Das Verkehrslexikon

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Amtsgericht Aachen (Urteil vom 10.12.2012 - 444 OWi 93/12 - Geschwindigkeitsmessung mittels eines PoliScan-Speed-Messgerätes

AG Aachen v. 10.12.2012: Zur Geschwindigkeitsmessung mittels eines PoliScan-Speed-Messgerätes und zum sog. Smear-Effekt


Das Amtsgericht Aachen (Urteil vom 10.12.2012 - 444 OWi 93/12) hat entschieden:
Es bestehen nicht zu überwindende Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät Poliscan Speed, weil eine Überprüfung von konkreten Messwerten im Rahmen einer nachträglichen Richtigkeitskontrolle bei diesem Gerät nicht möglich ist.


Siehe auch Geschwindigkeitsmessung mit PoliScan Speed der Firma Vitronic und Standardisierte Messverfahren


Gründe:

I.

Der Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt B vom 23.11.2011, Az. ..., vorgeworfen worden, am 05.09.2011 um 17:10 Uhr in B-​Stadt, BAB ..., km 11,927, RF I-​Stadt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 48 km/h überschritten zu haben, indem sie statt der zulässigen Geschwindigkeit von 80 km/h eine festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) von 128 km/h fuhr. Gegen sie wurden ein Bußgeld von 170,00 Euro sowie ein Fahrverbot von 1 Monat festgesetzt.

§§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 Abs. 1, Abs. 2a StVG, Ziff. 11.3.7. BKat, § 4 Abs. 1 BKatV


II.

Die Betroffene hat durch ihren Verteidiger die Fahrereigenschaft eingeräumt, jedoch keine weiteren Angaben zur Sache gemacht.


III.

Die Betroffene war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Ihr konnte die Begehung des ihr vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden. Beim Gericht sind nicht zu überwindende Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät Poliscan Speed entstanden.

1. Grundlage für den Bußgeldbescheid war eine Messung mit dem Gerät Vitronic Poliscan Speed, Gerätenummer PSS 623 735, Softwareversion 1.5.5, Eichung am 02.03.2011, gültig bis Ende 2012, verwendete Objektive 50mm und 75 mm, Betriebszustand automatisch, Seitenabstand zum Fahrstreifen 208 cm, Aufstellungshöhe 102 cm. Das Gericht konnte jedoch keine sicheren Feststellungen dahin treffen, dass dieses Gerät die von der Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit tatsächlich zutreffend gemessen hat.

2. Das Gericht stützt sich hierzu auf das schlüssige und widerspruchsfreie Gutachten des Sachverständigen Dr. N. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass eine Überprüfung von konkreten Messwerten im Rahmen einer nachträglichen Richtigkeitskontrolle beim Gerät Poliscan Speed nicht möglich sei. Dies liege daran, dass die Messwerte zwar grundsätzlich vorhanden seien, aber seitens der Herstellerfirma aus patentrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt würden. Es gebe ein erhebliches Informationsdefizit zulasten der Sachverständigen, weshalb das Gerät als eine „Black Box“ beschrieben werden müsse. Aus diesem Grund sei lediglich eine näherungsweise Feststellung der Geschwindigkeit unter Analyse des Messfotos mit Hilfe des sogenannten „Smear-​Effekts“ möglich. Hierbei handele es sich nur um eine „Pseudoauswertung“, die mit einer Analyse der Messdaten nichts zu tun habe. Es komme dabei zu Abweichungen von bis zu 15% zu dem auf dem Messfoto angezeigten Wert.

Der Sachverständige hat aufgrund der im vorliegenden Fall durchgeführten Auswertung des Fotos mit dem „Smear-​Effekt“ einen Wert von 138 km/h ermittelt, der damit sogar noch 10 km/h über dem mittels der Messung (abzüglich Toleranz) ermittelten Wert liegt. Es liegt auf der Hand, dass eine derart gravierende Abweichung des „Smear“-​Messwertes von dem „Poliscan“-​Messwert zur Unverwertbarkeit der „Smear“-​Auswertung insgesamt führt (so auch Schmedding/Neidel/Reuß, SVR 2012, 121, 126; kritisch ebenfalls Winninghoff/Hahn/Wietschorke, DAR 2011, 106, 109).

