mit dem von der Beklagten zu 1) gesteuerten PKW Opel Astra Kombi zusammen. Die Beklagte zu 1) fuhr nach dem Ergebnis des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens mit 70 bis 80 km/h bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Die Kollision wäre für sie schon zu dem Zeitpunkt, zu welchem sie den Abbiegevorgang des Notarztfahrzeugs optisch wahrnehmen konnte, auch bei einer Vollbremsung nicht mehr vermeidbar gewesen. Der Zeuge M. hingegen hätte das sich dem Kreuzungsbereich nähernde Fahrzeug der Beklagten zu 1) ca. 3 sec. vor dem Unfall wahrnehmen können und zu diesem Zeitpunkt durch eine Vollbremsung die Kollision auch noch vermeiden können.

Dem Kläger ist unstreitig materieller Schaden (Fahrzeug, Sachverständigengutachten, Abschleppkosten, Feuerwehreinsatz und Kostenpauschale) in Höhe von 9.343,26 € entstanden; weiterhin streitig ist hingegen ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für 18 Tage zu je 300 € (Summe: 5.400 €). Die Beklagte zu 2) hat vorgerichtlich auf der Grundlage einer Mithaftung der Beklagten zu 1) von 1/3, jedoch unter Reduzierung der Höhe der Nutzungsentschädigung auf 332,50 € (14 Tage zu je 23,75 €) eine Zahlung von 3.193,12 € erbracht.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Kläger auf der Grundlage einer Mithaftungsquote der Beklagten von 1/3 weitere 1.721,30 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 237,40 € zugesprochen. Es hat ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG. Angesichts der Verursachung des Schadens durch mehrere Kraftfahrzeuge hänge die Verpflichtung zum Schadensersatz maßgeblich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sei, § 17 Abs. 1 StVG. Der Unfall sei für keinen Beteiligten unabwendbar i.S.v. § 17 Abs. 3 S. 1 und S. 3 StVG gewesen, denn keiner der beiden Fahrer habe sich auf ein Fehlverhalten des jeweils anderen ausreichend eingestellt. Zulasten des Zeugen M. hat das Landgericht gewürdigt, dass er auch bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 StVO sich beim Einfahren in eine durch Rotlicht für ihn gesperrte Kreuzung davon hätte überzeugen müssen, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen und ihr Fahrverhalten darauf eingestellt hätten. Stattdessen habe er die Kreuzung mit einem unangemessen zügigen Tempo von 30 km/h überquert. Zulasten der Beklagten könne nicht festgestellt werden, dass sie gegen die Verpflichtung aus § 38 Abs. 1 StVO, auf das Sondersignal hin freie Bahn zu schaffen, verstoßen habe. Die Zeugin K., die im gleichgerichteten Verkehr zur Beklagten zu 1) gefahren sei, habe glaubhaft bekundet, das Notarztfahrzeug, insbesondere aber eine Sirene, ebenfalls nicht wahrgenommen zu haben. Die von dem Sachverständigen festgestellte Geschwindigkeit des Fahrzeugs der Beklagten von 70 bis 80 km/h sei im Hinblick auf die lebhaften Verkehrsverhältnisse und die regennasse Fahrbahn leicht überhöht gewesen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Unfallgeschehen durch eine hierdurch veranlasste unzureichende Reaktion der Beklagten zu 1) mitverursacht wurde. Soweit die Beklagten die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung bestritten hätten, komme wegen der Sonderfunktionen des Fahrzeugs ein Vergleich mit gewöhnlichen PKW nicht in Betracht. Im Anschluss an ein Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg (Urt. v. 26.02.2009, 1 U 76/08, veröffentlicht u.a.: NJW-RR 2009, 1187, hier zitiert nach juris) sei ein Betrag von 300 €/Tag zugrunde zu legen. Angesichts des Gesamtschadens von 14.743,26 € habe bei einer Quote von 1/3 zunächst ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.914,42 € bestanden. Abzüglich gezahlter 3.193,12 € verbleibe noch ein restlicher Ersatzanspruch in Höhe von 1.721,30 €.

Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Höhe der Mithaftungsquote und beanstanden, das Landgericht habe ihr Bestreiten zur Höhe der Nutzungsentschädigung nicht berücksichtigt. Im Verlauf des Rechtsstreits habe sich herausgestellt, dass selbst die von ihr außergerichtlich zugrunde gelegte Mithaftung von 1/3 übersetzt sei. Der Verkehrsunfall sei für die Beklagte zu 1) unvermeidbar gewesen; äußerstenfalls komme eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr mit 20 % in Betracht. Zudem habe die Klägerin mit dem Vorbringen, dass gewissen Einbauten in dem Fahrzeug erforderlich gewesen seien, die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung nicht ausreichend dargelegt gehabt. Dieselbe Kammer des Landgerichts habe in dem Urteil zu dort 4 O 8/11 eine Nutzungsausfallentschädigung für ein Notarztfahrzeug von lediglich 133,50 € zuerkannt.

Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des am 27.07.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Dessau-Roßlau, Aktenzeichen 4 O 353/10, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf den Hinweis des Senats trägt er weiter vor, der Neupreis für das Notarztfahrzeug habe 35.389,13 € (brutto) betragen; für die Sondereinbauten als Notarztfahrzeug habe er weitere 13.788,35 € (brutto) aufgewandt.


II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn über den bereits vorgerichtlich gezahlten Betrag hinaus steht dem Kläger kein Anspruch auf weiteren Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 12.10.2009 zu.

1. Zu Recht und von der Berufung auch nicht beanstandet hat das Landgericht angenommen, dass dem Kläger aufgrund des Unfallgeschehens dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz seines materiellen Schadens aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG zusteht.

2. Der von dem Landgericht festgestellte und im Berufungsverfahren in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr im Streit stehende Unfallhergang rechtfertigt nicht die Annahme einer Mithaftungsquote der Beklagten von 1/3. Im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 StVG können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die unstreitig oder in der Beweisaufnahme festgestellt sind und sich auf den Schaden ausgewirkt haben (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006, VI ZR 115/05, veröffentlicht u.a. NJW 2007, 263, hier zitiert nach juris). Die in der Haftungsabwägung durch das Landgericht zum Nachteil der Beklagten berücksichtigten Umstände beruhen jedoch letztlich nur auf einer Mutmaßung.

a) Die Ausführungen des Landgerichts zum überwiegenden Verursachungsanteil des Zeugen M. sind frei von Rechtsfehlern und werden auch von dem Kläger in der Berufungsinstanz hingenommen. Der Zeuge M. hat sich in erheblichem Maß sorgfaltswidrig verhalten, da er sich vor dem Einfahren in den für den Gegenverkehr durch die Ampelschaltung mit „grün“ freigegebenen Kreuzungsbereich hätte vergewissern müssen, dass das Sondersignal von den übrigen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen worden ist. Zudem hätte er sich zwar nicht der Kreuzung als solcher, aber doch dem eigentlichen Gefahrenbereich, nämlich der kreuzenden Gegenfahrbahn, nur mit einer Geschwindigkeit nähern dürfen, die ihm noch ein Anhalten ermöglicht hätte (noch strenger: OLG Köln, Urt. v. 04.05.1983, 13 U 166/82, VersR 1985, 372: Schrittgeschwindigkeit). Die Beklagten führen insoweit richtig aus, dass in der veröffentlichten Rechtsprechung in vergleichbaren Konstellationen von einer weit überwiegenden bis alleinigen Haftung des Halters des Einsatzfahrzeugs ausgegangen wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 21.07.2011, 4 U 23/11, veröffentlicht u.a. NJW 2012, 1232, zitiert nach juris; OLG Nürnberg, Urt. v. 03.07.2002, 4 U 1001/02, veröffentlicht: VRS 103, 321, zitiert nach juris; OLG Hamm, Urt. v. 06.11.1995, 13 U 94/95, veröffentlicht: VersR 1996, 14928, hier zitiert nach juris; KG, Urt. v. 13.12.1998, 12 U 6020/96, veröffentlicht: VRS 76, 265, zitiert nach juris).

