Das Verkehrslexikon

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OLG Hamm Beschluss vom 29.09.1998 - 2 Ss OWi 1023/98 - Einstellung des Verfahrens durch das Rechtsbeschwerdegericht

OLG Hamm v. 29.09.1998: Zur Einstellung des Verfahrens durch das Rechtsbeschwerdegericht


Das OLG Hamm (Beschluss vom 29.09.1998 - 2 Ss OWi 1023/98) hat entschieden:
Die Einstellung des Verfahrens durch das Rechtsbeschwerdegericht nach OWiG § 47 Abs 2 setzt die vorherige Zulassung der Rechtsbeschwerde nach OWiG §§ 79 Abs 1 S 2, 80 Abs 1 nicht voraus.


Siehe auch Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren und Einstellung des Verfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit


Gründe:

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer unzulässigen Überführungsfahrt gemäß den §§ 18 Abs. 1, 28, 69a StVZO, 24 StVG eine Geldbuße von 100 DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, dessen Verwerfung die Generalstaatsanwaltschaft beantragt hat.

Das Verfahren war gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen. Eine Ahndung der dem Betroffenen zur Last gelegten unzulässigen Überführungsfahrt erschien dem Senat u.a. wegen der Kürze der bei der Fahrt zurückgelegten Fahrtstrecke nicht geboten.

Für diese Einstellung bedurfte es nach Auffassung des Senats einer vorherigen Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 OWiG nicht. Die Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG ist in jeder Lage des Verfahrens möglich, also auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz. Ausreichend ist es, wenn das Rechtsbeschwerdegericht auf einen in zulässiger Weise gestellten und begründeten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der Sache befasst ist.

Weitere Voraussetzungen müssen nicht erfüllt sein, insbesondere braucht die Rechtsbeschwerde vor der Einstellung der Verfahrens nicht zugelassen zu sein. Der insoweit von Göhler (OWiG, 12. Aufl. § 47 OWiG Rn. 41) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat sich nicht anzuschließen (so auch die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur; vgl. die zahlreichen Nachweise bei Göhler, a.a.O.; siehe insbesondere auch OLG Hamm NJW 1970, 622). Sie hätte zur Folge, dass gerade in unbedeutenden Sachen, deren Geringfügigkeit und damit die Möglichkeit einer Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG auf der Hand liegt, eine Einstellung nur möglich wäre, wenn zugleich auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vorlägen (OLG Hamm, a.a.O.). Es wäre zudem sinnwidrig, wenn das Rechtsbeschwerdegericht vor einer Einstellung in den Fällen des § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG stets (auch) prüfen müsste, ob die häufig schwierig zu beurteilenden Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 1 OWiG vorliegen, um dann nach Zulassung der Rechtsbeschwerde das Verfahren ohne ein klärendes Wort zu den als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen einzustellen (OLG Zweibrücken, a.a.O.). Die von Göhler (a.a.O.) vertretene Auffassung würde zudem Sinn und Zweck des § 47 OWiG, der insbesondere auch der Entlastung der Gerichte dienen soll (OLG Zweibrücken DAR 1976, 250), widersprechen. Dieses Entlastungsmoment hat nach der Änderung des OWiG zum 1. März 1998 durch Einführung des mit nur einem Richter besetzten Bußgeldsenats in § 80 a OWiG zusätzlich besondere Bedeutung erlangt. Nach § 80 a Abs. 2 Nr. 2 OWiG entscheidet dieser in Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde grundsätzlich allein, der mit drei Richtern besetzte Senat entscheidet erst über die ggf. zugelassene Rechtsbeschwerde. Würde man nun bei einer – vom "Einzelrichter" – beabsichtigten Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG dafür zunächst die Zulassung der Rechtsbeschwerde fordern, würde das bedeuten, dass die Sache dem Senat vorgelegt und dieser über die Zulassung entscheiden müsste. Das würde dem mit der Gesetzesänderung beabsichtigten Effekt der Entlastung der Bußgeldsenate nicht nur nicht entsprechen, sondern in unlösbarem Widerspruch dazu stehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 467 Abs. 1, 4 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.