3. Das Gericht war auch nicht in der Lage, die Richtigkeit der Messung unter Berücksichtigung von Poliscan Speed als „standardisiertes Messverfahren“ zugrundezulegen. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei Poliscan Speed nicht um ein „standardisiertes Messverfahren“.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter einem standardisierten Messverfahren ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30.10.1997, 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277). Der BGH hat in einer früheren Entscheidung ebenfalls zu Geschwindigkeitsmessungen ausgeführt, dass die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - die systemimmanenten Messfehler erfassenden - Toleranzwert gerade den Zweck verfolgen soll, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Es entspreche allgemein anerkannter Praxis, dass auch im Bereich technischer Messungen Fehlerquellen nur zu erörtern seien, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gebe (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.1993, BGHSt 39, 291). Technische Messsysteme, deren Bauart von der Physikalisch-​Technischen Bundesanstalt (PTB) zur innerstaatlichen Eichung zugelassen sei, würden in diesem Zusammenhang grundsätzlich als standardisierte Messverfahren anerkannt (Cierniak, ZFSch 2012, 664). Zu diesem Themenkomplex muss allerdings angemerkt werden, dass es keine „Dogmatik“ des BGH zum Begriff des standardisierten Messverfahrens gibt. Der Begriff „standardisiertes Verfahren“ ist überhaupt zum ersten Mal im Urteil des BGH vom 29.09.1992, 1 StR 494/92, juris, aufgetaucht, in dem es um ein daktyloskopisches Gutachten ging. Dort ließ der BGH die Mitteilung des Ergebnisses ausreichen, wenn von keiner Seite Einwände gegen die Tauglichkeit der gesicherten Spur und die Zuverlässigkeit der Begutachtung erhoben würden.

b) Die Obergerichte, denen als Rechtsbeschwerdegerichte in OWi-​Sachen regelmäßig Sachverhalte mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed zur Entscheidung vorliegen, beschränken sich nunmehr auf die Feststellung, dass dieses von der PTB zugelassenes Messsystem ein standardisiertes sei (OLG Düsseldorf vom 20.01.2010, IV-​5 Ss (OWi) 206/09, - (OWi) 178/09 I, (im Anschluss daran KG Berlin, Beschluss vom 26.02.2010, 3 Ws (B) 24/10, sowie OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 21.04.2010, 2 Ss-​OWi 236/10; offen gelassen noch in OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 01.03.2010, 2 Ss-​OWi 577/09, sowie OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09, alle bei juris). Das OLG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung die obigen BGH-​Entscheidungen dahingehend zusammengefasst, dass die Zulassung durch die PTB stets dazu führe, dass ein Messsystem zu einem standardisierten werde. Dieser durch das OLG Düsseldorf gezogene Schluss ist im Hinblick auf die BGH-​Rechtsprechung folgerichtig (a. A. Burhoff, VRR 2010, 116).

c) Aus Sicht des rechtssuchenden Bürgers wäre diese Konstruktion hinnehmbar, wenn zumindest die Möglichkeit für gerichtlich bestellte Sachverständige bestünde, die Grundlagen für die Zulassung, insbesondere die exakte Funktionsweise des Messsystems, bei der PTB zu überprüfen, oder aber die Prüfung durch die PTB über jeden Zweifel erhaben wäre.

aa) Ebenso wie die Herstellerfirma des Geräts Poliscan Speed gewährt jedoch nach den glaubhaften Angaben des im vorliegenden Prozess bestellten gerichtlichen Sachverständigen Dr. N auch die PTB keinen Zugang zu den relevanten Daten, ebenfalls mit Verweis auf patentrechtliche Bestimmungen zugunsten der Herstellerfirma (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09, juris, sowie Löhle, DAR 2009, 422, 424). Im Rahmen einer Güterabwägung ist jedoch der Wahrheitsfindung im Bußgeldprozess der Vorrang gegenüber dem Interesse der Herstellerfirma an der Geheimhaltung der technischen Bauweise des Messgeräts einzuräumen. Es ist zwar leicht einsehbar, dass es für die Herstellerfirmen bequemer ist, den unbefugten Nachbau ihrer Geräte durch Geheimhaltung der technischen Spezifikationen als durch die Führung von Patentprozessen zu verhindern. Andererseits werden aufgrund von Messungen mit „Poliscan Speed“ bundesweit jährlich tausende Fahrverbote verhängt, die gravierende berufliche Folgen für die Betroffenen haben. Aufgrund der heute von den Arbeitnehmern verlangten Mobilität und der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es der Regelfall, dass bereits ein einmonatiges Fahrverbot zum Verlust des Arbeitsplatzes führt. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich durch Geheimhaltungsinteressen der Herstellerfirmen nicht rechtfertigen, zumal diese - wie gesagt - die Möglichkeit haben, ggf. eintretende Patentrechtsverletzungen gerichtlich geltend zu machen. Eine Firma, die sich darauf spezialisiert, Messgeräte herzustellen, mit denen regelmäßig in die Berufsfreiheit Dritter eingegriffen wird, hat diese Kontrolle durch Gerichte und Sachverständige hinzunehmen. Darüber hinaus erscheint es auch nicht nachvollziehbar, dass gerade die Untersuchung von Geräten und Messdaten durch gerichtlich bestellte und damit zur Verschwiegenheit verpflichtete Sachverständige dazu führen soll, dass Patentverletzungen Vorschub geleistet wird. Sollte tatsächlich jemand ein Interesse am unbefugten Nachbau von „Poliscan Speed“ haben, wäre es, anstatt an gerichtliche Sachverständige heranzutreten, analog zum Nachbau von deutschen Kraftfahrzeugen im Ausland für ihn naheliegender, schlicht und einfach einen Satz „Poliscan Speed“ zu kaufen und im Ausland nach allen Regeln der Kunst auseinanderzubauen.