b) Das Landgericht hat jedoch - auch vom Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr beanstandet - ausgeführt, auf der Grundlage der für glaubhaft gehaltenen Schilderung der Zeugin K. könne der Beklagten zu 1) nicht vorgeworfen werden, auf das Martinshorn hin dem Notarztwagen des Klägers nicht den Vorrang eingeräumt zu haben, da nicht festgestellt werden könne, dass dieses für die Beklagte zu 1) wahrnehmbar gewesen sei. Das hält der Senat angesichts der Ausführungen der Zeugin K., die in gleicher Richtung wie die Beklagte zu 1) unterwegs war, auch für zutreffend. Zwar hat der Zeuge Sch., der in derselben Richtung auf der Rechtsabbiegerspur stand, bekundet, er habe das Signalhorn schon für etwa 10 sec. wahrgenommen; hiermit hat sich das Landgericht zwar nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Gleichwohl liegt hierin kein Grund, die dortige Beweiswürdigung in Frage zu stellen, denn der Unterschied besteht darin, dass der Zeuge Sch. mit seinem Fahrzeug während der gesamten Zeit auf der Rechtsabbiegerspur stand, während die Zeugin K. und die Beklagte zu 1) sich in der gleichen Zeitspanne erst mit ca. 70 km/h bzw. 19,4 m/s der Unfallstelle näherten. Geht man mit dem Kammergericht (Urt. v. 12.04.2001, 12 U 14/97, veröffentlicht: VRS 104, 115) davon aus, dass der Fahrer eines Fahrzeugs mit Sondersignal darauf vertrauen darf, dass dies noch in etwa 50 m Entfernung von einer Kreuzung wahrgenommen wird, so hätte sich die Beklagte zu 1) wiederum nur in den letzten 2,5 sec. vor dem Unfall im akustischen Wahrnehmungsbereich des Martinshorns befunden und damit sogar noch minimal später als im Bereich der optischen Wahrnehmbarkeit der Gefahr.

Dann aber kann der Beklagten zu 1) nicht vorgeworfen werden, sie habe sich der Kreuzung mit leicht überhöhter Geschwindigkeit genähert, angesichts derer nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Unfallgeschehen durch eine unzureichende Reaktion der Beklagten zu 1) mitverursacht worden sei. War das Signalhorn nicht zu hören, kann nur auf die optische Wahrnehmbarkeit abgestellt werden. Insoweit näherte sich das Einsatzfahrzeug aber zunächst rechtsparallel zu bereits auf der Abbiegespur stehenden weiteren Fahrzeugen. Erst beim eigentlichen Abbiegen nach links wäre es für die Beklagte zu 1) als Gefahr wahrnehmbar gewesen. Der Zeuge Sch. hat dies bestätigt und bekundet, während der Vorbeifahrt an den haltenden Fahrzeugen sei es durch ein vorne stehendes, höheres Fahrzeug verdeckt worden. Zeitlich zusammenfallend hiermit hätte die Beklagte zu 1) auch erst ab der optischen Wahrnehmbarkeit des Blaulichts Anlass zu erhöhter Sorgfalt gehabt, während ein im Gegenverkehr befindliches Einsatzfahrzeug angesichts baulich getrennter Fahrbahnen keine besondere Reaktion erforderlich gemacht hätte. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie aber eine Kollision - wie die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 16.03.2012 ergeben haben - auch mittels einer Vollbremsung nicht mehr vermeiden können. Da zulasten der Beklagten zu 1) auch nur die niedrigste von dem Sachverständigen festgestellte Geschwindigkeit, mithin eine Geschwindigkeit von 70 km/h, zugrunde gelegt werden kann und dies zugleich die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle ist, kann ihr auch auf regennasser Fahrbahn nicht der Vorwurf gemacht werden, über eine leicht überhöhte Geschwindigkeit einen eigenen Mitverursachungsbeitrag für den Unfallhergang gesetzt zu haben. Schon aus der Formulierung des Landgerichts, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Geschwindigkeit auf das Unfallgeschehen ausgewirkt habe, wird im Übrigen deutlich, dass auch das Landgericht einen eigenen Mitverursachungsbeitrag der Beklagten zu 1) gerade nicht festzustellen vermochte, sondern allenfalls eine solche Möglichkeit nicht auszuräumen vermochte, was indessen für eine Mithaftung nicht der Beklagten genügt.