bb) All dies könnte natürlich vernachlässigt werden, wenn die Prüfung durch die PTB keine Angriffspunkte böte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine nähere Untersuchung der Prüfungsweise der PTB anhand der Prüfung des vorliegenden Geräts Poliscan Speed zeigt, dass entgegen der Auffassung von Cierniak a.a.O. nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Prüfungen der PTB automatisch zu einer Anerkennung als standardisiertes Messverfahren führen.

In der Literatur werden zum Beispiel Zweifel angemeldet, ob bei der PTB die Messwerterhebung durch Poliscan Speed messtechnisch nachvollzogen werden kann (vgl. Schmedding, VRR 2009, 337, 339). Die Vorgabe bei der PTB ist, dass jedem gültigen Geschwindigkeitsmesswert des neu zuzulassenden Geräts ein gültiger Wert einer Referenzmessung mit einem anderen Gerät gegenüberzustellen ist. Da jedoch die Referenzanlagen im Gegensatz zu Poliscan Speed keine ausgedehnte Messzone, sondern nur kurze Messstrecken sowie Messzeiten überwachen, ist mithilfe der PTB-​Referenzquellen eine Überprüfung eventueller Geschwindigkeitsschwankungen im Rahmen einer 25-​30m langen Auswertestrecke beim Poliscan Speed-​Verfahren nicht möglich (vgl. Schmedding, ebenda). Darüber hinaus wird in der Literatur vertreten, dass der auf Poliscan-​Fotos eingeblendete „Auswerterahmen“ nicht den Vorgaben der PTB (Ablichtung des Bereichs der Messwertbildung) entspricht, da der Bereich der Messwertbildung bei Poliscan deutlich früher stattfindet als der Moment der Auslösung des Fotos (Schmedding/Neidel/Reuß, SVR 2012, 121, 126). Desweiteren ist nachgewiesen worden, dass der Auswerterahmen in bestimmten Konstellationen, insbesondere im unteren Geschwindigkeitsbereich, sogar auf stehenden Fahrzeugen zu sehen sein kann, wenn das gemessene Fahrzeug plötzlich nach rechts lenkt (Winninghoff/Hahn/Wietschorke, DAR 2010, 106, 108 f.; vgl. auch Priester, jurisPR-​VerkR 2/2010 Anm. 6; Löhle, DAR 2011, 48, 49). Für solche Fälle hätte die PTB einen aufmerksamen Messbetrieb und/oder eine besondere Beschaffenheit der Messstelle vorschreiben müssen, was nicht geschehen sei (Winninghoff/Hahn/Wietschorke, DAR 2010, 106, 108 f.). Die Zuordnung des Auswerterahmens ist auch bei mehreren durchs Bild fahrenden Fahrzeugen ein Problem (vgl. Löhle, DAR 2011, 758, 763; ders., DAR 2011, 48, 50; Schmedding/Neidel/Reuß, SVR 2012, 121). Dies führte dazu, dass sich das OLG Karlsruhe mit der „Krücke“ behalf, jedenfalls bei Erfassung lediglich eines Fahrzeuges funktioniere das Gerät einwandfrei (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09, juris). Wie prüft aber das OLG Karlsruhe, ob nicht ein Fahrzeug die Messung verursacht hat, welches im Bild nicht mehr zu sehen ist?