d) Entgegen der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung haben die Beklagten die Höhe ihrer Mithaftung von 1/3 auch nicht durch die vorprozessual in diesem Zusammenhang ihm gegenüber abgegebenen Erklärung in dem Abrechnungsschreiben vom 24.03.2010 (Anlage K 7) anerkannt. Für ein konstitutives Schuldanerkenntnis fehlt jeder Anhaltspunkt. Es liegt aber auch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor. Dazu bedürfte es einer Erklärung der Beklagten, durch welche für einen Teil des zwischen ihnen bestehenden Schuldverhältnisses eine bestehende Unsicherheit oder ein bestehender Streit ausgeräumt werden sollte (vgl. etwa BGH, Urt. v. 01.12.1994, VII ZR 315/93, veröffentlicht u.a.: NJW 1995, 960, hier zitiert nach juris). Ein solcher Wille zur Selbstbindung lässt sich dem Schreiben vom 24.03.2010 jedoch nicht entnehmen. Die Beklagte zu 2) hat dort lediglich die einzelnen Schadensposten saldiert und aus der Summe von 9.343,62 € für einen Teilbetrag von 3.083,39 € ausgeführt: „Hiervon nach Sach- und Rechtslage“. Dieser Erklärung lässt sich bei verständiger Würdigung nur entnehmen, dass die Beklagte zu 2) sich unter Berücksichtigung des ihr zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewordenen Sachverhalts und dessen rechtlicher Würdigung zu einer Zahlung in der ausgewiesenen Höhe verpflichtet sah. Mittelbar lässt sich aus dem offen gelegten Rechenweg entnehmen, dass die Beklagte zu 2) dabei eine Mithaftungsquote ihrer Versicherungsnehmerin von 1/3 zugrunde gelegt haben muss. Da aber ersichtlich nur ein Teilbetrag der weitaus höheren Schadensersatzforderung bedient werden sollte, lässt sich allein der Offenlegung des Rechenweges keine Erklärung dahin entnehmen, dass damit für eine künftige streitige Auseinandersetzung über den Restbetrag eine Selbstbindung dahin beabsichtigt war, dass die Höhe der Mithaftungsquote künftig dem Streit der Parteien entzogen sein sollte. Gleiches gilt für das weitere Schreiben der Beklagten zu 2) vom 31.03.2010 (Anlage K 8), durch welches in analoger Weise die Höhe der auf den Nutzungsausfallschaden geleisteten Zahlung aufgeschlüsselt worden ist.

e) Im Ergebnis verbleibt daher nur die Mithaftung der Beklagten zu 1) unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs, welche der Senat mit 20 % berücksichtigt. Die Betriebsgefahr tritt allerdings auch nicht völlig hinter dem Mitverursachungsbeitrag des Zeugen M. zurück, denn die von diesem gefahrene Geschwindigkeit von 30 km/h war zwar zu hoch, begründet aber noch keinen Verschuldensvorwurf von solchem Gewicht, dass die Haftung aus Betriebsgefahr völlig verdrängt würde.

3. Bei einer Mithaftungsquote der Beklagten von nur 20 % kommt es auf deren weitere Einwände gegen die Höhe der durch das Landgericht mit 300 €/Tag in Ansatz gebrachten Nutzungsentschädigung für das Notarztfahrzeug nicht entscheidungserheblich an. Dem Kläger ist auf der Grundlage der o.g. Haftungsverteilung angesichts der außergerichtlichen Zahlungen der Beklagten zu 2) nur dann noch ein weiterer Schadensersatz zuzusprechen, wenn der Schadensberechnung eine Nutzungsentschädigung von mehr als 367 € pro Tag zugrunde zu legen wäre. Denn auf den unstreitigen Teil des materiellen Schadens in Höhe von 9.343,26 € waren bei einer Quote von 20 % nur 1.868,65 € zu zahlen, so dass angesichts der tatsächlich geleisteten Zahlung von 3.193,12 € noch 1.324,47 € für den Nutzungsausfall verblieben. Bei der Quote von 20 % müsste der Nutzungsausfall mithin insgesamt einen Betrag von 6.622,35 € = 367,91 € täglich übersteigen, bevor ein noch nicht befriedigter Anspruch des Klägers bestünde. Auch der Kläger hatte jedoch nur eine Nutzungsentschädigung von 300 €/Tag gefordert. Auf das weitere, auf Hinweis des Senats vorsorglich erfolgte Vorbringen zur Höhe der Kosten für die Sondereinbauten kommt es mithin nicht mehr entscheidungserheblich an.

Da ein Anspruch auf weitergehenden Schadensersatz nicht besteht, entfällt auch der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, denn der Kläger trägt ausdrücklich vor, die Rechtsanwälte erst nach der Teilzahlung der Beklagten beauftragt zu haben, mithin zu einem Zeitpunkt als er bereits vollständig befriedigt war.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Das Urteil ist gem. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Es liegen keine Gründe vor, welche die Zulassung der Revision gebieten (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO i.V.m. §§ 47, 48 GKG.