Auch im Hinblick auf die im vorliegenden Fall verwendete Softwareversion 1.5.5. erscheinen Bedenken angebracht. Diese Version wurde vom Hersteller von „Poliscan Speed“ als Nachfolgerin der Versionen 1.5.3 und 1.5.4 in Umlauf gebracht, nachdem dort Probleme mit einer verzögerten Kameraauslösung aufgetreten waren (vgl. Bladt, DAR 2011, 431). Diese führten dazu, dass es in 1-​2% der Fälle zu Bildauslösungen mit Verzögerungen von 0,1 bis 0,15 Sekunden kam (Löhle, DAR 2011, 48, 50). Die Einführung der neuen Version geschah, obwohl der Hersteller nicht feststellen konnte, unter welchen Bedingungen der genannte Fehler auftrat (Vitronic, Risikoabschätzung zur erkannten Timing-​Überwachungslücke in V. 1.5.3 und V. 1.5.4 vom 15.06.2010, zit. nach Bladt, ebenda). Es ist anzumerken, dass vor Einführung der neuen Version nahezu bei allen Geräten die beschriebenen Kamerafehlfunktionen aufgetreten sind (vgl. Bladt, ebenda). Diese Probleme wurden von der Herstellerfirma Vitronic erkannt und führten zur Entwicklung der neuen Version 1.5.5, allerdings ohne alle Betreiber der Anlagen über die Fehlfunktionen zu informieren (vgl. Löhle, DAR 2011, 48, 49), sodass es weiter zu Messungen mit den fehlerhaften Versionen kam. In diesem Zusammenhang muss hinterfragt werden, ob die PTB ihrer Aufgabe bei der Überwachung der Zulassung der Geräte tatsächlich nachgekommen ist. Auch für die im vorliegenden Fall verwendete Version 1.5.5 sind Hinweise vorhanden, dass es zu verzögerten Fotoauslösungen kommen kann (Löhle, DAR 2011, 758, 765). Der Fehler konnte daher nicht behoben, sondern lediglich die Auswirkungen durch eine Überwachung des Zeitpunkts des Belichtungssignals der Kameraeinheit eingegrenzt werden (vgl. Vitronic, bei Bladt, ebenda). Da diese Überwachung jedoch nicht funktionierte (vgl. Bladt, ebenda), hat auch die neue Softwareversion keine wesentlichen Verbesserungen mit sich gebracht. Darüber hinaus erstaunt, wenn bei Bekanntwerden von Fehlern einer alten Software zwar die neue Software durch die PTB zugelassen, die alte aber bis zur nächsten Eichung (die über ein Jahr später liegen kann) weiter benutzt werden darf (Bladt, DAR 2011, 431, 432).

Es ist deshalb derzeit so, dass ein Gerät zur PTB geschickt wird, mit einem Stempel der PTB aufgrund eines wie auch immer gearteten Prüfungsverfahrens zurückkommt und sodann aufgrund des PTB-​Gütesiegels aus BGHSt 39, 291 i. V. m. OLG Düsseldorf a.a.O. für den Einsatz als standardisiertes Messsystem zur Verfügung steht. In diesem Stadium eröffnen sich keinerlei Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger, da er durch die die Herstellerfirma begünstigende Zulassung nicht unmittelbar drittbetroffen ist. Bei einer Messung durch das Messgerät wird ihm dann durch die Obergerichte (s.o.) entgegnet, dass das Gerät zugelassen sei und deshalb keine Überprüfungsmöglichkeiten bestehen. Diese Argumentation ist jedoch nicht schlüssig, da es aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, insbesondere unter dem Blickwinkel des Gewaltenteilungsprinzips, nicht hinnehmbar ist, dass Gerichte ohne die Möglichkeit eigener Überprüfung Bescheide und Genehmigungen von Behörden als unumstößlich hinnehmen. In diesem Zusammenhang mutet es skurril an, dass mit der Begründung, eine Behörde habe die Unfehlbarkeit des Messgerätes festgestellt, die Bußgeldbescheide von anderen Behörden, die mit diesem Messgerät arbeiten, ebenfalls faktisch unangreifbar werden.

Aus praktischer Sicht sei angemerkt, dass durch die Offenlegung der Messdaten durch die Herstellerfirma und/oder die PTB sicherlich keine „Gutachtenflut“ und „Kostenexplosion“ auftreten würde. Funktioniert das Gerät einwandfrei und lässt sich dies durch die Messdaten nachweisen, wird dies durch Gutachten bestätigt werden. Die Zuverlässigkeit des Gerätes wäre dann früher oder später aufgrund dieser konkreten Gutachten allgemein bekannt, sodass dann tatsächlich auf das Gerät als standardisiertes Messverfahren verwiesen werden kann und keine weiteren Gutachten mehr erforderlich sind. Darüber hinaus würde der PTB, die in ihrem Bereich über ein deutschlandweites Monopol verfügt, sicherlich ein gewisses Maß an gerichtlicher Kontrolle nicht schaden, allein schon um die Transparenz ihrer Prüfungen zu gewährleisten.

4. Da nach alledem keine gerichtsverwertbare Messung vorliegt, war die Betroffene freizusprechen.


IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWiG i. V. m. § 467 StPO.